ARCHETYPEN IN DER ELEKTRONISCHEN GESUNDHEITSAKTE POTENTIELLE ANWENDUNGSSZENARIEN IN ELGA Rinner C 1, Kohler M 1, Duftschmid G 1

Ähnliche Dokumente
Schreier G, Hayn D, Hörbst A, Ammenwerth E, editors. Proceedings of the ehealth Mai 10-11; Vienna, Austria. OCG; 2012.

Schreier G, Hayn D, Ammenwerth E, editors. Tagungsband der ehealth Mai 2011; Wien. OCG; 2011.

AUTOMATISIERTE GENERIERUNG VON XML- SCHEMATA AUS EN/ISO ARCHETYPEN

VALIDIEREN VON AUF ZWEIMODELL-ANSÄTZEN BASIERENDEN, VOLLSTRUKTURIERTEN EHR-DATEN AM BEISPIEL EN/ISO13606 UND HL7 CDA Rinner C 1, Duftschmid G 1

AUTOMATISCHE GENERIERUNG VON FORMULAREN AUS ISO/EN ARCHETYPEN ZUR ERZEUGUNG ARCHETYP-KONFORMER EHR-EXTRAKTE

Der Austausch von Gesundheitsinformationen. Infrastrukturprodukte

ehealth Composite Plattform (ehc) FormsFramework Eine Schlüsseltechnologie zur Umsetzung semantischer Interoperabilität

Schreier G, Hayn D, Ammenwerth E, editors.tagungsband der ehealth Mai 2010; Wien. OCG; 2010.

Structuring Clinical Workflows for Diabetes Care An Overview of the OntoHealth Approach

Automatisierte Generierung von Schematron-Regeln aus Archetypen zur Validierung standardisierter medizinischer Dokumente

Theoretische Konzepte und Ratschläge aus der Praxis

Seminar Kontinuität der Behandlung Daten und ihre Kommunikation, München 22. Oktober 2008

Gesundheitstelematik Elektronischer Gesundheitsakt ELGA ELGA

Templatebasierter CDA-Generator mit ART-DECOR. Vortrag im Rahmen der HL7 Austria Jahrestagung 2017, Wien Dipl.-Inform. Med.

Die Bedeutung der Forschung in Medizinischer Informatik für r ELGA

Integration von Apps in das elektronische Patientendossier der Schweiz. Was ist denkbar?

Der HL7 basierte Standard für einen elektronischen Pflegebericht. Ursula Hübner Daniel Flemming Carsten Giehoff

Datenaustausch-Standard für innovative IT-Lösungen im Gesundheitswesen

IT-Systeme in der Medizin

Werkzeugbasierte Entwicklung von Benutzeroberflächen mit CDA-Templates und ART DECOR

Patientensicherheit durch ehealth?

Schreier G, Hayn D, Ammenwerth E, editors.tagungsband der ehealth Mai 2010; Wien. OCG; 2010.

VALIDIEREN VON AUF ZWEIMODELL-ANSÄTZEN BASIERENDEN, VOLLSTRUKTURIERTEN EHR-DATEN AM BEISPIEL EN/ISO13606 UND HL7 CDA Rinner C 1, Duftschmid G 1

Interoperabilität heterogener Informationsquellen im Gesundheitswesen auf Grundlage von Standards für die medizinische Kommunikation und Dokumentation

Semantik und Bilddaten: wie Terminologien in der Radiologie helfen. Henning Müller

STANDARDISIERTE INTEROPERABILITÄT ELEKTRONISCHER KRANKENAKTEN IN HETEROGENEN SYSTEMEN Veseli H 1, Demski H 1, Hildebrand C 1

Erhebung interoperabler medizinischer Daten basierend auf ISO/CEN Archetypen

Technische Richtlinie XML-Datenaustauschformat für hoheitliche Dokumente (TR XhD) 1 Rahmenwerk

Forschungscluster E-Health

Erhebung interoperabler medizinischer Daten basierend auf ISO/CEN Archetypen

Werkzeugbasierte Entwicklung von Benutzeroberflächen mit CDA-Templates und ART DECOR

