Lösung Fall 3: Wer wird Millionär? D e f i n i t i o n e n u n d P r ü f u n g s s c h e m a t a I. 212 Abs. 1, 211, 22, 23 Abs. 1 StGB (versuchter Mord) 1. Vorprüfung Nichtvollendung der Tat Strafbarkeit des Versuchs (hier 23 Abs. 1 Alt. 1, 12 Abs. 1 StGB) 2. Tatentschluss a) Vorsatz bezüglich der Tötung eines anderen Menschen bezüglich tatbezogener Mordmerkmale (2. Gruppe) b) Täterbezogene Mordmerkmale (1. und 3. Gruppe) 3. Unmittelbares Ansetzen 4. Rechtswidrigkeit und Schuld 5. Ggf. Rücktritt [Haupttat], 26 StGB (Anstiftung zur Haupttat) 1. Tatbestand a) Objektiver Tatbestand vorsätzliche rechtswidrige Haupttat Anstiftungshandlung = Bestimmen: Hervorrufen des Tatentschlusses beim Täter b) Subjektiver Tatbestand sog. doppelter Anstiftervorsatz in Bezug auf die Vollendung der vorsätzlichen und rechtwidrigen Haupttat die eigene Teilnahmehandlung (das Bestimmen) c) Ggf. Tatbestandsverschiebung nach 28 Abs. 2 StGB 2. Rechtswidrigkeit und Schuld 3. (Ggf. Strafzumessung nach 28 Abs. 1 StGB; bei 211 StGB allerdings nur nach Rspr.) 1
P r o b l e m e u n d S c h w e r p u n k t e I. Schwerpunkte 1. Ordnung Heimtücke bei Schlafenden Strafbarkeit des Teilnehmers bei divergierenden Mordmerkmalen Sonderfall der gekreuzten Mordmerkmale Schwerpunkte 2. Ordnung Niedrige Beweggründe des B I Kleinere Probleme Qualifikationsmerkmale des 224 Abs. 1 StGB Einheitstheorie Konkurrenzen zwischen versuchtem Mord und vollendeter Körperverletzung W e i t e r f ü h r e n d e H i n w e i s e I. Aktuelle Entscheidungen aus der Rechtsprechung Beschuhter Fuss im Rahmen des 224 Nr. 2 (BGH JuS 2010, 648) Mittels einer Waffe oder eines gef. Werkzeugs ird 224 Nr. 2 (BGH NStZ 2010, 512) Sperrwirkung der Mindeststrafe des Totschlags bei doppelter Strafmilderung (BGH NStZ 2006, 288; NStZ 2006, 34) Strafbarkeit des Anstifters bei der Auftragstötung (BGHSt 50, 1 = NJW 2005, 996) Altvater, Rechtsprechung des BGH zu den Tötungsdelikten, NStZ 2005, 22 Aktuelle Literatur Engländer, Die Teilnahme an Mord und Totschlag, JA 2004, 410 Vietze, Gekreuzte Mordmerkmale in der Strafrechtsklausur, Jura 2003, 394 Baier, Tatbeteiligung am Mord, JA 2002, 925 Weißer, Fortgeschrittenenklausur Tödliche Erlösung, zu 211 ff.,28 StGB, JuS 2009,135 Kühl, Die sonst niedrigen Beweggründe des 211 II StGB, JuS 2010, 1044 2
Lösungsskizze Strafbarkeit des B I. 212 Abs. 1, 211, 22, 23 Abs. 1 StGB 1. Vorprüfung Nichtvollendung der Tat (+): O überlebt Strafbarkeit des Versuchs (+): 23 Abs. 1 Alt. 1, 12 Abs. 1 StGB 2. Tatentschluss a) Vorsatz bezüglich des objektiven Tatbestandes des 212 Abs. 1 StGB (+): B will den O durch Zustechen mit dem Brieföffner töten Anmerkung: Wenn im Sachverhalt nicht ausdrücklich stünde, dass B den O umbringen wollte, müsste thematisiert werden, ob der B mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz handelte. Dies wäre hier infolge der nahe liegenden Lebensgefährlichkeit des Stichs mit einem spitzen Gegenstand in die Herzgegend trotz der zu berücksichtigenden Hemmschwelle bei Tötungsdelikten durch aktives Tun zu bejahen (vgl. dazu bereits Fall 2). b) Vorsatz bezüglich des objektiven Tatbestandes des 211 StGB tatbezogenes Mordmerkmal der Heimtücke: bewusstes Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers in feindlicher Willensrichtung. arglos ist, wer sich im Zeitpunkt der Tat keines tätlichen Angriffs auf seine körperliche Unversehrtheit oder auf sein Leben versieht. Heimtücke bei Schlafenden arglos kann nur sein, wer die Fähigkeit hat, Argwohn zu hegen; bei Schlafenden könnte man dies grundsätzlich verneinen, da sie überhaupt nichts wahrnehmen; nach anerkannter Rechtsprechung ist der Schlafende aber arglos, wenn er die