Briefing für Personalverantwortliche

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Transkript:

Briefing für Personalverantwortliche Dr. Svenja Fries, LL.M. Marco Maurer Rechtsanwältin/Associate Rechtsanwalt/Associate T +49 69 7941 1026 T +49 69 7941 1132 sfries@mayerbrown.com mmaurer@mayerbrown.com Q4/2016 24. November 2016 Mayer Brown is a global legal services provider comprising legal practices that are separate entities (the "Mayer Brown Practices"). The Mayer Brown Practices are: Mayer Brown LLP and Mayer Brown Europe-BrusselsLLP, both limited liabilitypartnerships establishedin IllinoisUSA; Mayer Brown International LLP, a limited liabilitypartnership incorporated in England and Wales (authorized and regulated by the Solicitors Regulation Authority and registered in England and Walesnumber OC 303359); Mayer Brown, a SELASestablished in France; Mayer Brown JSM, a Hong Kong partnership and its associated legal practices in Asia; and Tauil & Chequer Advogados, a Brazilianlaw partnership with which Mayer Brown is associated. Mayer Brown Consulting (Singapore) Pte. Ltd and its subsidiary, which are affiliatedwith Mayer Brown, provide customs and trade advisory and consultancy services, not legal services. "Mayer Brown" and the Mayer Brown logo are the trademarks of the Mayer Brown Practices in their respective jurisdictions.

Agenda Gleichberechtigung bei Massenentlassungen BVerfG stärkt Rechte von Arbeitnehmern in Elternzeit Gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe bei unbilliger Bestimmung von Ermessensboni durch den Arbeitgeber Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen Anforderungen an eine abschließende Stellungnahme Befristung von Arbeitsverhältnissen der gerichtliche Vergleich als sachlicher Grund 2

Gleichberechtigung bei Massenentlassungen BVerfG stärkt Rechte von Arbeitnehmern in Elternzeit (1/5) BVerfG vom 8. Juni 2016 1 BvR 3634/13 Sachverhalt (1) Gegenstand des zugrundeliegenden arbeitsgerichtlichen Verfahrens war die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung. Die Beschwerdeführerin war bei einer Fluggesellschaft beschäftigt, die ihren Flugbetrieb nach Deutschland gänzlich einstellte. Nach Erstattung einer Massenentlassungsanzeige im Dezember 2009 kündigte die Arbeitgeberin Ende Dezember 2009 und Anfang Januar 2010 die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer in Deutschland. Diese Kündigungen waren unwirksam, weil das erforderliche Konsultationsverfahren ( 17 Abs. 2 KSchG) mit dem zuständigen Betriebsrat nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden war. 3

Gleichberechtigung bei Massenentlassungen BVerfG stärkt Rechte von Arbeitnehmern in Elternzeit (2/5) BVerfG vom 8. Juni 2016 1 BvR 3634/13 Sachverhalt (2) Die Beschwerdeführerin befand sich zu diesem Zeitpunkt in Elternzeit. Die Arbeitgeberin beantragte im Dezember 2009 bei der zuständigen Landesbehörde die Zustimmung zur Kündigung der Beschwerdeführerin. Nachdem diese Zustimmung erteilt worden war, kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit der Beschwerdeführerin im März 2010. Das BAG war im Kündigungsschutzverfahren der Ansicht, die Kündigung sei wirksam. Insbesondere sei der Verfahrensfehler nach 17 Abs. 2 KSchG unbeachtlich, da die Beschwerdeführerin nicht innerhalb des 30-Tage-Zeitraums nach 17 Abs. 1 KSchG gekündigt worden sei. Gegen dieses BAG-Urteil hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde eingelegt. 4

Gleichberechtigung bei Massenentlassungen BVerfG stärkt Rechte von Arbeitnehmern in Elternzeit (3/5) BVerfG vom 8. Juni 2016 1 BvR 3634/13 Entscheidung (1) Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG i.v.m. Art. 6 Abs. 1 GG: Anzeigepflichtig sind nach 17 Abs. 1 KSchG alle Entlassungen innerhalb eines 30-Tage-Zeitraums. Das BAG stellt beim Begriff der Entlassung auf den Zugang der Kündigungserklärung ab. Bei Arbeitnehmern in Elternzeit muss jedoch vor Ausspruch der Kündigung die behördliche Zustimmung abgewartet werden, weswegen Kündigungen ihnen gegenüber oft erst später als gegenüber anderen Arbeitnehmern ausgesprochen werden. Stellt man wie das BAG auch bei Arbeitnehmern in Elternzeit auf den Zugang der Kündigung ab, unterfallen diese deswegen häufig nicht mehr dem Massenentlassungsschutz des 17 KSchG. 5

