Germanistik Juliane Kipp Kinder brauchen Märchen Studienarbeit
KINDER BRAUCHEN MÄRCHEN! 1 Einleitung...1 2 Allgemeine Aspekte zum Märchen...2 2.1 Definitionsversuche...2 2.2 Geschichte...4 2.3 Kennzeichen...4 3 Kinder brauchen Märchen...6 3.1 Was bewirken Märchen bei Kindern?...6 3.2 Bedeutungsanalyse Märchen Schneewittchen (nach Bruno Bettelheim)...12 4 Märchen in der Schule...15 4.1 Allgemein...15 4.2 Der Rahmenplan Grundschule zum Thema Märchen:...17 4.3 Im Rahmenplan Deutsch der Sek. II...18 4.4 Einsetzen des Märchens in der Schule...18 4.5 Lernziele...19 5 Literatur:...20 1 Einleitung Oft kommt es zu Diskussionen, ob Märchen überholt und altmodisch seien, ebenso grausam und fortschritts- und vernunftfeindlich, eine Welt der Täuschung (Immanuel Kant). Die Begründung für diesen Standpunkt wird darin gesehen, dass Märchen eine Gesellschaft präsentieren, die heute nicht mehr existiert. Außerdem gibt es genügend neue Formen der Unterhaltung, die für das Kind und den Erwachsenen interessant sind, und die sich allein durch Technik und neue Medien viel mehr mit den Ansprüchen der Menschen decken. Denn kaum jemand greift heute noch zum Märchenbuch! Stattdessen lassen sich die Menschen durch Zeitungen, Fernsehen, Videos, Hörfunk und Internet informieren und unterhalten. Kinder beschäftigen sich am liebsten mit Computerspielen, wenn sie nicht gerade im Sportverein sind, oder wenn es nichts schöneres im Fernsehen gibt. 1
Ziel dieser Arbeit ist es zu zeigen, dass Kinder (und auch Erwachsene) in unserer Zeit doch noch Märchen brauchen. Vor allem Kinder zeigen ein großes Interesse an den fantastischen Erzählungen, in der die Grenzen zur Wirklichkeit und zu Wunderbarem aufgehoben sind. Märchen sind in unserer Gesellschaft sehr wohl noch erwünscht und erzielen eine große Wirkung besonders auf Heranwachsende. Woran dies nun liegt, woher das Interesse an Märchen kommt und warum Märchen viele Menschen derartig in ihre Fesseln ziehen, soll in dieser Arbeit gezeigt werden. Dieser Teil der Arbeit, der nach einer allgemeinen Einführung in die Gattung Märchen folgt, soll ein Verständnis an Märchenwichtigkeit vermitteln, ebenso das Empfinden des pädagogischen Wertes von Märchendidaktik stärken. Der/Die junge LehrerIn soll dazu ermutigt werden, in seinem/ihrem Unterricht mit Märchen zu arbeiten. Am Bespiel Schneewittchen wird ein Interpretationsansatz von Bruno Bettelheim referiert, an dem einige grundlegende Aspekte des Märchens aufgezeigt werden. Ebenso wird an Schneewittchen gezeigt, wo der pädagogische Wert des Märchens uns seine Wirkung auf die Kinder gesucht werden kann. Der letzte Teil der Arbeit gibt einige Anregungen für die Umsetzung des Themas Märchen im Unterricht, und stützt sich auch auf den Rahmenplan Grundschule des Landes Hessen. 2 Allgemeine Aspekte zum Märchen 2.1 Definitionsversuche Die Verwendung des Wortes Märchen kann bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Zunächst hieß es jedoch Märlein, seit dem 18. Jh. wird Märchen verwendet. Der Begriff stammt von Maere ab, was so viel wie Kunde, Bericht, Erzählung, Gerücht bedeutet. Märchen sind hochkomplexe Phänomene, die Interpretationen vieler wissenschaftlicher Disziplinen wie etwa die der Literaturwissenschaft, Psychologie, Gesellschaftstheorie oder der der Volkskunde zulassen. Im Englischen (fairy tale) und im Französischen (Conte de fèe) wird mit der Bezeichnung für Märchen die Rolle der Fee betont, die jedoch nur in sehr wenigen Märchen auftritt. Märchen sind fantastische realitätsüberhobene variable Erzählungen, deren Stoff aus mündlicher und volkstümlicher Tradition stammt und bei jeder mündlichen oder schriftlichen Realisierung je nach Erzähltalent und intention oder nach stilistischen Anspruch anders gestaltet sein kann. Fest bleibt jedoch der Erzählkern Inhalte 2
sind frei erfunden und weder zeitlich noch räumlich festgelegt und von fantastischwunderbaren, den Naturgesetzen widersprechenden Figuren belebt und gestaltet. Bernd Wollenweber sagte zu den Märchen, dass sie nicht fantastisch und unrealistisch, sondern höchst realistisch sind. Sie geben Erfahrungen wieder, zeigen tatsächliche Konflikte, deren Aufhebung wunderbar ist. Außerdem betont er, dass Märchen nicht grausam sind, sondern lediglich die grausame Wirklichkeit wiederspiegeln. Wege zur Zielverwirklichung sind nicht wunderbar, sondern realistische Mittel wie List, Klugheit, usw. Lutz Röhrich sagt weiterhin, dass Märchen ein Schwebezustand zwischen Wirklichkeit und Unwirklichkeit sind, selbst im betont Unwirklichen steckt eine Aussage über Wirklichkeit. Meist sind Märchenmotive wunderbar und das Märchenthema wirklich, wie z.b. Konfliktsituationen wie Generationskonflikte, Untreue,... das Wunderbare zeigt sich meist im Zufall. Klaus Doderer: Kinderfiguren wirklichkeitsgetreu, Verhaltensweisen spiegeln gesellschaftlich vermittelte Werte wieder Lüthi: Märchen will nicht zeigen, wie es auf der Welt zugehen sollte, sondern wie es in Wahrheit zugeht. Kritisiert, dass nicht jedes Element in sich aufgenommen wird, z.b. wird nicht das Dazwischenliegende zwischen König und Bauer dargestellt, weil es das Wunderbare, Abenteuerliche stört. Karl Ernst Meier: Märchen ist äußerst wichtig für die sprachlich-literarische, geistigseelische, fantastisch-magische, ethische, existenzielle und personale Entwicklung des Kindes, insgesamt für dessen Sozialisation und Personalisation. Weiterhin zur Glaubwürdigkeit von Märchen: Märchen sind häufig Auseinandersetzungen mit den gegebenen Realitäten. Lediglich die Form des Märchens und die Transformation der tatsächlichen Umstände ins Fiktive, erweckt den Anschein, dass Märchen vollkommen bezugslos im Raum stehen. Man unterscheidet zwischen dem Volksmärchen und dem Kunstmärchen: Das VOLKSMÄRCHEN geht auf volkstümliches, anonymes Erzählgut zurück und ist eine kürzere volksläufig-unterhaltsame Prosaerzählung von fantastisch-wundersamen Begebenheiten ohne zeitlich und räumliche Festlegung. Dabei ist die Hauptfigur des Märchens stets so gezeichnet, dass sie zur Identifikation anregt. Es ist aus dem Erzählen des Volks hervorgegangen und hat den Zusammenhang mit der Erzählweise des Volkes nicht verloren. KUNSTMÄRCHEN sind einmalige Erfindungen und Fassungen namentlich bekannter Autoren, bewusste Kunstschöpfungen, dichterisch gestaltet. 3