Arglosigkeit mit in den Schlaf nimmt (anders bei Bewusstlosen, die auf Beginn und Beendigung sowie die Umstände ihres Zustands keinerlei Einfluss haben; daher kein in diesen Fällen kein Argwohn). hier (+): O schläft über seinen Aktenordnern erschöpft am Schreibtisch ein, ohne zu diesem Zeitpunkt mit einem Angriff zu rechnen. wehrlos ist, wer infolge seiner Arglosigkeit zur Verteidigung außerstande oder in seiner Verteidigung stark eingeschränkt ist. hier (+): O war infolge seines arglosen Schlafes auch wehrlos. bewusstes Ausnutzen in feindlicher Willensrichtung (+): B möchte die Gunst der Stunde nutzen (Ein von der Literatur teilweise vorausgesetzter besonders verwerflicher Vertrauensbruch liegt hier nicht vor; diese Ansicht ist jedoch ohnehin abzulehnen, da sie gerade die Fälle des Heckenschützen und der heimtückischen Auftragstötung nicht erfassen kann), c) Sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale täterbezogenes Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe: Tatantriebe, die nach allgemeiner Bewertung auf sittlich tiefster Stufe stehen, durch hemmungslose Eigensucht bestimmt und daher besonders verachtenswert sind; niedrige Beweggründe sind also solche, die zwischen Anlass und Tat ein krasses Missverhältnis aufweisen 3
hier: B will den O als Ehemann der A beseitigen, um seine Beziehung zu A ungestört fortführen zu können und ein Ende all seiner persönlichen Probleme zu erreichen (Eifersucht, geringes Selbstwertgefühl); B handelt in hohem Maße eigensüchtig und menschenverachtend- daher: niedrige Beweggründe (+); a.a. bei entsprechender Begründung ebenfalls vertretbar 3. Unmittelbares Ansetzen (+): Stich mit dem Brieföffner in die Herzgegend des O 4. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 5. Zwischenergebnis 212 Abs. 1, 211, 22, 23 Abs. 1 StGB (+) 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB Aufbauhinweis: 223 und 224 StGB können auch getrennt geprüft werden, also zunächst das Grunddelikt der (einfachen) Körperverletzung und anschließend die Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung. Regelmäßig bietet sich aber nicht zuletzt wegen der Zeitersparnis eine gemeinsame Prüfung an. 1. Tatbestand a) Objektiver Tatbestand des 223 Abs. 1 StGB Taterfolg körperliche Misshandlung (+): Stich mit dem Brieföffner als üble und unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird Taterfolg Gesundheitsschädigung (+): Stichwunde als pathologischer Zustand Anmerkung: Liegt der Schwerpunkt einer Klausur nicht auf den Körperverletzungsdelikten, sind epische Ausführungen fehlerhaft und zeugen von mangelnder Schwerpunktsetzung. Dies gilt vor allem dann, wenn die Körperverletzungsdelikte (insbesondere hinter den Tötungsdelikten im Wege der Subsidiarität; vgl. Fall 2) zurücktreten. Soweit die Tatbestandsmerkmale der 223 ff. StGB unproblematisch gegeben sind, können sie daher eher knapp, wenngleich präzise, d.h. unter einmaliger Einbindung der Definitionen und mit kurzer Subsumtion, behandelt werden. Sofern überhaupt keine Probleme ersichtlich sind, ist ggf. sogar der Urteilsstil gestattet). Achtung: Hier ist der Mord nur versucht die Körperverletzung tritt daher aus Klarstellungsgründen nicht im Wege der Subsidiarität zurück. b) Objektiver Tatbestand des 224 Abs. 1 StGB Nr. 2 Var. 2: gefährliches Werkzeug jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit (str.) und der Art seiner Verwendung im Einzelfall dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen. hier: spitzer Brieföffner in der konkreten Verwendung (Stich in die Herzgegend) geeignet, die Gefahr erheblicher Verletzungen zu begründen (wie die schwere Verletzung des O belegt). Der Brieföffner ist hier daher als gefährliches Werkzeug anzusehen(+) Nr. 3: hinterlistiger Überfall Überfall ist jeder plötzliche, unerwartete Angriff auf einen Ahnungslosen hinterlistig ist der Überfall, wenn der Täter seine wahre Absicht planmäßig berechnend verdeckt, um gerade dadurch dem Angegriffenen die Abwehr zu erschweren 4
