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Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Historisches Seminar Übung: Deutsch-Israelische Beziehungen 1949-1995 Dozentin: Anna Lienau Referent: Nils Burghardt 15. Nov. 2010 Die Sues-Krise 1956 unter Berücksichtigung deutsch-israelischer Beziehungen

Inhalt 1. Geschichte des Sues-Kanals... 2 2. Die Verstaatlichung des Kanals... 3 3. Die vier primären Akteure der Krise und ihre Standpunkte 1956... 5 3.1 Ägypten... 5 3.2 Israel... 6 3.3 Frankreich... 7 3.4 Großbritannien... 7 4. Die Eskalation des Sues-Konflikts... 8 4.1 Die diplomatische Eskalation... 8 4.2 Das militärische Komplott von Sèvres und die militärische Eskalation... 9 4.3 Internationaler Druck und das Ende der militärischen Eskalation... 10 5. Das deutsch-israelische Verhältnis zur Zeit der Sues-Krise... 11 6. Literatur... 13 Als Referatstext wurde auf Belege in Form von Fußnoten verzichtet. Alle relevanten Inhalte lassen sich in der angegeben Literatur finden.

1. Geschichte des Sues-Kanals Der Franzose Ferdinand de Lesseps, ehemaliger französischer Diplomat, widmete sich im Ruhestand der Verwirklichung seines Traumes: ein Kanal zwischen dem Mittelmeer und dem Roten Meer über den Isthmus von Sues zu bauen. Bei seinem Vorhaben wurde er vom ägyptischen Vizekönig unterstützt, der ihm 1854 die Erlaubnis zum Bau des Kanals erteilte. Abgesprochen war, dass de Lesseps allein ermächtigt war, zu diesem Zwecke die Compagnie universelle de canal maritime de Suez zu gründen, welche den Kanal bauen und betreiben sollte. Ägypten sollte mit 15% an den Gewinnen des Kanals beteiligt werden und hielt bald auch einen großen Teil der Aktion der Gesellschaft. De Lesseps schuf so eine internationale Gesellschaft, die weder von Ägypten noch von Frankreich kontrolliert wurde und deren Auflage es war, jedes Schiff den Kanal passieren zu lassen, dabei für alle die gleichen Gebühren zu verlangen, so dass kein Staat irgendwie bevorzugt werden sollte. De Lesseps Plan stieß bei Großbritannien jedoch auf starke Ablehnung. Selbst auf der Suche nach einer Möglichkeit, den Indienhandel zu verkürzen, favorisierte Großbritannien eine Eisenbahnverbindung zwischen den beiden Meeren und fürchtete, mit dem Kanal könnte Frankreich in Ägypten Fuß fassen und den eigenen Handel bedrohen. So übten die Briten Druck auf das Osmanische Reich aus, dessen Untertan der ägyptische Vizekönig nach wie vor war. Die übrigen europäischen Mächte signalisierten zwar ihre Zustimmung zu diesem Projekt, doch ergriffen sie nicht Partei gegen Großbritannien Frankreich war aus Sorge um das Verhältnis zum Nachbarn offiziell neutral. Das Osmanische Reich zögerte daher mit einer Genehmigung zum Bau des Kanals, so dass de Lesseps, kurz vor dem Bankrott, gezwungen war, das Projekt im Alleingang und ohne Genehmigung aus Konstantinopel anzugehen. 1858 gründete er die Sueskanal-Gesellschaft, welche ein Jahr später mit dem Bau des Kanals begann. Auf massiven Druck Großbritanniens untersagte der Sultan alle weiteren Baumaßnahmen, und die ägyptische Regierung war geneigt, sich der Anweisung zu beugen. De Lesseps wandte sich daraufhin an Napoleon III., welcher ihn schließlich offen unterstützte und so auch Österreich und Russland als Fürsprecher für das Kanalprojekt gewinnen konnte. Unter dieser veränderten außenpolitischen Situation unternahm das Osmanische Reich keine weiteren Schritte mehr gegen den Kanalbau und erteilte 1866 schließlich auch offiziell die 2

Baugenehmigung. Zu dieser Zeit hatten sich die Briten jedoch bereits längst mit der neuen Situation abgefunden und betrieben den Ausbau ihrer Häfen, während britische Handelsgesellschaften ihre Schiffe für den Kanaltransit vorbereiteten. 1869 wurde der Kanal schließlich eröffnet und seit dem immer weiter ausgebaut. Die Kanalgesellschaft de Lesseps, welche den Kanal betrieb, war französisch dominiert, während Ägypten viele Anteile an der Gesellschaft besaß. Die Briten waren zwar Hauptnutzer des Kanals, doch hatten sie keinerlei Einfluss auf die Kanalverwaltung. Das änderte sich, als Ägypten aus Geldnot seine Aktien verkaufen musste, die Großbritannien dann übernahm und somit durchaus Einfluss innerhalb der Kanalgesellschaft erlangte. 