Gleichberechtigung bei Massenentlassungen BVerfG stärkt Rechte von Arbeitnehmern in Elternzeit (4/5) BVerfG vom 8. Juni 2016 1 BvR 3634/13 Entscheidung (2) Die Benachteiligung kann auch nicht durch den besonderen Kündigungsschutz nach 18 BEEG gerechtfertigt werden. 17 KSchG statuiert höhere Anforderungen als 18 BEEG: Die Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit soll ihr ermöglichen, die Folgen für die Betroffenen möglichst zu mildern. Zusätzlich muss mit dem Betriebsrat über Möglichkeiten beraten werden, die Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken. Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG: Da Elternzeit bislang in evident höherem Maße von Frauen als von Männern genommen wird, liegt in der BAG-Rechtsprechung außerdem eine faktische Benachteiligung wegen des Geschlechts. 6

Gleichberechtigung bei Massenentlassungen BVerfG stärkt Rechte von Arbeitnehmern in Elternzeit (5/5) BVerfG vom 8. Juni 2016 1 BvR 3634/13 Fazit: Bei der Kündigung von Arbeitnehmern in Elternzeit ist für den Anwendungsbereich des 17 KSchG nicht auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung abzustellen. Hier kommt es stattdessen darauf an, ob der Antrag auf Zustimmung zu ihrer Kündigung innerhalb des 30-Tage-Zeitraums gestellt wird. Diese Entscheidung dürfte entsprechend auch für andere Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz gelten, bei denen die Kündigung eine vorherige behördliche Zustimmung erfordert. 7

Gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe bei unbilliger Bestimmung von Ermessensboni durch den Arbeitgeber (1/5) BAG vom 3. August 2016 10 AZR 710/14 Sachverhalt (1) Der Kläger war seit 1. Januar 2010 bei einer internationalen Großbank als Managing Director GBM-Equity beschäftigt. Er war außertariflicher Mitarbeiter und bezog ein jährliches Bruttofestgehalt in Höhe von 200.000. Der Arbeitsvertrag des Klägers enthielt als Sondervergütung einen Bonus & Deferral Plan mit u.a. den folgenden Regelungen (sinngemäß): Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweiligen Bonusund/oder Deferral Plan der Gesellschaft im Kalenderjahr teil. Voraussetzung hierfür ist, dass die Gesellschaft für das jeweilige Jahr insgesamt Mittel für den Bonus & Deferral Plan bereitstellt. Leistungen nach dem Bonus & Deferral Plan sind freiwillig und erfolgen nur, wenn sich der Arbeitnehmer zum Fälligkeitszeitpunkt in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft befindet. 8

Gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe bei unbilliger Bestimmung von Ermessensboni durch den Arbeitgeber (2/5) BAG vom 3. August 2016 10 AZR 710/14 Sachverhalt (2) Während der Kläger für das Jahr 2010 einen Bonus erhielt, wurde ihm für das Jahr 2011 wegen eines erwirtschafteten Geschäftsverlusts der Beklagten keine Sonderleistung gewährt. Das Arbeitsverhältnis endete infolge betriebsbedingter Kündigung der Beklagten zum 30. September 2012. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines Bonus für das Geschäftsjahr 2011, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber mindestens 52.480 betragen soll. Das Arbeitsgericht hatte dem Kläger einen Bonus in Höhe von 78.720 brutto zugesprochen. Das Berufungsgericht hatte die Klage dagegen abgewiesen. 9

Gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe bei unbilliger Bestimmung von Ermessensboni durch den Arbeitgeber (3/5) BAG vom 3. August 2016 10 AZR 710/14 Entscheidung (1) BAG: Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Jahr 2011 zu. Weder der Freiwilligkeitsvorbehalt noch die Stichtagsregelung im Bonus & Deferral Plan stehen diesem Anspruch entgegen, da sie der AGB-Kontrolle nach den 305ff. BGB nicht standhalten. Der Bonus & Deferral Plan gewährt dem Kläger jedoch keinen unbedingten Leistungsanspruch in bestimmter Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich erst nach Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen ( 315 BGB). Die vorliegend von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Leistungsanspruchs des Klägers auf null ist unverbindlich isv. 315 Abs. 3 S. 1 BGB. 10

Gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe bei unbilliger Bestimmung von Ermessensboni durch den Arbeitgeber (4/5) BAG vom 3. August 2016 10 AZR 710/14 Entscheidung (2) Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat die Leistungsbestimmung durch das Gericht zu erfolgen: Zunächst ist zu bestimmen, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Beklagten für 2011 teilnimmt. Sodann hat das Gericht über die Höhe des zugesprochenen Bonus bzw. Deferral Awards zu bestimmen. Die Ausübung des richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinne besteht insoweit nicht, jedoch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur ihm bekannte Umstände berücksichtigen kann. 11

Gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe bei unbilliger Bestimmung von Ermessensboni durch den Arbeitgeber (5/5) BAG vom 3. August 2016 10 AZR 710/14 Entscheidung (3) Die Sache wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen, da die Leistungsbestimmung nach 315 Abs. 3 S. 2 BGB wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten ist. Fazit: Nicht nur die Bedeutung von Ermessensboni in der Praxis, sondern auch deren richterliche Überprüfbarkeit nimmt nach dieser Entscheidung zu. Dies sollten Arbeitgeber bei der Bonusfestsetzung im Hinterkopf behalten. Um für eine drohende gerichtliche Leistungsbestimmung gewappnet zu sein, sollte der Arbeitgeber im Rechtsstreit um Ermessensboni künftig auf jeden Fall die für ihn günstigen Erwägungen bei der Bonusbemessung vortragen. 12

Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen Anforderungen an eine abschließende Stellungnahme (1/5) BAG vom 25. Mai 2016 2 AZR 345/15 Sachverhalt (1) Der Kläger war bei der Beklagten seit mehreren Jahren in der Position des Sales Director beschäftigt. Die Beklagte beschloss im Herbst 2012, die Aufgaben des Klägers auf einen Arbeitnehmer der Konzernobergesellschaft zu übertragen. Die Beklagte beschloss daraufhin, dem Arbeitnehmer im Wege der Änderungskündigung eine neue Position zuzuweisen, für die insbesondere auch eine andere Vergütungsregelung galt. Mit Schreiben vom 20. November 2012 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu der beabsichtigten Änderungskündigung an. 13

Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen Anforderungen an eine abschließende Stellungnahme (2/5) BAG vom 25. Mai 2016 2 AZR 345/15 Sachverhalt (2) Mit Schreiben vom 26. November 2016 erklärte die Betriebsratsvorsitzende der Beklagten, der Betriebsrat habe beschlossen, gegen die beabsichtigte Änderungskündigung Widerspruch einzulegen. Gleichzeitig bat er um Informationen zum derzeitigen Bruttogehalt des Klägers, um eine abschließende Abwägung der Gehaltseinbußen durchführen zu können. Die Beklagte machte gegenüber dem Betriebsrat keine weiteren Ausführungen. Das Änderungskündigungsschreiben vom 27. Dezember 2012 ging dem Kläger am selben Tag und damit noch vor Ablauf der Wochenfrist zu. Der Kläger hat gegen diese Änderungskündigung Kündigungsschutzklage erhoben. 14

Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen Anforderungen an eine abschließende Stellungnahme (3/5) BAG vom 25. Mai 2016 2 AZR 345/15 Entscheidung (1) Das BAG sah die Änderungskündigung als unwirksam an, weil sie vor Ablauf der Anhörungsfrist ausgesprochen worden war, ohne dass zuvor eine abschließende Stellungnahme abgegeben wurde. Eine Kündigung vor Ablauf der Wochenfrist sei nur möglich, wenn der Betriebsrat eindeutig erklärt habe, sich innerhalb der Wochenfrist nicht mehr zu äußern. Solche besonderen Anhaltspunkte lägen beispielsweise vor, wenn der Betriebsrat der Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zustimme oder mitteile, er wolle sich nicht äußern. Nicht ausreichend sei es, dass der Arbeitgeber annehmen durfte, der Betriebsrat wünsche keine weitere Erörterung des Falles mehr. anders noch die frühere BAG-Rechtsprechung 15

Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen Anforderungen an eine abschließende Stellungnahme (4/5) BAG vom 25. Mai 2016 2 AZR 345/15 Entscheidung (2) Die Mitteilung, der Betriebsrat habe einen Beschluss gefasst, reiche nicht aus. Der Betriebsrat dürfe die gesamte Wochenfrist für seine Stellungnahme nutzen. Seine Möglichkeit zur Stellungnahme sei nicht auf eine einmalige Äußerung beschränkt; er könne sie vielmehr jederzeit ergänzen. Hier habe keine abschließende Stellungnahme vorgelegen, da der Betriebsrat nach Informationen zum Gehalt des Klägers gefragt hatte. Ob der Betriebsrat zur erneuten Beschlussfassung innerhalb der Wochenfrist überhaupt noch zusammentreten kann, sei irrelevant. 16

Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen Anforderungen an eine abschließende Stellungnahme (5/5) BAG vom 25. Mai 2016 2 AZR 345/15 Fazit: Eine Mitteilung des Betriebsrats innerhalb der Wochenfrist hat nur dann fristverkürzende Wirkung, wenn es sich eindeutig um eine abschließende Stellungnahme handelt. Hat der Arbeitgeber hieran Zweifel, sollte er beim Betriebsratsvorsitzenden um Klarstellung bitten. Auf dessen Auskunft darf er sich nach der Auffassung des BAG verlassen. 17

Befristung von Arbeitsverhältnissen der gerichtliche Vergleich als sachlicher Grund (1/5) BAG vom 8. Juni 2016 7 AZR 339/14 Sachverhalt (1) Im Anschluss an eine zweijährige befristete Beschäftigung bei der Beklagten erhob die Klägerin Befristungskontrollklage. In der Berufungsinstanz einigten sich die Parteien, zur Beilegung des Rechtsstreits einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Durch Schriftsatz informierte der Beklagtenvertreter das Gericht über die getroffene Einigung und bat darum, durch gerichtlichen Beschluss das Zustandekommen des bereits ausformulierten Vergleichs festzustellen. Das Gericht unterbreitete den Parteien daraufhin einen inhaltlich identischen Vergleichsvorschlag. Nach der schriftsätzlichen Zustimmung des Klägervertreters zu dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag stellte das LAG das Zustandekommen des Vergleichs fest. 18

Befristung von Arbeitsverhältnissen der gerichtliche Vergleich als sachlicher Grund (2/5) BAG vom 8. Juni 2016 7 AZR 339/14 Sachverhalt (2) Nach dem Ende dieser zweiten Beschäftigung erhob die Klägerin erneut Befristungskontrollklage. Sie begründete ihre Klage damit, dass die Befristungsabrede mangels eines rechtfertigenden Sachgrunds unwirksam sei. Die Beklagte berief sich auf den Sachgrund der Befristung aufgrund gerichtlichen Vergleichs, 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG. 19

Befristung von Arbeitsverhältnissen der gerichtliche Vergleich als sachlicher Grund (3/5) BAG vom 8. Juni 2016 7 AZR 339/14 Entscheidung (1) Die Befristungskontrollklage blieb in allen Instanzen erfolglos. Aufgrund der Vorbeschäftigung bedurfte der erneute Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags eines Sachgrunds gemäß 14 Abs. 1 TzBfG. Als rechtfertigender Sachgrund kam vorliegend das Beruhen der Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich in Betracht, 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG. Voraussetzungen nach BAG: Es muss ein offener Streit über den Fortbestand oder die Fortsetzung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses bestehen. Das Gericht muss am Zustandekommen des gerichtlichen Vergleichs verantwortlich mitwirken. 20

Befristung von Arbeitsverhältnissen der gerichtliche Vergleich als sachlicher Grund (4/5) BAG vom 8. Juni 2016 7 AZR 339/14 Entscheidung (2) Schwerpunkt: Liegt eine verantwortliche Mitwirkung des Gerichts bei einem Abschluss des gerichtlichen Vergleichs im schriftlichen Verfahren gemäß 278 Abs. 6 ZPO vor? Die bisherige Rechtsprechung differenziert nach der Art des Vergleichsschlusses Vergleichsvorschlag durch das Gericht verantwortliche Mitwirkung Vergleichsvorschlag durch die Parteien in der Regel keine verantwortliche Mitwirkung 21

Befristung von Arbeitsverhältnissen der gerichtliche Vergleich als sachlicher Grund (5/5) BAG vom 8. Juni 2016 7 AZR 339/14 Entscheidung (3) Das BAG hat offengelassen, ob vorliegend ein gerichtlicher Vergleich auf Vorschlag des Gerichts zustande gekommen sein könnte, dem der Beklagtenvertreter vorab zugestimmt hat. Es sei jedenfalls ein gerichtlicher Vergleich auf Vorschlag der Parteien zustande gekommen, der die Sachgrundbefristung ausnahmsweise rechtfertigt. Durch seinen Vergleichsvorschlag habe das Gericht an dem Zustandekommen des Vergleichs verantwortlich mitgewirkt. Fazit: Wenn eine Sachgrundbefristung durch gerichtlichen Vergleich im schriftlichen Verfahren angestrebt wird, sollten Arbeitgeber auch künftig auf einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag hinwirken. 22

Ihre Ansprechpartner Dr. Svenja Fries, LL.M. Rechtsanwältin/Associate, Frankfurt am Main +49 69 7941 1026 sfries@mayerbrown.com Marco Maurer Rechtsanwalt/Associate, Frankfurt am Main +49 69 7941 1132 mmaurer@mayerbrown.com Vielen Dank! 23