Unterrichtsmaterialien WIRTSCHAFTSRECHT (SS 12)



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Transkript:

Unterrichtsmaterialien WIRTSCHAFTSRECHT (SS 12) Zusammengestellt von Fabian Schneider (f.schneider@wihoga.de)

Unterrichtsmaterialen Wirtschaftsrecht - Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1. Grundlagen des Rechtssystems 1.1. Rechtsbegriff 1.2. Unterscheidung Privatrecht und öffentliches Recht 1.3. Inhalte des Faches Wirtschaftsrecht 1.4. Gerichtsorganisation 2. Grundlagen des Zivilrechts 2.1. Auszug aus dem BGB 2.2. Systematik des BGB 2.3. Geschäftsfähigkeit 2.4. Übersicht zu Mängeln in Willenserklärungen (Nichtigkeit und Anfechtbarkeit) 2.5. Formvorschriften 3. Grundlagen des Vertragsrechts 3.1. Schuldner und Gläubiger 3.2. Systematik des 2. Buches des BGB 3.3. Vertragsarten 3.4. Angebot (Beispiel) 3.5. Vertragsinhalte 3.5.1. Leistungspflichten 3.5.2. Leistungsgegenstand 3.5.3. Erfüllungsort und Gerichtsstand 3.5.4. Leistungszeit und fristen 3.6. Allgemeine Geschäftsbedingungen 3.7. Vertragsschluss 3.7.1. Anpreisung und Angebot 3.7.2. Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft 3.7.3. Bindung und Annahme eines Angebotes 3.8. Kaufvertragsarten 3.9. Vertragsfreiheit und Kontrahierungszwänge - 2 -

Unterrichtsmaterialen Wirtschaftsrecht - Inhaltsverzeichnis 4. Leistungsstörungen, Haftung und Schadensersatz 4.1. Genereller Schadensersatz nach 823 BGB 4.2. Höhe des Schadensersatzes 4.3. Haftung des Hoteliers für eingebrachte Sachen 4.4. Garderobenhaftung 4.5. Leistungsstörungen 4.5.1. Kaufvertrag (Beispiel) 4.5.2. Grundlegende Rechte des Gläubigers bei Pflichtverletzungen des Schuldners 4.5.3. Schuldnerverzug 4.5.4. Gerichtliches Mahnverfahren 4.5.5. Schlechtleistung 4.5.5.1. Prüf- und Rügepflicht nach 377 HGB 4.5.5.2. Mängelarten nach 434 BGB 4.5.5.3. Rechte des Käufers 4.5.5.4. Verjährung, Beweislast und Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf 4.5.6. Gläubigerverzug 5. Verjährung 5.1. Regelmäßige gesetzliche Verjährung 5.2. Andere gesetzliche Verjährungsfristen 6. Grundlagen des Miet- und Pachtrechts 6.1. Wohnraummiete, Gewerberaummiete, Pacht 6.2. Leistungspflichten 6.3. Leistungsstörungen 6.4. Beendigung 6.5. Spezielle Regelungen beim Pachtvertrag 6.6. Bierbezugsverpflichtungen - 3 -

Unterrichtsmaterialen Wirtschaftsrecht - Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abs. AG AGB AGG ArbGG BGB bzgl. bzw. EvA EZB f ff FGO G gem. GG GmbH GVG HGB Absatz Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Arbeitsgerichtsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch bezüglich beziehungsweise Ersatz vergeblicher Aufwendungen Europäische Zentralbank folgende fortfolgende Finanzgerichtsordnung Gläubiger gemäß Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gerichtsverfassungsgesetz Handelsgesetzbuch i. d. R. in der Regel JuSchG KG lt. Nr. Jugendschutzgesetz Kommanditgesellschaft laut Nummer o. a. oben angeführt - 4 -

Unterrichtsmaterialen Wirtschaftsrecht - Abkürzungsverzeichnis OHG PAngV RG S Offene Handelsgesellschaft Preisangabenverordnung Rechtsgeschäft Schuldner S. Satz s. o. siehe oben s. u. siehe unten SE sog. StGB UWG Schadensersatz sogenannten Strafgesetzbuch Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v. a. vor allem VwGO WE wg. Verwaltungsgerichtsordnung Willenserklärung wegen z. B. zum Beispiel ZPO Zivilprozessordnung - 5 -

Grundlagen des Rechtssystems Rechtsbegriff Das Recht Regelt das in einer Gesellschaft Gleicht aus Schützt den (wirtschaftlich) Leitende Kriterien für die Gesetzgebung: Andere Regelsysteme : Vernunft Gerechtigkeit Wertvorstellungen (z. B. Demokratie) Religion Moral Die guten Sitten Grundlagen für die Rechtsprechung bzw. Auslegung von Gesetzen - 6 -

Grundlagen des Rechtssystems Unterscheidung Privatrecht und Öffentliches Recht Natürliche Personen = lebende Menschen ( 1 ff BGB) R E C H T Juristische Personen = Von der Rechtsordnung anerkannte Zusammenschlüsse mehrerer Personen, z. B. Firmen, Vereine, Stiftungen ( 21 ff BGB) Hotelier Grundmann hat dem Finanzamt über mehrere Jahre bestimmte Einnahmen verschwiegen. Als man dies feststellt, will Grundmann mit dem Finanzamt eine persönliche Absprache treffen, dass er die hinterzogene Steuer zur Hälfte nachbezahlt und dafür straffrei bleibt. Öffentliches Recht... einzelnen natürlichen bzw. juristischen Personen und dem Staat... Trägern der öffentlichen Gewalt untereinander regelt Beziehungen zwischen Verhältnis Privatrecht... einzelnen natürliche bzw. juristische Personen untereinander Die Frau des Hoteliers Grundmann hat sich in einem Autohaus ein neues rotes Cabriolet gekauft. Beim Einparken verwechselt sie regelmäßig Vorwärts- und Rückwärtsgang. Nach einem halben Jahr ist das Getriebe des Wagens schadhaft, der erste Gang lässt sich nicht mehr einlegen. Frau Grundmann fährt mit einem Taxi zu dem Autohaus und verlangt einen neuen Wagen. Die Grundmanns nutzen ohne besondere Erlaubnis schon über zehn Jahre die Hofeinfahrt des Nachbarn Hansel, um mit dem Auto zu ihrem Grundstück zu gelangen. Wegen einer Meinungsverschiedenheit verweigert Hansel jetzt die Durchfahrt. zwingendes Recht: Abweichungen von der Rechtsvorgabe sind nicht möglich. (Vorschriften) Grundgesetz Strafrecht Steuerrecht Gaststättengesetz gilt z. B. für Beziehung Gültigkeit als Beispiel (in Teilen) nachgiebiges Recht Innerhalb des gesetzlichen Rahmens können einzelne Regelungen frei vereinbart werden. (Vorgaben) Bürgerliches Recht (BGB) Handelsrecht (HGB) Arbeitsrecht (in Teilen auch öffentliches Recht) ACHTUNG: Auch staatliche Organe können als natürliche bzw. juristische Personen des privaten Rechts auftreten (z. B. als Vermieter, Mieter, Arbeitgeber, als öffentliche Gaststätte usw.) - 7 -

