Ableiten des Einsetzens der Schneeschmelze über Festeis in Nordwestspitzbergen aus NOAA/AVHRR-Daten.



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UNIVERSITÄT TRIER - FACHBEREICH VI: GEOGRAPHIE / GEOWISSENSCHAFTEN Diplomarbeit: Ableiten des Einsetzens der Schneeschmelze über Festeis in Nordwestspitzbergen aus NOAA/AVHRR-Daten. Eine vergleichende Studie aus Fernerkundungsdaten, Feldmessungen und Aufzeichnungen einer Strahlungsmeßstation im Zeitraum 199 bis 23, Ny Ålesund, Spitzbergen. vorgelegt von: Sascha Sebastian Willmes Studiengang: Angewandte Umweltwissenschaften Gutachter: Prof. Dr. Alfred Helbig Prof. Dr. Joachim Hill Fachbereich VI Geographie/Geowissenschaften Fach Klimatologie Trier, Dezember 23 I

Anschrift des Verfassers: Sascha Sebastian Willmes Kaltbornweg 9 D-6682 Berus sascha.willmes@web.de II

INHALT INHALTSVERZEICHNIS Zusammenfassung Summary V VI Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis VII IX 1 Einleitung 1 1.1 Stand der Forschung........................................... 2 1.2 Zielsetzung................................................... 4 2 Datengrundlage 6 2.1 Satellitendaten................................................ 6 2.2 Stationsdaten.................................................. 12 2.3 Datenüberblick................................................ 15 3 Strahlungsverhältnisse im Untersuchungsgebiet 16 3.1 Überblick.................................................... 16 3.2 Strahlungsvariabilität.......................................... 18 3.3 Atmosphärische Gegenstrahlung und Wolkenhöhen................. 2 3.4 Linke scher Trübungsfaktor.................................... 22 3.5 Trends der Strahlungsgrößen..................................... 24 4 Theorie und Methodik 26 4.1 Die optischen Eigenschaften von Schnee........................ 26 4.2 Schneemetamorphose........................................... 28 4.3 Der NDSII ein Index zur Ableitung des Schmelzbeginns............. 31 4.4 Methodik..................................................... 33 5 Ergebnisse 36 5.1 Ergebnisse der Indexbildung...................................... 36 5.2 Ergebnisse aus Strahlungsmessungen und synoptischen Daten.......... 4 5.3 Ergebnisse aus Bodenmessungen.................................. 45 III

INHALT 5.4 Jahresweise Betrachtung der Ergebnisse............................ 48 5.5 Einfluß des Atmosphärenzustandes auf den NDSII................... 51 6 Diskussion 54 6.1 NDSII und Schmelzbeginn....................................... 55 6.2 Störgrößen bei der Indexberechnung.............................. 57 6.3 Fazit......................................................... 6 7 Ausblick 62 Quellenangaben 63 ANHANG 71 A Abkürzungen........................................................ 72 B Abbildungen und Tabellen............................................ 73 Danksagung 77 Erklärung 78 IV

ZUSAMMENFASSUNG Die saisonale Schneedeckendynamik spielt für das Wachstum und den Zerfall von Meereis eine große Rolle und stellt weiterhin einen wichtigen Faktor für die Meereismassenbilanz dar. Vor diesem Hintergrund kommt der Untersuchung des Beginns und der Länge der sommerlichen Schmelzsaison im Rahmen der Klimaforschung eine besondere Bedeutung zu. Die Veränderungen des Schnees beim Übergang zur Sommerschmelze wirken sich deutlich auf sein spektrales Verhalten aus. Dadurch bieten sich zur Beobachtung der räumlichen und zeitlichen Variabilität der Schneedeckendynamik die Daten verschiedener Fernerkundungssensoren an. In dieser Arbeit wird der Zeitpunkt des Einsetzens der Schneeschmelze über dem Festeis des Kongsfjords in Nordwestspitzbergen durch den Einsatz eines normierten Differenzindex untersucht. Die Grundlage bilden dabei Daten des Advanced Very High Resolution Radiometer (AVHRR) aus den Jahren 199 bis 23. Die Aufzeichnungen einer Strahlungsmeßstation im Zeitraum 1992 bis 23 sowie die Ergebnisse von Feldmessungen in der Schmelzperiode der Jahre 22 und 23 sind für das Untersuchungsgebiet ebenso vorhanden und werden in die Auswertungen mit einbezogen. Die Analyse der bearbeiteten Fernerkundungsdaten im Vergleich mit den vorliegenden Boden- und Stationsdaten läßt auf ein Zeitfenster von ca. 2 Tagen um den 28. Mai schließen, in dem im Untersuchungsgebiet die erste Schneeschmelze auftritt. Weiterhin deutet der Vergleich der Indexkurven auf große interannuale Unterschiede im Verlauf des Abbaus der Schneedecke während der Schmelzperiode hin. Die abschließende Bewertung der Eignung des verwendeten Verfahrens macht auf potentielle Probleme bei hoher Variabilität des atmosphärischen Wasserdampfs im Untersuchungszeitraum aufmerksam, kommt jedoch zu der Schlußfolgerung, daß die Methode plausible Ergebnisse erzielt und ihr Einsatz vor allem in Verbindung mit parallelen Daten aus Bodenmessungen und der aktiven/passiven Mikrowellenfernerkundung sehr sinnvoll ist. V

SUMMARY Seasonal snow cover dynamics are essential for the formation and decay of sea ice and represent an important factor for sea ice mass balance. The evaluation of onset and duration of summer melting is therefore crucial in terms of climate-related research. The changes, that snow is undergoing during the transition from winter to summer conditions have strong influence on its spectral behaviour. This suggests the use of remote sensing data for the monitoring of spatial and temporal variability in snow cover dynamics. This work examines the temporal characteristics of snow melt onset on fast ice in Kongsfjord, Northwest-Svalbard, by means of a normalized difference melt index. This method is based on Advanced Very High Resolution Radiometer (AVHRR) data from the period 199 to 23. Records from a radiation measuring station for the years 1992 to 23 as well as field data covering the melting period in 22 and 23 are available and included in the analyses. Results of the pre-processed remote sensing data s evaluation in comparison with field and radiation data suggest a time frame of approximately 2 days around Mai 28 th in which initial snow melt occurs on fast ice in Kongsfjord. Moreover, a comparison of index curves reveals the existence of strong interannual variability in the development of snow cover decay during the melting period. The final assessment of suitability of the used method points out potential problems arising from the presence of high variability of atmospheric water vapour during the monitoring period. However, the index produces good results and its usage makes sense, especially in combination with parallel data from field measurements and active/passive microwave remote sensing. VI