1882 besetze Großbritannien dann Ägypten im Zuge dort ausgebrochener Aufstände und erlangte so auch die Kontrolle über den Kanal. In der Konvention von Konstantinopel 1888 wurde später festgelegt, dass die Durchfahrt durch den Kanal allen Schiffen, ob zivil oder militärisch, zu allen Zeiten offen stehen sollte dies galt auch im Kriegsfalle für die Kriegsparteien, und dass Großbritannien die Schutzherrschaft über den Kanal inne haben sollte. Bis 1956 behielt Großbritannien die Kontrolle über den Kanal, auch nachdem 1922 das Protektorat in das Königreich Ägypten umgewandelt worden war bis 1936 waren britische Truppen in Ägypten stationiert, danach zumindest noch in der Kanalzone. Eigentümer und wirtschaftlicher Nutznießer des Kanals blieb dabei die Kanalgesellschaft, Ägypten profitierte praktisch kaum davon. 2. Die Verstaatlichung des Kanals 1952 putschte das ägyptische Militär, vertrieb den König und machte Ägypten zur Republik an deren Spitze ab 1954 der ehemalige Offizier Gamal Ab del-nasser stand. Zu der Zeit war Ägypten ein armes und unterentwickeltes Land. Der Sues-Kanal, nach wie vor in der Hand der Sues-Gesellschaft und kontrolliert vom britischen Militär, machte jährlich 50mio. Dollar Gewinn, Ägypten erhielt davon jedoch nur etwa 3,5mio. Nach seiner Machtübernahme verfolgte Nasser zum einen das Ziel, die britischen Truppen, die immer noch die Kanalzone besetzt hielten, aus dem eigenen Land zu bekommen, und zum anderen, die Lebens- 3

verhältnisse der ägyptischen Bevölkerung zu verbessern. Das erste Ziel erreichte er in Verhandlungen mit Großbritannien, das zusagte, bis Juni 1956 alle Militärs abzuziehen. Das zweite Ziel sollte durch den Bau des Assuan-Staudammes erreicht werden. Dieser Damm würde das Land vor Überschwemmungen und vor Dürre schützen, Wüstenflächen urbar machen und ausreichend Strom für die Industrialisierung des Landes liefern. Allerdings verfügte Ägypten allein nicht über genügend finanzielle Mittel, um den Damm bauen zu können. Nasser wandte sich daher mit der Bitte um Kredite an die USA, Großbritannien und die Weltbank, die ihm diese auch zuerst zusagten. Als die USA jedoch ihr Angebot, den Bau des Assuan-Staudammes zu unterstützen, überraschend zurückzogen, folgten Großbritannien und die Weltbank ebenfalls diesem Beispiel ohne finanzielle Unterstützung konnte Ägypten den Damm aber nicht bauen und würde sich so bis auf absehbare Zeit nicht aus der Armut und der Abhängigkeit von anderen Staaten, vornehmlich westlichen, befreien können. Die Kehrtwende der USA hinsichtlich der Finanzierung des Dammes hatte ihre Ursache zum einen in der Außenpolitik Nassers: Kurz zuvor hatte Nasser mit der Tschechoslowakei einen Waffenhandel abgeschlossen, der sowjetisches Kriegsgerät in großem Stil nach Ägypten bringen sollte. Der Westen, allen voran die USA, waren darüber freilich nicht erfreut, schließlich war der Kalte Krieg in vollem Gange. Allerdings hatte sich Nasser mit der Bitte um Waffenlieferungen zuerst an den Westen gewandt, der sein Ersuchen jedoch ablehnte. Davon abgesehen hatte er es in der Vergangenheit nicht an Kritik am Westen fehlen lassen und versuchte mitunter die beiden Supermächte gegeneinander auszuspielen, um das Maximum für sein Land herauszuholen (auch bei den Verhandlungen über die Finanzierung des Dammes). Es darf ebenfalls nicht vergessen werden, dass Ägypten nach wie vor Israel gegenüber feindlich gesinnt war und dessen Existenzrecht bestritt. Neben der Tatsache, dass Nasser sich also nicht dem Westen unterordnete sondern sich bemühte, neutral zu bleiben, um sich von keiner Seite instrumentalisieren zu lassen, spielten zum anderen auch innensowie außenpolitische Gründe der USA eine Rolle. Nasser war nun also gezwungen, sich nach anderen Möglichkeiten umzusehen, wollte er das Großprojekt nicht aufgeben. Am 26. Juli 1956 ließ er, praktisch als direkte Reaktion auf die Absage der USA, den Sues-Kanal verstaatlichen. Mit den Einnahmen aus dem Kanal sollte die Finanzierung des Assuan-Dammes doch noch ermöglicht werden. Tatsächlich war die 4