Grundlagen des Rechtssystems Bitte kreuzen Sie an, ob nachfolgende Aussagen richtig (R) oder falsch (F) sind. 1 Im Rahmen der Rechtsordnung kann man zwischen dem Privatrecht (auch Zivilrecht genannt) und dem Öffentlichen Recht unterscheiden. 2 Zum Privatrecht zählen unter anderem das Grundgesetz (GG), das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Handelsgesetzbuch (HGB). 3 Das Öffentliche Recht ist sogenanntes zwingendes Recht. Dies bedeutet, dass jeder Bürger gezwungen ist, sich in der Öffentlichkeit daran zu halten. Zu Hause (im Privatbereich) ist das Öffentliche Recht nicht mehr zwingend vorgeschrieben. 4 Wenn ein Hotelier von der Stadt ein Grundstück gepachtet hat, so betrifft dies den Bereich des Privatrechts. 5 Im Privatrecht wird der Rahmen für Rechtsgeschäfte vorgegeben. Dabei ist es teilweise möglich, innerhalb dieses Rahmens durch individuelle Vereinbarung von den gesetzlichen Bestimmungen abzuweichen. 6 Zum Öffentlichen Recht zählen unter anderem das Steuerrecht, das Verwaltungsrecht und das Staatsrecht. 7 Während die Rechtsbeziehungen von Bürgern untereinander unter das Privatrecht fallen, zählen die rechtlichen Beziehungen von Bürgern zum Staat zum Öffentlichen Recht. 8 Da Halter von Kraftfahrzeugen auch privat verpflichtet sind, Kraftfahrzeugsteuer zu zahlen, betrifft dies den Bereich des Privatrechts. 9 10 Wenn der Bürgermeister von Altdorf dem Schulleiter der Berufsschule in Großheim, privat zum Geburtstag eine Flasche Wein schenkt, so fällt dies in den Bereich des Privatrechts. Wenn Frau Roth, Hausfrau, die privat unterwegs ist, eine rote Ampel überfährt und einen verletzten Passanten am Boden liegen lässt, wird das Öffentliche Recht nicht davon berührt. 11 Wenn der Student Klaus in einer öffentlichen Gaststätte seine Rechnung nicht bezahlen kann, kann ihn der Wirt privatrechtlich belangen. 12 Wenn Heike nach einem anstrengenden Schultag in der überfüllten Straßenbahn ihren Sitzplatz nicht einer alten Frau anbietet, so ist dies kein Problem des Privatrechts oder des Öffentlichen Rechts, sondern des Anstandes und der Höflichkeit. R F Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Ο Sie haben 10 Minuten Zeit - 8 -

Grundlagen des Rechtssystems Inhalte des Faches Wirtschaftsrecht Worum geht es? 1. Ansprüche zwischen Gast Gastronom, Käufer Verkäufer, Pächter Verpächter usw. Beispiele Anspruch auf Anspruch auf Anspruch auf usw. 2. Vorschriften, die der Staat dem Gastronomen macht Beispiele Sperrstunde Meldescheine usw. Worum geht es nur am Rande? Auslegung von Gesetzen Beweisbarkeit Sache der Anwälte und Gerichte - 9 -

Grundlagen des Rechtssystems Gerichtsorganisation Gerichtsorganisation Ordentliches Gericht Verwaltungsgericht Finanzgericht Arbeitsgericht 13 GVG 40 VwGO 33 FGO 2 ArbGG Alle privatrechtlichen Streitigkeiten Strafsachen Alle öffentlichrechtlichen Streitigkeiten Alle öffentlichrechtlichen Streitigkeiten über Steuern und Abgaben Streitigkeiten zwischen Tarifparteien Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern Gerichtsorganisation (2) O rdentliche G erichtsbarkeit Verwaltungsgerichtsbarkeit Finanzgerichtsbarkeit Arbeitsgerichts barkeit Bu ndesgerich tshof Bundesverw altu ngsgerichtshof Bundesfinanzhof Bun desarbeits gericht Oberlandesgerichte Landesverwaltu ngsgerichtshof Lan desarbeitsgerichte Landgerichte Verwaltungsgerichte F in anzgerichte Arbeitsgerichte Amts gerichte - 10 -

Unterrichtsmaterialien Wirtschaftsrecht Grundlagen des Zivilrechts Auszug aus dem BGB - 11 -

Grundlagen des Zivilrechts Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen 133 Auslegung einer Willenserklärung Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. 157 Auslegung von Verträgen Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. - 12 -

Grundlagen des Zivilrechts Geschäftsfähigkeit 1 [Rechtsfähigkeit, Beginn bei Geburt] Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt. 2 [Beginn der Volljährigkeit] Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des achtzehnten Lebensjahres ein. (...) 104 [Geschäftsunfähigkeit] Geschäftsunfähig ist: 1. wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat; 2. wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. 105 [Nichtigkeitsgründe bei Willenserklärungen] (1) Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig. (2) Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustande der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird. 106 [Beschränkte Geschäftsfähigkeit Minderjähriger] Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist (...) in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. 107 [Einwilligung bei Minderjährigen] Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. 108 [Wirksamkeit von Verträgen ohne Einwilligung] (1) Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab. (2) Fordert der andere Teil den Vertreter zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert. (3) Ist der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters. 109 [Widerrufsrecht des Vertragspartners] (1) Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere Teil zum Widerrufe berechtigt. Der Widerruf kann auch dem Minderjährigen gegenüber erklärt werden. (2) Hat der andere Teil die Minderjährigkeit gekannt, so kann er nur widerrufen, wenn der Minderjährige der Wahrheit zuwider die Einwilligung des Vertreters behauptet hat; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen, wenn ihm das Fehlen der Einwilligung bei dem Abschlusse des Vertrags bekannt war. 110 ["Taschengeldparagraf"] Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zwecke oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind. 111 [Einseitiges Geschäft des Minderjährigen ohne Einwilligung] Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Minderjährige ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vornimmt, ist unwirksam. Nimmt der Minderjährige mit dieser Einwilligung ein solches Rechtsgeschäft einem anderen gegenüber vor, so ist das Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der Minderjährige die Einwilligung nicht in schriftlicher Form vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vertreter den anderen von der Einwilligung in Kenntnis gesetzt hatte. 112 Selbständiger Betrieb eines Erwerbsgeschäfts (1) 1Ermächtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts den Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. 2Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, zu denen der Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf. (2) Die Ermächtigung kann von dem Vertreter nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zurückgenommen werden 113 Dienst- oder Arbeitsverhältnis (1) 1Ermächtigt der gesetzliche Vertreter den Minderjährigen, in Dienst oder in Arbeit zu treten, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen betreffen. 2Ausgenommen sind Verträge, zu denen der Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf. (2) Die Ermächtigung kann von dem Vertreter zurückgenommen oder eingeschränkt werden. (3) 1Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so kann die Ermächtigung, wenn sie von ihm verweigert wird, auf Antrag des Minderjährigen durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. 2Das Vormundschaftsgericht hat die Ermächtigung zu ersetzen, wenn sie im Interesse des Mündels liegt. (4) Die für einen einzelnen Fall erteilte Ermächtigung gilt im Zweifel als allgemeine Ermächtigung zur Eingehung von Verhältnissen derselben Art. - 13 -