Anforderungen an eine Telematik-Rahmenarchitektur aus Sicht der Standardisierung

SEMANTISCHE INTEROPERABILITÄT IM ELEKTRONISCHEN GESUNDHEITSDATENAUSTAUSCH MITTELS DUALER MODELLIERUNG - DER HL7 TEMPLATES ANSATZ

Das MIRACUM-Konsortium: Erschließung klinischer Routinedaten für die Forschung

AUSWERTUNG ELEKTRONISCHER GESUNDHEITSAKTE FÜR FORSCHUNG UND QUALITÄTSMANAGEMENT Gall W 1, Grossmann W 2, Dorda W 1

DER WEG ZU STRUKTURIERTEN GESUNDHEITSDATEN

Transinstitutionelle Informationssystem-Architekturen in vernetzten kooperativen Versorgungsformen des Gesundheitswesens

LEP-Anwenderkonferenz Donnerstag, 9. November LEP und SNOMED CT. Dr. Dieter Baumberger, Dr. Renate Ranegger Forschung und Entwicklung, LEP AG

ehealth2007 Medical Informatics meets ehealth. Tagungsband der ehealth2007 am 1.Juni 2007 in Wien

[Hier klicken und Text eingeben] [Hier klicken und Text eingeben] Auftragsnummer: [Hier klicken und Text eingeben] Auftragnehmer:

Web Solutions for Livelink

EHR Navigator Eine App für den mobilen Zugriff auf IHE-basierte, einrichtungsübergreifende, elektronische Patientenakten Telemed Berlin

Business Analysis Body of Knowledge BABOK v3. Konzepte Scope Struktur. Ursula Meseberg microtool GmbH Berlin

Patientenübergreifende, multiple Verwendung von Gesundheitsdaten mit Hilfe von openehr-archetypen

Offene Datenmodelle für Observations of Daily Living fördern Patient Empowerment

ehealth2007 Medical Informatics meets ehealth. Tagungsband der ehealth2007 am 1.Juni 2007 in Wien

Erläuterungen zu Darstellung des DLQ-Datenportals

E-IMPFPASS: SHARED SERVICE ALS TEIL DES PERSONAL HEALTH RECORD (PHR) Mense A 1, Jatzko A 2, Pucher R 1, Wahl H 1, Wallner L 2

ehealth Interoperability 101 workshop , Zürich, forum digitale gesundheit #fdg Forum Digitale Gesundheit- Zürich #FDG15 - Oliver

Open Source Software zur Integration von Daten aus einer PEPA in eine regionale Forschungsplattform

Dipl.-Kfm. (FH) Daniel Flemming - Health Informatics Research Group -

"STORK und die SuisseID"

CLARIN-D. Überblick, Metadaten, Demo. Christoph Kuras. Abt. Automatische Sprachverarbeitung Institut für Informatik, Universität Leipzig

ELGA in Österreich: Die elektronische Gesundheitsakte. Branchentreffen Healthy Saxony Dresden, 24. August 2016 Dr. Susanne Herbek, ELGA GmbH

STANDARDISIERUNGSVORGABEN IM RAHMEN DER

Swisscom Health AG Worbstrasse 201 CH-3073 Gümligen Telefon Fax

Beweggründe Definitionsprobleme. Fokus. Der elektronische Arztbrief (CDA-R2):

Ein neues Bibliotheksmanagementsystem für wissenschaftliche Bibliotheken? Eine Evaluation von GBV und hbz

Bachelorarbeit. Potenziale und Gefahren von Wearables im Gesundheitswesen

Erfahrungen mit einer interoperablen Datenerfassungsplattform für multizentrische Forschungsnetze basierend auf HL7 CDA

Europäische Perspektiven der Gesundheitstelematik. Falk Schubert Bundesministerium für Gesundheit Referat GT3

Hardware und Software verbinden: Bachelor-Studiengang Medizininformatik und Biomedizintechnik an der Fachhochschule Stralsund

Interoperabilitätstandards damals und heute

IT-Report Gesundheitswesen

Workshop e-medikation

Von der arztgeführten zur patientenmoderierten eakte PEPA in practice am Universitätsklinikum Heidelberg. Antje Brandner conhit Kongress

