2. Altersbestimmung mit radioaktiven Nukliden

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Transkript:

3 SPF Bio/Che Name: 2. Altersbestimmung mit radioaktiven Nukliden Einstiegsfragen 1. Woher weiss man, wie alt die Erde ist? 2. Woher kennt man das Alter von Gesteinen? 3. Woher weiss man, wann die Neandertaler gelebt haben? 4. Wie stellt man fest, wann die Pfahlbausiedlungen am Bodensee erstellt wurden? 5. Wie konnte man nachweisen, dass der Schweizer Bundesbrief tatsächlich um 1291 verfasst wurde? Die allgemeine Antwort auf die oben gestellten Fragen lautet: Mit Hilfe radioaktiver Isotope. Je nach Alter werden dafür Isotope mit geeigneter Halbwertszeit benutzt. Im Folgenden wird als Beispiel die Altersbestimmung auf der Basis von 14 C genauer erklärt. Neben der Alterbestimmung durch Isotope existieren noch andere Methoden, auf die hier aber nicht weiter eingegangen wird. 2.1 Mathematische Grundlagen des Zerfallsgesetzes Für die Alterbestimmung mit Hilfe radioaktiver Nuklide werden folgenden Grössen betrachtet: N 0 = Anfangskonzentration eines Radionuklids N(t) = Konzentration des Radionuklids zum Zeitpunkt t T 1/2 = Halbwertszeit, d.h. die Zeit innerhalb derer die Hälfte einer Probe von Radionukliden zerfallen ist. λ = Zerfallskonstante, d.h. die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Nuklid innerhalb einer bestimmten Zeitdauer zerfällt. Sie hängt direkt mit T 1/2 zusammen: λ = ln 2 (Formel 1) T 1/2 A = Aktivität, d.h. die Anzahl Teilchen ( N), die pro Zeiteinheit ( t) zerfallen. Sie ist proportional zu N (je mehr Radionuklide, desto mehr Zerfälle): A = ΔN = N λ Δt (Formel 2) A wird als negativer Wert angegeben, weil Teilchen zerfallen Somit gilt für verschiedene Zeitpunkte: t = 0 N(t 0 ) = N 0 t = 1 N(t 1 ) = N 0 N 0 λ = N 0 (1 λ ) t = 2 N(t 2 ) = N(t 1 ) N(t 1 ) λ = N 0 (1 λ) 2 t = 3 N(t 3 ) = N 0 (1 λ) 3... t = n N(t n ) = N 0 (1 λ) n Durch mathematische Umformung (die hier nicht weiter behandelt wird), erhält man das Zerfallsgesetz. Dieses besagt, dass die Anzahl der Radionuklide exponentiell abnimmt. N(t) = N 0 e λ t (Formel 3) Logarithmieren des Zerfallsgesetzes ergibt: ln N(t) = ln N 0 λ t (Formel 4) Nun wird λ durch Formel 1 ersetzt lnn(t) = lnn 0 ln 2 T 1/2 t (Formel 5) Durch Auflösen der Gleichung nach t kann für jedes N(t) die Zeit berechnet werden, die ausgehend von N 0, verstrichen ist. oder t = lnn 0 lnn(t) T 1/2 (Formel 6) ln 2 t = ln N 0 N(t) ln 2 T 1/2 (Formel 7) Um t mit Hilfe dieser Formeln auszurechnen, muss die Anzahl der Radionuklide N(t) gezählt werden, was einigen Aufwand verursacht. Einfacher ist die Messung der Aktivität A(t) (d.h. die Anzahl der Zerfälle). Nach Formel 2 gilt: A ~ N. Formel 7 könnte daher auch lauten: ln A 0 A(t) t = ln 2 T 1/2 (Formel 8) A wird übrigens in Bq (Becquerel) gemessen: 1 Bq = 1 Zerfall pro s. (Wer war nochmal dieser Herr Becquerel?) In der Theorie ist diese Methode einfach, aber in der Praxis tauchen mannigfache Probleme auf. Ein Grundproblem ist z.b. die Bestimmung von N 0 (respektive A 0 ). Für eine Altersbestimmung eignen sich daher besonders solche Radionuklide, die fortlaufend mit einer konstanten Rate entstehen, und bei denen sich Neubildung und Zerfall die Waage halten, so dass eine konstante Konzentration resultiert. Dies ist für 14 C einigermassen der Fall. Che13_Radioakt_C14_Isotope.doc 20.10.14 Kantonsschule Kreuzlingen, Klaus Hensler 1