Grundlagen des Zivilrechts Systematik des BGB Aufbau des BGB Bürgerliche Gesetzbücher 1. Buch Allgemeiner Teil, 1 240 BGB 2. Buch 3.Buch 4.Buch 5.Buch Schuldrecht Sachenrecht Familienrecht Erbrecht 241 853 BGB 854 1296 BGB 1297 1921 BGB 1922 2385 BGB Regelt die Rechtsbeziehungen von Personen untereinander, die Begründung von Verpflichtungen Regelt die Beziehungen von Personen zu Sachen Regelt die Rechtsbeziehungen die bei Verwandtschaft, Eheschließung und Geburt entstehen Regelt was aus den Rechtsbeziehungen eines Menschen wird, der durch Tod aus dem Rechtsleben ausscheidet - 14 -

Grundlagen des Zivilrechts Geschäftsfähigkeit Bitte bearbeiten Sie die folgenden Arbeitsaufträge mit einem Partner. 1. Die Tochter von Hotelier Grundmann, Jaqueline (6 Jahre), ist in die Schule gekommen. Vom Lehrer erhält sie eine Bücherliste, die sie auf dem Heimweg beim Buchhändler Buchholz abgibt. Dieser leitet die Bestellung sofort an den Verlag weiter. Grundmann erfährt am Abend von der Bestellung. Er möchte die Bestellung lieber einem seiner Stammgäste, dem Buchhändler Berger, zukommen lassen. Am nächsten Tag teilt er Buchhändler Buchholz telefonisch mit, dass er die von Jaqueline bestellten Bücher nicht abnehmen werde. Kann Buchhändler Buchholz verlangen, dass die Bücher abgenommen und bezahlt werden? ( 104 u. 105 Abs. 1 BGB) 2. Grundmann überredet einen volltrunkenen Gast, ihm seinen neuen BMW zu verkaufen. Als Gegenleistung muss der Gast die offene Hotelrechnung inklusive aller Nebenleistungen nicht bezahlen. Um sicher zu gehen, dass der Gast nicht am nächsten Tag alles wieder vergessen hat, hält Grundmann den Kaufvertrag auf einem Bierdeckel fest, lässt den Gast unterschreiben und nimmt die Autoschlüssel an sich. Am Nachmittag des nächsten Tages verlangt der Gast empört seine Schlüssel zurück. Muss Grundmann die Schlüssel herausgeben? ( 105 Abs. 2 BGB) 3. Dennis Grundmann (16) möchte sich einen Laptop kaufen. Der Händler Karl Hart erkennt, dass Dennis minderjährig ist, und gewährt ihm daher auf den eigentlichen Verkaufspreis von 1.000 einen Sonderrabatt in Höhe von 250. Dennis sagt sofort zu. Er müsse nur noch nach Hause gehen und seine Mutter fragen, ob sie ihm das Geld für den Laptop gibt. a. Mutter Grundmann ist sich zunächst nicht sicher, ob das Angebot wirklich gut ist. Sie überlegt daher erst einmal, ob ihr Sohn überhaupt einen gültigen Kaufvertrag abgeschlossen hat. Hat Dennis mit dem Computerhändler einen gültigen Kaufvertrag abgeschlossen, sodass ihm seine Mutter das Geld dafür geben muss? b. Frau Grundmann hat sich davon überzeugt, dass hier ganz offensichtlich ein preisgünstiges Angebot vorliegt. Sie will am nächsten Tag in das Geschäft zu gehen, um den Laptop abzuholen und zu bezahlen. Noch am gleichen Abend ruft Händler Hart bei den Grundmanns an und erklärt gegenüber Frau Grundmann, dass er den Sonderrabatt von 250 nicht aufrecht erhalten will. Können die Grundmanns verlangen, dass ihnen der Laptop für 750 verkauft wird? (Für a und b: 2; 106; 107; 108 Abs. 1 u. 109 BGB) 4. Ein Aushilfskellner der Grundmanns, Jens Jäger (17), kommt eines Morgens zu Grundmann und sagt: Ich halte die Arbeitsbedingungen in Ihrem Hotel nicht mehr aus. Hier ist meine schriftliche Kündigung! Ist die Kündigung rechtswirksam? ( 113 BGB) 5. Beurteilen Sie zum Schluss bitte die folgenden Fälle: Tipp: Markieren Sie gelesene Paragrafen in ihrem BGB und schreiben Sie ggf. Verweise zu anderen Paragrafen an den Rand. a. Dennis (16) will sich von seinem Taschengeld zwei Brötchen kaufen. Muss er dazu die Einwilligung seiner Eltern haben? ( 110 BGB) b. Zu Weihnachten erhält Dennis von einem entfernten Verwandten 50 und einen kleinen Hund. Seine Eltern sind dagegen, dass Dennis diese Geschenke annimmt ( 107 BGB) 6. Dennis (16) fühlt sich mittlerweile gut zum Thema Geschäftsfähigkeit informiert. Daher geht er mit seiner Freundin Mareike (17) in ein **Restaurant. Die beiden verzehren zwei Menüs zu je 75. Als es ans Bezahlen geht, sagt Dennis, dass er kein Geld dabei habe und sich zu Hause von seiner Mutter etwas borgen müsse. Der Restaurantbetreiber lässt Dennis nach Angabe seiner Personalia ziehen. Am nächsten Tag kommt Mutter Grundmann in das Restaurant, beruft sich auf die beschränkte Geschäftsfähigkeit von Dennis und will die 150 Zeche ihres Sohnes vom Vorabend nicht bezahlen. Wie ist die Rechtslage? Sie haben 30 Minuten Zeit - 15 -