Telemed 2010, Berlin, 3. November 2010

conhit 2014 Berlin 6. Mai 2014

e-austrittsbericht Pflege

Koexistenzmodelle von Gesundheitsakten (ega) 1. Wie passen die digitalen Patienten- / Gesundheitsakten von Krankenkassen, Telematikinfrastruktur,

Connected Health - Der Weg zur Bereitstellung integrierter Dienstleistungen im Gesundheitswesen

ELGA-Umsetzung in Österreich. AK Salzburg 08. Jänner 2014 Dr. Susanne Herbek, ELGA GmbH

HL7 FHIR Grundlagen und Praxisbeispiel

Das EPD auf dem Smartphone

Intelligente Suchmaschine in einer ELGA-Umgebung

Telemed 2015 in Berlin Laura Bresser (B.Sc.) Berlin den Hochschule Mannheim University of Applied Sciences

Dennis Juchem, Andreas Grebe, Carsten Vogt Fachhochschule Köln, Institut für Nachrichtentechnik

IG emediplan Ikarusstrasse St. Gallen. emediplan - der vollständige, aktuelle Medikationsplan

MIRACOLIX. Prof. Dr. Martin Sedlmayr MEDICAL INFORMATICS REUSABLE ECO-SYSTEM OF OPEN SOURCE LINKABLE AND INTEROPERABLE SOFTWARE TOOLS X

Strukturierte Analyse von Entwicklungs-Frameworks für elektronische Akten im Gesundheitswesen

Die ADE Scorecards als ein Tool zur Identifikation und Analyse. Ein Beitrag zur Medikationssicherheit?

HL7 Jahrestagung, Wien, Dr. Stefan Sabutsch

Sharing of OID Registry Information

Vortrag im Rahmen der Veranstaltung Anwendungen 1

REHA. Complete die Komplettlösung für Kur- und Reha-Einrichtungen

conhit Satellitenveranstaltung 2016 von GMDS und BVMI

Positionen der Fachverbände FEEI und FVUBIT zur Umsetzung von ELGA

1.4! Einführung. Systemmodellierung. Methoden und Werkzeuge

Standardisierungsansätze in Leitlinienmanagement und Entscheidungsunterstützung

Der Einsatz der Six Sigma-Methode zur Qualitätssteigerung in Unternehmen

TITEL Einführung der IHE basierten elektronischen

e-health Strategie der Schweiz

DGI-Workshop BioHealth : Probleme und Lösungsansätze der internationalen ehealth-standardisierung. Peter Pharow Kjeld Engel

Medical Data Models Ein offenes Repository Medizinscher Formulare

Mobile Apps als zentrales Element für Patienteneinbindung und Digitalisierung im Gesundheitswesen

Austausch von strukturierten Daten mit IHE - von der Versorgung bis zur Forschung Presented by Tobias Hartz, Prof. Dr. Gunter Haroske, Dr.

Transkript:

ARCHETYPEN IN DER ELEKTRONISCHEN GESUNDHEITSAKTE POTENTIELLE ANWENDUNGSSZENARIEN IN ELGA Rinner C 1, Kohler M 1, Duftschmid G 1 Kurzfassung Archetypen ermöglichen eine standardisierte, computerverarbeitbare Spezifikation von Inhalten elektronischer Gesundheitsakten (EHRs). Sie bilden die Ausgangsbasis für verschiedene EHR- Dienste, wie z.b. der Schnittstellenbeschreibung, Formular-Generierung, Validierung, Suche und Visualisierung. Im Folgenden soll ein Eindruck des Nutzenpotentials vermittelt werden, das durch den Einsatz dieser archetyp-basierten EHR-Dienste in einer künftigen, semantisch interoperablen ELGA lukrierbar wäre. Abstract Archetypes allow a standardized and computer-processable specification of electronic health records (EHRs). They build a starting basis for different EHR services like description of interfaces, automatic form generation, validation, visualisation and search. In the following the potential benefits by using archetype-based EHR services in a semantic interoperable Austrian EHR are highlighted. Keywords EHR, Archetyp, semantische Interoperabilität, HL7 CDA, ISO/EN 13606 1. Einleitung Das System einer österreichweiten elektronischen Gesundheitsakte (EHR für electronic health record) ELGA [1], die 2015 in Betrieb gehen soll, wird derzeit hinsichtlich der Aspekte Datenschutz, Kosten und Haftung in der Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert. Auch wenn die diesen Fragen zu Grunde liegenden rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen im Detail noch geklärt werden müssen, sind im technischen Bereich bereits zahlreiche Festlegungen erfolgt. Einer dieser Punkte ist der standardisierte Austausch medizinischer Dokumente zwischen den an ELGA teilnehmenden Gesundheitsdienstanbietern (GDAs) auf Basis des Standards HL7 Clinical Document Architecture (CDA) [2]. Kommunikationsstandards wie die HL7 CDA oder auch die ISO/EN 13606 [3] definieren ein Format, wie die EHR-Daten ausgetauscht und abgelegt werden müssen. Beide Kommunikationsstandards unterstützen den sogenannten Zwei-Modell-Ansatz. Neben einem Referenzmodell, dessen generische Komponenten die Bausteine für alle EHR-Inhalte vorgeben, dient eine zweite Modellebene dazu, für jeden einzelnen EHR-Inhalt zu spezifizieren, wie dieser 1 Institut für Medizinisches Informationsmanagement und Bildverarbeitung, Zentrum für Medizinische Statistik, Informatik und Intelligente Systeme, Medizinische Universität Wien 139