Abbildungen Abbildungsverzeichnis 2.1 Übersicht: Spitzbergen, Karte des Kongsfjord und AVHRR-Ausschnitt des selben Gebietes vom 13.5.22.... 11 2.2 Suntracker der BSRN-Station in Ny Ålesund.... 12 2.3 Übersicht über den Kongsfjord, die Lage der BSRN-Station, sowie der beiden SEBISUP- Stationen.... 13 2.4 SEBISUP 23: Automatische Wetterstation auf dem Festeis und Meßung der Schneefeuchte mit der TOIKKA Snow Fork.... 14 3.1 Klimadiagramm Ny Ålesund, langjähriges Mittel (1961-199), WMO.... 16 3.2 Isoplethendarstellung der Globalstrahlung in Ny Ålesund 1993-22.... 17 3.3 Mittlerer Jahresgang der Tagessummen, maximale Tagessummen und minimale Tagessummen der Globalstrahlung, atm. Gegenstrahlung, kurzwelligen und langwelligen Strahlungsbilanz.... 18 3.4 Mittlerer Jahresgang der Mittelwerte, Minima und Maxima der Albedo und des atmosphärischen Transmissionsvermögens... 19 3.5 Mittlere Stundenmittel der Atmosphärischen Gegenstrahlung in Abhängigkeit vom Bedeckungsgrad zum 12-Uhr-Termin MOZ, 1993-22, Ny Ålesund.... 2 3.6 Mittlere Häufigkeit verschiedener Wolkenhöhenklassen und mittlere Stundenmittel der Atmosphärischen Gegenstrahlung bei verschiedenen Wolkenhöhen zum 12-Uhr-Termin MOZ, 1993-22, Ny Ålesund.... 21 3.7 Mittlerer Jahresgang, Maxima und Minima des Linke schen Trübungsfaktors (TL), aus Monatsmitteln, Ny Ålesund, 1993-22.... 23 3.8 Relative Häufigkeit verschiedener Trübungsgrade, sowie Streudiagramm der Atmosphärischen Gegenstrahlung bei verschiedenen Trübungsgraden zum 12-Uhr Termin MOZ an der BSRN-Station Ny Ålesund im Zeitraum 1993-22.... 24 4.1 Einfluß der Korngröße des Schnees auf die spektrale Albedo... 26 4.2 Typische Spektralkurve für trockenen Neuschnee... 28 4.3 Veränderung der Dichte einer Schneedecke bei Schneealterung... 3 4.4 Veränderung des Albedo-Tagesmittels von Neuschnee während der Akkumulationsund Schmelzphase... 3 4.5 Flußdiagramm zur Vorgehensweise bei der Vorverarbeitung der Satellitendaten und Ableitung des NDSII.... 34 4.6 Die Untersuchungsgebiete in Nordwestspitzbergen.... 35 VII

Abbildungen 5.1 Zeitlicher Verlauf der NDSIIs für 3 Festeisgebiete NW-Spitzbergens zwischen Tag 12 und 18 für die Jahre 199-23... 37 5.2 Mittelwert und Schwankungsbreite des NDSII für verschiedene Gebiete und NOAA-Missionsnummern.... 39 5.3 Zeitintervalle mit NDSII-Sprung für die Jahre 199-23 im Kongsfjord, sowie deren Anteil an der NDSII-Gesamtzunahme für das jeweilige Jahr.... 4 5.4 Anomalien der mittleren täglichen Strahlungsbilanz im Zeitraum Mai-Juni für die Jahre 1993-23, BSRN-Station Ny Ålesund.... 41 5.5 Anomalien der Tagesmittel der Atm. Gegenstrahlung im Zeitraum Mai-Juni für die Jahre 1993-23, BSRN-Station Ny Ålesund.... 42 5.6 Wochenmittel des Bedeckungsgrades zum 12-Uhr-Termin im Zeitraum Mai-Juni für die Jahre 1993-23, Ny Ålesund/Spitzbergen.... 43 5.7 Anomalien der Tagesmittel der Albedo im Zeitraum Mai-Juni für die Jahre 1993-23, Ny Ålesund/Spitzbergen.... 44 5.8 Monatsmittel des Bewölkungsgrades im Zeitraum 1993-23.... 45 5.9 Veränderung der Oberflächenreflexion auf dem Festeis des Kongsfjord im Wellenlängenbereich 4-17 nm vom 21.5. bis 1.6., 22.... 45 5.1 Verlauf der Schneehöhe und Albedo während der SEBISUP - Meßkampagnen 22 und 23.... 46 5.11 Schneetemperaturprofile am SEBISUP-Messfeld 22 und 23.... 47 5.12 Schneefeuchteprofile am SEBISUP-Messfeld 22 und 23.... 48 5.13 Indexwerte aus planetarischer (TOA) Albedo in Abhängigkeit vom NDSII der Oberfläche und vom Atmosphärenzustand, berechnet nach Köpke (1989)..... 52 5.14 Indexwerte aus planetarischer (TOA) Albedo in Abhängigkeit vom NDSII der Oberfläche und vom Atmosphärenzustand, berechnet mit AtCpro.... 52 5.15 Verlauf des NDSII aus Oberflächenreflexion und aus der am Satelliten gemessenen Reflexion, sowie eine Kombination der beiden Kurven. 22, Tag 14 bis 165.... 53 6.1 Mittlerer Beginn der Schneeschmelze in der Arktis und Trend des Zeitpunktes des Schmelzbeginns, 199 bis 1998, abgeleitet aus Daten passiver Mikrowellensensoren (SMMR, SSM/I).... 56 6.2 Normalisierte spektrale Sensitivität (NSS) der AVHRR-Kanäle 1 und 2.... 58 6.3 Spektrale Transmission der Atmosphärengase sowie die von 1 abweichende Transmission der reflektierten Oberflächenstrahlung im Bereich der AVHRR-Kanäle 1 und 2... 58 VIII

Tabellen Tabellenverzeichnis 2.1 Übersicht über die Spektralkanäle der NOAA-Missionen 6 bis 17 und die jeweiligen Öffnungswinkel (IFOV),... 6 3.1 Mittelwerte, Maxima, Minima und lineare Trends der Jahressummen verschiedener Strahlungsgrößen, sowie Mittelwert, Maximum, Minimum und Trend des Jahresmittelwertes des Bewölkungsgrades, Ny Ålesund 1993-22.... 25 4.1 Integrale Albedo verschiedener Schneetypen.... 28 5.1 Statistik des abgeleiteten Index 199-23.... 38 5.2 Reflexionswerte verschiedener Oberflächen zur Modellierung der TOA-Reflexion.... 51 5.3 NDSII-Differenz (TOA minus Oberfläche) für verschiedene Atmosphärenzustände.... 53 IX

EINLEITUNG 1 EINLEITUNG Meereis und Schnee stellen als Bestandteile der Kryosphäre im globalen Klimasystem zwei Variablen dar, denen bei der Entwicklung einer Klimaveränderung und deren Folgen eine Schlüsselrolle zugeschrieben wird [Peter und Johnson, 1997]. Die Ausdehnung von Meereis unterliegt einer sehr starken Variabilität [Untersteiner, 1984] und macht es damit zu einem wichtigen Klimasignal. Viele Eigenschaften des Meereises haben jedoch auch ursächlichen Einfluß auf das Klima: Meereis ändert zum einen die Wärmebilanz der Grenzfläche Ozean-Atmosphäre durch eine Unterbindung des vertikalen Wärmetransports und verringert die Absorption solarer Einstrahlung durch seine hohen Reflexionseigenschaften im Vergleich zu offenem Wasser. Bereits eine dünne Meereisdecke verringert den Austausch latenter und sensibler Wärme zwischen Ozean und Atmosphäre deutlich [Harder, 1996]. Die Bildung von Meereis verursacht weiterhin durch die Freisetzung von Salz in die darunterliegende Wassersäule eine Destabilisierung der ozeanischen Dichteschichtung. Dadurch kommen Absinkbewegungen zustande, die eine entscheidende Rolle für die thermohaline Zirkulation spielen und damit einen Anknüpfungspunkt für Fernwirkungen globalen Ausmaßes darstellen [Clarke et al., 21]. Aufgrund der besonders hohen Albedo von Schnee, seiner großen raum-zeitlichen Variabilität und der zusätzlichen Unterbindung vertikaler Wärmeströme durch seine geringe Wärmeleitfähigkeit, verstärkt das Vorhandensein von Schnee auf Meereis die Veränderungen im System Ozean-Atmosphäre zusätzlich. Vor allem in Verbindung mit der Schneebedeckung an Land wird somit der Energieeintrag in das Erdsystem deutlich verringert und die negative Strahlungsbilanz in den hohen Breiten verstärkt [Kreyscher, 1998]. Schnee trägt weiterhin durch die Umformung zu Schneeeis und/oder Aufeis vor allem in der Antarktis deutlich zur Meereismassenbilanz bei [Nicolaus et al., 23] und stellt immer einen limitierenden Faktor für die unter dem Meereisvolumen zur Verfügung stehende photosynthetisch aktive Strahlung (PAR) und damit auch für die biologische Primärproduktion im und unter dem Eis dar [Gerland et al., 1999a]. Beginn und Dauer der Schmelzperiode stellen somit einen bedeutenden Übergangspunkt in der Oberflächenenergiebilanz dar. Der damit verbundene Wechsel von einer stark reflektierenden zu einer absorbierenden Oberfläche ist durch den Mechanismus der Temperatur-Eis-Albedo-Rückkopplung [Curry et al., 1995] gekennzeichnet. 1