Unterrichtsmaterialien Wirtschaftsrecht Grundlagen des Zivilrechts - 16 -

Grundlagen des Zivilrechts - 17 -

Grundlagen des Zivilrechts Mängel bei Willenserklärungen Nichtigkeit = WE ist von Anfang an unwirksam Anfechtbarkeit = WE ist zunächst wirksam, aber nach erfolgreicher Anfechtung ungültig Geschäftsunfähigkeit ( 105 BGB) Scheingeschäft ( 117 BGB) Scherzgeschäft ( 118 BGB) Formfehler ( 125 BGB) Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot ( 134 BGB) Verstoß gegen die guten Sitten, insb. Wucher ( 138 BGB) Inhaltsirrtum ( 119 Abs. 1 BGB) Erklärungsirrtum ( 119 Abs. 1 BGB) Eigenschaftsirrtum ( 119 Abs. 2 BGB) Falsche Übermittlung ( 120 BGB) Arglistige Täuschung ( 123 BGB) Widerrechtliche Drohung ( 123 BGB) - 18 -

Grundlagen des Zivilrechts Formvorschriften Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen mithilfe des Textes. Sie haben 15 Minuten Zeit. 1. Muss ein Kaufvertrag über ein Auto schriftlich abgeschlossen werden, damit er gültig ist? 2. Welche der beiden folgenden Sätze ist richtig? a. Das BGB schreibt Schriftform für alle wichtigen Verträge des täglichen Lebens vor. b. Das BGB schreibt Schriftform nur für einige Ausnahmefälle vor. 3. Verträge können grundsätzlich abgeschlossen werden, sind die Ausnahme. Vom Aufstehen bis zum Zubettgehen sind unsere Tage ausgefüllt mit Verhandlungen und Vereinbarungen aller Art mit der Familie (besonders mit Kindern), Freunden, Arbeitskollegen, Vorgesetzten, Arbeitgebern, Angestellten, Verkäufern und (vor allem) mit unseren Widersachern. Keine Beziehung aus dem persönlichen oder beruflichen Bereich bleibt davon ausgespart. Von der hohen Politik bis zum Bolzplatz werden in unserem Land und auf der ganzen Welt fortwährend Rechte und Verantwortlichkeiten zwischen den unterschiedlichsten Parteien über unzählbare Zielrichtungen ausgehandelt. Wir nehmen an solchen Verhandlungen über ein gegenseitiges Geben und Nehmen teil, um etwas zu bekommen, was wir haben wollen. Verhandlungen sind aber selten ein Nullsummenspiel - oder um es in den Worten der Rolling Stones zu sagen: You can t always get what you want.. Daher verfolgen wir immer zwei Ziele, wenn wir Verträge mit anderen schließen: Wir wollen das Maximum für uns herausbekommen und das, was wir im Gegenzug hergeben müssen, so klein wie möglich halten. Nun sind aber nicht alle Vereinbarungen bindende Verträge, die auf dem Rechtsweg durchsetzbar sind. Es fragt sich, ob es dazu immer notwendig ist, jede Vereinbarung aufzuschreiben und auf der gestrichelten Linie zu unterschreiben. Die Antwort ist nein oder besser: nicht notwendigerweise. Von einigen Ausnahmen abgesehen, in denen das Gesetz ausdrücklich eine Schriftform (z. B. länger als ein Jahr befristete Mietverträge) oder sogar die notarielle Beurkundung vorschreibt (z. B. Kaufverträge über Immobilien), kann man rechtlich bindende Verträge nicht auf solche Vereinbarungen reduzieren, die in einem Schriftstück niedergelegt sind. Sobald eine Abrede einige bestimmte Elemente aufweist (Vertragsgegenstand und Gegenleistung, Angebot und Annahme, Geschäftsfähigkeit und rechtliches Erklärungsbewusstsein der Parteien), ist auch eine mündliche Vereinbarung bereits rechtlich bindend und wird zu dem, was man herkömmlich als Vertrag bezeichnet. Verträge sind rechtlich durchsetzbare Vereinbarung zwischen zwei geschäftsfähigen Personen. Das bedeutet, dass die Personen grundsätzlich volljährig und bei lichtem Verstand sein müssen. Und jede Partei verspricht, etwas von Wert zu leisten, z.b. Geld im Austausch für Waren und Dienstleistungen. Natürlich hat man bei mündlichen Verträgen ein Beweisproblem, wenn etwas nicht läuft, wie sich die Parteien dies vorgestellt haben oder wenn eine Partei die versprochene Leistung nicht erbringt. Seien Sie deshalb umsichtig - insbesondere bei wichtigen Verträgen, die Sie auch gerichtlich durchsetzen würden, wenn die andere Seite vertragsbrüchig wäre. Es ist immer zu empfehlen geschäftliche Vereinbarungen schriftlich festzuhalten, weil ein gut abgefasstes Schriftstück, welches von allen Beteiligten unterschrieben wurde, ein klarer Beleg für die getroffenen Absprachen ist. Auf diese Weise kann es dazu beitragen Missverständnisse zu verhindern, für die letztlich keiner die Schuld trägt. Der fahrlässige Verzicht auf die schriftliche Fixierung des Vereinbarten ist dagegen der Stoff, aus dem langwierige Prozesse, ruinierte Beziehungen und saftige Anwaltskosten gemacht sind. Dabei muss nicht immer böser Wille im Spiel sein: Es ist immer wieder erstaunlich anzusehen, wie unscharf und verschwommen die Erinnerungen sind, wenn eine Abmachung nicht funktioniert und ein Missverständnis entsteht oder wenn eine Seite sogar das Gefühl bekommt, nicht das Vereinbarte bekommen zu haben. Das gilt insbesondere, wenn es bei dem Geschäft um einzigartige und wertvolle künstlerische oder literarische Werke und Dienstleistungen geht. Auch wenn Sie kein formelles und mit Rechtssprache vollgepfropftes Schriftstück aufsetzen, sollten Sie auf jeden Fall in einem Bestätigungsschreiben oder E-Mail klarstellen, worin nach Ihrer Sicht die Abmachung besteht. Dann können Sie sich später wenigstens daran erinnern, wie Sie seinerzeit die Vereinbarung über Ihre Rechte und Pflichten sowie der anderen Partei verstanden haben. Außerdem geben Sie der anderen Seite die Möglichkeit zu erwidern und Unklarheiten aus ihrer Sicht zu beseitigen, wenn es einen Dissens gibt. Schließlich können Sie auf diese Weise anderweitige vertragliche Vereinbarungen nachweisen für den Fall, dass die andere Seite von Ihnen später verlangt ein von ihm vorgefertigtes Klauselwerk, z.b. AGBs zu akzeptieren. - 19 -

