Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung in der Schweiz

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13 Isabelle Rüttimann Dumont & Miriam Wetter Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung in der Schweiz Ein Blick in die Werkstatt der Erprobungspartner Im Mai 2012 wurde in Bern der Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Schweizerische UNESCO-Kommission und das Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz füllen damit als Initianten und Träger des Orientie rungsrahmens eine Lücke: erstmals liegt in der Schweiz ein gesamtschweizerisches Referenzdokument zur pädagogischen Qualität in der Kinderbetreuung vor. Angespornt wurden das Netzwerk Kinderbetreuung und die Schweizerische UNESCO-Kommission von der gemeinsamen Vision, dass die pädagogische Qualität und damit das Kind bei allen Akteuren der Kinderbetreuung in der Schweiz im Zentrum ihrer Vorhaben, Haltungen und Entscheidungen stehen sollten. Um diese Vision zu verwirklichen, wurde das Marie Meierhofer Institut (MMI) von der Trägerschaft beauftragt ein umfassendes Referenzdokument zur pädagogischen Qualität im Frühbereich zu verfassen. Die beiden Autorinnen, Corina Wustmann und Heidi Simoni, haben den Orientierungsrahmen aus der Perspektive des Kindes gedacht und damit einen klaren Akzent im Verständnis und der Betrachtungsweise der Qualität der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) gesetzt. Der Orientierungsrahmen Die Bezugsgruppe des Orientierungsrahmens sind die 0 bis 4-Jährigen. Er richtet sich an ein breites Publikum, das sowohl aus Fachpersonen im Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung besteht, als auch aus Politikern, Entscheidungsträgern, Trägerschaften und Eltern. Damit die Vision Wirklichkeit wird, müssen alle Erwachsenen, die von nah oder fern mit 0 bis 4-Jährigen zu tun haben, das gleiche Verständnis von Bildung teilen. Dies soll durch das im Orientierungsrahmen für Bildung, Betreuung und Erziehung vertretenen Bildungsverständnis geschehen. Das Dokument ist in drei Teilen gegliedert: das Fundament (Teil I) legt das Bildungsverständnis dar, welcher dem Orientierungsrahmen zu Grunde liegt. Im zweiten Teil werden anhand von sechs Leitprinzipien die wichtigsten Aspekte der bildungsorientierten Arbeit dargelegt, die dazu führen, dass ein Kind die Welt entdeckt und erschliesst. Schliesslich werden in Teil III fünf pädagogische Handlungsfelder beschrieben, die sich spezieller an Erziehende in Kitas, SpielgruppenleiterInnen, Tageseltern, aber auch an Eltern wenden und Aussagen machen zur konkreten pädagogischen Praxis. Anwendungs- und Erprobungsphase Seit der Lancierung des Orientierungsrahmens im Mai 2012 nutzen 17 Projektpartner davon zwei in der Romandie

14 KITAS. ASSAE. ASSAI JOURNAL 5/13 in ganz unterschiedlichen Kontexten die Gelegenheit, während zwei Jahren den Orientierungsrahmen in ihrer Praxis zu erproben und anzuwenden. Sie werden dabei von der Projektstelle begleitet und unterstützt, können an verschiedenen Anlässen teilnehmen, die sowohl dem gegenseitigen Kennenlernen und Vernetzen, als auch dem Vertiefen von thematischen Schwerpunkten dienen. Während der gesamten Anwendungs- und Erprobungsphase informiert die Projektstelle Orientierungrahmen, welche beim Netzwerk Kinderbetreuung angesiedelt ist, laufend über die Neuigkeiten im Zusammenhang mit dem Orientierungsrahmen. Die laufend aktualisierte Homepage (netzwerk-kinderbetreuung.ch/orientierungsrahmen), der regelmässig erscheinende Newsletter für die Partnerprojekte, aber auch für Interessierte, sowie Präsentationen, Weiterbildungen und Workshops gewähren eine breite Verbreitung und Bekanntmachung der Anwendung und Erprobung in der Praxis. Die während dieser Zeit gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Praxis werden von der Projektstelle Orientierungsrahmen gesammelt und die Trägerschaft wird sie anfangs 2015 auswerten. Die Partnerprojekte zur