EINLEITUNG Mit dem Einsetzen des Schmelzens werden die optischen, thermischen und elektrischen Charakteristika des Meereis- und Schneevolumens signifikant modifiziert. Diese Veränderungen finden sich als Signal unterschiedlicher Ausprägung in allen Fernerkundungsdaten wieder, wodurch sich mit der Verfügbarkeit von Satellitendaten die Chance einer umfassenden operationellen Beobachtung des Zustandes von Meereis- und Schneeoberflächen ergeben hat. 1.1 Stand der Forschung Die Untersuchung der Veränderungen der Meereisoberfläche beim Übergang zu den sommerlichen Schmelzbedingungen ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen: Daten passiver Mikrowellensensoren (PMW), wie des Scanning Multichannel Microwave Radiometer (SMMR) oder des Special Sensor Microwave Imager (SSM/I) [NASA, 23a; NASA, 23b] eignen sich hierzu aufgrund ihrer Unabhängigkeit von Beleuchtung in besonderem Masse. Seit 1979 wurde durch diese Aufnahmeysteme ein grossräumiger Einblick in die Charakeristika der Oberflächenveränderung auf Meereis möglich. Anderson (1987) erkannte eine für das arktische Frühjahr typische Veränderung des Oberflächenemissivität in den 18- und 37 GHz-Kanälen des SMMR. Diese äußert sich durch eine plötzliche Zunahme in den Zeitreihen der aufgezeichneten Strahlungstemperaturen und wurde als das Signal des beginnenden Schmelzens interpretiert. Anderson (1987) ermittelte anhand dieser Erkenntnis das Einsetzen des Schmelzens für verschiedene Regionen einjährigen Meereises in der Arktis und stellte gleichzeitig eine räumliche Variabilität dieses Zeitpunktes, sowie einen Zusammenhang mit dem Zeitpunkt des Eisaufbruchs fest. Die aus den Strahlungstemperaturen des SMMR hergeleiteten Daten der Schneeschmelze wurden von Barry et al. (1993) benutzt um den Zeitpunkt des Schmelzbeginns mit vorangehender Bewölkung und meridionalen Winden in Zusammenhang bringen, wobei Korrelationen festgestellt werden konnten, deren Signifikanz jedoch sehr niedrig war. Anderson und Crane (1994) bildeten zur deutlicheren Hervorhebung der Veränderung der Oberflächenemissivität einen normalisierten Index aus den vertikal polarisierten 18- und 37- GHz Kanälen. Dieser Index, der bis dato zur Unterscheidung zwischen einjährigem und mehrjährigem Eis diente, wurde von Anderson und Crane (1994) als Indikator für Veränderungen in der Schneedecke vorgeschlagen und zeigt eine signifikante Abhängigkeit von meteorologischen Bedingungen. Eine Forschungsarbeit, welche gezielt eine Methode zur Ableitung des Schmelzbeginns und dessen räumlicher, sowie zeitlicher Variation zum Ziel hatte wurde von Anderson (1997) verfaßt. Dabei wurde der von Flüssigwasser hervorgerufene deutliche Sprung im 2

EINLEITUNG Emissivionsvermögen durch einen Grenzwertalgorithmus aus der Differenz der horizontal polarisierten 19- und 37-GHz Kanäle des SSM/I identifiziert. Mit Hilfe dieses Algorithmus konnten aus den täglichen PMW-Daten Klimatologien des Schmelzbeginns abgeleitet werden. Smith (1998a) hat einen eigenen Algorithmus auf Basis der vertikal polarisierten 19- und 37- GHz SSM/I-Kanäle entwickelt, diesen auf Daten aus dem Zeitraum 1979-1996 angewendet und dabei eine Zunahme der sommerlichen Tage mit Schmelzbedingungen von 8 % (5,3 Tage) pro Jahrzehnt in der Arktis festgestellt [Smith, 1998b]. Eine weiterentwickelte Methode zur Ableitung des Schmelzbeginns wurde von Anderson und Drobot (21a) in Form des advanced horizontal range algorithm (AHRA) vorgeschlagen. Die hierdurch abgeleiteten Zeitpunkte des Schmelzbeginns zeigen Zusammenhänge mit der Arktischen Oszillation [Anderson und Drobot, 21b], sowie räumliche und zeitliche Variationen mit dem Trend zu früherem Schmelzbeginn in verschiedenen Regionen der Arktis [Anderson und Drobot, 21c]. Satelliten- sowie flugzeuggestützte Fernerkundungsdaten im sichtbaren und infraroten Wellenlängenbereich sind ebenso Gegenstand zahlreicher Beobachtungen: Auf der Basis von Bildern des Advanced Very High Resolution Radiometer (AVHRR) haben DeAbreu und LeDrew (1997) eine Kanalkombination aus den Kanälen 1 und 2 benutzt, um hieraus Rückschlüsse über den Zustand einer Meereis- und Schneeoberfläche zu erhalten. Dabei machten sie sich die steigende Differenz der Werte in den AVHRR-Kanälen 1 und 2 bei zunehmenden Flüssigwassergehalt in der Schneedecke zu Nutze. Ergebnis ist der Normalized Difference Snow/Ice Index (NDSII), dessen Eignung zur Identifizierung des Schmelzbeginns nachgewiesen wurde [De Abreu, 1996; De Abreu und LeDrew, 1997; De Abreu et al., 21]. Mit dem Moderate Resolution Imaging Spectrometer (MODIS) [MODIS, 23] - Sensor auf den Earth Observing System (EOS) - Satelliten steht für den optischen Wellenlängenbereich eine weitere, spektral und räumlich hoch aufgelöste Möglichkeit zur Ableitung von Information über die Schnee- und Eisoberfläche zur Verfügung [Hall et al., 1995]. Aktuelle Untersuchungen zur Degradation von Meereis und Schnee bemühen sich um eine Kombination der Informationsgehalte aus allen angeführten fernerkundlichen Beobachtungsmethoden [De Abreu et al., 21; De Abreu et al. 2; Grandell et al., 1998; Anderson, 23]. Dabei kommen auch die Daten aktiver Mikrowellensysteme (AMW) zum Einsatz. Diese wurden zur Erkennung von Veränderungen an der Grenzschicht Ozean- Meereis-Schnee-Atmosphäre bereits vielfach herangezogen [Carsey, 1985; Drinkwater und Liu, 2; Haas, 21]. Es sind dabei an Instrumenten vor allem das Scatterometer und Synthetic Aperture Radar (SAR) auf den Earth Ressources Satellites (ERS-1/-2) [ESA, 23a], sowie die SAR-Instrumente auf RadarSat [RSI, 23], Envisat [ESA, 23b] und SeaSat [NASA, 23c] zu nennen. 3

