Berlin, 21. November 2012 Herausgeber: Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.v. Am Weidendamm 1A 10117 Berlin Telefon 030 590099-551 Telefax 030 590099-519 www.bga.de info@bga.de Autoren: RA Michael Faber Abteilung Umwelt Michael.Faber@bga.de UMWELT Der BGA unterstützt die in Deutschland beschlossene Energiewende und sieht darin ein Potential für mehr Wettbewerb. Dies setzt allerdings voraus, dass die richtigen Akzente gesetzt werden. Diese Energiewende ist bisher einzigartig auf der Welt und kann damit zu einer Vorreiterrolle werden. Damit dies gelingt, gilt es soweit wie möglich auf Marktmechanismen zu setzen Technologieoffenheit zu gewähren und eine bezahlbare Energiewende für den Groß- und Außenhandel als Bestandteil der deutschen Wirtschaft zu bewerkstelligen. 1. Ausgangspunkt Mit dem Energiekonzept 2010 hat die Bundesregierung ein umfassendes und langfristig orientiertes Vorhaben für eine Energiewende beschlossen: Bis zum Jahre 2022 soll der vollständige Ausstieg aus der Kernenergie erfolgen sowie der Ausbau der erneuerbaren Energien verstärkt und die Treibhausgasemissionen verringert werden. Beim Stromverbrauch liegt der Anteil der erneuerbaren Energien 2011 bei 20 Prozent. Bis 2020 soll der Anteil auf mindestens 35 Prozent steigen und 2050 bei 80 Prozent liegen. Die erneuerbaren Energien werden damit den überwiegenden Hauptanteil der Stromerzeugung stellen. Notwendig ist dafür der Ausbau der Energieinfrastruktur, damit der Strom zu den Verbrauchern gebracht werden kann. Neben neuen Hochspannungsnetzen werden dafür insbesondere intelligente Netze (Smart grids) benötigt, um so die kommunikative Vernetzung und Steuerung von Stromerzeugern, Speichern und anderen Verbrauchern in Stromnetzen zu gewährleisten. Zeitgleich bietet dies auch die Möglichkeit, durch dezentrale Techniken mehr Wettbewerb zu schaffen und damit auch im Interesse des Verbrauchers zu handeln. Beim Energieverbrauch haben momentan die erneuerbaren Energien einen Anteil am gesamten Energieverbauch von zwölf Prozent. Bis 2050 soll dieser Anteil auf mindestens 60 Prozent steigen. Beim Endenergieverbrauch nimmt der Wohnbereich 40 Prozent ein und ist damit Hauptverursacher des Treibhauseffektes. Dabei entfallen 85 Prozent auf den Heizwärmebedarf und die Trinkwassererwärmung. Von daher muss eine Energiewende insbesondere den Wohnbereich betrachten. Da in Deutschland der Neubau lediglich 30 Prozent ausmacht, ist eine energetische Sanierung dringend. Seit Mitte der neunziger Jahre sinkt die Zahl der Neubauten. So wurden statt 603.000 Wohnungen 1995 im Jahr 2011 nur noch 160.000 Wohnungen neu gebaut. Damit muss auch der Altbestand ins Visier genommen werden. Dies kann sowohl durch eine verbesserte Dämmung als auch durch die Gebäudetechnik erfolgen. Hier gilt es, Anreize zu schaffen und gleichzeitig technologieoffen zu sein. Der BGA sieht hier im Bereich der energetischen Sanie- 1
rung einen wesentlichen Beitrag zur innovativen Energieverbrauchssenkung. Im Neubau werden sicherlich in den nächsten Jahren die klimaneutralen Gebäude von zentraler Bedeutung sein. Auch hier gilt es, technologieoffen zu bleiben und die richtigen Anreize zu schaffen. Der Groß- und Außenhandel kann zum Gelingen dieser Energiewende beitragen: Sowohl als Lieferant moderner Techniken bei der Stromversorgung als auch bei der Ausstattung der Gebäude zur Verbesserung des Endenergieverbrauchs. Außerdem ist der Großhandel als Produktionsverbindungshandel ein kompetenter Ansprechpartner für energieeffiziente Produkte. So wird der Großhändler als Lieferant auch zum Energieberater der Industrie. Auf der anderen Seite sind der Groß-, der Außenhandel und Unternehmen des Dienstleistungsbereichs auch als Verbraucher selbst betroffen, da sie Energie benötigen. Hier gilt es dafür zu sorgen, dass die Energiewende für Unternehmen des Groß-, Außenhandels und Dienstleistungsbereichs auch bezahlbar bleibt. 