Verstaatlichung des Kanals sogar rechtens, sofern Ägypten den reibungslosen Verkehr im Kanal garantieren konnte und alle entsprechenden internationalen Abkommen weiterlaufen ließ, die Wasserstraße also für alle Schiffe aller Nationen offen hielt. Die so verstaatlichte Sues-Gesellschaft hatte zwar ihren Sitz in Frankreich und beschäftigte hauptsächlich Ausländer, die Gesellschaft selbst unterstand jedoch ägyptischem Recht. Die Aktionäre der Gesellschaft, das wurde von ägyptischer Seite versichert, sollten angemessen entschädigt werden. Trotz der unbestreitbaren Tatsache, dass nach internationalem Recht die Verstaatlichung des Sues-Kanals legitim war, sollte sie zum Katalysator einer internationalen Krise werden. Für den Westen war der Kanal von entscheidender Bedeutung, strategisch wie wirtschaftlich: 1955 gingen immerhin 70 von 90mio Tonnen der jährlichen Öllieferungen durch den Kanal. 3. Die vier primären Akteure der Krise und ihre Standpunkte 1956 3.1 Ägypten Das Ägypten unter Nasser war von einem nationalen Unabhängigkeitsbestreben geprägt, wie viele weitere arabische Staaten und Dritte-Welt-Länder zu der Zeit. Nasser schickte sich an, in diesem Prozess eine Führungsrolle zu übernehmen, war jedoch selbst in der arabischen Welt keineswegs unumstritten. Dennoch war er prinzipiell pro-westlich eingestellt, versuchte jedoch alle westlichen Hegemonialansprüche zu verhindern. Den kommunistischen Ostblock nahm er dagegen als direkte Bedrohung ägyptischer und arabischer Interessen wahr. Sein Hauptbestreben war es demnach, sich nach Möglichkeit aus dem Kalten Krieg herauszuhalten um sich von keinem der beiden Blöcke instrumentalisieren zu lassen und von diesen abhängig zu werden. Hinsichtlich der ägyptischen Einstellung zu Israel hatte sich seit dem israelischen Unabhängigkeitskrieg, in dem sich beide Staaten bereits gegenüberstanden, auch nach dem Machtwechsel in Ägypten wenig geändert. Nasser sah sich von Israel bedroht, das seiner Meinung nach die eigenen Interessen rücksichtslos umzusetzen versuchte. Genährt wurden seine Sorgen von israelischen Militärschlägen gegen das ägyptische Militär an der gemeinsamen Grenze und im ägyptisch verwalteten Gaza-Streifen. Die tschechoslowakische 5

Waffenlieferung sei demnach im Kontext dieser Bedrohungssituation zu verstehen. So hätte Nasser zwar lieber Westwaffen gekauft, aber schließlich sei es eine Frage von Leben und Tod gewesen, die ihn dazu gezwungen habe, sich an den Ostblock zu wenden, da der Westen keine Waffen liefern wollte. Nicht verschwiegen werden soll allerdings, dass es unter Nasser bis 1956 durchaus im Geheimen zu Kontakten zwischen Israel und Ägypten kam mit dem Ziel, die zwischenstaatlichen Beziehungen zu entspannen. Diese Bemühungen endeten bis auf Weiteres jedoch mit dem Sues-Konflikt. 3.2 Israel Israel war umgeben von Feinden nach dem Unabhängigkeitskrieg wurden zwar mit allen Kriegsgegnern Waffenstillstandsabkommen geschlossen (mit Ausnahme des Iraks, der seine Truppen ohne dergleichen abzog), jedoch keine Friedensverträge. Das führte zu einer paradoxen Situation, in der weder Krieg noch Frieden herrschte. So kam es in der Folgezeit auch immer wieder zu Scharmützeln an den Waffenstillstandslinien, praktisch den damaligen Staatsgrenzen. Die arabischen Staaten hatten daneben Handelssanktionen verhängt und Ägypten hatte Israels südliche Seewege und den Kanal für israelische Schiffe blockiert. Ein arabisches Militärbündnis erhöhte die Bedrohung Israels zunehmend und die tschechoslowakische Waffenlieferung an Ägypten drohte das Kräftegleichgewicht massiv zu Ungunsten Israels zu verschieben. Hinzu kamen Selbstmordanschläge in Israel, die von den arabischen Staaten organisiert oder zumindest gebilligt wurden auch von Ägypten. Israel sah sich daher in zunehmendem Maße zu Vergeltungsschlägen genötigt. David Ben-Gurion, zugleich israelischer Premier und Verteidigungsminister, erwartete in absehbarer Zeit einen Angriff Ägyptens und sah als einzigen Ausweg nur einen Präventivschlag, auch um die eigene Freiheit der Meere und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Ihm war dabei klar, dass keine militärische Aktion die Bedrohung ausschalten könne, sie jedoch zumindest auf diesem Wege einzudämmen wäre. Das Anrufen der Vereinten Nationen durch Israel war in der Vergangenheit tragischerweise erfolglos geblieben. Israel bereitete sich dem entsprechend auf einen Krieg mit Ägypten vor, wobei die Planungen von einem Alleingang Israels ausgingen. Die Waffen, um dem erstarkten 6