EINLEITUNG Auch in AMW-Daten ist das Schmelzsignal in Form von höheren Rückstreukoeffizienten für feuchten als für trockenen Schnee vorhanden [Koskinen et al., 1997; Grandell et al., 1998]. Grandell et al. (1998) benutzten ERS SAR-Daten parallel zu optischen NOAA-Daten und Bodenmessungen mit dem Versuch, die operationelle Schnee-beobachtung zu optimieren. Veränderungen der Meereisoberfläche wurden weiterhin durch in situ - Messungen im Gelände verfolgt und als Referenz ( ground truth ) für die Auswertung von Satellitendaten herangezogen. Von Gerland et al. (1999a, 1999b) wurden die Veränderungen der optischen Eigenschaften von Meereis und Schnee auf Spitzbergen während der Schmelzperiode beschrieben. Geländemessungen dieser Art werden oft auch durch fenerkundlich gewonnene Daten unterstützt, wobei hierzu hubschrauber- und flugzeuggestützte Luftbilder und Videoaufnahmen ebenso herangezogen werden [Markus et al., 23; Perovich et al., 22], wie Satellitendaten [Grandell et al., 1998; DeAbreu, 1996]. Nicolaus et al. (23) haben den Übergang von Schnee in die Schmelzmetamorphose und die damit verbundene Bildung von Aufeis durch zeitlich hoch aufgelöste Bodenmessungen im Kongsfjord/Spitzbergen untersucht. Diese Untersuchungen fanden im Rahmen der Surface Energy Balance and Superimposed Ice Formation (SEBISUP) Kampagnen 22 und 23 statt und sind als Pilotstudie für die Vorbereitung einer 5-tägigen Driftstation des Forschungsschiffes POLARSTERN im Südsommer der Antartkis 24/25 zu verstehen. Ziel dieser Expedition wird die Beobachtung der Prozesse in und unter dem Eis, sowie in der Schneedecke beim Übergang zu Schmelzbedingungen sein [ISPOL, 23]. 1.2 Zielsetzung In dieser Arbeit soll der von De Abreu (1996) erstmals verwendete Index NDSII auf der Basis von atmosphärisch unkorrigierten Werten angewendet werden, um aus NOAA/AVHRR- Daten für das Untersuchungsgebiet der SEBISUP - Kampagnen 22 und 23 Eigenschaften und Veränderungen der schneebedeckten Meereisoberfläche im Zeitraum Mai-Juni der Jahre 199 bis 23 abzuleiten. Grundgedanke ist dabei, einen Einblick in die langjährige Variabilität des Einsetzens und des Verlaufs der Schneeschmelze auf dem Festeis des Kongsfjord im Rahmen der SEBISUP - Messungen zu bekommen und Idealerweise die Messungen der Rahmenbedingungen für die Aufeisbildung aus den Jahren 22 und 23 zeitlich und räumlich zu erweitern. Ergänzend zu den Fernerkundungsdaten werden hierzu die hoch aufgelösten Strahlungsdaten einer Strahlungsmeßstation in Ny Ålesund für den Zeitraum 1993 bis 23 sowie die Daten aus den Feldmessungen der Jahre 22 und 23 ausgewertet. 4

EINLEITUNG Die Eignung des NDSII im Hinblick auf die Identifizierung des Übergangs von Schnee in die Schmelzphase soll dabei beurteilt werden. Hierfür werden im Folgenden zuerst die verwendeten Daten detailliert beschrieben. Daraufhin sollen die Strahlungsverhältnisse im Untersuchungsgebiet zusammengefaßt werden. Nach einer Beschreibung der Theorie des spektralen Signals der Schneeschmelze und einer Beschreibung der methodischen Vorgehensweise werden Ergebnisse aus allen Daten dem berechneten Index gegenübergestellt. Schließlich sollen Aussagen über das zeitliche Verhalten der Schneeschmelze hieraus abgeleitet und der NDSII bewertet werden. 5

DATENGRUNDLAGE 2 DATENGRUNDLAGE 2.1 SATELLITENDATEN 2.1.1 AVHRR Sensor und Plattformen Bei dem Advanced Very High Resolution Radiometer (AVHRR) handelt es sich um ein quer zur Flugrichtung (across-track) abtastendes Radiometer auf den polar umlaufenden Satelliten der NOAA, welches reflektierte und emittierte Strahlung der Erdoberfläche in 4, 5 oder 6 Kanälen (abhängig von der Missionsnummer, Tab. 2.1) mißt. Der Ausdruck very high resolution bezieht sich hier auf die hohe radiometrische Auflösung von 124 Graustufen, welche einer 1 Bit Verschlüsselung entspricht. Die AVHRR - tragenden NOAA-Satelliten haben eine kreisförmige, quasipolare und sonnensynchrone Umlaufbahn in einer Höhe von ca. 833 87 km bei einer Inklination von 98,7 bis 98,9 Grad. Die Dauer eines Orbits beträgt ca. 12 Minuten. Somit ergeben sich an einem Tag etwa 14,1 Umläufe. Aufgrund dieser nicht ganzzahligen Orbitanzahl sind die Satellitenspuren auf der Erde nicht deckungsgleich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, sondern verschieben sich innerhalb von 24 Stunden um ungefähr 2,8 nach Osten. Weiterführende Informationen zum Sensor und den polar umlaufenden Satelliten der NOAA-Serie enthält das Dokument NOAA polar orbiter data user s guide [Kidwell, 1991]. Tabelle 2.1: Übersicht über die Spektralkanäle der NOAA-Missionen 6 bis 17 und die jeweiligen Öffnungswinkel (IFOV), nach: NOAA (23a). Kanalnummer NOAA- 6, 8, 1 NOAA- 7, 9, 11, 12, 14 NOAA - 15, 16, 17 IFOV 1,58,69,58,68,58,68 1,39 2,725 1,1,725 1,1,725 1,1 1,41 3 (a) 1,58 1,64 1,3 3 (b) 3,55 3,93 3,55 3,93 3,55 3,93 1,51 4 1,5 11,5 1,3 11,3 1,3 11,3 1,41 5 11,5 12,5 11,5 12,5 1,3 [µm] [µm] [µm] [mrad] Für mehrjährige auf AVHRR-Daten basierende Studien ergibt sich ein Problem durch die vorhandene Orbitaldrift der NOAA-Satelliten. Die ursprünglich angestrebte Sonnen- 6

DATENGRUNDLAGE synchronität erfährt nämlich in Wirklichkeit eine Verschiebung, die sich als systematische Veränderung der Beleuchtungsverhältnisse und Überflugzeit äussert [Di und Hastings, 1995]. 2.1.2 Datenverfügbarkeit und Format Die Datengrundlage dieser Arbeit sind Satellitenbilder im Local Area Coverage (LAC) Format. Diese Datenform hat eine geometrische Auflösung von 1,1 km² im Nadir, wird an Bord der Satelliten aufgezeichnet und von den NOAA-Empfangsstationen abgerufen. Alternative Datenformate sind High Resolution Picture Transmission (HRPT: 1,1 km², Übertragung in Echtzeit) und Global Area Coverage (GAC: 4 x 4 km²). Die LAC-Bilder wurden über eine Internet-Suchmaske beim NOAA Satellite Active Archive (SAA) bestellt und nach der Bereitstellung vom dortigen ftp-server heruntergeladen. Gesucht wurde in erster Näherung nach allen Bildern, die den Bereich zwischen 77 und 81 Nord, sowie zwischen 11 und 16 Ost (NW-Spitzbergen) ganz oder teilweise beinhalten und in dem Zeitraum 1.Mai bis 3. Juni der Jahre 199-23 aufgenommen wurden. So ergaben sich im Zuge der hohen zeitlichen Auflösung der AVHRR-Daten - bei der Suche nach passenden Szenen im SAA für jedes Jahr im Durchschnitt 72 Treffer für den Untersuchungszeitraum von 61 Tagen. An dieser Stelle mußte jedoch eine Vorauswahl getroffen werden, da aufgrund der Abtastgeometrie, respektive der Schrägsicht des Sensors, lediglich Bilder geeignet sind, bei denen das zu untersuchende Gebiet in der Nähe des Nadir liegt. 2.1.3 Geometrische Korrektur der AVHRR-Daten Ein mit 6 Hz rotierender Spiegel registriert beim AVHRR pro Sekunde 6 Zeilen mit jeweils 248 Messungen pro Kanal, die über einen Winkel von 55,4 aufgezeichnet werden. Es ergibt sich somit eine Abtastbreite von ungefähr 27 km, wobei jede Messung einem Winkel von,54 (,944 mrad) in Abtastrichtung entspricht. Die geometrische Auflösung beträgt bei den gegebenen Bahnparametern und einem Öffnungswinkel (IFOV) von 1,3 bis 1,5 mrad (Tab 2.1) 1,1 km² im Nadir und verschlechtert sich infolge der Erdkrümmung und Schrägsicht des Sensors auf ca. 4 km² am äußeren Rand der aufgezeichneten Szene [Vogt, 1992]. Es ergeben sich bei der Aufzeichnung von Satellitenbildern Verzerrungen durch Unregelmäßigkeiten in den Lageachsen des Satelliten, durch die Erdrotation während des Abtastvorgangs, sowie durch die nichtlineare Beschleunigung des Scannerspiegels. Die Aufhebung dieser systematischen Verzerrungen wird als Systemkorrektur bezeichnet und wurde für die in dieser Arbeit verwendeten Bilder während der Datenprozessierung (Kap. 4.4) durchgeführt. 7