Anwendung und Erprobung des Orientierungsrahmens Abbildung 1: Übersicht über die Partnerprojekte des Orientierungsrahmens Wie aus der oben abgebildeten Übersicht ersichtlich wird, beteiligen sich ganz unterschiedliche Partner an der An wendungs- und Erprobungsphase des Orientie rungsrahmens für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung. Das ermöglicht einerseits eine breite Erprobung und andererseits zeigen diese vielfältigen Projekte das breite Interesse und den Bedarf nach einer pädagogischen Grundlage im Frühbereich. Trotz ihren unterschiedlichen Einsatzgebieten ist allen Projekten gemeinsam, dass sie die Qualität der FBBE in ihrem Bereich überdenken, verbessern oder entwickeln wollen unabhängig davon in welchem Bereich sie tätig sind. Einige stützen sich bei ihren Projekten auf den Orientierungsrahmen ab, um bereits bestehende Angebote der FBBE zu überarbeiten oder qualitativ zu verbessern. Andere erarbeiten anhand des Orientierungsrahmens pädagogische Konzepte, Filme, Weiter bildungsangebote oder Leitlinien aus und wieder andere führen den Orientierungsrahmen in die Ausbildung der Fachpersonen ein. Die Liste ist so lang wie die beteiligten Partnerprojekte! Die Angebote richten sich zudem an ein vielfältiges Zielpublikum: Eltern, Vermittlerinnen und Tageseltern, Fachpersonen in Kindertagesstätten (Kitas), Spiel gruppenleiterinnen und ErzieherInnen in Ausbildung. Einblick in die Projekte Wir möchten den Leserinnen und Lesern nun einen kleinen Einblick in die Projektwerkstätten gewähren 1. Es ist uns wichtig vorauszuschicken, dass die Mehrheit der Projekte zu diesem Zeitpunkt noch fast alle in der Entwicklung stecken oder erst noch damit beginnen. Einige haben bereits Dokumente und/oder Materialien ausgearbeitet, die z.t. einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sein werden. So z.b. das Projekt der Erziehungsdirektion des Kantons Zürich, das 40 Kurzfilme über frühkindliches Lernen im Alltag anbietet, die anschaulich machen, was bei einer kindlichen Entdeckungsreise alles geschieht. Die kurzen Filmsequenzen aus dem gewöhnlichen Alltag von Kindertagesstätten, Spielgruppen aber auch von Familien wollen dazu beitragen, dass die Erwachsenen, die sich um kleine Kinder kümmern, einen bewussteren Blick auf die alltäglichen Lerngelegenheiten werfen. Alle Filme haben einen Bezug zum Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung. Ein anderes Projekt, welches eine nationale Tragweite hat, ist das Qualitätslabel QualiKita für Kindertagesstätten, welches von KiTaS und der Jacobs Foundation entwickelt wurde. Dieses Partnerprojekt wird in diesem Heft separat ausführlich präsentiert. Zwei Dachverbände, der Schweizerische Spielgruppen- Leiterinnen-Verband, SSLV und der Schweizerische Dachverband Tagesfamilienorganisationen, SVT nutzen die zweijährige Anwendungs- und Erprobungsphase, um das 1 Die gesamte Liste der Partnerprojekte mit einem Kurzbeschrieb des Projektes befindet sich auf www.netzwerk-kinderbetreuung.ch/orientierungsrahmen

15 Bildungsverständnis des Orientierungsrahmens in die Ausbildung der Spielgruppenleiterinnen respektive der Vermittle rinnen und Tageseltern einzuführen. In Zusammenarbeit mit dem Tageselternverein Winterthur, hat der SVT z.b. ein pädagogisches Konzept z.h. der Tageseltern ausgearbeitet, welches den Tageseltern auf einfache und verständliche Weise und mit anschaulichen Beispielen die sechs Leitprinzipien des Orientierungsrahmens vermittelt. Der Verein a:primo, welcher Initiativen zur frühen Förderung sozial benachteiligter Kinder nachhaltig unterstützt (Hausbesuchsprogramm schritt:weise), hat sich zum Ziel gesetzt sein Schulungskonzept für die Koordinatorinnen und Hausbesucherinnen grundsätzlich zu überarbeiten und es mit dem Orientierungsrahmen in Einklang zu bringen. An den Höheren Fachschulen Bern (BFF) und Zug (hfk CURAVIVA) wird der Orientierungsrahmen im Studiengang Kindererziehung HF in die Ausbildungsmodule