Ägypten die Stirn bieten zu können, wurden von Frankreich geliefert, zu dem Israel sehr gute Beziehungen pflegte. 3.3 Frankreich 1954 brach in Algerien, Frankreichs größter und ältester Kolonie, ein Unabhängigkeitskrieg aus. Ägypten, und insbesondere Nasser, wurden dafür mitverantwortlich gemacht. Nasser unterstütze bekanntlich die Unabhängigkeitsbestrebungen arabischer und dritt-welt- Staaten. Frankreich sah Ägypten daher als Bedrohung für den eigenen Hegemonialanspruch. Außerdem unterstützte Nasser die Aufständischen auch direkt durch Ausbildung, Waffen und Geld. Israel stellte in diesem Kontext eine Option für Frankreich dar, ein Gegengewicht zu Ägypten schaffen zu können und zugleich den eigenen Einfluss im Nahen Osten nach dem Auslaufen der französischen Mandate für Syrien und dem Libanon auszudehnen. Die Verstaatlichung des Sues-Kanals kam Frankreich daher sehr gelegen. Zwar gehörte es zu den drei Hauptnutzern des Kanals, die Kanalgesellschaft hatte ihren Sitz in Paris und 52% der Aktien wurde von Franzosen gehalten, doch ging es ihnen weniger um den Kanal als solchen, als vielmehr um die Beseitigung Nassers, den sie bereits mit Hitler verglichen. Frankreich sah sich inzwischen durch Nasser in seinen Interessen so sehr bedroht, dass es im Parlament zu sehr emotionalen Debatten kam und es der Regierung mehr oder weniger einen Blankoscheck für ein militärisches Vorgehen ausgestellte. 3.4 Großbritannien Großbritannien war im Nahen Osten die vorherrschende Kolonialmacht. Tatsächlich sah es sich als Hüterin arabischer Interessen und erwog zeitweise sogar ein militärisches Vorgehen gegen Israel, sollte dieses Aktionen gegen Jordanien unternehmen. Nasser war den Briten aufgrund ihres eigenen Hegemonialanspruches jedoch ein Dorn im Auge, da für sie ihr Einfluss im Nahen Osten von entscheidender Bedeutung war. Ähnlich wie den Franzosen kam auch den Briten die Verstaatlichung des Kanals daher sehr gelegen, um ihre eigene Machtposition in der Region zu stärken. Als Hauptnutzer des Kanals ging es ihnen jedoch auch um den Kanal selbst, da sie befürchteten, Ägypten könne oder wolle unter Umständen nicht den reibungslosen Verkehr auf dem Kanal aufrecht erhalten. Gleich den Franzosen waren auch sie empört von der Verstaatlichung und begannen damit, Vorbereitungen zu treffen, Ägypten auf militärischem Wege zu zwingen, den Kanal wieder aus der Hand zu 7

geben und unter Umständen ein pro-britisches Regime einzusetzen. Diese Gemeinsamkeit sollte Großbritannien und Frankreich trotz konkurrierender Hegemonialansprüche im Nahen Osten zu einem gemeinsamen Vorgehen bewegen 4. Die Eskalation des Sues-Konflikts 4.1 Die diplomatische Eskalation Die Empörung über die Verstaatlichung des Sues-Kanals war sowohl bei Frankreich als auch bei Großbritannien in Politik und Öffentlichkeit äußerst groß. Während die Franzosen aber durchaus Willens waren, das Problem umgehend militärisch zu lösen, war die britische Regierung zurückhaltender und wollte sich zuerst der Unterstützung der USA versichern. Diese hielten den Einsatz von Waffengewalt jedoch für keineswegs gerechtfertigt, solange die Schifffahrt im Kanal nicht gestört würde und Ausländer bedroht seien. Stattdessen sollte versucht werden, den Konflikt auf diplomatischem Wege zu lösen. In einer Reihe von internationalen Konferenzen in London, zu denen weder Ägypten noch Israel geladen waren, wurde dann auch das Ziel verfolgt, die Freiheit und Sicherheit des Kanalverkehrs durch Neugründung einer internationalen Kanalbehörde zu garantieren, die ansehnliche Beträge des Erlöses an Ägypten abzuführen hätte. Die Ägypter, denen dieser Kompromissvorschlag im Anschluss an die Konferenzen unterbreitet wurde, lehnten diesen jedoch ab. Auch Verhandlungen unter dem Dach der UN scheiterten. Die USA blieben dennoch bei ihrer Forderung nach Gewaltverzicht, während Großbritannien und Frankreich im Geheimen weiter ein gemeinsames militärisches Vorgehen planten. Unterdessen zog die alte Kanalgesellschaft ihre Lotsen vom Kanal ab, was den Druck auf Ägypten erhöhen und es als unfähig, den Kanal alleine zu betreiben, bloßstellen sollte. Nasser begegnete dem mit der internationalen Anwerbung von Lotsen und konnte schließlich den Verkehr im Kanal aus eigener Kraft aufrecht erhalten. Politische und diplomatische Bemühungen zum Beilegen der Krise, die im Grunde keine hätte sein müssen, blieben daher erfolglos. 8