DATENGRUNDLAGE 2.1.4 Radiometrische Korrektur der AVHRR-Daten Ziel einer radiometrischen Vorverarbeitung von Satellitendaten ist die Vergleichbarkeit von Pixeln innerhalb und zwischen Satellitenszenen durch die Bestimmung der tatsächlichen Oberflächenreflexion aus den Grauwerten. Die rohen Meßwerte werden nämlich durch Beleuchtungsverhältnisse, Geländetopographie, Aufnahmegeometrie und den Zustand der Atmosphäre während der Aufnahme beeinflußt [Hill, 1996]. Zur Überführung der Rohdaten in den am Satelliten gemessenen Reflexionswert sind zwei Schritte notwendig. Zum ersten müssen die Grauwerte (digital numbers DN) kanalweise mittels der linearen radiometrischen Kalibrierfunktion (Gl. 2.1) in die physikalische Größe der Strahldichte (L) umgewandelt werden. Die Koeffizienten hierzu wurden jeweils vor dem Start der NOAA Satelliten (pre-launch) bestimmt und nachträglich aktualisiert [NOAA (23b)]. L = a + b DN [W / m² µm sr] (Gl. 2.1) Weiterhin wird durch eine Übertragung der Strahldichte aus dem Halbraum und eine Verhältnisbildung mittels der exoatmosphärischen solaren Einstrahlung Iex, normalisiert durch den Kosinus der Sonnenzenitwinkels (θz), die am Satelliten gemessene Reflexion (topof-atmosphere-reflectance) ρtoa bestimmt (Gl. 2.2). ρ TOA = L (Gl. 2.2) cos θ I z ex Diese beiden Schritte (Gl. 2.1 und Gl. 2.2) wurden mit dem Bildverarbeitungsprogramm TeraScan der Firma SeaSpace für jede Szene durchgeführt (Kap. 4.4). 2.1.5 Berücksichtigung der Atmosphäreneffekte Die tatsächliche Oberflächenreflexion (surface reflectance, ρs) steht in direktem Zusammenhang mit der oberhalb der Atmosphäre gemessenen Reflexion ρtoa. Durch Streuung an Molekülen (Rayleigh-Streung) und Aerosolen (Mie-Streuung), sowie Absorption durch atmosphärische Gase (hauptsächlich Ozon und Wasserdampf) wird das von der Oberfläche reflektierte Licht auf dem Weg durch die Atmosphäre jedoch verändert [Hill, 1996]. Eine Rekonstruktion des am Boden reflektierten Signals kann im Rahmen einer Atmosphärenkorrektur durch die Simulation des Strahlungspfades anhand einer Strahlungstransfergleichung (Gl. 2.3) erreicht werden [Tanré, 199]. 8

DATENGRUNDLAGE ρ TOA t dir + tdif 1 ρ s ( t + ) + dir ρ s tdif ρ ρ = tgas at (Gl. 2.3) Nach Gleichung 2.3 vollzieht sich das Auftreffen von Licht auf die Erdoberfläche über drei verschiedene Wege: durch die direkte Transmission exoatmosphärischer Strahlung (t dir) durch indirekte, also diffuse Transmission (t dif) durch Mehrfachstreuung der Umgebungsreflexion (ρ), abhängig von der sphärischen Albedo (s). Dabei sind auf dem Weg der Reflexstrahlung durch die Atmosphäre zum Sensor drei Komponenten zu berücksichtigen: die Reflexion der zu untersuchenden Oberfläche selbst (ρs) die Reflexion der Umgebung (ρ) die Atmosphärenstrahlung (path radiance, ρat) Für über mehrere Jahre zurückreichende, multitemporale Studien wie in dieser Arbeit, stellt sich die Frage, ob die Verbesserung der Ergebnisse durch eine Atmosphärenkorrektur den Aufwand rechtfertigt. Weiterhin ist es unwahrscheinlich, reale Atmosphärendaten für alle zu bearbeitende Szenen zu bekommen. Im Folgenden werden zwei Möglichkeiten zum Umgang mit dem Problem des Atmosphäreneinflusses genannt. 2.1.5.1 Schätzung der planetarischen Albedo nach Köpke (1989) Für wolkenfreie Verhältnisse ist es oft ausreichend, die einfache lineare Beziehung aus Gl. 2.4 zur Beschreibung des Zusammenhangs zwischen ρtoa und ρs heranzuziehen [Köpke, 1989]. ρ TOA = a + b ρ (Gl. 2.4) s Nach Gleichung 2.4 setzt sich die am Satelliten gemessene Reflexion zusammen aus dem von der Atmosphäre transmittierten Anteil der Oberflächenreflexion ρs plus dem relativen Anteil der einfallenden Strahlung, welcher von der Atmosphäre selbst reflektiert wird (path radiance). Köpke (1989) hat die Koeffizienten a und b als Achsenabschnitt und Steigung einer linearen Regression für verschiedene Modellatmosphären über Oberflächen mit unterschiedlichen Reflexionsanisotropien (u.a. von trockenem Neuschnee) berechnet. Dabei 9

DATENGRUNDLAGE wurde die relative spektrale Sensitivität der AVHRR - Kanäle 1 und 2 berücksichtigt, so daß als Ergebnis für jeden Kanal die Koeffizienten a und b in Abhängigkeit von der optischen Dicke bei,55 µm und dem Wasserdampfgehalt der Atmosphäre vorliegen [Köpke, 1989; Köpke und Kriebel, 1987]. 2.1.5.2 Modellierung der planetarischen Albedo mit dem Softwarepaket AtCPro Zur Durchführung einer genaueren Korrektur der Atmosphäreneffekte steht die Software AtCpro zur Verfügung [Hill und Mehl, 23]. AtCpro wurde von Prof. Dr. J. Hill im Fach Fernerkundung der Universität Trier entwickelt und baut auf dem Modell des Strahlungsstranfers nach Tanré et al. (199) auf (Gl. 2.3). Das Softwarepaket bietet neben einem Modul zur Korrektur topographischer Effekte eine Vielzahl von Parametern, um atmosphärische Zustände zu beschreiben. Die wellenlängenabhängigen Absorptionseigenschaften der optisch wirksamen atmosphärischen Gase (z.b. O3, CH4, H2O) werden hierbei berücksichtigt, wodurch eine Modellierung der planetarischen Albedo bei Variation der atmosphärischen Zusammensetzung möglich wird. Die Parametrisierung der Atmosphäreneigenschaften wird dabei hauptsächlich über die Transmissionskoeffizienten (s.o.) vorgenommen, die wiederum u.a. aus Messungen der atmosphärischen optischen Dicke abgleitet werden können [Hill und Mehl, 23]. Zur Ableitung von Oberflächeninformation werden in dieser Arbeit TOA-Messwerte verwendet. Die beiden hier genannten Korrekturmethoden sollen jedoch zum Einsatz kommen, um anschließend die Sensitivität des Index für atmosphärische Zustände, insbesondere bezüglich des Wasserdampfs, zu untersuchen. 2.1.5 Zur Eignung der AVHRR-Daten Zur Beurteilung der Eignung von Satellitendaten für ein bestimmte Problemstellung bieten sich als Kriterien, neben der Verfügbarkeit, die radiometrische, geometrische, spektrale und zeitliche Auflösung an. Bei dieser Arbeit steht vor allem die gute Verfügbarkeit der Satellitendaten (s. Kapitel 2.1.2) im Vordergrund. Weiterhin ergibt sich durch die hohe Abtastbreite des AVHRR und die Umlaufbahncharakteristika der NOAA-Satelliten eine Wiederkehrperiode von ungefähr 12 Stunden, wodurch eine hohe zeitliche Auflösung (bspw. im Vergleich zu Landsat-TM-Daten) gewährleistet wird. Durch eine Konvergenz der Subsatellitenspuren in den hohen Breiten verstärkt sich dieser Vorteil für das Untersuchungsgebiet dieser Arbeit sogar noch. Relativiert wird dies jedoch wiederum durch die Wolkenabhängigkeit des Sensors. So ist eine Beobachtung der Erdoberfläche mit AVHRR, anders als bei passiven Mikrowellensensoren 1