integriert und ist somit bereits fester Bestandteil der Ausbildung aller Kindererzieher/innen HF, die diesen Sommer diplomiert wurden. Durch konkrete Anwendungsbeispiele und der Auseinandersetzung mit dem im Orientierungsrahmen vertretenen Bildungsverständnis gehen diese frisch diplomierten Kindererzieherinnen HF mit einem fundierten frühkindlichen Bildungsverständnis in die berufliche Praxis. An der hfk in Zug wurde er zugleich in der eben erfolgten Überarbeitung des schulischen Bildungsplanes integriert. Die Weiterbildungsinitiative der Stadt Winterthur richtet sich an alle Mitarbeitenden und Betreuungspersonen in den Angeboten für Vorschulkinder in Winterthur: Spielgrup pen- oder Kita-Leiterinnen und -mitarbeiterinnen, Tages mütter/-väter, pädagogische oder heilpädagogi sche Fach perso nen, Fachfrau/Fachmann im Sozial- oder Gesundheits bereich, Kindergarten-Lehrpersonen, Schul sozial arbeiter/innen, DaZ-Lehrpersonen im Kinder garten, in Integrations angeboten etc. Diese bewusst gewählte hetero gene Kurs gruppen zusammen setzung soll den Teil nehmen den erlauben, von den unterschiedlichen fach lichen Positionen, Erfah rungen und Blickwinkeln der anderen Teil nehmenden zu profitieren. Gemeinsam entwickeln sie eine ressourcenorientierte Haltung und können sich aktiv vernetzen. Dadurch soll eine Kultur der langfristigen Zusam menarbeit entstehen und das übergeordnete Ziel angestrebt, den Schulerfolg von sozial benachteiligten Kindern zu erhöhen. Der 16-tägige modulartige Kurs ist von CURAVIVA Weiterbildung organisiert und startet im Januar 2014. Ein Partnerprojekt aus der Romandie, PEP Partner, Kind heit & Pädagogik, eine mobile Beratungsstelle, welche Waadtländer Kita-Teams in der Umsetzung von qualitativ hochstehenden Betreuungsangeboten begleitet, widmet seine nächsten drei regionalen Treffen (Herbst 2013, Früh ling und Herbst 2014) dem Orientierungsrahmen. Zwischen Oktober und November 2013 werden die Fachberaterinnen von PEP den Orientierungsrahmen vorstellen und anschlies send mit den anwesenden Fachpersonen den Begriff «Förderung» mit Blick auf die eigene Praxis analysieren und benennen. Diese Vorgehensweise dient dazu, dem pädagogischen Handeln in Anlehnung an den Orientierungsrahmen Sinn zu verleihen. Das Kantonale Sozialamt, Abteilung Generationen und Gesellschaft des Kantons Zug hat die Gelegenheit der zweijährigen Erprobungsphase genutzt, um eine Initiative zur Qualitätsentwicklung in seinen Kindertagesstätten zu starten mit dem Ziel, die Kompetenzen der Fachkräfte weiterzuentwickeln, damit sie vermehrt den Selbstbildungsprozess der betreuten Kinder unterstützen. Die zehn Zuger Kitas konnten zwischen eines der folgenden nationalen Projekte im Bereich der frühen Förderung wählen: Orientierungsrahmen, Bildungs- und Lerngeschichten, Bildungskrippen. Die vier Zuger Kitas, die sich für die Praxiserprobung des Orientierungsrahmens entschieden haben, werden seit Herbst 2012 durch Weiterbildung und Coaching dabei begleitet und unterstützt, den Orientierungsrahmen in der Praxis anzuwenden. Zudem stehen die beteiligten Kitas gegenseitig im Austausch miteinander. Ein weiteres Partnerprojekt, welches sich mit einem Be gleit- und Beratungsangebot für die Fachkräfte von Kin der tagesstätten richtet, ist jenes der Gesundheits- und Für sorge direktion des Kantons Bern. Die Leitlinien des Orientie rungsrahmens für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung werden in die kantonal finanzierten Informations-, Coaching- und Schulungsangebote und -projekte für Kinder tagesstätten integriert («Starke Kitas starke Kinder», Förderung von Resilienz, positivem Selbstwert und Sozial kompetenz in Kitas, «KitaKOM», Förderung der Erzie hungs partner schaft Kita-Elternhaus, und «FIP», Früherkennung und Frühintervention von Kindern, die in ihrer gesunden Entwicklung gefährdet sind). Mit den interessierten Kitas werden massgeschneiderte Massnahmen für den Kita-Alltag entwickelt und geplant. Für die Umsetzung können sich die Kitas durch die Berner Gesundheit coachen und schulen lassen. Die Sozialdirektion der Stadt Luzern, hat ihrerseits über ihre Abteilung Kinder Jugend Familie einen etwas anderen Ansatzpunkt zur Begleitung und Unterstützung der Umsetzung des Orientierungsrahmens für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in die städtischen Kitas und der Betreuung durch Tageseltern gewählt. Mit Ver-