hier: plötzliches Zustechen zwar als Überfall zu werten; da O jedoch schlief, konnte B seine wahren Absichten nicht vor ihm verdecken hinterlistiger Überfall (-) Nr. 5: mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung c) Subjektiver Tatbestand hier: Stich mit dem Brieföffner in die Herzgegend auch konkret (und somit selbst nach aa) lebensgefährlich mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (+) Vorsatz bezüglich des objektiven Tatbestandes des Grunddelikts des 223 Abs. 1 StGB (+); Einheitstheorie der Qualifikation des 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB (+) 2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 3. Zwischenergebnis 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 5 StGB (+) I Ergebnis und Konkurrenzen (versuchter) Totschlag tritt hinter (versuchten) Mord ebenso im Wege der Spezialität zurück wie die einfache hinter die gefährliche Körperverletzung; zwischen dem versuchten Mord und der (vollendeten) gefährlichen Körperverletzung jedoch besteht aus Klarstellungsgründen Tateinheit Also: Strafbarkeit des B wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit (vollendeter) gefährlicher Körperverletzung: 211, 22, 23 Abs. 1; 224 Abs. 1 Nr. 2, 5; 52 StGB Strafbarkeit der A I. 212 Abs. 1, 211, 22, 23 Abs. 1, 26 StGB 1. Tatbestand a) Objektiver Tatbestand aa) Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat hier: versuchter Mord des B zum Nachteil des O (+) bb) Anstiftungshandlung Bestimmen: Hervorrufen des Tatentschlusses beim Täter hier: Bitte an B, den O um ihrer Liebe willen umzubringen Anmerkung: Hier einen mittäterschaftlich begangenen, versuchten Mord zu prüfen, wäre wohl eher abwegig. Trotz eines gemeinsamen Tatplanes war A nicht am Tatort anwesend. Dafür, dass A nach der Animustheorie, der strengen Tatherrschaftslehre oder der Lehre von der funktionalen Tatherrschaft (Plus/Minus-Theorie) Täterin sein könnte, bestehen keine Anhaltspunkte. b) Subjektiver Tatbestand aa) Vorsatz in Bezug auf die Haupttat 5
bezüglich der (Vollendung der) Tötung des O (+): A wollte den Tod des O Freilich hatte A nur Vorsatz bezüglich der Begehung eines vollendeten Tötungsdeliktes durch B. Sie wollte natürlich (!) nicht, dass B ein Tötungsdelikt nur versucht. Doch aufgrund des Akzessorietätsprinzips ist nur wegen der Anstiftung zu einem Versuchsdelikt zu bestrafen. bezüglich des tatbezogenen Mordmerkmals der Heimtücke (-): A geht von einem offenen Duell zwischen B und O aus. bezüglich des täterbezogenen Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe (+): A weiß um die Motivation des B, den O wegen ihrer Liebesbeziehung zu töten Anmerkung: Uneinheitlich bewertet wird, ob sich der Teilnahmevorsatz auch auf die täterbezogenen Mordmerkmale des Täters erstrecken muss. Während die Rechtsprechung auf Grundlage des 28 Abs. 1 StGB (s. dazu sogleich) insoweit Vorsatz verlangen muss, entnimmt die Literatur dem nach ihrer Auffassung anwendbaren 28 Abs. 2 StGB wonach täterbezogene Mordmerkmale nur für den Beteiligten gelten, bei dem sie in eigener Person vorliegen, dass es auf den Vorsatz des Teilnehmers bzgl. der täterbezogenen Mordmerkmale des Täters überhaupt nicht ankomme. Relevanz (in der Begründung, nicht im gleichbleibenden Ergebnis) entfaltet dieser Aspekt für den Fall, dass der Täter ein täterbezogenes Mordmerkmal verwirklicht, der