Grundlagen des Zivilrechts - 20 -

Grundlagen des Zivilrechts Lesen Sie bitte die folgenden Paragrafen und entscheiden Sie, welche Formvorschrift für das jeweilige RG besteht. 77, 311 b, 492, 550, 568, 623, 766, 925, 1410, 2247 BGB Sie haben 15 Minuten Zeit Weitere Formvorschriften Textform 126 b BGB Abgeschwächte Schriftform Auch ohne Unterschrift gültig (z. B. per Email, Fax) I. d. Praxis v. a. bei Widerrufserklärungen Elektronische Form 126 a BGB Ersetzt Schriftform Mit digitalisierter Unterschrift (technisch aufwändiges Verfahren) Spielt i. d. Praxis so gut wie keine Rolle Vereinbarte Form 127 BGB Vertraglich vereinbarte Formvorschrift z. B. Kündigung muss schriftlich erfolgen Muss eingehalten werden Widerrufsbelehrung (vgl. 355 BGB) Sie können Ihre Bestellung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform (z.b. Brief, Fax, Email) oder durch Rücksendung der Ware widerrufen, es sei denn, Sie haben in Ausübung Ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt (Bestellung durch Unternehmer). Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und einer ausführlichen Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Frist genügt die rechzeitige Absendung des Widerrufs oder der Ware. Der Widerruf ist zu richten an: Vomwerk Elektrowerke GmbH, Müllerweg 27, 42570 Wipperfürth. - 21 -

Grundlagen des Vertragsrechts Schuldner und Gläubiger Vertrag = Schuldverhältnis, in dem mind. 2 Personen gegeneinander zur Leistung verpflichtet sind 241 Abs. 1 BGB Gläubiger fordert Leistung von hat gegen Schuldner Verkäufer und gleichzeitig Beispiel: Kaufvertrag ( 433 BGB) Anspruch auf Anspruch auf Käufer und gleichzeitig Anspruch = Recht des Gläubigers, vom Schuldner ein Tun oder Unterlassen zu verlangen ( 194 Abs. 1 BGB) - 22 -

Grundlagen des Vertragsrechts Systematik des 2. Buches des BGB Das Schuldrecht bzw. Vertragsrecht (2. Buch des BGB) Inhalt Gesetzliche Regelungen zu Schuldverhältnissen Aufbau Allgemeines Schuldrecht (= Grundlagen für alle Vertragsarten) Abschnitte 1-7 ( 241 432 BGB) Kaufvertrag Mietvertrag Pachtvertrag Usw. ( 433-479 BGB) ( 535-580a BGB) ( 581-597 BGB) Besonderes Schuldrecht (= einzelne Vertragsarten) Abschnitt 8 ( 433 853 BGB) Achtung (In weiten Teilen) nachgiebiges Recht Vertragliche Regelung hat Vorrang vor gesetzlicher Vorschrift Erlaubt ist alles, was nicht verboten ist - 23 -

Grundlagen des Vertragsrechts Vertragsarten Bitte ordnen Sie die unten stehenden Beispiele den Vertragsarten zu und tragen Sie die Paragrafen ein, in denen Regelungen zu der jeweiligen Vertragsart zu finden sind. Nr. Vertragsart BGB Kaufvertrag Darlehensvertrag Schenkungsvertrag Mietvertrag Pachtvertrag Leihvertrag Dienstvertrag Werkvertrag Reisevertrag Vertragsgegenstand Entgeltliche Übereignung des Eigentums (rechtliche Verfügungsgewalt) und des Besitzes (tatsächliche Verfügungsgewalt) von Rechtsobjekten. Entgeltliche (oder unentgeltliche) Überlassung von Geld. Bereicherung des Beschenkten ohne Gegenleistung. Entgeltliche Überlassung von Sachen zum Gebrauch (und möglicherweise Gewinnerzielung) Entgeltliche Überlassung von Sachen und Rechten zum Gebrauch und Gewinnerzielung Unentgeltliche Überlassung von einer Sache Entgeltliche Erbringung einer Arbeit oder Dienstleistung. Geschuldet wird vom Ausführenden nur die Tätigkeit selbst, nicht die erfolgreiche Tätigkeit. Entgeltliche Erbringung einer Arbeit oder Dienstleistung. Der Ausführende schuldet den Erfolg bzw. das Ergebnis der Tätigkeit, nicht die Tätigkeit selbst. Entgeltliche Erbringung einer Gesamtheit von Reiseleistungen. 1 Oma Grundmann schenkt Jaqueline 10. 4 Werner und Ingrid wollen endlich mal wieder Urlaub machen. Sie schließen in einem Reisebüro einen Vertrag über eine Pauschalreise ab. 7 Grundmann vereinbart mit der Brauerei, dass ihm eine nicht zum Pachtinventar gehörende Kaffeemaschine für den Zeitraum der Pacht unentgeltlich überlassen wird. Zusatzaufgabe 2 Grundmann benötigt einen Kleintransporter. Er sagt: Der Autoverleih um die Ecke ist recht günstig. Für 110,00 EUR sucht er sich einen schicken Sprinter für einen Tag aus. 5 Um den Kauf eines neuen Mercedes C- Coupes zu finanzieren, borgt sich Herr Mendosa von einer Bank 5.000. Die Bank verlangt dafür 8,5 % Zinsen. 8 Grundmann stellt stundenweise einen Studenten ein, der interessierten Gästen Sehenswürdigkeiten der Stadt Münster zeigt. 3 Grundmann vereinbart mit einer Brauerei, dass er die Räume einer Gastwirtschaft mit Inventar gegen Entgelt nutzen und den erzielten Ertrag behalten kann. 6 Hans-Jochen nimmt sich beim Vorbeigehen am Kiosk die Zeitung mit. Er legt dafür nur einen Euro hin und geht einfach weiter. 9 Mendosa bringt sein C-Coupé in die Werkstatt. Die Ölpumpe soll erneuert werden. Weder der Bewirtungsvertrag noch der Beherbergungsvertrag (wie z. B. auch der Veranstaltungsvertrag oder der Leasingvertrag) sind im BGB explizit geregelt. Dennoch finden diese Vertragsarten ihre rechtliche Basis im BGB, indem auf eine (oder mehrere) der o. a. Vertragsarten zurückgegriffen wird. 1. Welche Vertragsart bildet die Basis für den Beherbergungsvertrag? 2. Welche Vertragsart bildet die Basis für den Bewirtungsvertrag? Sie haben 15 Minuten Zeit. - 24 -