aus den Komponenten des Referenzmodells zusammenzusetzen ist. Diese zweite Modellebene kann in rein textueller Form repräsentiert werden, wie z.b. im Falle von Implementierungsleitfäden oder in computerverarbeitbarer Form wie z.b. mittels Archetypen [4] oder HL7 Templates [5]. Archetypen bzw. HL7 Templates sind neben dem Einsatz medizinischer Terminologien eine wesentliche Voraussetzung für einen semantisch interoperablen EHR-Datenaustausch. In ELGA wird derzeit noch kein Konzept für den semantisch interoperablen Austausch von Dokumentinhalten festgelegt. Im Rahmen zahlreicher Pilotprojekte konnte der Schritt vom theoretischen Konzept Archetyp zu realen Anwendungen vollzogen werden und die in Archetypen gesetzten Erwartungen erfüllt werden. In diesem Artikel soll nun eine Auswahl wichtiger, von den Autoren umgesetzten, Anwendungsbereiche von Archetypen in einer künftigen semantisch interoperablen ELGA vorgestellt werden, um das Nutzenpotential aufzuzeigen, welches durch den Einsatz von Archetypen erschlossen werden könnte. Der Fokus liegt auf Archetypen, die Anwendungen können auch auf Basis von HL7 Templates umgesetzt werden. 2. Semantische Interoperabilität und Archetypen Semantische Interoperabilität wird als ein Grundstein eines EHRs angesehen, um die Qualität und Sicherheit der Patientenbehandlung, der klinischen Forschung und das Management von Gesundheitsdiensten zu verbessern [6]. In [7] wird semantische Interoperabilität als die Befähigung kommunizierender EHR-Systeme definiert, ausgetauschte Information auf Ebene formal definierter Domänenkonzepte zu verstehen. Dieses inhaltliche Verständnis ausgetauschter Information auf Systemebene ermöglicht eine automatische Weiterverarbeitung der Daten, die sowohl dem Arzt als auch dem Patienten einen großen Zusatznutzen bringen kann. Dieser zusätzliche Nutzen sollte eine gegebenenfalls erhöhten Dokumentationsaufwand (z.b. für eine Vercodung von Information) kompensieren und Ärzte zur Verwendung semantisch interoperabler EHR-Systeme motivieren. Die erwähnte formale Definition von Domänenkonzepten, also der verschiedenen Inhalte eines EHRs, kann mittels Archetypen realisiert werden. Archetypen ermöglichen zu diesem Zweck unter anderem eine strukturelle Beschreibung der EHR-Inhalte, unterstützen die Einbindung von Terminologien, erlauben eine mehrsprachige Datenerfassung und bieten ein Versionierungskonzept. Obwohl ursprünglich für die openehr-architektur entworfen und im Rahmen von ISO/EN 13606 standardisiert, sind Archetypen referenzmodellunabhängig und könnten daher auch für eine maschinell verarbeitbare Repräsentation der CDA-basierten ELGA-Implementierungsleitfäden verwendet werden. 3. Anwendungsszenarien von Archetypen im Rahmen von ELGA Einige bestehende Archetyp-bezogene Tools, wie zum Beispiel LinkEHR [8], unterstützen bereits die Entwicklung von CDA-Archetypen. Durch die oben genannten Eigenschaften von Archetypen ergeben sich jedoch Anwendungsszenarien, die über das reine Beschreiben von EHR-Inhalten hinausgehen. In Abbildung 1 werden mögliche Anwendungsgebiete von Archetypen in einer zukünftigen ELGA aufgezeigt, welche in den folgenden Abschnitten anhand von konkreten Umsetzungen detaillierter beschrieben werden. 140