4.2 Das militärische Komplott von Sèvres und die militärische Eskalation Israel war zu diesem Zeitpunkt in keiner Weise von der Krise betroffen, noch war es an den Gesprächen zu deren Beilegung beteiligt. Noch einen Monat vor Ausbruch der Kriegshandlungen in Ägypten war der kommende Lauf der Ereignisse selbst für Israel nicht abzusehen, welches sich unabhängig von den Ereignissen auf einen Präventivschlag vorbereitete. Frankreich und Großbritannien planten jedoch ihre eigene Militäraktion, allerdings verhielten sich die Briten nach wie vor eher zögerlich. Die guten Kontakte zwischen Franzosen und Israelis brachten erstere schließlich auf den Gedanken, letztere an einem gemeinsamen Vorgehen zu beteiligen. Sowohl Großbritannien als auch Israel hatten zuerst große Bedenken bezüglich einer Zusammenarbeit, konnte schließlich jedoch überzeugt werden. Obwohl Ben-Gurion sich darüber im Klaren war, dass die beiden europäischen Mächte durchaus ihre eigenen Interessen verfolgten und Israel mehr oder weniger nur ein Gehilfe sein sollte, bot sich Israel doch zum ersten Mal die einmalige Chance, an der Seite nicht nur eines, sonder gleich zweier Verbündeter zu kämpfen. Am 24.Oktober 56 beschlossen die drei Staaten in einem ultra-geheimen Treffen im französischen Sèvres ihren gemeinsamen Angriffsplan. Er sah vor, dass Israel den beiden europäischen Mächten einen Vorwand zur Intervention lieferte. Die nicht zu verheimlichende israelische Mobilmachung sollte den Eindruck erwecken, sich gegen Jordanien zu richten um ihre wahre Stoßrichtung zu verschleiern. Frankreich und Großbritannien entsandten derweil weitere Militärverbände ins Mittelmeer. Das war für die Weltöffentlichkeit zum einen deswegen keine Überraschung, weil sie ja bereits damit rechnete, zum anderen, weil Frankreich in Algerien Krieg führte. Israel sollte dann mit einem Überraschungsangriff, als Vergeltungsmaßname getarnt, die Sinai-Halbinsel überrennen und bis zum Kanal vordringen. Daraufhin würden Frankreich und Großbritannien den beiden Kriegsparteien ein Ultimatum stellen, sich jeweils 10 Meilen vom Kanal zu entfernen, alle Kriegshandlungen einzustellen und europäische Truppen zur Sicherung des Kanals zu akzeptieren. Da man davon ausging, dass Nasser das Ultimatum ablehnen würde, während die Israelis diese selbstverständlich annähmen, sollten anschließend Luftangriffe der Europäer die ägyptische Luftwaffe neutralisieren und kurze Zeit später europäische Truppen die Kanalzone besetzen. 9

Am 29. Oktober wurde das Komplott ausgeführt völkerrechtlich nicht legitimiert handelte es sich ganz klar um einen kriegerischen Akt, der eindeutig gegen die UN-Charta verstieß, jener Organisation, der alle vier Staaten angehörten! Alles verlief wie geplant. Die israelischen Truppen stießen bis an den Kanal vor, Nasser lehnte das europäische Ultimatum ab, europäische Luftangriffe waren das Ergebnis, gefolgt von Luftlandetruppen und schließlich dem Anlanden der ersten Haupttruppenverbände an der Mittelmeerkanalmündung bei Port Said. Nasser, diesem massiven Angriff nicht gewachsen, zog die ägyptischen Truppen von der Sinai-Halbinsel zurück, um die wichtigsten Städte zu schützen. Die ägyptische Zivilbevölkerung wurde mobilisiert und mit Waffen versorgt, um der Angriffskoalition so viel Gegenwehr wie nur möglich zu leisten. Nasser ließ den Kanal durch das Versenken von Schiffen sperren und schnitt den Westen so für viele Monate von den benötigten Öllieferungen ab. Es war jedoch nur eine Frage der Zeit, bis sich Ägypten würde geschlagen geben müssen 4.3 Internationaler Druck und das Ende der militärischen Eskalation Empörte Reaktionen der Weltöffentlichkeit, besonders