16 KITAS. ASSAE. ASSAI JOURNAL 5/13 trete rinnen und Vertretern aus der Praxis, der Aus bildung und von der Stadt Luzern wird ein praxisnahes Begleit instrument entwickelt, um die Kitas bei der Qualitäts entwicklung im Sinne des Orientierungsrahmens zu unterstützen. Der Orientierungsrahmen wird dabei als inhaltliche Grundlage für die kindertagesstätten- und tages eltern vermittlungsinterne Qualitätsdiskussion in ihren Dimensionen Struktur-, Prozess, Ergebnis- und Management-/Trägerqualität verstanden. In der Stadt Zürich findet seit zwei Jahren ein Projekt zur Bildungsorientierung in Kitas statt. Ergänzend dazu werden nun Standards und Erfahrungsfelder vorgeschlagen, welche in Zusammenarbeit von Praxis, Wissenschaft und Verwaltung entstanden sind und weiter optimiert werden. Dabei sind sowohl die Erfahrungsfelder, als auch die dazu formulierten Beobachtungspunkte als Anregung für die Gestaltung der pädagogischen Arbeit in den Kitas zu verstehen und sollen aufzeigen, welche Aspekte der Welt den Kindern in städtischen Angeboten zugänglich gemacht werden sollten. Die Standards und die Ausgestaltung der Erfahrungsfelder machen mannigfache Bezüge zum Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung. Weitere Partner, die den Orientierungsrahmen in der Praxis erproben, haben ihr Projekt vermehrt darauf ausgerichtet, bestehende Konzepte zu überarbeiten und sie an das Bildungsverständnis des Orientierungsrahmens anzupassen. So z.b. die Stadt Meyrin, im Kanton Genf, die in einem ersten Schritt die eigenen Konzepte (pädagogische Konzepte, Betriebskonzepte und Leitlinien), sowohl der Abteilung Frühe Kindheit als auch der drei kommunalisierten Kindertagesstätten mit dem Orientierungsrahmen vergleichen und mögliche Abweichungen hervorheben wird. In einem zweiten Schritt werden die Betreuungsteams der Kitas hinzugezogen, um eine Angleichung der Referenzdokumente an den Orientierungsrahmen vorzunehmen. Ein ähnliches Ziel verfolgt auch thkt GmbH mit ihren Arbeit geberkrippen, welche die systematische pädagogische Quali tätsentwicklung nach dem infans-konzept anstrebt und sich zu Bildungseinrichtungen weiterentwickeln möchten. Die sieben eigenen Arbeitgeberkrippen von thkt sind bereits in dieses Konzept eingeführt oder sind auf dem Weg dazu. Nun überarbeitet thkt ihre Konzepte sowie das eigene pädagogische Konzept der Arbeitgeberkrippen, deren Erziehungs- und Handlungsziele unter Einbezug der Mitarbeitenden so, dass sie an die Grundsätze des Orientie rungsrahmens anschliessen und entsprechend in der Praxis umgesetzt werden. In Zukunft plant thkt ein adäquates Fachberatungs- und Coachingangebot für Kitas und Trägerschaften, die ihre Arbeit ebenfalls konsequent am Orientie rungsrahmen ausrichten möchten. Der Verein pop e poppa betreibt ein Kita-Netzwerk in der Schweiz. Zum Erreichen einer gemeinsamen Vision und eines geteilten Verständnisses darüber, was Qualität im Frühbereich bedeutet, führt der Vorstand den Orientierungsrahmen für Bildung, Betreuung und Erziehung als pädagogische Grundlage ein. Dazu wird anhand der sechs Leitprinzipien ein vereinsinternes Dokument erarbeitet, das das Leitbild des Vereins mit klaren pädagogischen Leitprinzipien ergänzt. Der Orientierungsrahmen soll dazu dienen, die Reflexion über die gemeinsamen erzieherischen Werte anzuregen und zur Erarbeitung der pädagogischen Konzepte dienen. Dadurch wird er zum Bindeglied zwischen den verschiedenen Einrichtungen, aber v.a. auch zwischen der deutschen und der