DATENGRUNDLAGE (z.b. SSM/I), nur bei Wolkenfreiheit möglich. Die hohe radiometrische Auflösung von 124 Graustufen (1 Bit) ist vorteilhaft, um unerwünschten Sättigungseffekten vorzubeugen, was vor allem bei sehr hellen Schneeflächen von Bedeutung sein kann. Die spektrale (s. Tab. 2.1) und geometrische Auflösung des AVHRR werden von Sensoren wie beispielsweise dem Moderate Resolution Imaging Spectrometer (MODIS) auf den EOS- Satelliten um einiges übertroffen, genügen jedoch den Anforderungen der hier durchgeführten Untersuchungen. Im Allgemeinen stellen AVHRR Daten einen guten Kompromiß zwischen den oben angeführten Kriterien dar. Lediglich zur Ergänzung oder weiterführenden Studien wäre die Hinzunahme von spektral und geometrisch höher auflösenden Daten, sowie Daten aus dem Mikrowellenbereich (Kap. 1) sinnvoll. 2.1.6 Untersuchungsgebiet Abbildung 2.1: Übersicht: Spitzbergen (links, Quelle: HRW World Atlas (23)), Karte des Kongsfjord (rechts oben, Quelle: Norwegisches Polarinstitut) und AVHRR-Ausschnitt des selben Gebietes vom 13.5.22 (rechts unten, polarstereographische Projektion). Im Satellitenbild ist deutlich das Festeisgebiet am nordöstlichen Ende des Fjords zu erkennen. 11

DATENGRUNDLAGE 2.2 STATIONSDATEN 2.2.1 BSRN Strahlungsdaten Die Koldewey Forschungsstation des Alfred Wegener Institutes (AWI) in Ny Ålesund unterhält seit dem 31. Juli 1992 eine Strahlungsmeßanlage im Rahmen des Baseline Surface Radiation Network (BSRN, Abb. 2.1). Abbildung 2.2: Suntracker der BSRN-Station in Ny Ålesund. BSRN ist ein Projekt des World Climate Research Programme (WCRP) und besteht aus knapp 4 Stationen, die weltweit in unterschiedlichen Klimazonen zwischen 8 Nord und 9 Süd solare und atmosphärische Strahlung messen. Hierbei wird der Schwerpunkt auf den Einsatz der besten verfügbaren Meßtechnik und eine sehr hohe Abtastfrequenz gesetzt. Ziel ist eine umfassende Beobachtung der Oberflächenstrahlungsflüsse und deren Veränderungen, sowie die Bereitstellung von Validierungsdaten für fernerkundlich basierte Schätzungen der Oberflächenstrahlungsflüsse und für globale Klimamodelle. Die Geräte, Aufnahmezeiträume und Datenkontrolle unterliegen dabei WMO-Richtlinien. Alle aufgezeichneten Daten werden innerhalb der Datenbank des Meteorologischen Informationssystems des AWI (MISAWI) nach WMO-Standards auf ihre Qualität geprüft und schließlich an das BSR-Netzwerk weitergeleitet. Die folgende Auflistung gibt einen Überblick über die verwendeten Instrumente, Hersteller und gemessene Strahlungsgrößen. Globalstrahlung (Pyranometer CM11, Kipp+Zonen) Reflexstrahlung (Pyranometer CM11, Kipp+Zonen) Diffuse Himmelsstrahlung (Pyranometer CM11, Kipp+Zonen) Direkte Einstrahlung (Normal Incidence Pyrheliometer (NIP), Eppley) Globalstrahlung>53nm, Orangeglasfilter OG1 (Pyranometer CM11, Kipp+Zonen) Globalstrahlung>695nm, Rotglasfilter RG8 (Pyranometer CM11, Kipp+Zonen) 12

DATENGRUNDLAGE UV-Strahlung (TUVR, Eppley) Sonnenscheindauer (Solar 111, Haenni) Atmosphärische Gegenstrahlung (Pyrgeometer, Eppley) Terrestrische Ausstrahlung (Pyrgeometer, Eppley) Die in dieser Arbeit verwendeten BSRN-Daten wurden in der bestmöglichen zeitlichen Auflösung (9/92-7/98: 5 Minuten, 8/98-7/3: 1 Minute) vom Datenserver des AWI unter http://www.awi-bremerhaven.de/ tageweise als ASCII-Dateien heruntergeladen und weiterverarbeitet. 2.2.2 SEBISUP- Stationsdaten Vom 2. Mai bis 4. Juni 22, sowie vom 15. Mai bis 5. Juni 23 wurden im Rahmen der Surface Energy Balance and Superimposed Ice Formation (SEBISUP) Kampagne auf dem Festeis des Kongsfjord bei Ny Ålesund meteorologische und glaziologische Messungen durchgeführt. Ziel war dabei die Beobachtung der Meereis- und Schneeoberfläche beim Übergang zu den frühsommerlichen Schmelzbedingungen und der damit verbunden Aufeisbildung [Nicolaus et al., 23]. In beiden Jahren lag das Meßfeld, bestehend aus einem 5m-Schneeprofil und einer Automatischen Wetterstation, ca. 12 km Luftlinie von Ny Ålesund entfernt auf dem Festeis der Nordseite des Fjords. BSRN-Station, Ny Ålesund SEBISUP-22 SEBISUP-23 Abbildung 2.3: Übersicht über den Kongsfjord, die Lage der BSRN-Station, sowie der beiden SEBISUP-Stationen. (Die Linien im linken Bild markieren die Blickrichtung des Fotos rechts). Bei jeder der beiden Kampagnen lieferte eine Automatische Wetterstation (AWS) kontinuierlich Werte der Lufttemperatur, Windrichtung und -geschwindigkeit, sowie der 13