Grundlagen des Vertragsrechts MAXI GASTRO AG Angebot (Beispiel) Maxi Gastro AG Aachener Straße 31 50853 Köln Telefon +49-221-543-2525 Telefax +49-221-543-2531 Maxi Gastro AG Aachener Str. 31 50853 Köln Hotel Münsterhof GmbH Herrn Werner Grundmann Bahnhofstr. 18 48143 Münster Ihr Zeichen Anfrage vom 15.05.07 Unser Zeichen PL/0737 Name Philip Leisten Durchwahl -1517 E-Mail p.leisten@maxigastro.de Datum 20.05.07 Angebot 0737 / Ihre Anfrage vom 15.05.07 Sehr geehrter Herr Grundmann, vielen Dank für Ihre Anfrage während des Besuches unserer Ausstellungsküche. Hier ist unser Angebot: Pos. Artikelnr. Bezeichnung Menge Preis 1 --- Elektroherd, Hersteller Micros, Modell Evulozione mit Elektro-Multifunktionsbackofen 3,11 kw runde Kochplatten 4 x 2 kw Thermostatische Regelung Temperaturbereich: 100 C 300 C Anschlusswert: 400V 11,5KW Abmessung: 800x650x870mm Ausstellungsstück aus unserer Küchenausstellung, gekauft wie gesehen - 25-1 Stück 1.500,- inkl. Verpackung und Montage 2 --- Verpackung --- s. o. 3 --- Montage in Ihren Räumen --- s. o. Die gesetzliche Mehrwertsteuer ist in den Preisen enthalten. Die Montage erfolgt spätestens zwanzig Tage nach Auftragserteilung. Wir gewähren unseren Kunden ein Zahlungsziel von zwei Monaten nach Rechnungseingang. Erfüllungsort und Gerichtsstand für beide Teile ist Köln. Die Übernahme der Versandkosten richtet sich nach den gesetzlichen Regelungen. Dieses Angebot erfolgt unter Eigentumsvorbehalt. Mit freundlichen Grüßen Maxi Gastro AG i. A. P. Leisten Philip Leisten

Grundlagen des Vertragsrechts Vertragsinhalte: Leistungspflichten Aus einem Vertrag ergeben sich verschiedene Pflichten, die die einzelnen Vertragspartner zu beachten haben, sogenannte Leistungspflichten. Aus jeder Leistungspflicht eines Schuldners resultiert ein Anspruch auf Erfüllung dieser Pflicht durch den Gläubiger. Man unterscheidet die Hauptleistungspflicht und Nebenleistungspflichten: Die Hauptleistungspflicht ist die Leistungspflicht, an deren Erfüllung der Gläubiger das größte Interesse hat (z. B. bei einem Kaufvertrag die Zahlung des Kaufpreises). Nebenleistungspflichten sind alle anderen Pflichten, die sich aus der Vorbereitung, Durchführung und Sicherung der Hauptleistung ergeben. Leistungspflichten können verschiedene Ursachen haben: 1. Leistungspflichten, die sich aus einer vertragliche Vereinbarung ergeben: Leistungspflichten können individuell verhandelt und vertraglich festgehalten werden. 2. Leistungspflichten, die sich aus den Regelungen des BGB ergeben: Bei Verträgen ergeben sich Leistungspflichten aus dem Vertragsrecht (z. B. für den Kaufvertrag die Vorschriften aus 433 479 BGB). Viele der dort zu findenden Regelungen greifen erst dann, wenn vertraglich nichts anderes vereinbart wurde (nachgiebige Regelungen). Für alle Verträge ergeben sich weitere Leistungspflichten aus 241 Abs. 2 u. 242 BGB: 241 Abs. 2 BGB: Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Eigentum und die Gesundheit des Vertragspartners. Das bedeutet zum Beispiel, dass ein Autoverkäufer den Käufer über Unfallschäden informieren muss. 242 BGB: Leistung nach Treu und Glauben. Die Vertragspartner sollen sich ehrlich, aufrichtig, rücksichtsvoll, zuverlässig und korrekt zueinander verhalten. Achtung: Werden Leistungspflichten durch den Schuldner nicht oder nicht vertragsgemäß erfüllt und entsteht dem Gläubiger dadurch ein Schaden, hat der Gläubiger Anspruch auf Schadensersatz gem. 280 BGB. Bitte lesen Sie den Text und beantworten die folgenden Fragen in Gruppen von 4-5 Personen. 1. Welche Haupt- und Nebenleistungspflichten ergeben sich konkret für Grundmann und die Maxi Gastro AG, wenn Grundmann das Angebot (Abschnitt 3.4) annimmt? 2. Welche Haupt- und Nebenleistungspflichten ergeben sich bei einem typischen Beherbergungsvertrag für den Hotelier und den Gast? 3. Welche Haupt- und Nebenleistungspflichten ergeben sich bei einem typischen Bewirtungsvertrag für den Gastwirt und den Gast? 4. Bestimmen Sie einen Gruppensprecher, der Ihre Ergebnisse vorstellt. Überlegen Sie insbesondere, welche Leistungspflichten sich konkret für den jeweiligen Vertrag aus den 241 II u. 242 BGB ergeben. Sie haben 20 Minuten Zeit. - 26 -

Grundlagen des Vertragsrechts Leistungspflichten aus dem Kaufvertrag zwischen Hotel Münsterhof GmbH und Maxi Gastro AG Verkäufer (Maxi Gastro AG) Käufer (Hotel Münsterhof GmbH) Leistungspflichten Beherbergungsvertrag Hotelier Gast Leistungspflichten Bewirtungsvertrag Gastwirt Gast - 27 -

Grundlagen des Vertragsrechts Vertragsinhalte: Leistungsgegenstand Das BGB unterscheidet hinsichtlich des Leistungsgegenstandes Stückschuld und Gattungsschuld. Gattungsschuld: Der Leistungsgegenstand ist ersetzbar, d. h. er wird nach allgemeinen Merkmalen bestimmt (z. B. Sorten, Typen, Maße, Gewichte) und kann bei Untergang wiederbeschafft werden. Hier gilt, dass der Schuldner die Sache in mittlerer Art und Güte leisten muss, wenn nichts Näheres bestimmt ist ( 243 Abs. 1 BGB). Wenn die Sache zerstört wird, wird der Schuldner nicht von seiner Leistungspflicht befreit, es sei denn, er hat bereits alles Erforderliche zur Leistung getan (also die Leistungspflicht erfüllt, 243 Abs. 2 BGB). Stückschuld: Der Leistungsgegenstand ist nicht ersetzbar, d. h. er existiert nur einmal. Dies ist z. B. bei Unikaten oder gebrauchten Sachen der Fall. Hier wird der Schuldner bei Zerstörung der Sache von seiner Leistungspflicht befreit, es sei denn, er war an der Zerstörung vorsätzlich oder fahrlässig beteiligt ( 275 Abs. 1 u. 276 BGB) In nahezu jedem Vertrag ist Geld einer der Leistungsgegenstände. Bei Geldschulden sind folgende Regelungen des BGB relevant: Der Schuldner muss sofort zahlen und ist nicht zu Ratenzahlungen berechtigt, es sei denn, es ist ausdrücklich vertraglich vereinbart ( 266 u. 271 BGB). Geldschulden können in Deutschland generell in gezahlt werden, es sei denn, Zahlung in einer anderen Währung wurde ausdrücklich vereinbart ( 244 BGB) Zinssätze, die als Basis für die Verzinsung von Geldschulden dienen o o Gesetzlicher Zinssatz: 4 % ( 246 BGB) Basiszinssatz der EZB: Schwankt zwischen ca. 1 und 4 %. Wird jeweils am 01.01 und am 01.07 eines jeden Jahres von der EZB bekannt gegeben ( 247 BGB) Besonders beim Kauf- und Werkvertrag haben sich bzgl. der Zahlungsbedingungen in der Praxis folgende Formulierungen durchgesetzt: Zielzahlung, Kreditkauf, Zahlung auf Ziel, Zahlung X Tage netto: Die Zahlung muss nicht sofort, sondern innerhalb einer vereinbarten Frist erfolgen. Skonto, Barzahlungsrabatt: Erfolgt nur in Verbindung mit einer Zielzahlung Der Schuldner erhält einen Preisnachlass, wenn er innerhalb einer bestimmten Frist zahlt. Die Skontofrist ist natürlich kürzer als das Zahlungsziel. Zahlung auf Kommission: Der Schuldner muss die Ware erst bezahlen, wenn er sie weiterverkauft hat. Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen: 1. Handelt es sich bei dem angebotenen Herd (Abschnitt 3.4) um eine Stück- oder eine Gattungsschuld? 2. Wie ist die Rechtslage, wenn vor Lieferung die Lagerhalle, in der der Herd gelagert wird, unverschuldet von der Maxi Gastro AG abbrennt? 3. Wie wäre die Rechtslage, wenn es sich nicht um einen gebrauchten, sondern einen fabrikneuen Herd handeln würde? 4. Warum spricht man bei der Ausnutzung eines Zahlungsziels auch vom Lieferantenkredit? Sie haben 10 Minuten Zeit. - 28 -

