Verkauf von 14 Bildern

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Fall Wie viele Verträge sind im Sachverhalt abgeschlossen worden? 2. Ist der Kauf wirksam? 3. Wer ist Eigentümer des Mofa?

Transkript:

Information zur Transaktion Le champ de coquélicots von Claude Monet aus der Sammlung Dr. Max James und Hans Erich Emden an Emil Georg Bührle im Jahre 1940/41 Dr. Max James Max Emden, ein deutscher jüdischer Unternehmer und Kunstsammler mit Wohnsitz auf den Brissago-Inseln im Tessin, starb dort im Juni 1940. Er war seit 1934 Schweizer Bürger gewesen, war konvertierter Jude, wurde jedoch sowohl von den Nazis als auch von den schweizerischen Behörden nach 1933 als deutscher Jude behandelt. Er verlor nahezu sein gesamtes Vermögen aufgrund von Zwangsverkäufen, Arisierung und Enteignung während des Nationalsozialismus. Sein Unternehmen M. J. Emden Söhne in Hamburg, musste er deswegen 1939 liquidieren. Sein Sohn und Alleinerbe, Hans Erich Emden, deutscher Staatsbürger, wurde im Mai 1940 aufgrund der Nazi- Rassengesetzgebung aus dem Deutschen Reich ausgebürgert. Trotz des noch vorhandenen Besitzes in der Schweiz erhielt er das Schweizer Bürgerrecht nicht, konnte aber, nachdem er sich zuvor, um nicht staatenlos zu gelten, einen haitianischen Pass erworben hatte, aufgrund des chilenischen Geburtsrechts nach seiner Mutter im Winter 1940/41 nach Südamerika fliehen. Verkauf von 14 Bildern Nach dem Tode Max Emdens gelangte der Nachlass Max Emdens darunter die verbliebenen impressionistischen Spitzenwerke der einstmals umfangreichen, namhaften Kunstsammlung Emdens, welche dieser ab 1937 unter Verfolgungsdruck nach und nach hatte auflösen müssen in die Obhut seiner langjährigen Sekretärin Olga Ammann. Die Kunsthändler Walter Feilchenfeldt und Fritz Nathan Feilchenfeldt mit Max Emden bekannt, seit 1939 ohne Arbeitsgenehmigung im Tessin lebend und dennoch als Kunsthändler tätig vermittelten im Herbst 1940 zunächst eine Besichtigung der Sammlung Emden durch Oskar Reinhart, welcher aber, wie auch in anderen Fällen, vom Ankauf aus einer jüdischen Sammlung, die offenbar unter Verfolgungs- und Emigrationsdruck aufgelöst werden sollte, Abstand nahm. Anders der deutschschweizerische Waffenproduzent Emil Georg Bührle, der wie es Vergleichszahlen von anderen, in jener Zeit in Europa verkauften Werken von Monet belegen das berühmte Mohnfeld bei Vétheuil 1941 für weniger als die Hälfte des Marktwertes seiner Sammlung einverleibte. Nach Angaben des Sohnes des beteiligten Kunsthändlers Feilchenfeldt wurden aus der Sammlung Emden über Feilchenfeldt ab 1940/41 mindestens 14 Bilder, darunter ein weiterer Monet, Bilder von Manet, Courbet, Tiepolo und auch der Van Gogh Blumengarten in Arles, verkauft. Die Bilder gelangten teils an lokale Sammler wie den berühmten, ins Tessin ausgewanderten Schriftsteller Erich Maria Remarque ( Im Westen nichts Neues ) oder an enge Vertraute des Händlers, beispielsweise Hermann Lütjens in Küsnacht. Oder sie wurden von Feilchenfeldt, der als Vermittler engagiert worden war, in nachweislich mindestens einem Fall, einem Gemälde von Pietro Longhi, selbst angekauft.