DATENGRUNDLAGE relativen Luftfeuchte als 1-Minuten Mittelwerte. Weiterhin wurden Strahlungsmessungen im kurz- und langwelligen Bereich und Messungen der spektralen Albedo der Schneeoberfläche durchgeführt. Das glaziologische Meßprogramm bestand aus der regelmäßigen Erfassung der Temperatur, Dichte und Feuchte der Schneedecke in verschiedenen Höhen entlang des 5m-Profils, der Beobachtung von Schneestratigraphie und Korngrößen, der Messung der Eistemperaturen (22 vereinzelt, 23 kontinuierlich) im Vertikalprofil und Eisdicken, sowie der Erfassung der Wassertemperatur an der Eisunterkante (nur 23). Zusätzlich wurden aus Eiskernen und einzelnen Aufeisproben später im Labor Salzgehalte, bzw. Salzgehaltsprofile bestimmt und Dünnschnitte angefertigt und fotografiert. Die folgende Auflistung gibt einen Überblick über die gemessenen Größen und verwendete Instrumente. Lufttemperatur (Pt-1) Rel. Luftfeuchte (Haarhygrometer) Globalstrahlung (Pyranometer CM 22, Kipp & Zonen) Reflexstrahlung (Pyranometer CM 22, Kipp & Zonen) Atmosphärische Gegenstrahlung (Pyrgeometer, Eppley) Terrestrische Ausstrahlung (Pyrgeometer, Eppley) Spektrale Albedo (Spectron Engineering SE 59 Spektralradiometer) Schneedichte (TOIKKA Snow Fork, Volumetrische Messungen und Wiegungen) Schneefeuchte (TOIKKA Snow Fork ) Schneetemperatur (Pt-1-Temperaturfühler) Eistemperaturen (Pt-1; Thermistor, nur 23) Wassertemperatur Eisunterkante (Tiny Tag, Temperaturlogger), nur 23 Abbildung 2.4: SEBISUP 23: Automatische Wetterstation auf dem Festeis (links), Messung der Schneefeuchte mit der TOIKKA Snow Fork (rechts). 14

DATENGRUNDLAGE 2.3 Datenübersicht SATELLITENDATEN 199 bis 23 (ohne 1994), Mai bis Juni, wolkenfreie Szenen STATIONSDATEN 1.9.1992 bis 3.6.1998, Auflösung: 5 Minuten 1.7.1998 bis 3.6.23, Auflösung: 1 Minute BODENDATEN (SEBISUP) 2. Mai bis 4. Juni 22 AWS-Daten kontinuierlich, Schneemessungen mehrmals täglich 15. Mai bis 5. Juni 23 AWS-Daten kontinuierlich, Schneemessungen mehrmals täglich 15

STRAHLUNGSVERHÄLTNISSE IM UNTERSUCHUNGSGEBIET 3 STRAHLUNGSVERHÄLTNISSE IM UNTERSUCHUNGSGEBIET 3.1 Überblick Die ganzjährig besetzte Forschungssiedlung Ny Ålesund liegt auf 78 56 nördlicher Breite und 11 55 östlicher Länge auf der Brøgger-Halbinsel an der Nordwestküste Spitzbergens (Abb. 2.1). Der Ort befindet sich direkt am südlichen Rand des ca. 2 km langen und 5 km breiten Kongsfjord (Abb. 2.3) und zeichnet sich aufgrund des Einflusses des Nordatlantikstroms durch ein relativ mildes Regionalklima mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von -5,8 C aus. Die mittlere jährliche Niederschlagssumme betrug 42,9 mm Wasseräquivalent für den Zeitraum 1975-1996 [Gerland et al., 1999]. Längerfristige Beobachtungen zeigen eine Zunahme des Niederschlags um 25 % seit Beginn des Jahrhunderts [Ørbæk et al., 1999]. Im Zeitraum 1961-199 lag die Jahresmitteltemperatur bei -6,3 C und die mittlere Niederschlagsmenge bei 385 mm/a. Für die Lufttemperatur konnte im selben Zeitraum kein Trend festgestellt werden. Nach KÖPPEN S Klimaklassifikation kann das Klima Spitzbergens als polares Tundrenklima (ET) bezeichnet werden [Førland et al., 1997]. [ C] [mm] Monat Abbildung 3.1: Klimadiagramm Ny Ålesund, langjähriges Mittel (1961-199) der WMO, nach: DNMI (23) Die natürliche Variabilität der kurz- und langwelligen Strahlungsflüsse in Ny Ålesund wird durch Polarnacht (25.1.- 17.2.) und Polartagbedingungen deutlich vom Jahresgang bestimmt (Abb. 3.2). 16

STRAHLUNGSVERHÄLTNISSE IM UNTERSUCHUNGSGEBIET Weiterhin beeinflussen die großen Veränderungen der Oberflächenalbedo durch die Schneeschmelze im späten Frühjahr, sowie die regelmäßige Passage mehrerer Tiefdruckgebiete im Winter die Ausprägung des Jahresgangs der einzelnen Strahlungskomponenten in Ny Ålesund [Ørbæk et al., 1999]. Ørbæk et al. (1999) unterteilen den Regionalklimaeinfluß, unter dem Ny Ålesund steht, jahreszeitlich in - für die Wesküste typische - maritime Einflüsse im Sommer und Herbst und in eher kontinentalklimatische Einflüsse im Winter und Frühjahr. Im Sommer spielen vom Ozean herangetriebener Nebel (Arctic sea fog) und Wolken eine wichtige Rolle für das Strahlungsklima. Die in dieser Arbeit verwendeten Strahlungsdaten wurden an einer BSRN-Station in Ny Ålesund (Kap. 2.2.1) aufgezeichnet. Die während der SEBISUP-Kampagne 22/23 gewonnenen Bodendaten stammen vom Festeis des nordöstlichen Kongsfjord (Dyrevika) nahe der Insel Gerdöya (Abb.2.3). Zeitreihen der Meereisbedeckung im Kongsfjord zeigen einen sehr variablen Zeitpunkt des Eisaufbruchs zwischen April und Juli. Der Fjordbereich bei Dyrevika ist durch die umgebene Küste und mehrere vorgelagerte kleine Inseln weitgehend abgeschirmt und oft bis Mitte Juli eisbedeckt [Mehlum, 1991]. W/m² Abbildung 3.2: Isoplethendarstellung der Globalstrahlung in Ny Ålesund 1993-22, 1-Minuten-Mittelwerte, W/m². Tageszeit = mittlere Orstzeit (MOZ). Abbildung 3.2 zeigt deutlich den Effekt der Horizontüberhöhung auf die von direkter Strahlung abhängigen Globalstrahlungsmeßwerte. Der Zeppelinberg (554 m), der sich im Süden/Südwesten der Station bis auf 13 erhebt, verdeckt um die Mittagszeit bei niedrigen Sonnenhöhen die Sonnenscheibe und wird somit in der Isoplethendarstellung der Globalstrahlung abgebildet. 17

STRAHLUNGSVERHÄLTNISSE IM UNTERSUCHUNGSGEBIET 3.2 Strahlungsvariabilität Das Klima Spitzbergens wird neben der allgemeinen atmosphärischen Zirkulation hauptsächlich durch den Jahresgang der Beleuchtungsverhältnisse, das arktische Meereis und die Ozeanströmungen beeinflußt [Ørbæk et al., 1999]. Die Abbildungen 3.3 A bis D zeigen den mittleren Jahresgang der Tagessummen der Globalstrahlung, der atmosphärischen Gegenstrahlung, sowie der kurz- und langwelligen Strahlungsbilanz, jeweils in Kilojoule pro Quadratmeter. In Abbildung 3.3 A ist eine Asymmetrie der Globalstrahlung auffallend. Das Maximum der Globalstrahlung an der Erdoberfläche ist zum Juni hin verschoben. Diese Abweichung ist mit einer höheren Frequenz wolkenfreier Tage im Frühjahr (v.a. April, Mai), verglichen mit den Herbsttagen zu erklären. Globalstrahlung [kj/m²] 4 3 2 1 A extraterr. Atm. Gegenstrahlung [kj/m²] 4 3 2 1 B 6 12 18 24 3 36 6 12 18 24 3 36 DOY DOY Kurzwellige Strahlungsbilanz [kj/m²] 4 3 2 1 C Langwellige Strahlungsbilanz [kj/m²] -4-8 -12 D 6 12 18 24 3 36 6 12 18 24 3 36 DOY DOY Abbildung 3.3: Mittlerer Jahresgang der Tagessummen (schwarz), maximale Tagessummen (rot) und minimale Tagessummen (blau) der Globalstrahlung (A), atm. Gegenstrahlung (B), kurzwelligen (C) und langwelligen Strahlungsbilanz (D), jeweils in kj/m² im Zeitraum 1993-22, Ny Ålesund. 18