der beiden Supermächte, auf das Vorgehen der Koalition waren die Folge und fielen äußerst scharf aus. Die USA und die Sowjetunion protestierten in seltener Eintracht gemeinsam bei den Vereinten Nationen, welche in einer Sondersitzung das sofortige Einstellen der Kampfhandlungen, die baldige Wiederaufnahme des Kanalbetriebs und den Rückzug der Kriegsparteien hinter die Waffenstillstandslinien forderten. Israel lehnte einen Waffenstillstand jedoch kategorisch ab, und so waren auch die europäischen Partner gezwungen, ihre Militäroperationen fortzuführen. Die USA, brüskiert von den eigenen Verbündeten, da nicht über deren Vorgehen informiert, drohten mit Sanktionen, unter anderem auch mit dem Ausbleiben amerikanischer Öllieferungen, die für England und Frankreich aufgrund der Blockade des Kanals nun überlebenswichtig geworden waren. Ein sowjetisches Ultimatum erhöhte den diplomatischen Druck weiter. In der Nacht vom 6. auf den 7. November musste sich die britische Regierung dem außen- und innenpolitischen Druck beugen und zwang damit auch Frankreich zum Waffenstillstand. Der Sues-Krieg endete jedoch offiziell erst mit dem Abzug der israelischen Truppen im März des folgenden Jahres. 10

Der Gaza-Streifen und Scharm El-Scheich wurden unter UN-Kontrolle gestellt, eine UN- Truppe, die UNEF 1 (United Nations Emergency Force 1), bildete eine Pufferzone im Sinai zwischen Ägyptern und Israelis. Der Sues-Kanal blieb fest in ägyptischer Hand und blieb auch weiterhin israelischen Schiffen versperrt, das konnte auch die UN nicht ändern. Die zuvor durch Ägypten blockierte Straße von Tiran war nun jedoch offen. Ägypten war zwar militärisch geschlagen, hatte politisch aber einen bedeutenden Sieg davon getragen. Israel dagegen hatte seine militärischen Fähigkeiten erneut unter Beweis gestellt, eine Warnung an die arabische Welt, und sich zumindest die Freiheit der Meere erkämpft. Die beiden europäischen Mächte mussten derweil erkennen, wie abhängig sie von den USA waren, und dass sie somit ihren Status als Weltmacht eingebüßt hatten. 5. Das deutsch-israelische Verhältnis zur Zeit der Sues-Krise Die Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik zur Zeit der Sues-Krise waren nach wie vor nicht einfach. Zwar bestand ein zunehmend guter Kontakt zwischen den beiden Staaten, doch während Israel von der Bundesrepublik die Aufnahme diplomatischer Beziehungen forderte, vertröstete diese Israel immer wieder auf einen geeigneteren Zeitpunkt. Israel versprach sich von einer Anerkennung durch die BRD ein gesteigertes internationales Ansehen, besonders bei den arabischen Staaten. Die Außenpolitik der Bundesrepublik war derweil jedoch noch von der Hallsteindoktrin geleitet. Oberstes Ziel war die Wiedervereinigung und die Sicherung des Alleinvertretungsanspruches der Bonner Republik für das gesamte deutsche Volk. Eine Anerkennung Israels hätte nicht nur eine Verschlechterung der traditionell guten Beziehungen zu den arabischen Staaten bedeutet, sondern hätte auch deren Anerkennung der DDR zur Folge gehabt und damit die Chancen auf eine Wiedervereinigung gemindert. So drängten auch die USA Bonn nicht zu diesem Schritt, da die BRD als einer der letzten Vertreter des Westens noch gute Beziehungen in die arabische Welt pflegte. Dennoch unterstütze die BRD Israel wirtschaftlich, finanziell und rüstungstechnisch, zum Teil offen, zum Teil im Verborgenen. Konkret das israelische Vorgehen während der Sues-Krise betreffend hielt sich die Bunderegierung zurück. Die öffentliche Meinung, die Parteien und die Medien verurteilte 11