3 SPF, Kantonsschule Kreuzlingen Name: 2.2 Die C-14-Methode C-14 ( 14 C) entsteht ständig in der oberen Atmosphäre durch den Beschuss von 14 N mit Neutronen, die unter dem Einfluss von kosmischer Strahlung freigesetzt werden: 14 7N + 1 0 n 14 6 C + 1 1 H Mit der Zeit hat sich dabei ein Gleichgewicht zwischen Bildung und Zerfall eingestellt. Das heisst die 14 C-Konzentration hat in der Atmosphäre einen konstanten Wert eingenommen, so dass das Verhältnis zu den stabilen C-Isotopen konstant ist (z.b. 14 C: 12 C 1:1.2 10 12 ). Das radioaktive 14 C wird durch Luftsauerstoff zu 14 CO 2 oxidiert, und durch Wind und Wasser gleichmässig verteilt. Bei der Photosynthese wird das radioaktive 14 CO 2 zusammen mit dem stabilen 12 CO 2 und 13 CO 2 assimiliert. Auf diesem Weg gelangt 14 C in die Nahrungskette, so dass alle Lebewesen einen konstanten Gehalt dieses Nuklids in ihre Körpermasse einbauen. Nach dem Tod der Organismen wird kein neues 14 C mehr aufgenommen; es findet nur noch Zerfall statt. Eine Altersbestimmung (genauer die Bestimmung des Todeszeitpunkts) kann mit Hilfe der Halbwertszeit T 1/2 durchgeführt werden: 1. Bezogen auf die Aktivität A(t): Vergleich der 14 C-bedingten Aktivität einer Probe mit der von lebenden Organismen bzw. der Atmosphäre. 2. Bezogen auf die Nuklidzahl N(t): Vergleich des Mengenverhältnisses von 14 C: 12 C in einer Probe mit dem Mengenverhältnis in lebenden Organismen bzw. in der Atmosphäre. Im Folgenden wird die 1. Methode betrachtet. T 1/2 ( 14 C) = 5730 a A 0 = Anzahl Zerfälle (β-strahlung) = 15.3 pro g Kohlenstoff und Minute. Die Halbwertszeit von 14 C lässt Alterbestimmungen von maximal 30'000 bis 50'000 Jahren zu, wobei aufgrund von Messungenauigkeiten die maximale Genauigkeit von ca. ± 50 Jahren mit zunehmendem Alter geringer wird. Aufgabenblock 2.1 1. Woraus kann man schliessen, dass die Neutronen, die die C-14 Bildung bewirken, vorwiegend nicht aus der kosmischen Strahlung stammen, sondern dass sich durch die Wechselwirkung kosmischer Strahlung mit der oberen Atmoshäre entstehen? (Hinweis: studiere das unterste Feld in der Isotopentabelle.) Isolierte Neutronen zerfallen mit einer Halbwertszeit von 10.4 min. Das heisst, dass Neutonen, die z.b. mit dem Sonnenwind in Richtung Erde fliegen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem Weg zu uns schon zerfallen (Teilchenstrahlen pflanzen sich viel langsamer fort als das Licht) 2. In einer prähistorischen Feuerstelle wurden Holzkohlereste gefunden. In 2 g werden im Verlauf von 10 Stunden 3528 Zerfälle registriert, die von C-14 stammen. Wie alt ist die Holzkohle? T 1/2 ( 14 C) = 5730 a; Anzahl Zerfälle: A 0 = 15.3 /(g min); A(t) = 3528/(2 g 600 min) = 2.94/(g min) aus Formel 8 errechnet sich: t = 5730 a ln(15.3/2.94)/ln 2 = 5730 1.649/0.693 a t = 13'635 a 3. Bei der Datierung einer alten Schriftrolle wird ein 14 C: 12 C-Verhältnis von 0.66 10 12 gemessen. Welches Alter hat dieser archäologisch interessante Fund? T 1/2 ( 14 C) = 5730 a; Anteil 14 C / 12 C: N 0 = 1/1.2 10 12 = 8.33 10 13 ; N(t) = 0.66 10 12 aus Formel (6) errechnet sich: t = 5730 a ln(8.33 10 13 /6.6 10 13 )/ln 2 = 5730 0.232/0.693 a t = 1924 a 4. Welches Mengenverhältnis zwischen C-12 und C-14 wird in in einer 35'000 Jahre alten Probe erwartet? T 1/2 ( 14 C) = 5730 a; Anteil 14 C / 12 C: N 0 = 1/1.2 10 12 = 8.33 10 13 ; t = 35'000 a Durch Umformen von Formel 7 wird N(t) errechnet: ln N(t) = ln N 0 (t ln 2)/T 1/2 ln N(t) = 27.81 4.233 = 32.04 N(t) = e ln N(t) = 1.21 10 14 5. Kann man sicher sein, dass die C-14 Produktion in der Atmosphäre in der Vergangenheit konstant war? Falls nicht, wie könnte man das überprüfen? Man kann ntürlich nicht sicher sein, weil die Produktionsrate von kosmischer Strahlung abhängig ist, die nicht konstant sein muss. Eine Überprüfung erfordert kohlenstoffhaltiges, organisches Material, dessen Alter zuverlässig auf andere Art und Weise bestimmt werden kann, so dass diese Werte mit den 14 C- Werten verglichen werden können. Che13_Radioakt_C14_Isotope.doc 20.10.14 Kantonsschule Kreuzlingen, Klaus Hensler 2