STRAHLUNGSVERHÄLTNISSE IM UNTERSUCHUNGSGEBIET Die erhöhte Variabilität in der zweiten Hälfte des mittleren Jahresgangs der Globalstrahlung (3.3 A) ist durch eine weitaus niedrigere Oberflächenalbedo zu erklären, da durch den geschmolzenen Schnee die Mehrfachreflexion zwischen Oberfläche und Atmosphäre nicht mehr möglich ist, und der Wechsel zwischen wolkenfreien und bedeckten Tagen sich stärker bemerkbar macht als in der schneereichen ersten Hälfte des Jahres. Eine veränderliche Variabilität zeigt auch der mittlere Jahresgang der atmosphärischen Gegenstrahlung. Hier zeigen die Wintermonate durch den ständig wechselnden Einfluß stabiler, kalter und trockener Luftmassen aus dem Norden und warmer und feuchter Luft von Tiefdruckgebieten aus dem Süden eine im Vergleich zum Sommer erhöhte interdiurne Veränderlichkeit. Die mittleren Jahresgänge der kurz- und langwelligen Strahlung beinhalten deutlich das Signal des schmelzenden Schnees und der damit verbundenen Verringerung der Oberflächenalbedo. Ungefähr am Tag 15 beginnt die kurzwellige Strahlungsbilanz (3.3 C) aufgrund erhöhter Oberflächenabsorption stark zu steigen. Ähnlich verhält es sich mit der langwelligen Bilanz, wo jedoch die zunehmende terrestrische Ausstrahlung die langwellige Strahlungsbilanz wieder sinken läßt. Ein Vergleich mit den von Ørbæk et al. (1999) ausgewerteten Strahlungsdaten im Zeitraum 1991-1997 zeigt identische Muster bei allen in 3.3 dargestellten Größen. 1 A B 1 Albedo.8.6.4.2 Transmissionsvermögen 6 12 18 24 3 36 DOY 6 12 18 24 3 36 DOY Abbildung 3.4: Mittlerer Jahresgang der Mittelwerte (schwarz), Minima (blau) und Maxima (rot) der Albedo (A) und atmosphärischen Transmissivität (B) im Zeitraum 1993-22. Die Oberflächenalbedo (Abb. 3.4 A) weist einen ausgeprägten Jahresgang auf. Der Beginn der Schmelzperiode liegt im Mittel bei Tag 145-15 (Ende Mai / Anfang Juni) und variiert nicht sehr stark von Jahr zu Jahr. Nach Beginn der Schmelze dauert es in der Regel nicht länger als 2 Tage bis die Albedo von über 8% auf unter 2% gefallen ist. 19

STRAHLUNGSVERHÄLTNISSE IM UNTERSUCHUNGSGEBIET Mit den ersten Schneefällen Ende August steigt die - durch den dunklen Boden der arktischen Tundra im Sommer sehr niedrige Albedo wieder. Da die Schneedecke ab diesem Zeitpunkt noch nicht permanent und meist sehr dünn ist, vollzieht sich das Ansteigen der Kurve im Herbst langsamer als beim Sinken im Frühjahr. Weiterhin zeigt die Albedo im Herbst durch die Abhängigkeit von Schneefall eine größere interannuale Variabilität. Der Verlauf der Kurve ist vergleichbar mit den Daten von Ørbæk et al. (1999); bis auf den Unterschied, daß für die in dieser Arbeit verwendeten Werte kein allmähliches Sinken der Kurve des mittleren Jahresgangs in dem Zeitraum vor Schmelzbeginn festzustellen ist. Da Schneereflexion durch Sublimation und damit verbundene Korngrößenzunahme jedoch kontinuierlich nach der Ablagerung sinkt, ist das Fehlen dieses Merkmals in den Daten 1993-22 für die Zeit vor Schmelzbeginn vielleicht auf regelmäßigen Neuschnee zurückzuführen, der die Albedo erneut erhöht. Das atmosphärische Transmissionsvermögen, gebildet aus dem Verhältnis der Globalstrahlung zur extraterrestrischen Einstrahlung zeigt ebenfalls einen ausgeprägten Jahresgang. Die maximale Durchlässigkeit liegt mit ca. 7% bei Anfang Mai, wonach eine kontinuierliche Abnahme bis auf 2% zur Mitte des Septembers folgt. Eine weitere Analyse der optischen Dicke der Atmosphäre erfolgt durch den Trübungsfaktor nach Linke in Kapitel 3.4. 3.3 Atmosphärische Gegenstrahlung und Wolkenhöhen Abbildung 3.5 zeigt die mittleren Werte des Stundenmittels der atmosphärischen Gegenstrahlung (L ) zum 12-Uhr-Termin (mittlere Ortszeit, MOZ) in Abhängigkeit vom Bedeckungsgrad in Ny Ålesund. 3 Atm Gegenstrahlung [W/m²] 2 1 Jahresmittel Januar Juni 2 4 6 8 Bedeckungsgrad (Okta) Abbildung 3.5: Mittlere Stundenmittel der Atmosphärischen Gegenstrahlung in Abhängigkeit vom Bedeckungsgrad zum 12-Uhr-Termin MOZ, 1993-22, Ny Ålesund 2

STRAHLUNGSVERHÄLTNISSE IM UNTERSUCHUNGSGEBIET Für bedeckten Himmel werden im Mittel ca. 3 W/m² gemessen. Bei wolkenlosen Bedingungen sind dies durchschnittlich nur noch ca. 18 W/m². Da L weiterhin von der vertikal gemittelten Temperatur der Luftmasse abhängt, hat diese Strahlungsgröße auch für jede einzelne Bewölkungsklasse einen Jahresgang. Dies wird deutlich, wenn man sich im Vergleich das Mittel der L für die Bewölkungsklasse und 8 der Monate Januar (rote Markierung) und Juni (grüne Markierung) betrachtet. Es ist zu erkennen, daß die Differenz zwischen den Januar- und Juniwerten bei Bedeckung größer ist. Der Einfluß des Bedeckungsgrades auf die L ist bei kalter Luft demnach größer als bei warmer. Da für den Einfluß der Wolken auf L weiterhin die Temperatur der Wolkenuntergrenze entscheidend ist, ist die Wolkenhöhe mit entscheidender Faktor bei der Entstehung der langwelligen Einstrahlung. Abbildung 3.6 A zeigt die mittlere Anzahl der Tage pro Monat mit tiefer (-2 km), mittelhoher (2-4 km) und hoher (3-8 km) Bewölkung (DWD, 1987), wobei der jeweilige Bedeckungsgrad über 5 Okta liegt. tiefe mittelhohe hohe 16 A 3 B Tage / Monat 12 8 4 Atm. Gegenstr. [W/m²] 2 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 1 11 12 Monat Abbildung 3.6: Mittlere Häufigkeit verschiedener Wolkenhöhenklassen bei Bedeckungsgraden > 5 Okta (A) und mittlere Stundenmittel der Atmosphärischen Gegenstrahlung bei verschiedenen Wolkenhöhen (B) für Bedeckungsgrade > 5 Okta zum 12-Uhr-Termin MOZ, 1993-22, Ny Ålesund. Abbildung 3.6 B zeigt das mittlere Stundenmittel der L für alle 3 Wolkenhöhen, ebenfalls für Bedeckungsgrade von jeweils größer 5 Okta; hier ist der Einfluß der Höhe der Wolkenuntergrenze auf die langwellige Einstrahlung zu erkennen. Abbildung 3.6. A zeigt, daß in den Frühjahrs- und Herbstmonaten mittelhohe und hohe Wolken (B > 5 Okta) öfter auftreten als 21