2. Konkrete Forderungen für eine gelungene Energiewende Zur Gewährleistung einer erfolgreichen Energiewende, sind daher aus Sicht des BGA folgende Punkte wichtig: Klare und einfache Regelungen und eine bessere Koordinierung Die Energiewende kann nur gelingen, wenn für alle Beteiligten klare und einfache Vorschriften bestehen. Hier gilt es, dass viele nebeneinander von Vorschriften zu beseitigen, um so die Anwendung zu erleichtern. Außerdem muss für eine gelungene Energiewende eine bessere Koordinierung erfolgen. Der BGA spricht sich hier langfristig für ein Bundesenergieministerium aus. Ziel muss eine effiziente Nutzung der Energie sein, die zu Einsparungen führt Bei der Frage der Energieeinsparung muss es vor allem um effiziente Lösungen gehen und nicht primär um eine ordnungsrechtliche Einsparung. Denn nur Vorgaben für eine effiziente Nutzung, die zu Einsparungen führt, schaffen Innovation und Entwicklung und damit letztlich auch Wohlstand. Rein auf eine Reduzierung zu setzen, bedeutet letztlich mangelnde Innovation und damit die Gefährdung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Der BGA spricht sich deshalb ausdrücklich für eine effiziente Nutzung von Energie aus, die zu Einsparungen führt. Berücksichtigung des Gebäudebereichs Der BGA sieht im Bereich der energetischen Sanierung einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Energieverbrauchs. 2
Im Zuge der Überarbeitung der Energieeinsparverordnung (ENEV) muss daher auch der Altbestand im Fokus genommen werden. Andernfalls werden die ambitionierten Ziele nicht erreicht werden können. Hier gilt es, Anreize zu schaffen und gleichzeitig technologieoffen zu sein. Dabei ist aus Sicht des BGA eine kostenlose Energieberatung nicht die Lösung. Zum einen führt eine kostenlose Beratung nicht zwangsläufig zur Sanierung. Zum anderen verursachen die eigentlichen Kosten die konkreten Maßnahmen zur Sanierung. Eine kostenlose Beratung nützt daher wenig, wenn dem keine Maßnahmen folgen. Hier gilt es Fördermittel bereit zu stellen bzw. geeignete Maßnahmen für eine Sanierung zu finden. Dabei steht der BGA der Idee einer Abwrackprämie für alte Anlagen oder Geräten kritisch gegenüber, da dies keine nachhaltige Modernisierung ist; im Übrigen dürfte dies zu Mitnahmeeffekten führen. Aus Sicht des BGA sind die aktuellen Rahmenbedingungen für die notwendigen Investitionen in den Wohnungsbestand und den Neubau nicht ausreichend, um eine Erhöhung der Sanierungsrate zu erreichen. Erforderlich ist die Bereitstellung von energieeffizienten altersgerechten und bezahlbaren Wohnungen. Der BGA tritt daher konkret ein für eine Verdoppelung der linearen Afa von zwei auf vier Prozent, die Umsetzung der steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung, Verstetigung der KfW-Förderprogramme und mittelfristige Aufstockung auf 5 Milliarden Euro jährlich, eine Etaterhöhung für die KfW-Programme energieeffizientes bauen und Energieeffizientes Sanieren, die Wiederherstellung des KfW-Programms für altersgerechte Bauen, die Aufnahme des Ersatzneubaus in die KfW-Förderprogramme. Die Gebäudesanierung sollte nicht durch zu viele Regelungen erfolgen Der Gesetzgeber sollte bei der Sanierung das Gebäude eher als Gesamtheit sehen und nicht zu viele Detailvorgaben für einzelne Bereiche machen. Insofern ist die Gebäuderichtlinie und deren Umsetzung durch die ENEV ein geeigneter Ort für eine Gebäudebetrachtung. Hier sollte auch das neben einander von Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EE-WärmeG) und ENEV kritisch gesehen werden und über eine Zusammenlegung nachgedacht werden. Dient die ENEV dazu, die primärenergetischen Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden deutlich zu verschärfen, hat das EE-WärmeG zum Ziel, den Anteil der regenerativen Energie an der Wärmebereitstellung zu erhöhen. Dabei zeigen sich beide Gesetze als eng verzahnt. Denn je höher der Anteil der erneuerbaren Energie ist, desto günstiger wirkt sich dies auf den Jahresprimärenergiebedarf aus. Beide Gesetze müssen daher bei der Gebäudesanierung beachtet werden. 3
Das gegenwärtige nebeneinander der Gesetze sollte daher zugunsten einer einheitlichen Regelung beseitigt werden. Förderprogramme übersichtlich und verständlich gestalten Der BGA spricht sich bei den vielen Förderprogrammen für ein einfacheres und verständlicheres Angebot aus. Gerade die Vielzahl von Fördermöglichkeiten und -programme sind oftmals für Unternehmen nicht mehr verständlich. Für den Handel sollte in diesem Fall ein spezielles Förderprogramm entwickelt werden, um so diesem gezielte Hilfe bei energieeffizienten Maßnahmen anzubieten. Die Förderung der erneuerbaren Energien muss überarbeitet werden Der BGA sieht das