Grundlagen des Vertragsrechts Vertragsinhalte: Erfüllungsort und Gerichtsstand Der Erfüllungsort ist der Ort, an dem der Schuldner seine Leistung zu erbringen hat. Er ist v. a. bedeutsam für die Frage, wer die Transportkosten zu tragen hat, wer das Transportrisiko trägt (also wer die Kosten tragen muss, falls die Sache während des Transports beschädigt oder vernichtet wird) und wo der Gerichtsstand für eventuelle Streitigkeiten ist. Die gesetzlichen Regelungen zum Erfüllungsort (und auch zum Gerichtsstand) sind nachgiebiges Recht, d. h. sie sind vertraglich abänderbar. Warenschulden (Lieferbedingungen): Es gilt der Grundsatz Warenschulden sind Holschulden. Erfüllungsort für Warenschulden ist der Wohn- oder Geschäftssitz des Schuldners, im Falle eines Kaufvertrags also der Sitz des Verkäufers ( 269 BGB). Der Verkäufer hat seine Leistungspflicht erfüllt, wenn er die Sachen bereitstellt und den Käufer darüber informiert. Das hat zur Folge, dass der Käufer die Versandkosten zahlen muss und das Transportrisiko trägt ( 446 448 BGB). Die Übernahme des Transportrisikos gilt allerdings nicht bei einem Verbrauchsgüterkauf, also wenn der Verkäufer Unternehmer und der Käufer Verbraucher ist ( 474 BGB). Geldschulden: Bei Geldschulden gilt der Grundsatz Geldschulden sind Schickschulden. Der Erfüllungsort ist auch hier der Sitz des Schuldners, also im Falle eines Kaufvertrags der Sitz des Käufers ( 269 BGB). Allerdings hat der Käufer auf seine Gefahr und seine Kosten das Geld dem Verkäufer zu übermitteln ( 270 Abs. 1 u. 2 BGB). Die Leistungspflicht gilt bei einer Überweisung erst dann als erfüllt, wenn das Geld auf dem Konto des Verkäufers gebucht ist. Zur vertraglichen Vereinbarung über die Lieferbedingungen gibt es Standardklauseln, sogenannte Incoterms. Hier die wichtigsten für den innereuropäischen Geschäftsverkehr: Kürzel Englisch Deutsch Gefahrenübergang auf den Käufer Wer trägt die Transportkosten? EXW Ex Work ab Werk Sitz des Verkäufers Käufer FCA DDP Free Carrier Delivery Duty Paid frei Frachtführer Ort der Übergabe an den Spediteur Käufer (ab Übergabe an Spediteur) frei Haus Sitz des Käufers Verkäufer Rollgeld A Zoll (Ausfuhr) Versandverpackung Verladekosten Frachtkosten Abladekosten Zoll (Einfuhr) Rollgeld B Regelung BGB V K K K K K K K EXW K K K K K K K K FCA V K K K K K K K DDP V V V V V V V V Rollgeld A: Kosten bis zur Annahmestelle des Frachtführers Rollgeld B: Kosten ab Abgabestelle des Frachtführers Gerichtstand Die Regelungen über den Gerichtsstand entscheiden die Frage, welches Gericht im Falle eines Streites örtlich zuständig ist (für die sachliche Zuständigkeit s. o.). Generell gilt, dass an dem Erfüllungsort der Leistung, über die gestritten wird, verhandelt wird. Wenn vertraglich nichts anderes vereinbart ist, werden Streitigkeiten über Warenschulden am Sitz des Verkäufers, Streitigkeiten über Geldschulden am Sitz des Käufers durchgeführt ( 29 ZPO). Es gibt allerdings Ausnahmen, beispielsweise wird bei Streitigkeiten aus einem Miet- oder Pachtvertrag dort verhandelt, wo die gemieteten bzw. gepachteten Räume sind ( 29a ZPO). Bitte beantworten Sie die folgende Frage mit einem Partner. Sie haben 5 Minuten Zeit. Sind die Vereinbarungen des Angebots von der Maxi Gastro AG (Abschnitt 3.4) zu 1. Erfüllungsort der Warenschuld, 2. Erfüllungsort der Geldschuld und 3. Gerichtsstand vorteilhaft oder nachteilig für Grundmann? - 29 -