Unterlagen aus dem Archiv des Basler Kunsthändlers Christoph Bernoulli, der offenbar auch in die Auflösung der Sammlung Emden involviert gewesen ist, belegen, dass es die beteiligten Kunsthändler noch bis weit nach 1945 eine unbekannte Vielzahl von Objekten aus dem Nachlass Emden besessen hatten. Der Verkauf des Monet, Champ de coquélicots Zum Verkauf des Monet-Bildes, nach Angaben der Bührle-Stiftung im Mai 1941 an die Kunsthändler Feilchenfeldt/Nathan sowie durch anschliessenden Weiterverkauf an Emil Georg Bührle vollzogen, hat die Bührle-Stiftung bislang keine Belege vorgelegt. Weder ist ein zeitnaher, offizieller Verkaufsauftrag des Eigentümers Hans Erich Emden, der zu dieser Zeit bereits in Südamerika war, belegt, noch gibt es eine Quittung über den Kauf und den Erhalt des Kaufpreises. Die Darstellung der Bührle-Stiftung, es habe zunächst einen Verkauf des Bildes von Emden an Feilchenfeldt/Nathan gegeben, welche sodann ihrerseits das Gemälde an Bührle weiterverkauft hätten, widerspricht den Angaben des Sohnes Feilchenfeldt, wonach sein Vater angeblich auch im Falle des Monet lediglich vermittelnd tätig geworden sein soll. Es gibt auch keinen Beleg dafür, dass Hans Erich Emden 1940/41 über die Bedingungen des Verkaufs informiert war oder er sich damit expressis verbis einverstanden erklärt hatte, und es fehlt weiterhin insbesondere bislang jeder Beleg dafür, dass ihm, dem Eigentümer, der volle Kaufpreis aus diesem Geschäft zeitnah zugeflossen ist. Entsprechendes Beweismaterial wurde seitens der Bührle-Stiftung bislang nicht vorgelegt. Nach Angaben von Walter Feilchenfeldt jun. löste sein Vater für 14 Bilder der Sammlung Emden in den Jahren ab 1941 insgesamt 437 000 Franken, damals etwa 100 000 US-Dollar, von denen ein Grossteil berücksichtigt man die handelsübliche Spanne für eine Kunsthändler-Kommission in Höhe von 10 bis 15, maximal 20 Prozent also dem Eigentümer zugestanden hätte. 1946, also mehr als sechs Jahre später, hatte Hans Erich Emden die Möglichkeit, in die Schweiz zu kommen, um sich mit seinen dortigen Angelegenheiten zu befassen. Offenbar traf er dort auch mit Walter Feilchenfeldt zusammen. In einem an jenen und an den Basler Kunsthändler Christoph Bernoulli gerichteten Brief vom 23.11.1946 bestätigte Hans Erich Emden die Konditionen, zu denen die den Kunsthändlern anvertrauten restlichen Kunstgegenstände und das Inventar der Villa zur Verwertung gelangen sollten. Die beteiligten Kunsthändler liessen sich in diesem Zusammenhang unter anderem eine sittenwidrig hohe Kommission in Höhe von fünfzig Prozent der Verkaufserlöse genehmigen. Zahlung nicht erhalten Welche Gegenstände von der Vereinbarung von 1946 umfasst gewesen waren, insbesondere, ob auch der Monet darunter fiel, ist bis heute unbekannt. Aus diesem Brief geht weiter hervor, dass eine