Abbildung 1. Archetypen können eine zentrale Drehscheibe für ELGA-Anwendungen bieten. Die Anwendungsgebiete reichen von Schnittstellendefinitionen, automatischer Erzeugung von Formularen, Validierung medizinischer Dokumente, Suchen relevanter Information bis zu Visualisierung von EHR-Inhalten für bestimmte Personengruppen oder Geräte. 3. 1. Schnittstellenbeschreibung Archetypen ermöglichen es medizinischem Personal, direkt bei der Schnittstellenbeschreibung mitzuarbeiten. Archetypen können mit existierender Tools direkt vom medizinischen Anwendern entwickelt werden. In [9] beschreiben wir einen iterativen Entwicklungsprozess, in dem Mediziner und Techniker Archetypen in Kooperation erstellt. Archetypen werden bei diesem Ansatz von Technikern auf Basis der Anforderungen der Mediziner erstellt. Durch eine automatische Formulargenerierung (siehe auch Kapitel 3.2) können Mediziner das Resultat ihrer Anforderungen auf Basis von ihnen vertrauten Konzepten, wie Formularen und Dokumenten, evaluieren. Für die zukünftige ELGA werden momentan die gewünschten medizinischen Inhalte mit CDA- Implementierungsleitfäden beschrieben. Diese CDA-Implementierungsleitfäden werden über HL7 Österreich durch ein Abstimmungsverfahren zu HL7-Spezifikationen. Aufgrund ihrer rein textuellen Natur existieren im Gegensatz zu Archetypen keine vergleichbaren Tools für ein iteratives Design von Implementierungsleitfäden. Eine Einbindung von Medizinern in den Entwicklungsprozess wird dadurch erschwert. 3. 2. Formulargenerierung Der durch den medizinischen Fortschritt bedingte laufende Wissenszuwachs erfordert eine laufende Adaptierung von EHR-Systemen. Die automatische Generierung von Formularen erlaubt EHR- Systemen, vorher nicht bekannte medizinische Inhalte on-the-fly darzustellen und zu editieren. Dies unterstützt auch ein rapid prototyping -basiertes Design von Archetypen, wie in Kapitel 3. 1 angesprochen wurde. Archetypen werden sowohl zur Generierung von Formularen in bereits auf dem Zwei-Modell-Ansatz basierenden EHR-Systemen verwendet [10, 11] (im Rahmen von ELGA z.b. für das webbasierte ELGA-Portal denkbar) als auch zur Generierung von Formularen in legacy EHR-Systemen [12]. Die mittels der generierten Formularen erfassten EHR-Dokumente können dann durch eine Integration des betreffenden EHR-Systems in eine IHE-XDS-Umgebung direkt in 141

