Universität Basel WWZ HS 14 1 Dr. M. Jeger Wirtschaftsprüfung V3. Gesetzliche Grundlagen zur Rechnungslegung und zur Prüfung
Inhalt 2 1. Gesetzliche Grundlagen zur Rechnungslegung 1. Änderungen durch das neue Rechnungslegungsrecht 2. Kaufmännische Buchhaltung und Rechnungslegung 2. Die Aktiengesellschaft 3. Anerkannte Rechnungslegungsstandards 1. Swiss GAAP FER 2. IFRS 3. US GAAP 4. Gesetzliche Grundlagen zur Prüfung 5. Auditing Standards 6. Zusammenhang Rechnungslegung / Prüfung 7. Anforderungen an die Revisionsstelle 1. Allgemein 2. Zulassung 3. Aufsicht durch die eidg. Revisionsaufsichtsbehörde (RAB)
1. Gesetzliche Grundlagen zur Rechnungslegung 3 1. Änderungen durch das neue Rechnungslegungsrecht Inkrafttreten am 01.01.2013 Strukturelle Änderungen Rechtsformneutralität der Rechnungslegungsvorschriften Einheitliche Regelung für alle Rechtsformen des Privatrechts im OR, aber: Differenzierung nach Unternehmensgrösse
1. Gesetzliche Grundlagen zur Rechnungslegung 4 www.pwc.ch, November 2012: Publications: Das neue Rechnungslegungsrecht, S.6
1. Gesetzliche Grundlagen zur Rechnungslegung 5 Weitere Änderungen Detaillierte gesetzliche Vorgaben zur Untergliederung von Bilanz und Erfolgsrechnung gem. Art. 959a OR und Art. 959b OR Veränderung der Mindestangaben im Anhang gem. Art. 959c OR Änderung der Bewertungsvorschriften Aktiven und Verbindlichkeiten sind in der Regel einzeln zu bewerten (gem. Art. 960 OR) Folgebewertung von Aktiven mit Börsenkurs bzw. beobachtbaren Marktpreis zum Marktpreis am Bilanzstichtag; Möglichkeit der Bildung einer Wertschwankungsreserve (gem. Art. 960b OR) Erstellung einer Konzernrechnung Neue Grössenkriterien zur Aufstellungspflicht (gem. Art. 963a OR; vgl. Kriterien zur ord. Revision) Konzernrechnung börsenkotierter Unternehmen muss nach anerkanntem Standard aufgestellt werden (gem. Art. 963b OR)
1. Gesetzliche Grundlagen zur Rechnungslegung 6 2. Kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung Folgen des neuen Rechnungslegungsrechts Aufhebung der Vorschriften über die Buchführung und Rechnungslegung aus dem Titel der Aktiengesellschaft (alt: Art. 662 OR Art. 669 OR mit Ausnahme Art. 663bbis OR & Art. 663c OR) Neufassung der allgemeinen Bestimmungen über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung (neu: Art. 957 OR Art. 963b OR)
1. Gesetzliche Grundlagen zur Rechnungslegung 7 2. Kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung Allgemeine Bestimmungen Art. 957 OR: Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung Art. 957a OR: Buchführung Art. 958 OR: Zweck und Bestandteile der Rechnungslegung Art. 958a/b OR: Grundlagen der Rechnungslegung Annahme der Fortführung Zeitliche und sachliche Abgrenzung
1. Gesetzliche Grundlagen zur Rechnungslegung 8 2. Kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung Allgemeine Bestimmungen Art. 958c OR: Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung Klarheit und Verständlichkeit Vollständigkeit Verlässlichkeit Wesentlichkeit der Angaben Vorsicht in der Bewertung Stetigkeit in Darstellung und Bewertung Verrechnungsverbot von Aktiven/Passiven und Aufwand/Ertrag Art. 958d OR: Darstellung, Währung und Sprache Art. 958e OR: Offenlegung und Einsichtnahme Art. 958f OR: Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher
1. Gesetzliche Grundlagen zur Rechnungslegung 9 2. Kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung Jahresrechnung Art. 959 OR: Zweck der Bilanz, Bilanzierungspflicht und Bilanzierungsfähigkeit Art. 959a OR: Mindestgliederung der Bilanz Art. 959b OR: Mindestgliederung der Erfolgsrechnung Art. 959c OR: Anhang Art. 960 OR: Grundsätze Bewertung Art. 960a-d OR: Bewertung Aktiven Allgemeines Aktiven mit beobachtbaren Marktpreisen Vorräte und nicht fakturierte Dienstleistungen Anlagevermögen Art. 960e OR: Bewertung Verbindlichkeiten
1. Gesetzliche Grundlagen zur Rechnungslegung 10 2. Kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung Rechnungslegung für grössere Unternehmen Art. 961 OR: Zusätzliche Anforderungen an den Geschäftsbericht Art. 961a OR: Zusätzliche Angaben im Anhang zur Jahresrechnung Art. 961b OR: Geldflussrechnung Art. 961c OR: Lagebericht Art. 961d OR: Erleichterung infolge Konzernrechnung Abschluss nach anerkanntem Standard zur Rechnungslegung Art. 962 OR: Allgemeines Art. 962a OR: Anerkannte Standards zur Rechnungslegung Konzernrechnung Art. 963 OR: Pflicht zur Erstellung Art. 963a OR: Befreiung von der Erstellungspflicht Art. 963b OR: Anerkannte Standards zur Rechnungslegung
2. Die Aktiengesellschaft 11 1. Grundsätzliches Geregelt in Art. 620 OR Art. 761 OR Vorherrschende Rechtsform in der CH (86 965 in 2008; ca. 60% aller jur. Personen) Gründungsbestimmungen Flexibilität in der Kapitalbeschaffung Regelung von Rechten und Pflichten der Aktionäre (bspw. Kontrollrechte) Aktionärsschutz Klare Zuteilung von Kompetenzen und Aufgaben für: Generalversammlung Verwaltungsrat Revisionsstelle Möglichkeiten bei Mängeln in der Organisation Regelung der Verantwortlichkeiten im Haftungsfall
2. Die Aktiengesellschaft 12 2. Besonderheiten mit Einfluss auf Rechnungslegung Art. 663b bis / c OR: Zusätzliche Angaben bei Gesellschaften mit kotierten Aktien Vergütungen Beteiligungen Art. 670 OR: Aufwertung Art. 671 674 OR: Reserven Art. 675 677 OR: Dividenden, Bauzinse und Tantiemen Art. 678 679 OR: Rückerstattung von Leistungen
3. Anerkannte Rechnungslegungsstandards 13 Allgemeine kaufmännische Grundsätze OR US GAAP IFRS Swiss GAAP FER EU-RL Spielraum Ansatz- und Bewertungswahlrechte true and fair
3. Anerkannte Rechnungslegungsstandards 14 1. Swiss GAAP FER Positionierung: seit 1.1.2005 Mindeststandard für die an der SWX kotierten Aktien in den Segmenten Local Caps, Immobiliengesellschaften, Investmentgesellschaften sowie Gesellschaften, welche ausschliesslich Forderungsrechte kotiert haben
3. Anerkannte Rechnungslegungsstandards 15 1. Swiss GAAP FER Ziele und Politik: Fokus auf mittelgrosse, sich am Schweizer Kapitalmarkt finanzierende Konzerne, die nicht kotiert sind, aber auch andere wirtschaftlich bedeutende Gesellschaften oder Non-Profit-Organisationen FER regelt die Kernfragen einfach, knapp und leicht verständlich; nicht geregelte Fragestellungen sind im Sinne des Oberziels (true and fair view) zu lösen -> principles-based standards. Swiss GAAP FER stellen ein Gesamtregelwerk dar, d.h. alle Standards sind integral anzuwenden In bestimmten Bereichen werden bewusst Wahlmöglichkeiten zugelassen, Transparenz durch Offenlegungen im Anhang FER sind bestrebt, die Entwicklungen in der internationalen Rechnungslegung in ihre Arbeit einfliessen zu lassen, aber abgestimmt auf die Situation von Schweizer Unternehmen
3. Anerkannte Rechnungslegungsstandards 16 1. Swiss GAAP FER