à-conto-zahlung von rund 25 000 US-Dollar seitens der Kunsthändler zur Auszahlung an Emden gelangen sollte. Aufgrund dieser Vereinbarungen hätten dem Eigentümer Hans Erich Emden demnach allein aus dem Verkauf der über Feilchenfeldt für 437 000 Franken veräusserten 14 Kunstwerke etwa 265 500 Franken, respektive ca. 66 000 US-Dollar, zugestanden, während sich die Kommission der beteiligten Kunsthändler demgegenüber auf 165 000 Franken oder rund 41 000 US-Dollar belaufen hätte. In einem Brief von 1983 an einen seinen damaligen deutschen Anwalt berichtete Hans Erich Emden, er habe für Bilder und Möbel, die er zwischen 1940-41 verkaufte, insgesamt 25 000 Dollar, umgerechnet also etwa 100 000 Franken, erhalten, was ihm erlaubt habe, einen Laden in Chile zu eröffnen und sich so eine neue Existenz zu schaffen. Nach eigenen Angaben hat Hans Erich Emden aus dem Verkauf seiner Kunstsammlung und des Inventars der Villa also lediglich 25 % der laut Feilchenfeldt erzielten Verkaufserlöse erhalten, offenbar genau jene Abschlagszahlung, die Ende 1946 als vereinbart galt und die an ihn ausbezahlt wurde. Aufgrund der Vereinbarung von 1946 verbleibt eine ungeklärte Differenz von ca. 41 000 US-Dollar, die dem Eigentümer Emden danach zugestanden hätte. Es ist demnach fraglich und bis heute nicht belegt, dass dem Eigentümer des Monet, Hans Erich Emden, tatsächlich jemals auch der Kaufpreis für den 1941 an Bührle verkauften Monet zugeflossen ist. Es ist weiterhin festzustellen, dass der 1941 von Bührle dem Vernehmen nach gezahlte Kaufpreis von 30 000, respektive 35 000 Franken für das Gemälde welches Max Emden 1929 für 60 000 Goldmark, mehr als 70 000 Franken, erworben hatte unangemessen niedrig gewesen war und deutlich weniger als die Hälfte des damaligen Marktwertes betragen hatte. Dies ergibt sich nicht allein aus dem Preis, den Max Emden erst wenige Jahre zuvor bezahlt hatte, sondern vor allem auch bei einem Quervergleich mit einem Dutzend anderer Bildern von Monet, die in dieser Zeit, um 1940-42, gehandelt wurden und welche einen Durchschnittspreis von knapp 48 000 Franken erzielt hatten. Beispielsweise wurden zwei weniger bedeutende, aber vergleichbare Bilder von Monet aus der Sammlung Jacob Goldschmidt im September 1941 in Deutschland für jeweils das Dreifache oder mehr des von Bührle gezahlten Preises für den Emden-Monet zwangsverkauft. Emil Georg Bührle war ein versierter Sammler gewesen, er kannte den Markt für Impressionisten und konnte daher den preislichen Vorteil, den er bei diesem Geschäft für sich erzielte, erkennen. Und er konnte nicht nur annehmen, sondern er wusste aufgrund seiner, den Angaben der Bührle-Stiftung zufolge bestehenden, unmittelbaren Kontakte zu Olga Ammann in den Jahren 1941/42 doch offenbar nur zu genau, dass der Verkäufer, damals in Vorbereitung seiner Emigration beziehungsweise im Mai 1941 bereits in Südamerika, unter Verkaufsdruck gestanden hatte. Die von Seiten der Bührle-Stiftung jetzt als neu und bedeutend präsentierten Unterlagen beweisen dabei lediglich neben dem aufgrund der erzwungenen Emigration belegten Versuch des Erben, sich mit Hilfe des ins Auslands geretteten Kapitals eine neue Existenz in Südamerika aufzubauen vor allem eines: Hans Erich Emden war nach 1940 gezwungen gewesen, seinen zurückgelassenen Besitz in der Schweiz, wie auch Teile der Kunstsammlung zu beleihen, um Liquidität zu schaffen.