das ELGA-System hochgeladen werden in [10] zeigen wir dies für EHR-Inhalte auf Basis von ISO/EN 13606. Um das Layout der automatisch generierten Formulare zu optimieren, ist das Einbeziehen einer zusätzlichen archetyp-spezifischen Visualisierungsspezifikation denkbar [13]. Ebenso können EHR-Systeme eigene GUI-Designkomponenten integrieren, mittels derer das aus den Archetypen automatisch generierte Formularlayout noch manuell optimiert wird. Auch die Einbindung der von openehr entwickelten Templates, welche ein weiteres Customizing von Archetypen erlauben, kann zur Optimierung der automatischen Generierung von Formularen herangezogen werden. 3. 3. Validierung Als Voraussetzung für einen sicheren Austausch medizinischer Dokumente ist es unumgänglich, diese zu validieren. Archetypen sind prädestiniert für eine derartige semantische Validierung [14]. Sie können beispielsweise direkt bei der Dateneingabe als Quelle der im Rahmen der Validierung zu prüfenden Constraints herangezogen werden. Im Rahmen einer automatischen Formulargenerierung (vergleiche Kapitel 3.2) könnten die entsprechenden Checks gleich in das Formular integriert werden. Weiters können aus Archetypen XML-Schemata [15] bzw. Schematron-Skripts generiert werden, die vor der Weiterverarbeitung empfangener EHR- Dokumente im Zielsystem zur Validierung herangezogen werden. In [16] beschreiben wir eine entsprechende, XML-Schema-basierte Umsetzung zur Validierung von ELGA-Laborbefunden umgesetzt. 3. 4. Suche relevanter Information in einem EHR Im Rahmen des Projektes EHR-Arche [17] untersuchten wir gemeinsam mit Kollegen der Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik (UMIT) in Hall, ob die durch die Einführung immer umfassenderer EHR-Systeme drohende Informationsüberflutung von Medizinern mit Hilfe von Archetypen und vollstrukturierten EHR- Dokumenten gelöst werden kann. Es wurde dabei von einer mit ELGA vergleichbaren IHE-XDSbasierten Architektur ausgegangen. Basierend auf einem Repository von Archetypen, welche die Inhalte von EHR-Dokumenten strukturell beschreiben, wurde Medizinern die Möglichkeit geboten, gezielte Abfragen auf einzelne medizinische Werte (wie etwa Laborparameter, Medikationen, etc.) abzusetzen. Im Rahmen der Evaluation zeigte sich eine klare Präferenz der Mediziner für eine archetyp-basierte Suche im Vergleich zu einer herkömmlichen metadatenbasierten IHE-XDS- Suche. 3. 5. Visualisierung Die Ergebnisse der in Kapitel 3.4 erwähnten Suche wurden aggregiert und dem Benutzer in einer Webanwendung tabellarisch angezeigt. Unter anderem werden auf Basis der in den Archetypen festgelegten Normalbereiche für einzelne Parameter pathologische Werte gesondert dargestellt. Weiters wurde eine Android App entwickelt, die es erlaubt, aus einer archetyp-basierten Suche resultierende Laborwerte als Verlaufsdiagramm anzuzeigen (siehe Abbildung 2). Ausgehend von der archetyp-basierten Beschreibung könnten verschiedene Darstellungen der ELGA-Daten je nach Benutzergruppen gewählt werden. Für Patienten könnten durch die Einbindung von Terminologien in Archetypen z.b. zusätzliche, erläuternde Informationen zu einem Wert angegeben werden. 142

Abbildung 2. Android App zum Darstellen von Laborwerten. Relevante Laborwerte und der Zeitbereich werden ausgewählt. Laborwerte werden aus vollstrukturierten Dokumenten aus einer IHE-XDS-Umgebung geladen und graphisch dargestellt. 4. Zusammenfassung und Diskussion Archetypen bilden die Ausgangsbasis für die fünf präsentierten Anwendungsszenarien die jetzt schon in ELGA umgesetzt werden könnten. Archetypen ermöglichen den Medizinern sich direkt bei der Definition der Schnittstellen zu beteiligen und können ideal für die Validierung der Daten herangezogen werden. Sie ermöglichen weiters eine automatische Formulargenerierung, mit der existierende Systeme schnell auf neue medizinische Anforderungen reagieren können. Die Suche und Visualisierung medizinischer Daten kann durch die strukturelle Beschreibung der Daten effizient gestaltet werden. Auch für patientenübergreifende Fragestellungen in der klinischen Forschung können Archetypen einen Beitrag leisten. Eine zentrale Archetyp-Drehscheibe ist vor allem für Projekte mit vielen unterschiedlichen Stakeholdern und einem breiten medizinischen Spektrum von Nutzen. Im Rahmen von ELGA wurden bis jetzt vier Dokumentenarten publiziert, es sollen aber noch mehr folgen. Durch die Wiederverwendung von Archetypen kann ein wichtiger Beitrag zur Übersichtlichkeit geschaffen werden. Die präsentierten Anwendungsszenarien stehen in keinem Widerspruch zur geplanten IHE-XDS- Architektur in Österreich. IHE-XDS definiert die technischen Schnittstellen und die benötigten Metadaten, Archetypen helfen bei der Spezifikation und Verwendung der konkreten medizinischen Inhalte. Als nächster Schritt ist geplant, die aktuellen Implementierungsleitfäden mit Archetypen abzubilden, um eine Basis für zukünftige archetyp-basierte ELGA-Anwendungen zu schaffen und die konkrete Umsetzung auch direkt anhand der ELGA zu demonstrieren. 5. Literatur [1] Ströher, A. and W. Honekamp, ELGA die elektronische Gesundheitsakte vor dem Hintergrund von Datenschutz und Datensicherheit. WMW Wiener Medizinische Wochenschrift, 2011. 161(13): p. 341-346. [2] Dolin, R.H., et al., HL7 Clinical Document Architecture, Release 2. J Am Med Inform Assoc, 2006. 13(1): p. 30-39. [3] International Organization for Standardization, ISO 13606 Electronic health record communication, 2008. [4] Beale, T., Archetypes and the EHR. Stud Health Technol Inform, 2003. 96: p. 238-44. 143