Teilnehmer hingegen weder davon weiß noch in eigener Person ein solches Mordmerkmal erfüllt. Einigkeit besteht darüber, dass der Teilnehmer sich nach 212 Abs. 1, 26 (27) StGB strafbar macht. Uneins ist die Begründung: Während sich die Rechtsprechung auf den fehlenden Vorsatz ( 16 Abs. 1 StGB) des Teilnehmers in Bezug auf das täterbezogene Mordmerkmal des Täters beruft, verweist die Literatur auf den erst nach dem Teilnahmevorsatz zu erörternden 28 Abs. 2 StGB. In der Klausur empfiehlt sich, den Teilnahmevorsatz bzgl. der täterbezogenen Mordmerkmale des Täters zu prüfen, dabei aber kurz (z.b. mit dem Halbsatz für die Literatur wegen 28 Abs. 2 StGB zumindest im Ergebnis unbeachtlich ) festzuhalten, dass dieser Punkt für die Literatur ohne Bedeutung ist. bb) Vorsatz in Bezug auf die Anstiftungshandlung (+) c) Tatbestandsverschiebung nach 28 Abs. 2 StGB Strafbarkeit des Teilnehmers bei divergierenden Mordmerkmalen für die Strafbarkeit wegen Teilnahme (Akzessorietät) ist es grundsätzlich ausreichend, dass der Teilnehmer Vorsatz bzgl. der Tatbestandsmerkmale der Haupttat aufweist; bei besonderen persönlichen Merkmalen, die mehr die Person des Beteiligten als die Tat charakterisieren, erscheint es jedoch unangebracht, diese auch dem Teilnehmer im Wege der strengen Akzessorietät zuzurechnen. Daher bestimmt 28 StGB, dass besondere persönliche Merkmale nur demjenigen Beteiligten zum Nachteil gereichen soll, der sie in eigener Person erfüllt (Lockerung bzw. Durchbrechung der Akzessorietät) Bei Mordmerkmalen ist folgendes zu bedenken: Mordmerkmale der 2. Gruppe (Begehungsweisen) sind tatbezogen; für Teilnahme am Mord genügt in diesen Fällen die bloße Kenntnis der Verwirklichung des Mordmerkmals durch den Täter. 6
Merkmale der 1. (Motive) bzw. 3. Gruppe (Absichten) hingegen sind täterbezogen, d.h. besondere persönliche Merkmale i.s.d. 28 StGB Obwohl die ganz herrschende Meinung davon ausgeht, dass die Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe besondere persönliche Merkmale i.s.d. 28 sind, ist jedoch stark umstritten, ob diese strafbegründende ( 28 I) oder strafmodifizierende ( 28 II) besondere persönliche Merkmale sind. Dies ist letztlich davon abhängig, wie man das Verhältnis zwischen Mord und Totschlag bewertet Meinungsstreit: Verhältnis zwischen Mord und Totschlag Rspr: Mord und Totschlag sind selbstständige Tatbestände Begründung: Wortlaut der 211 f. StGB; Mord und Totschlag unterscheiden sich danach nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ in ihrem Unrechtsgehalt Lit: Mordmerkmale sind strafbegründende Merkmale 28 Abs. 1 StGB anwendbar (Strafrahmenverschiebung) Totschlag als Grundtatbestand der Tötungsdelikte, Mord als Qualifikation Begründung: Mordmerkmale des 211 StGB zu verschieden, als dass Mord ein eigenständiger Deliktstypus wäre Mordmerkmale sind strafschärfende Merkmale 28 Abs. 2 StGB anwendbar (Tatbestandsverschiebung) Anmerkung: Hierbei handelt es sich lediglich um sehr rudimentäre Argumente, die für beide Ansichten vorgebracht werden. Eine schon befriedigende Darstellung bedarf der Ausführung weiterer Argumente; vgl. hierzu die Vorlesung Strafrecht III, die Ausführungen des Konversatorienleiters bzw. Rengier, Strafrecht BT/II, 17. Aufl. 2016, S. 47 ff. hier: Täter B tötet den O, um seine Liebesbeziehung mit A ungestört fortführen zu können und handelt somit aus niedrigen Beweggründen; Anstifterin A hat dieses Motiv dagegen nicht Rspr: Strafbarkeit des B nach 211, 22, 23 Abs. 1 StGB (Versuchter Mord); Strafbarkeit der A gemäß 211, 22, 23 Abs. 1, 26 StGB (Anstiftung zum versuchten Mord), jedoch an sich (dazu sogleich) obligatorische Strafrahmenverschiebung gemäß 