französischen Schweiz.. Erste Zwischenerkentnisse Die Projektstelle Orientierungsrahmen begleitet die Part nerprojekte während der zweijährigen Anwendungs- und Erprobungsphase. Sie führt mit den jeweiligen Projektleitenden drei Meilensteingespräche durch. Dies ermöglicht eine Beratung und gemeinsame Reflexion sowie die Erhebung von Daten für die Auswertung der Anwendungsphase. Zusätzlich organisiert die Projektstelle regelmässige darauf folgende Vernetzungsanlässe der Partnerprojekte. Die erste Meilensteingesprächsrunde fand zwischen März und April 2013 mit 12 Partnerprojekten statt. Das erste Meilensteingespräch hatte zum Ziel, die Erfahrungen der Partnerprojekte zu sichern und durch fachliche Unterstützung einen Beitrag zum Gelingen der Projekte zu leisten. Der Fokus wurde bei diesem ersten Gespräch auf das Gelingen der Verknüpfung und auf den Einbezug des Orientierungsrahmens in das Projekt gelegt. Dabei wurde auch erörtert, wo die Herausforderungen und Schwierigkeiten liegen, sowohl für die Projektverantwortlichen, als auch für die Zielgruppen. Die Auswertung der Gespräche ergibt ein gesamthaft sehr erfreuliches Bild der Anwendung und Erprobung des Orientierungsrahmens in der Praxis. Und zwar kann man sagen, dass alle Partner konkret in der Umsetzung stecken und der Orientierungsrahmen dadurch in der Praxis angewendet wird. Den meisten Partnerprojekten ist die sichtbare Verknüpfung mit dem Orientierungsrahmen gut

17 bis sehr gut gelungen, z.b. über Zitate, den Einbau von Textabschnitten oder Kapiteln und/oder auf der Homepage. Es geht aus den Aussagen der Befragten klar hervor, dass der Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung für alle Beteiligte ein wertvolles und brauch bares Instrument darstellt. Die Herausforderung scheint allgemein eher bei den Zielgruppen zu liegen, die über geringe zeitliche und finanzielle Ressourcen verfügen. Auch das fehlende Hintergrundwissen und die hohe Ab strak tion des Orientierungsrahmens werden auf Ebene der Pro jekt-ziel gruppen deutlich häufiger genannt, als bei den Projekt leitenden. Von daher erscheint es wichtig, bei der Umset zung des Orientierungsrahmens in die Praxis der Begleitung und Unterstützung der Zielgruppen besondere Beachtung zu schenken. Während den Gesprächen äusserten die Projektleitenden ver mehrt den Wunsch zu erfahren, was die anderen Partner projekte machen. Der erste Vernetzungsanlass fand Mitte September statt und stellte den gegenseitigen Austausch ins Zentrum. Es war äusserst erfreulich, dass fast alle Partner projekte an diesem Anlass anwesend waren. Ein bunter Projektmarkt gab ihnen Gelegenheit mit den anderen anwesenden Projektleitenden in Kontakt zu treten, ihr Projekt vorzustellen und Ideen auszutauschen. Fazit Der Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung dient seit seiner Lancierung in ganz verschiedenen Kontexten als roter Faden, sei es in der Aus- oder Weiterbildung, bei der Er- oder Überarbeitung von pädagogischen Konzepten und Leitbildern sowie im Dialog über die Qualität frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung in der Praxis. Im Rahmen der Partnerprojekte entsteht viel spannendes Material, aber auch darüber hinaus geben die Verkaufszahlen sowie Anfragen für Präsentationen 2 Hinweise darauf, dass der Orientierungsrahmen Einzug in die frühkindliche Praxis gefunden hat. Es ist sowohl für die Projektstelle als auch für die Trägerschaft eine grosse Freude so viele Qualitätsbemühungen unterstützen und stärken zu können und beide werden auch in den kommenden Monaten mit viel Elan daran weiterarbeiten. Weitere, laufend aktualisierte Informationen finden sich auf: netzwerk-kinderbetreuung.ch/orientierungsrahmen facebook.com/netzwerk.kinderbetreuung twitter.com/netzwerk_kibe (@netzwerk_kibe) 2 Die Projektstelle steht für Referate, Dis kussionen und Informationen zum Orientie rungsrahmen zur Verfügung (062 511 20 38 oder dialog@orientierungsrahmen.ch)