[5] HL7, Specification and Use of Reusable Constraint Templates, Release 2, 2008. [6] European Community, Semantic interoperability for better health and safer healthcare. Deployment and research roadmap for Europe, 2009. [7] International Organization for Standardization, ISO/TR 20514:2005 Health informatics -- Electronic health record - - Definition, scope and context, 2005. [8] Maldonado, J.A., et al., LinkEHR-Ed: A multi-reference model archetype editor based on formal semantics. Int J Med Inform, 2009. 78(8): p. 559-70. [9] Rinner, C., et al., Creating ISO/EN 13606 Archetypes based on Clinical Information Needs, in EFMI Special Topic Converence STC 2011, L.c.m. Stoicu-Tivadar, Editor 2011: Laško, Slovenia p. 43-49. [10] Kohler, M., et al., The archetype-enabled EHR system ZK-ARCHE Integrating the ISO/EN 13606 standard and IHE XDS profile, in MIE 2011, A. Moen, Editor 2011: Oslo p. 799-804. [11] Arikan, S., T. Shannon, and D. Ingram. Opereffa. 2009; Available from: http://opereffa.chime.ucl.ac.uk/introduction.jsf. [12] Chaloupka, J. and G. Duftschmid, Semiautomatisierte Integration von Archetypen der elektronischen Gesundheitsakte in ein Gesundheitsinformationssystem, in ehealth2008, G. Schreier, D. Hayn, and E. Ammenwerth, Editors. 2008: Vienna p. 147-151. [13] van der Linden, H., T. Austin, and J. Talmon, Generic screen representations for future-proof systems, is it possible? There is more to a GUI than meets the eye. Computer Methods and Programs in Biomedicine, 2009. 95(3): p. 213-26. [14] Rinner, C., et al., Semantic validation of standard based electronic health record documents with W3C XML Schema. Methods Inf Med, 2010. 49(3): p. 271-280. [15] Janzek-Hawlat, S., et al., Automatisierte Generierung von XML-Schemata aus EN/ISO 13606 Archetypen, in ehealth2009 & ehealth Benchmarking 2009 - Medical Informatics meets ehealth, G. Schreier, D. Hayn, and E. Ammenwerth, Editors. 2009: Vienna p. 69-75. [16] Stadter, M., et al., Semantische Validierung von ELGA-konformen Laborbefunden mit XML-Schema, in ehealth2011, G. Schreier, et al., Editors. 2011: Vienna p. 165-168. [17] EHR-Arche Archetype based electronic health record. EHR-Arche Archetype based electronic health record. 2012 January 25, 2011]; Available from: http://www.meduniwien.ac.at/msi/arche/. Corresponding Author Christoph Rinner Medizinische Universität Wien, Institut für Medizinisches Informationsmanagement und Bildverarbeitung, Zentrum für Medizinische Statistik, Informatik und Intelligente Systeme E-Mail: christoph.rinner@meduniwien.ac.at 144