Die Bührle-Stiftung selbst führt in den von ihr veröffentlichten Angaben zur Provenienz des Gemäldes an, dass Emil Georg Bührle mit Olga Ammann noch 1942 wegen des möglichen Ankaufs weiterer Bilder in Verbindung gestanden hatte. Bührle war also über die desparate Situation des Verkäufers im Bilde, dennoch kaufte er und profitierte somit direkt von den wirtschaftlichen Nöten und dem Ruin, in welche die Nationalsozialisten mit ihrer menschenverachtenden Rassenideologie die Familie Emden innerhalb weniger Jahre gebracht hatten. Emil Georg Bührle als skrupelloser Kunsthändler und Geschäftsmann Bührle und sein Firmengeflecht standen, wie zahllose Dokumentationen belegen, bereits früh unter scharfer Beobachtung der Amerikaner, die vor und nach 1945 hunderte von Seiten Aktenmaterial über ihn zusammentrugen. Beim Geheimdienst des US War Departments galt Bührle noch 1947 als Anhänger des NS-Regimes: Buehrle and firm on allied blacklist during war has long record Nazi sympathies and collaboration, und Virtually all members of the board [Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon, Bührle & Co.] reported to be pro-nazi, so die Einschätzung der Amerikaner und Briten in verschiedenen zeitgenössischen Dossiers über Bührle und seine Unternehmungen. Der amerikanische Militärgeheimdienstmitarbeiter Glenn F. Hall fasste 1946 gegenüber dem US-Kriegsministerium das Geschäftsgebaren Bührles so zusammen: Although Buhrle is trying to give us the impression that he wouldn t have sold to the Axis if he hadn t had to, I think the case is clear that Buhrle didn t care who got shot so long as he sold the ammunition. Diese Charakterisierung von Skrupellosigkeit und Amoralität trifft auch Bührles Jagd nach Kunstobjekten präzis. Bührle kannte den internationalen Kunstmarkt, er wusste von bedeutenden Werken, welche Sammler und Händler sie besassen und er stellte keine Fragen, als früher als unverkäuflich geltende Werke aus überwiegend jüdischen Sammlungen auf den Markt kamen. Bührles Agieren als Kunstsammler auf dem europäischen Kunstmarkt vor 1945 war von Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid anderer sowie von Ehrgeiz und Geltungssucht geprägt. Bührle war bei seinen Erwerbungen vor 1945 über die zweifelhafte Herkunft vieler Bilder gut informiert und er wusste insbesondere sehr genau, dass ihre jüdischen Eigentümer von den Nazis verfolgt und beraubt worden waren oder ihr Eigentum unter Zwang hatten verkaufen müssen, und Bührle wusste sehr genau, dass er nach Ende des Krieges, wie dann auch geschehen mit Rückgabeforderungen konfrontiert werden würde. Bührle nahm dies bei seinen Einkäufen im besetzten Paris und andernorts jedoch billigend in Kauf.Dessen Einstellung beschrieb der US-amerikanische Historiker und Looted Art -Spezialist Marc Masurovsky in einer Anhörung vor dem Komitee des amerikanischen Repräsentantenhauses am 25. Juni 1997 wie folgt: When people told him that he was buying looted goods, he said: Oh well, that s OK. If I get caught, I ll give them back and I ll buy them again. Dieser Linie blieb Bührle auch in den Raubkunstprozessen nach dem Krieg treu und kaufte sich mit seinem immensen Vermögen, das er durch Waffen- und Munitionsverkäufe im Krieg erworben hatte, frei. Nonchalance und Gewissenlosigkeit im Umgang mit Raubkunst im Gegensatz zu Sammlern wie Oskar Reinhart kennzeichnet die Ursprünge und die Sammlungsgeschichte Bührle. Die späteren Raubgutprozesse belegen, dass der Sammler um die fragwürdige Herkunft vieler seiner vor 1945 erworbenen Bilder gewusst hatte.