2.3 Eichungen und Korrekturen der C-14-Methode (Auszug aus: H-P Dreyer, Hrsg, 1996, Leitprogramm Radioaktivität der ETH-Zürich, www.educeth.ch) Ob die 14 C-Konzentration über die letzten Jahrtausende konstant war, konnte mit Hilfe von Jahresringen im Holz überprüft werden. Diese sogenannte Dendrochronologie kann das Alter einer Abfolge von 50 70 Baumringen jahresgenau datieren. Dies ist möglich, da konservierte Bäume aus vielen Jahrtausenden gefunden wurden. Die Methode ist weiter unten genauer beschrieben. Bestimmt man nun die 14 C-Konzentration von Baumringen mit bekanntem Alter, so lässt sich daraus das 14 C/ 12 C-Verhältnis in der Atmosphäre bestimmen, das zu der Zeit geherrscht hat, als der Baumring wuchs. Die Messungen zeigen, dass die 14 C- Konzentration vor 10 000 Jahren ca. 10% grösser war als um 1900 und dann langsam abnahm. Vor rund 1000 Jahren war sie relativ niedrig, stieg dann aber wieder leicht an. Diese Schwankungen werden der sich ändernden Aktivität der Sonne zugeschrieben, da die Rate der 14 C-Produktion von der Strahlungsintensität abhängt. Seit Beginn der Industrialisierung vor ca. 300 Jahren wurde durch die zunehmende Nutzung fossiler Brennstoffe (Kohle, Erdöl, Erdgas) viel Kohlenstoff freigesetzt, der aber kein C-14 mehr enthält (das 14 C ist in diesem alten Material längst zerfallen). Dadurch sank die 14 C-Konzentration wieder ab (um ca. 3 %). All diese Schwankungen bewegen sich im Bereich von ca. 10%! Die Atombombentests seit den 1950er Jahren sowie Kernreaktoren haben viele künstliche radioaktive Isotope erzeugt, auch 14 C, welches zusätzlich in den CO 2 -Kreislauf gelangt. Dies führte zu einem immensen Anstieg der 14 C-Konzentration in der Atmosphäre. In den 1960er Jahren wurden dadurch doppelt so grosse Werte der 14 C-Konzentration gemessen als vor den Atombombenexperimenten. Der Wert liegt weit über dem Maximalwert der Grafik unten. Das bedeutet auch, dass die 14 C- Konzentration sich in den letzten 50 Jahren fast 10- mal so stark verändert hat, wie in den vorangegangenen 10'000 Jahren. Änderung der atmosphärischen 14 C- Konzentration in den letzten 10000 Jahren (BC=Before Christ, AD= Anno Domini) bestimmt durch Messungen an Baumringen. 14 C bedeutet dabei die Abweichung der 14 C -Konzentration von einem Standardwert in Promille. Der Standardwert beträgt dabei 1.2 10 12 (Niklaus 1993). 2.4 Dendrochronologie Der Begriff kommt aus dem Griechischen: dendros = Baum, chronos = Zeit und logos = Kunde Der junge Astronom Andrew Eliott Douglass aus Flagstaff, Arizona, suchte eigentlich nach einem Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Klima. Er vermass dazu die Dicke der Jahrringe an alten Kiefern und trug diese in ein Diagramm ein. Er erstellte eine Datensammlung für die letzten 585 Jahre, indem er die extrem schmalen und breiten Jahrringe auf einer Zeitskala zur Deckung brachte. 1929 gelang es ihm schliesslich die Jahrringmuster archäologischer Fundhölzer in den älteren Abschnitt seines Kalenders einzuhängen. Der Aufbau einer längeren Jahrringchronologie war geschafft. Die Methode wurde ab 1950 verfeinert und zu einer wissenschaftlich anerkannten, exakten Methode zur Altersbestimmung entwickelt. Aufgabe 2.3 Wie weit reichen solche Chronologien im manchen Regionen Europas bereits zurück? siehe dazu z.b. http://www.waldundklima.net/klima/dendrochronologie_01.php Der Hohenheimer Jahrringkalender reicht ca. 12'000 Jahre zurück. Che13_Radioakt_C14_Isotope.doc 20.10.14 3