zwar zum großen Teil das Vorgehen der Koalition, die Meinung über Israels Rolle darin aber war geteilter Natur. Die Motive Israels wurden zwar verstanden, die Kooperation mit den imperialistischen Mächten schadete dem Ansehen Israels jedoch eher. Das Auswärtige Amt sah in der Krise eine Chance, die eigene Solidarität mit den USA verstärkt bekunden zu können und erwog Sanktionen gegen Israel um den amerikanischen Forderungen Nachdruck zu verleihen; sogar die vorübergehende Einstellung der Wiedergutmachungsleistungen war im Gespräch. Die durch die USA angedrohten Wirtschaftssanktionen wären ohne Mitwirken der BRD praktisch wirkungslos gewesen. Auch die arabische Welt drängte auf eine Einstellung der Lieferungen durch die Bundesrepublik. Adenauer vertrat jedoch den Standpunkt, dass die USA diese kritische Situation selbst geschaffen hatten, als sie die Finanzierung des Assuan-Staudammes ablehnten, dass sie so den arabischen Nationalismus förderten und dem Vordringen der Sowjetunion in den Nahen Osten Vorschub leisteten. Letzteres betrachtete er als direkte Bedrohung der europäischen Sicherheit, womit für ihn Israel zu einem wichtigen Faktor zu Verteidigung derselben wurde. Außerdem seien die Wiedergutmachungsleistungen eine moralische Frage, und diese sollte nicht mit diplomatischen Zielen vermengt werden. Adenauer sorgte also für die Fortsetzung der Wiedergutmachungslieferungen an Israel, solange es sich nicht um militärische Güter handelte, verzichtete aber gleichzeitig auf Kritik an Frankreich und Großbritannien, um die eigene Westorientierung nicht in Frage zu stellen. Diese Entscheidung setzte die BRD großem außenpolitischem Druck aus, doch war sie, da kein Mitglied der UN, nicht an deren Entschlüsse gebunden. Tatsächlich bewahrte Adenauers stures Festhalten an den Lieferungen die BRD davor, eindeutig im Konflikt für die eine oder andere Seite Stellung beziehen zu müssen und die jeweils andere Partei damit zu verärgern. Letztlich wurde diese unbeirrbare Haltung der Unterstützung Israels durch Adenauer bei den Juden weltweit, und besonders in Israel, durchaus positiv wahrgenommen und half somit, das Ansehen des neuen Deutschlands unter den Juden zu bessern. 12

6. Literatur GORST, ANTHONY; JOHNMAN, LEWIS: The Suez Crisis. London 1997. HEINEMANN, WINFRIED; WIGGERSHAUS, NORBERT (Hg.): Das internationale Krisenjahr 1956. Polen, Ungarn, Suez. (Beiträge zur Militärgeschichte 48) München 1999. JELINEK, YESHAYAHU A.: Deutschland und Israel 1945-1965. Ein neurotisches Verhältnis. (Studien zur Zeitgeschichte 66) München 2004. KINGSEED, COLE C.: Eisenhower and the Suez Crisis of 1956. London 1995. LOUIS, WM. ROGER; OWEN, ROGER (Hg.): Suez 1956. The Crisis and its Consequences. New York 1989. MCNAMARA, ROBERT: Britain, Nasser and the Balance of Power in the Middle East 1952-1967. From the Egyptian Revolution to the Six Day War. London 2003. SKÖLD, NILS: United Nations Peacekeeping after the Suez War. UNEF I: The Swedish Involvement. London 1996. TROEN, SELWYN ILAN; SHEMESH, MOSHE (Hg.): The Suez-Sinai Crisis 1956. Retrospective and Reappraisal. New York 1990. WEINGARDT, MARKUS A.: Deutsche Israel- und Nahostpolitik. Die Geschichte einer Gratwanderung seit 1949. Frankfurt/Main 2002. Weitere Recherche möglich bei: DIE ZEIT: 1956-02/ 07/ 09/ 15/ 16/ 21/ /31 /32 /33 34/ 35/ 36/ 37/ 38/ 39/ 40/ 42/ 43/ 44/ 45/ 46/ 47/ 48/ 49/ 50/ 51; 1957-02/ 08/ 10/ 11/ 16/ 17/ 20/ 26/ 28/ 31. DER SPIEGEL: 1956-10/ 10/ 18/ 21/ 26/ 31/ 32/ 33/ 34/ 35/ 36/ 37/ 38/ 39/ 40/ 41/ 42/ 46/ 47/ 48/ 49/ 50/ 52; 1957-03/ 05/ 06/ 10/ 14/ 19. 13

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Historisches Seminar Übung: Deutsch-israelische Beziehungen 1949-1995 Dozentin: Anna Lienau Referent: Nils Burghardt 15. Nov. 2010 Die Sues-Krise 1956 Geschichte des Kanals 1869 Eröffnung des Sues-Kanals gegen Widerstand der Briten gebaut Betreiber des Kanals: Compagnie universelle de canal maritime de Suez diese Gesellschaft ägyptischen Rechts, hatte Sitz jedoch in Paris und war französisch dominiert Großbritannien Hauptnutzer des Kanals als Ägypten Geld benötigte verkaufte es seine Aktien an Großbritannien 1882 wird Ägypten von den Briten besetzt, der Kanal bleibt bis 1956 unter ihrer Kontrolle 1888 Konvention von Konstantinopel freie Schifffahrt für alle Nationen auf dem Kanal Briten sind Schutzmacht des Kanals Kanalgesellschaft ist bis 1956 Eigentümer und wirt. Nutznießer des Kanals Verstaatlichung des Kanals durch Ägypten ab 1954 ist Gamal Ab del-nasser in Ägypten an der Macht nach Militärputsch Gewinne der Kanalgesellschaft = 50mio $ / Jahr Ägypten erhält davon nur etwa 3.5mio $ vorrangige Ziele Nassers: Rückzug der britischen Truppen Verbesserung der Lebensumstände der Bevölkerung durch Bau des Assuan-Staudammes für Bau auf