Vom Bundesgericht wurde Bührle in den sogenannten Raubgutprozessen attestiert, er habe seine Raubbilder gutgläubig gekauft. Demgegenüber war die Eidgenössische Finanzverwaltung, die im Regressprozess den Bund vertrat, jedoch von der Bösgläubigkeit Bührles vollumfänglich überzeugt und hatte dem Bundesgericht damals auch eindrückliches Indizienmaterial und Zeugenaussagen dafür vorlegen können. Wir können hier gar nie den guten Glauben anerkennen, schrieb seinerzeit Alexander Sieben, einer der untersuchenden Juristen im Finanzdepartement. Mit seiner Berufungsentscheidung wischte das Bundesgericht die Argumente, die für die offenbare Bösgläubigkeit Bührles beim Erwerb von Kunstwerken sprachen, jedoch salopp vom Tisch und gewichtete stattdessen vorwiegend entlastende Argumente. Das Urteil des Bundesgerichts war, das lässt sich bei sorgfältigem Studium der Akten und mit Blick auf den zeitgeschichtlichen Hintergrund den aufziehenden Kalten Krieg mit Recht sagen, ein politisches Urteil, wie es auch in dem Untersuchungsbericht der Bergier-Kommission zum Ausdruck kommt. Weder sollten wichtige Exponenten des Kunstmarktes bzw. der Rüstungsindustrie als Hehler dargestellt werden, noch sollte der wichtige Kunsthandelsplatz Schweiz als Ort der Hehlerei gebrandmarkt werden. Bührle war zum Zeitpunkt des Urteils bereits wieder im Waffengeschäft mit den Vereinigten Staaten. Wirtschaftliche Notlage ausgenutzt Emil Georg Bührles Skrupellosigkeit, wenn es um den Ausbau der eigenen Sammlung ging, zeigt sich denn insbesondere auch am Beispiel des Erwerbs des Monet Champ de coquélicots près de Vétheuil aus der Sammlung Emden. Bührle kannte das Bild, kannte dessen Qualität, kannte dessen Herkunft, kannte die Umstände, unter denen es 1940/41 zum Verkauf stand und er wollte es unbedingt haben. Er wusste dabei insbesondere auch um die wirtschaftliche Notlage, in der sich der Eigentümer Hans Erich Emden angesichts der Emigration nach Südamerika befunden hatte. Bührle hatte, so auch die Bührle-Stiftung, damals mit der Verwaltung des Nachlass Emden in Kontakt gestanden und wusste mithin, dass Hans Erich Emden bzw. der Nachlass sowohl finanzielle Mittel zur Unterhaltung des ererbten Schweizer Besitzes wie auch zum Aufbau einer neuen Existenz auf dem fremden Kontinent benötigte. Das überschaubare Restvermögen des Erben, belastet durch Darlehensverbindlichkeiten und nach und nach veräussert unter dem Zwang, die Mobilien zu Geld machen zu müssen, schmolz in jenen Jahren weiter zusammen: The balance left in Switzerland must be considered ZERO, wie es der amerikanische Untersuchungsbericht von 1944, auf den sich auch die Bührle-Stiftung heute bezieht, zu den Vermögensverhältnissen Hans Erich Emdens während des Krieges festhält. Auch in diesem Fall konnte Bührle also ein Bild aus der Sammlung eines jüdischen NS-Verfolgten erwerben, das er unter normalen Umständen nicht hätte kaufen können, weil es ohne die rassische Verfolgung seines Eigentümers und die Tatsache von dessen Emigration zu Kriegszeit zweifelsohne nicht zum Verkauf gestanden hätte. Der direkte Bezug zwischen Verfolgung und Verkauf bzw. Verlust ist offenbar: man muss hier, wie bei allen Kunstverkäufen von Max und Hans Erich Emden ab 1937/38 von einem NS-verfolgungsbedingten Vermögensverlust sprechen. Beide, Vater und Sohn Emden, hätten sich nie und nimmer von ihren Kunstwerken getrennt, wenn nicht die Nazi-Herrschaft die Ursache und die Gründe dafür gesetzt hätte. Die Bührle-Stiftung führt in den von ihr veröffentlichten Angaben zur Provenienz des Gemäldes dazu an, dass Emil Georg Bührle mit Olga Ammann noch 1942 wegen des möglichen Ankaufs weiterer