Wie entstehen Jahrringe? An Standorten mit ausgeprägten Jahreszeitunterschieden bildet ein Baum pro Jahr einen Jahrring, der sich aus dem helleren Frühholz (grosse Zellen, dünne Zellwände) und dem dunkleren Spätholz (kleine Zellen, dicke Zellwände) zusammensetzt. In klimatisch guten Jahren (langer, warmer Sommer; kurzer, milder Winter) wird mehr Holz produziert als in kargen Perioden (kurzer, feuchter Sommer; harter Winter). Darum sind die Ringe, je nach Witterung, unterschiedlich dick. Wie erstellt man eine Dendrochronologie? Schritt 1: Die Holzoberfläche wird präpariert (u.a. geschliffen); dann wird die Breite der Jahrringe mit optischen Hilfen und einer Genauigkeit von 0.0l mm an einer möglichst ungestörten Stelle (keine Äste, Markstrahlen) vermessen. Schritt 2: Durch graphische Umsetzung der Ringbreiten entsteht ein Kurvenmuster. Die Kurvenmuster verschiedener Bäume werden verglichen. Bei Proben aus einer Gegend (gleicher Witterungsverlauf) sollte eine weitgehende Deckung der Kurven ersichtlich sein. Aus verschiedenen Proben wird rechnerisch eine Mittelkurve gebildet. Damit die Zeitangabe jahrgenau ist, muss der letzte Wuchsring vorhanden sein, die Waldkante. Schritt 3: Ältere Holzstücke (Balken in alten Häusern, archäologische Funde) werden auf die gleiche Art ausgewertet. Mit etwas Glück bringt man jüngere Jahrringkurven älterer Bäume mit älteren Jahrringkurven jüngerer Bäume zur Deckung und kann dadurch die Mittelkurven unterschiedlicher Zeitperioden aneinanderhängen. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein? Eine Dendrochronolgie kann immer nur für eine bestimmte Baumart erstellt werden. Man verwendet Baumarten, die auf Klimaveränderungen sehr stark reagieren. Ausserdem müssen auch beim Standort beachten werden, dass keine störenden Ereignisse (Feuer, Hangrutsch) oder menschliche Einflüsse (Abgase, Düngemittel) die Werte verfälschen. Che13_Radioakt_C14_Isotope.doc 20.10.14 4

3. Messungen mit Isotopen 3.1 Übersicht Die prozentualen Anteile der Isotope, die in der Isotopentabelle genannt werden, sind Mittelwerte. Bei genauem Hinsehen stellt man aber fest, dass es regionale Unterschiede der Isotopenzusammensetzung gibt, die zwar sehr klein sein können, aber mit modernen Methoden dennoch nachweisbar sind. Daneben kann es in einer Region auch zeitliche Schwankungen geben (z.b. die 14 C-Konzentration im Verlauf der letzten Jahrtausende). Dieser Umstand wird für zahlreiche Untersuchungen ausgenutzt. Dabei werden keineswegs nur radioaktive Isotope betrachtet, sondern meistens stabile wie z.b. 16 O, 18 O, 2 H. Aufgaben 3.1 1. Mit welcher Methode kann die Isotopenzusammensetzung einer Probe gemessen werden? Massenspektroskopie 2. Erkläre, wie aus Eisbohrkernen die Temperatur rekonstruiert werden kann. 3. Gib weitere Beispiele an, was mit Hilfe von Isotopenanalysen gemessen werden kann. Im Internet gibt es zahlreiche Informationen zu diesem Thema (erreichbar z.b. via Google Suchbegriffe Isotope und Analyse oder Isotopenanalyse). Che13_Radioakt_C14_Isotope.doc 20.10.14 5