westl. Finanzhilfen angewiesen USA und Weltbank lehnen Finanzierung ab um Bauprojekt dennoch finanzieren zu können verstaatlicht Nasser den Sues-Kanal Aktion war gerechtfertigt, sofern reibungsloser Verkehr und Freiheit der Schifffahrt garantiert ehem. Aktionäre sollten entschädigt werden Kanal für Ölversorgung Europas von kritischer Bedeutung Ägypten um 1956 Nasser ist Verfechter des (arab.) Nationalismus prinzipiell aber pro-westlich eingestellt feindselig gegenüber Israel Nasser sah Ägypten durch Israel bedroht vertrete Interessen rücksichtlos Militärschläge gegen ägypt. Ziele Nasser bittet den Westen um Waffenlieferung um sich verteidigen zu können Westen weigert sich Nasser bezieht daraufhin Waffen aus dem Ostblock Israel um 1956 war umgeben von Feinden seit Unabhängigkeitskrieg nur Waffen-stillstand, aber keine Friedensverträge in der Folge: Grenzkonflikte; Handelssanktionen der arab. Staaten; Ägypten blockiert Straße von Tiran und Kanal für israelische Schiffe; Selbstmordanschläge Waffenlieferung an Ägypten verschiebt Kräftegleichgewicht zu Ungunsten Israel Ben-Gurion plant Präventivschlag mit franz. Waffen Frankreich um 1956 Unabhängigkeitskrieg mit Algerien Nasser wird mit für Lage verantwortlich gemacht Nasser bedroht eig. Hegemonialanspruch Unterstützung Israels Gegengewicht zu Ägypten bilden Einfluss im Nahen Osten durch gewinne war einer der Hauptnutzer des Kanals 52% der Gesellschaftsaktien in Hand franz. Privtleute Sitz der Kanalgesellschaft in Paris Sorge galt weniger dem Kanal als der Beseitigung Nassers Großbritannien um 1956 vorherrschende Macht im Nahen Osten Hüterin arabischer Interessen Nasser stand eigenem Hegemonieanspruch im Wege Sorge um Aufrechterhalten des Kanalbetriebs, da Hauptnutzer diplomatische Eskalation Frankreich will militärische Rückgewinnung des Kanals, dabei Beseitigung Nassers Großbritannien verfolgt ähnliche Ziele USA verbieten sich Anwendung von Gewalt int. Konferenzen und UN-Sitzungen bleiben erfolglos Briten und Franzosen planen gem. Militäraktion militärische Eskalation Israelis, Franzosen und Briten führen gemeinsam völkerrechtswidrigen Angriff auf Ägypten durch 1. 29. Okt.: Israel überrennt die Sinai-Halbinsel und rückt zum Kanal vor 2. die zwei europ. Mächte stellen Ultimatum zum Einstellen der Kampfhandlungen und der Stationierung europ. Truppen zur Sicherung des Kanals 3. nach erwarteter Ablehnung Nassers folgen europ. Luftschläge und anschließend Invasion Ende der Eskalation am 7. Nov. muss sich die Koalition dem intern. Druck beugen und Waffenstillstand zustimmen Kanal bleibt in ägyptischer Hand Straße von Tiran nur frei für israelische Schiffe UN-Truppen als Puffer im Sinai massiver diplomatischer Sieg für Ägypten trotz milit. Niederlage deutsch-israelische Beziehungen um 1956 Israel fordert Aufnahme diplomatische Beziehungen BRD lehnt diese ab Hallstein-Doktrin Sorge um deutsch-arabische Beziehungen BRD zur Sues-Frage USA und arab. Staaten fordern Einstellungen der Wiedergutmachungsleistungen, wird abgelehnt gleichzeitig keine Kritik an Franzosen und Briten um deutsche Westorientierung nicht in Frage zu stellen Literatur: GORST, ANTHONY; JOHNMAN, LEWIS: The Suez Crisis. London 1997. // HEINEMANN, WINFRIED; WIGGERSHAUS, NORBERT (Hg.): Das internationale Krisenjahr 1956. Polen, Ungarn, Suez. (Beiträge zur Militärgeschichte 48) München 1999. // JELINEK, YESHAYAHU A.: Deutschland und Israel 1945-1965. Ein neurotisches Verhältnis. (Studien zur Zeitgeschichte 66) München 2004. // KINGSEED, COLE C.: Eisenhower and the Suez Crisis of 1956. London 1995. // LOUIS, WM. ROGER; OWEN, ROGER (Hg.): Suez 1956. The Crisis and its Consequences. New York 1989. // MCNAMARA, ROBERT: Britain, Nasser and the Balance of Power in the Middle East 1952-1967. From the Egyptian Revolution to the Six Day War. London 2003. // SKÖLD, NILS: United Nations Peacekeeping after the Suez War. UNEF I: The Swedish Involvement. London 1996. // TROEN, SELWYN ILAN; SHEMESH, MOSHE (Hg.): The Suez-Sinai Crisis 1956. Retrospective and Reappraisal. New York 1990. // WEINGARDT, MARKUS A.: Deutsche Israel- und Nahostpolitik. Die Geschichte einer Gratwanderung seit 1949. Frankfurt/Main 2002.