Bilder in Verbindung gestanden hatte. Bührle war also über die desparate Situation des Verkäufers im Bilde, dennoch kaufte er und profitierte somit zumindest indirekt auch von der Situation, in welche die Nationalsozialisten mit ihrer menschenverachtenden Rassenideologie die Familie Emden innerhalb weniger Jahre gebracht hatten. Die Bührle-Stiftung hat gegenüber den Nachkommen Emdens betont, dass man die Grundsätze der einschlägigen Washington Declaration von 1998 zur Auffindung und Rückgabe von Kulturgütern, die ihren Vorbesitzern unter der Herrschaft des NS-Regimes gestohlen oder abgepresst wurden, oder die von ihnen unter Zwang verkauft wurden, seinerzeit mitunterzeichnet auch von der Schweiz, achten würde. Die Familie Emden hat deswegen und unter Hinweis auf die berechtigten Zweifel an der Rechtmässigkeit des Geschäfts bezüglich des Monet-Gemäldes und seines Transfers in die Sammlung Bührle im Jahre 1941 die Einsetzung eines Schiedsgerichts zur Beurteilung des Falles in einem transparenten Verfahren verlangt. Die Antwort der Stiftung E. G. Bührle dazu steht noch aus. Auch die Stadt Zürich hat bereits früher erklärt, dass man keine problembehafteten Kunstwerke in städtischen Museen dulden wolle. Sie hat weiter darauf verwiesen, dass die Bührle-Stiftung in der Pflicht stehe, für eine Klärung zu sorgen und sie hat den Nachkommen Emdens gegenüber ihre Bereitschaft erklärt, daran mitwirken zu wollen, soweit ihr dies möglich sei. Zusammenfassend Die Angaben der Bührle-Stiftung zum Transfer des Monet-Gemäldes 1941 in die Sammlung Emil Georg Bührles sind widersprüchlich und nicht belegt. Stiftung E. G. Bührle hat bislang keinen Beweis dafür erbracht, dass es 1940/41 einen offiziellen Verkaufsauftrag des damaligen Eigentümers, des jüdischen Flüchtlings Hans Erich Emden, bezüglich des Monets gegeben hatte. Ob Emden die Konditionen dieses Geschäfts kannte oder er darin eingewilligt hätte, ist gleichfalls unbelegt. Die Stiftung E. G. Bührle hat ebenso wenig bislang Belege über den nach ihren Angaben stattgefundenen Verkauf des Gemäldes von zunächst Emden an Feilchenfeldt/Nathan, und sodann von Feilchenfeldt/Nathan an Bührle erbracht. Diese Darstellung widerspricht im Übrigen den Einlassungen des Sohnes Feilchenfeldts. Es gibt keinen Beweis dafür, dass Hans Erich Emden den ihm zustehenden Kaufpreiserlös aus diesem Geschäft erhalten hat. Die Familie Emden hat ihrerseits Belege dafür vorgelegt, dass der Kunsthändler Dr. Walter Feilchenfeldt 14 Gemälde aus der Sammlung Emden, darunter den besagten Monet, für 437 000 Franken oder umgerechnet etwa 100 000 US-Dollar verkauft hatte, wohingegen dem Eigentümer Hans Erich Emden aus dem Verkauf der Kunstsammlung und des Inventars der Villa nach 1940/41 lediglich insgesamt 25 000 US-Dollar, also lediglich ein Viertel, zugeflossen sind. Es verbleibt ein ungeklärter Differenzbetrag von mindestens 41 000 US-Dollar, der darüber hinaus zur weiteren Auszahlung an Emden hätte gelangen müssen. Eine Vereinbarung zwischen Emden und den Händlern Walter Feilchenfeldt und Christoph Bernoulli aus dem Jahre 1946 und weitere Aufzeichnungen der beteiligten Händler belegen, dass noch nach 1945 weitere Objekte der Sammlung Emden im Besitz der Händler waren, die mit der Verwertung beauftragt waren und die sich dafür eine Kommission von fünfzig Prozent genehmigen liessen. Der Sammler Emil Georg Bührle, des skrupellosen Erwerbs von Raubkunst später überführt, kannte die Umstände, unter denen der Eigentümer des Monet als verfolgter Jude, der 1941 emigrierte, das Gemälde zum Verkauf stellte, genau und wusste mithin, dass dieser unter Verkaufsdruck gestanden hatte. Mit dem Ankauf des Monet-Gemäldes zu weniger als dem halben Marktwert profitierte Emil Georg Bührle somit wissentlich und zum eigenen Vorteil von der von den aufgrund rassischer Verfolgung durch das NS-Regime geschaffenen Notlage des Eigentümers Hans Erich Emden.

Der 1941 stattgefundenen Besitzwechsel beurteilt sich somit als Zwangsverkauf und NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust Hans Erich Emdens, bei dem im Übrigen die Rechtmässigkeit des Verkaufsgeschäfts und insbesondere der rechtmässige Eigentumswechsel auf Emil Georg Bührle bislang nicht bewiesen ist. 14. November 2012/Thomas Buomberger/Markus Stötzel