geltende Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als nicht mehr zeitgemäß an. Das Gesetz diente bei Einführung zur Förderung eines Nischenproduktes und mag insofern damals sinnvoll gewesen sein. Mittlerweile haben sich die erneuerbaren Energien aber etabliert. Mit dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz erfolgen für Produzenten erneuerbarer Energien zwei Privilegien: Der Absatz der grünen Energie wird garantiert und dies zu einem festen, von den Stromverbrauchern zu zahlenden Betrag pro Kilowattstunde für zwanzig Jahre. Dieser Preis liegt über den an der Strombörse gezahlten Preis. Die Differenz müssen die Stromverbraucher als EEG-Umlage zahlen, wobei bestimmte industrielle Großverbraucher ausgenommen sind. Diese Umlage wird im nächsten Jahr 5,277 Cent pro Kilowattstunde betragen. Gerade im Hinblick darauf, dass 2050 80 Prozent des Stroms durch erneuerbare Energien erreicht werden soll, muss hinterfragt werden, ob dann ein Gesetz zur Förderung eines Nischenproduktes noch Sinn macht. Im Übrigen sollte darauf hingewiesen werden, dass dann bei 80 Prozent des Stroms der Preis durch den Gesetzgeber festgelegt werden würde; unter der Prämisse einer sozialen Marktwirtschaft lässt sich dies schwer subsumieren. Zum anderen würde damit der Strom weiter verteuert und dies auch die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen aus dem Groß-, Außenhandel und Dienstleistungsbereich in Frage stellen, die nicht zu den privilegierten Verbrauchern gehören. Insofern muss das geltende EEG hinterfragt und überarbeitet werden. Der BGA unterstützt daher die Initiative von Bundesumweltminister Peter Altmeier, das bisherige Erneuerbare-Energien-Gesetz zu reformieren. In diesem Zusammenhang hält es aber der BGA auch für sinnvoll, das nebeneinander von Förderung von erneuerbaren Energien und schließlich Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz zu hinterfragen. Zwar ist dies keine rein nationale Diskussion, sondern muss auch auf europäischer Ebene geführt werden, da die Gesetze als Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (2001/77/EG) bzw. der Emissionshandelsrichtlinie (2003/87/EG) dienen. Dennoch bleibt die Diskussion insofern national, als den Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Förderung der erneuerbaren Energien ein großes Spektrum von sog. grünen Zertifikaten (Quotenmodelle) bis hin zu beihilfeähnlichen 4
Stromeinspeisevergütung, wie es in Deutschland praktiziert wird, bleibt. Der BGA spricht sich hier für eine stärkere marktwirtschaftliche Lösung aus. Die Strompreisbelastung darf nicht zu einer Wettbewerbseinschränkung führen Neben den Abgaben durch EEG, Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz und die Umlage nach der Stromnetzentgeltverordnung (sog. 19 Umlage) führt die Stromsteuer zu einer weiteren Belastung und zu steigenden Stromkosten für Groß-, Außenhandel und Dienstleistungsunternehmen. Beim Stromsteuergesetz und der Stromnetzentgeltverordnung werden aus Gründen des internationalen Wettbewerbs für stromintensive produzierende Unternehmen Vergünstigungen vorgesehen. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass es auch im Groß-, Außenhandelund Dienstleistungsbereich Unternehmen gibt, die intensiv Strom benötigen. Außerdem befinden sich auch viele Unternehmen aus diesen Bereichen im internationalen Wettbewerb. Für eine Ungleichbehandlung dieser Unternehmen bei den gesetzlichen Energiesteuern gibt es daher keinen erkennbaren sachlichen Grund. Es ist daher kritisch zu hinterfragen, ob die steigenden Kosten in vollen Umfang vom diesen Unternehmen getragen werden sollen. Hier sollte daher eine Lösung gefunden werden, die die Wettbewerbsfähigkeit alle Branchen gewährleistet. Dabei sollte auch die 1998 eingeführte Stromsteuer auf ihre weitere Notwendigkeit hin überprüft werden. Denn letztlich bemisst sich der Erfolg der deutschen Energiewende auch daran, ob der Strom für die Verbraucher bezahlbar bleibt. Im europäischen Vergleich sind aber die Strompreise für große Stromverbraucher in Deutschland durch staatlich verursachte Abgaben und Steuern deutlich teurer als in den meisten anderen europäischen Staaten. Der BGA spricht sich daher dafür aus, dass mit der Energiewende der zu bezahlende Strom in Deutschland nicht zu einer Wettbewerbseinschränkung für die Unternehmen wird. 5