3. Anerkannte Rechnungslegungsstandards 17 1. Swiss GAAP FER Rahmenkonzept: Grundsätze der Rechnungslegung: Fortführung, Periodenabgrenzung, Vorsichtsprinzip, Bruttoprinzip Elemente des Geschäftsberichts, Mindestgliederung Jahresrechnung, Definition Positionen Erstmalige Anwendung Zulässige Bewertungskonzepte Qualitative Anforderungen Wesentlichkeit Stetigkeit Verlässlichkeit Klarheit Vergleichbarkeit
3. Anerkannte Rechnungslegungsstandards 18 2. IFRS Positionierung: in über 100 Ländern vollständig oder teilweise anerkannt, in der Schweiz seit 2005 neben US GAAP anzuwendender Standard am Hauptsegment der SWX Ziele und Politik: True and fair view v.a. Richtlinien zur Bewertung und Offenlegung Tendenzen: Einschränkung der Wahlrechte und Annäherung an US GAAP Konzentriert sich auf Bedürfnisse der Investoren Unabhängige privatrechtliche Organisation
3. Anerkannte Rechnungslegungsstandards 19 2. IFRS Framework: Fair Presentation: Grundsatz der getreuen Darstellung Going Concern: Grundsatz der Unternehmensfortführung Accrual: Grundsatz der periodengerechten Erfolgsermittlung Consistency: Grundsatz der Stetigkeit Materiality: Grundsatz der Wesentlichkeit Offsetting: Bestimmungen zur Saldierung
3. Anerkannte Rechnungslegungsstandards 20 2. IFRS Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften: Relevance: Grundsatz der Relevanz Reliability: Grundsatz der Verlässlichkeit Substance over form: Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise Neutrality: Grundsatz der Willkürfreiheit Completeness: Grundsatz der Vollständigkeit Prudence: Vorsichtsprinzip Comparative Information: Ausweis der Vergleichsinformationen
3. Anerkannte Rechnungslegungsstandards 21 3. US GAAP Positionierung: verbindlich für am US-amerikanischen Kapitalmarkt tätige Unternehmen Case Law: Vorschriften beziehen sich stark auf spezielle Einzelfälle Neu: Kodifizierung Ziele und Politik: Stark von der SEC beeinflusst Fair presentation Konzentriert sich auf Bedürfnisse der Investoren
4. Gesetzliche Grundlagen zur Prüfung 22 Gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen gemäss Aktienrecht Abschlussprüfung Ordentliche Revision Eingeschränkte Revision Übrige Pflichtprüfungen Gründung (Sacheinl.) Kapitalerhöhung (Sacheinl.) Aufwertung (Grundstücke, Beteiligungen) Kapitalherabsetzung Prüfung bei bedingten Kapitalerhöhungen Sitzverlegung in die Schweiz gemäss Spezialgesetzen Prüfung des Vergütungsberichts (gem. VeGüV) Banken und Sparkassen Anlagefonds Personalvorsorgestiftungen Versicherungsgesellschaften Kranken- und Unfallversicherungen Arbeitslosenkassen AHV-Kassen etc.
4. Gesetzliche Grundlagen zur Prüfung 23 OR: Regelungen zur Revision Art. 727ff OR: Revisionspflicht ist von der Grösse des Unternehmens abhängig, nicht von der Rechtsform Ordentliche Revision Eingeschränkte Revision Keine Revision Wahlmöglichkeiten ( Opting ) Art. 730ff OR: Wahlvoraussetzungen Berichterstattung über die Prüfung Verantwortlichkeit/Haftung
4. Gesetzliche Grundlagen zur Prüfung 24 OR: Ordentliche Revision Die Revisionsstelle prüft, ob: die Jahresrechnung/Konzernrechnung den gesetzlichen Vorschriften, den Statuten und dem gewählten Regelwerk entspricht, der Antrag über die Verwendung des Bilanzgewinns den gesetzlichen Vorschriften und Statuten entspricht ein internes Kontrollsystem existiert. Die Revisionsstelle berücksichtigt bei der Durchführung und bei der Festlegung des Umfangs der Prüfung das interne Kontrollsystem. Die Geschäftsführung des Verwaltungsrats ist nicht Gegenstand der Prüfung durch die Revisionsstelle.