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB Lit: Strafbarkeit des B nach 211, 22, 23 Abs. 1 StGB (Versuchter Mord); Strafbarkeit der A gemäß 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 26 StGB (Anstiftung zum versuchten Totschlag; Tatbestandsverschiebung nach 28 Abs. 2 StGB zu Gunsten der Teilnehmerin A) Weiteres Problem: Gekreuzte Mordmerkmale Sonstige (besondere persönliche, also täterbezogene) Mordmerkmale in der Person der A? Habgier: rücksichtsloses Streben nach Gewinn um jeden Preis hier: A will den Tod des O nur, um an das Erbe zu gelangen (+) Rspr: bei täterbezogenen Mordmerkmalen nur 28 Abs. 1 StGB anwendbar, der eine für den Teilnehmer ausschließlich vorteilhafte Regelung enthält nämlich das Fehlen eines besonderen persönlichen Merkmals; die Tatsache, dass der Teilnehmer ein täterbezogenes Mordmerkmal aufweist hingegen kann über 28 Abs. 1 nicht berücksichtigt werden. Ausnahme: bei Gleichartigkeit der von Täter und Teilnehmer verwirklichten Mordmerkmale soll 28 Abs. 1 StGB nicht zur Anwendung gelangen hier: Habgier (der A) als Sonderfall der niedrigen Beweggründe (des B) 7
Lit: Konversatorium zum Strafrecht GK III Strafbarkeit der A gemäß 211, 22, 23 Abs. 1, 26 StGB (Anstiftung zum versuchten Mord); die Strafrahmenverschiebung gemäß 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB entfällt erneute Anwendung des 28 Abs. 2 StGB Strafbarkeit der A gemäß 211, 22, 23 Abs. 1, 26 StGB (Anstiftung zum versuchten Mord; erneute Tatbestandsverschiebung nach 28 Abs. 2 StGB, dieses Mal zu Lasten der Teilnehmerin A) Aufbauhinweis: Wer der Rechtsprechung folgt, müsste die Strafrahmenverschiebung als Frage der Strafzumessung nach der Schuld prüfen, d.h. hier unter 3. Infolge der selten einmütigen und überzeugenden Kritik der Literatur an der Auffassung der Rechtsprechung ist jedoch dringend ratsam, der Literatur zu folgen. Inkonsequent wäre es jedenfalls, zunächst im Obersatz Mord als 212 Abs. 1, 211 StGB (als Grund- und Qualifikationstatbestand) zusammen zu prüfen, dann aber nach der Rechtsprechung 28 Abs. 1 StGB anzuwenden. In dem Fall muss Mord konsequenterweise als 211 (eigenständiger Tatbestand) geprüft werden. 2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 3. Zwischenergebnis 212 Abs. 1, 211, 22, 23 Abs. 1, 26 StGB (+) 223 Abs. 1, 224 Abs. 1, 26 StGB 1. Tatbestand a) Objektiver Tatbestand aa) Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat hier: Gefährliche Körperverletzung des B zum Nachteil des O (+) bb) Anstiftungshandlung (+; s.o.) b) Subjektiver Tatbestand aa) Vorsatz in Bezug auf die Haupttat bezüglich der Körperverletzung (+); Einheitstheorie bezüglich 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB (-): A hatte keine Kenntnisse über die konkrete Tatausführung mit dem Brieföffner als gefährliches Werkzeug bezüglich 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB (+) bb) Vorsatz in Bezug auf die Teilnahmehandlung (+) 2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 3. Zwischenergebnis 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5, 26 StGB (+) I Ergebnis und Konkurrenzen Strafbarkeit der A wegen Anstiftung zum versuchten Mord in Tateinheit mit Anstiftung zur (vollendeten) gefährlichen Körperverletzung gemäß 211, 22, 23 Abs. 1, 26; 224 Abs. 1 Nr. 5, 26; 52 StGB 8
Gesamtergebnis Strafbarkeit des B wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit (vollendeter) gefährlicher Körperverletzung: 211, 22, 23 Abs. 1; 224 Abs. 1 Nr. 2, 5; 52 StGB Strafbarkeit der A wegen Anstiftung zum versuchten Mord in Tateinheit mit Anstiftung zur (vollendeten) gefährlichen Körperverletzung: 211, 22, 23 Abs. 1, 26; 224 Abs. 1 Nr. 5, 26; 52 StGB 9