4. Gesetzliche Grundlagen zur Prüfung 25 OR: Eingeschränkte Revision (< 20/40/250) Die Revisionsstelle prüft, ob Sachverhalte vorliegen, aus denen zu schliessen ist, dass: die Jahresrechnung nicht den gesetzlichen Vorschriften und den Statuten entspricht; der Antrag des Verwaltungsrates an die Generalversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinnes nicht den gesetzlichen Vorschriften und den Statuten entspricht. Die Prüfung beschränkt sich auf Befragungen, analytische Prüfungshandlungen und angemessene Detailprüfungen Die Geschäftsführung des Verwaltungsrates ist nicht Gegenstand der Prüfung durch die Revisionsstelle.
4. Gesetzliche Grundlagen zur Prüfung 26 Ergänzung der gesetzlichen Grundlagen durch: Treuhandkammer Standes- und Berufsregeln Richtlinien zur Unabhängigkeit vgl. Vorlesung V4 Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung (HWP) Nachschlagewerk für die Bereiche Buchführung, Rechnungslegung und Revision Hilfsmittel für die Aus- und Weiterbildung von Berufsangehörigen
5. Auditing Standards 27 PS / ISA / US GAAS Schweizerische Prüfungsstandards (PS) ISA an schweizerische Gegebenheiten angepasst Ergänzungen und Erläuterungen zu den ISA International Standards on Auditing (ISA) International anerkannte Grundsätze zur Abschlussprüfung Anwendungspflicht der IFAC-Mitglieder IFAC Handbook Bedeutung im Zusammenhang mit den International Financial Reporting Standards (IFRS) US GAAS US Generally Accepted Auditing Standards Prüfungsstandards für Jahresrechnungen, die nach US GAAP erstellt wurden
6. Zusammenhang Rechnungslegung / Prüfung 28 Gesetzliche Normen Standards Ziele Jahresrechnung einer Gesellschaft Soll-Objekt Vergleichsprozess Ist-Objekt Beurteilungsprozess Abweichung? Urteil Berichterstattung/Kommunikation
6. Zusammenhang Rechnungslegung / Prüfung 29 Jahresrechnung/ Rechnungslegung OR Swiss GAAP FER IFRS US GAAP Prüfungsstandard PS ISA US GAAS
7. Anforderungen an die Revisionsstelle 30 1. Allgemein Gesellschaftsform Publikumsgesellschaft Volkswirtschaftlich bedeutende Unternehmen Kleinere Unternehmen Anforderung an die Revisionsstelle Staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen Zugelassener Revisionsexperte Zugelassener Revisor Kleinstunternehmen (< 10 Vollzeitstellen) Keine
7. Anforderungen an die Revisionsstelle 31 2. Zulassung Umfangreiche Zulassungsvoraussetzungen als staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen: Mehrheit des VR und GL muss entsprechende Zulassung als Revisionsexperte bzw. Revisor haben Mindestens 1/5 der Personen, welche Revisionsdienstleistungen erbringen, muss über entsprechende Zulassung verfügen Alle Personen, welche für Revisionsdienstleistungen verantwortlich sind, müssen über entsprechende Zulassung verfügen Führungsstruktur muss gewährleisten, dass die einzelnen Mandate genügend überwacht werden Überwachung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch die eidg. Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) Ausreichende Versicherung für Haftungsrisiken Weitere detaillierte Vorschriften gem. Art 11-19 RAG
7. Anforderungen an die Revisionsstelle 32 3. Aufsicht durch die eidg. Revisionsaufsichtsbehörde Organisation Öffentlich-rechtliche Anstalt Organe: VR, Direktor, Revisionsstelle Aufgaben Führt öffentliches Register für natürliche und juristische Personen, die Revisionsdienstleistungen im Sinne des RAG erbringen Aufsicht über Revisionsstellen von Publikumsgesellschaften (Periodische Überprüfung; mind. alle drei Jahre) Zusammenarbeit mit anderen Behörden (z.b. FINMA, PCAOB, etc.) Finanzierung Gebühren für Verfügungen, Überprüfungen und Dienstleistungen Jährliche Aufsichtsabgabe von staatlich beaufsichtigten Revisionsunternehmen