Grundlagen des Vertragsrechts Leistungszeit Vertragsinhalte: Leistungszeit und fristen Grundsätzlich gilt, dass der Schuldner sofort zur Leistung verpflichtet ist, wenn vertraglich nichts anderes bestimmt ist. Ist eine bestimmte Leistungszeit vertraglich bestimmt, kann der Schuldner die Leistung vor dem vereinbarten Zeitpunkt erbringen, der Gläubiger sie aber nicht vorher verlangen ( 271 BGB). Regelungen zu Fristen Mit Frist bezeichnet man einen fest abgegrenzten Zeitraum (z. B. innerhalb von 10 Tagen oder innerhalb von 2 Wochen ) im Gegensatz zum Termin, der einen Zeitpunkt angibt (z. B. am 31.12.xx ). Läuft eine Frist oder ein Termin ab, befindet sich der Schuldner mit seiner Leistung im Verzug, was verschiedene rechtliche Konsequenzen hat. Bei Terminen ist die gesetzliche Regelung einfach: Der Schuldner befindet sich im Verzug, sobald der Tag abgelaufen ist, der als Termin bestimmt ist (z. B. Lieferung am 03.01.xx Verzug ab 03.01.xx 24.00 Uhr). Bei Fristen sind die gesetzlichen Regelungen schon etwas komplizierter. Bei Fristbeginn werden Samstage, Sonn- und Feiertage mitberechnet. Das Fristende ist der Ablauf des letzen Tages der Frist um 24.00 Uhr ( 188 Abs. 1 BGB). Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag, endet die Frist am nächsten Werktag um 24.00 Uhr ( 193 BGB). Hinsichtlich der Fristlaufzeit lassen sich 3 Möglichkeiten unterscheiden: Die Frist ist entweder nach Tagen, nach Wochen, oder nach Monaten bestimmt. Nach Tagen bestimmte Frist (z. B. innerhalb von 3 Tagen): Der erste Tag wird grundsätzlich nicht mitgerechnet ( 188 Abs. 1 BGB). Nach Wochen bestimmte Frist (z. B. innerhalb von 2 Wochen ) Wochenfristen enden am gleichen Tag der folgenden Wochen, es sei denn, dieser Tag ist ein Samstag, Sonn- oder Feiertag (s. o.). - 30 -

Grundlagen des Vertragsrechts Nach Monaten bestimmte Frist (z. B. innerhalb von 1 Monat ) Monatsfristen enden mit dem gleichen Datum des folgenden Monats um 24.00 Uhr, es sei denn, dieser Tag ist ein Samstag, Sonn- oder Feiertag (s. o.). Fehlt bei einer Monatsfrist im letzten Monat der entsprechende Tag, endet die Frist am letzen Tag des Monats um 24.00 Uhr ( 188 Abs. 3 BGB) Ausnahme bei allen Fristen: Der erste Tag ist maßgeblich Ist der erste Tag einer Frist maßgeblich, da etwa die Leistung schon an diesem Tag erfolgt (z. B. Mietvertrag ab 03.06.xx für 1 Woche, Arbeitsvertrag ab 03.06.xx für 1 Woche ), so endet die Frist immer einen Tag früher als bei den bisher genannten Beispielen. - 31 -

Grundlagen des Vertragsrechts Entscheiden Sie, wann die Fristen in den folgenden Fällen enden: 1. Montagefrist des Angebots der Maxi Gastro AG (Abschnitt 3.4) bei Auftragserteilung am 21.05.07. 2. Zahlungsziel des Angebots der Maxi Gastro AG (Abschnitt 3.4) bei Rechnungseingang 22.05.07. 3. Grundmann erhält am 29.05.07 eine Rechnung mit der Angabe 3 % Skonto bei Zahlung innerhalb von 7 Tagen. 4. Grundmann erhält am 29.05.07 eine weitere Rechnung mit der Angabe 2 % Skonto bei Zahlung innerhalb von 1 Woche. 5. Grundmann mietet ein Auto ab dem 04.06.07, für 3 Tage. 6. Grundmann erhält am 26.04.07 eine Rechnung mit der Angabe Zahlungsziel 1 Monat. 7. Grundmann erhält am 29.01.07 eine Rechnung mit der Angabe Zahlungsziel 1 Monat. 8. Ingrid Grundmann schließt am 14.05.07 in der Fußgängerzone einen Handyvertrag ab, nachdem sie überraschend von zwei Mitarbeitern des Netzproviders angesprochen wurde. Sie hat den schriftlichen Vertrag an Ort und Stelle unterschrieben und hat außerdem eine auf dem Vertrag befindliche Widerrufserklärung unterzeichnet. Kann sie den Vertrag widerrufen und wenn ja, wie lange? (Lesen Sie zur Lösung die 312 Abs. 1 S. 1; 355 Abs. 1 S. 2 u. 355 Abs. 2 S. 1 BGB). Sie haben 20 Minuten Zeit Kalender 2007 Januar 2007 KW MO DI MI DO FR SA SO 1 1 2 3 4 5 6 7 2 8 9 10 11 12 13 14 3 15 16 17 18 19 20 21 4 22 23 24 25 26 27 28 5 29 30 31 April 2007 KW MO DI MI DO FR SA SO 13 1 14 2 3 4 5 6 7 8 15 9 10 11 12 13 14 15 16 16 17 18 19 20 21 22 17 23 24 25 26 27 28 29 18 30 Februar 2007 KW MO DI MI DO FR SA SO 5 1 2 3 4 6 5 6 7 8 9 10 11 7 12 13 14 15 16 17 18 8 19 20 21 22 23 24 25 9 26 27 28 Mai 2007 KW MO DI MI DO FR SA SO 18 1 2 3 4 5 6 19 7 8 9 10 11 12 13 20 14 15 16 17 18 19 20 21 21 22 23 24 25 26 27 22 28 29 30 31 März 2007 KW MO DI MI DO FR SA SO 9 1 2 3 4 10 5 6 7 8 9 10 11 11 12 13 14 15 16 17 18 12 19 20 21 22 23 24 25 13 26 27 28 29 30 31 Juni 2007 KW MO DI MI DO FR SA SO 22 1 2 3 23 4 5 6 7 8 9 10 24 11 12 13 14 15 16 17 25 18 19 20 21 22 23 24 26 25 26 27 28 29 30 Hinweis: Der 20. Juli 2007 ist ein Freitag 01.01 Neujahr, 06.04 Karfreitag, 09.04 Ostermontag, 01.05. Maifeiertag, 17.05. Christi Himmelfahrt, 28.05. Pfingstmontag - 32 -

Grundlagen des Vertragsrechts Allgemeine Geschäftsbedingungen - 33 -

Grundlagen des Vertragsrechts - 34 -

Grundlagen des Vertragsrechts Vertragsschluss: Anpreisung und Angebot Zwei übereinstimmende Willenserklärungen = Vertrag Willenserklärung 1 + Willenserklärung 2 + Voraussetzungen für ein Angebot An eine bestimmte Person gerichtet So konkret, dass der Annehmende nur noch Ja zu sagen braucht Anpreisung und Angebot Anpreisung Angebot Rechtswirksamkeit Unverbindlich Grundsätzlich verbindlich (Einschränkungen der Verbindlichkeit durch sog. Freizeichnungsklauseln möglich) Adressaten Allgemeinheit Eine bestimmte natürliche oder juristische Person Beispiele Mündliches Angebot Schriftliches Angebot - 35 -

Grundlagen des Vertragsrechts Fall 1 Vertragsschluss: Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft Werner Grundmann liest in der Bild am Sonntag eine Anzeige über ein neuartiges Wellnessprodukt, die sogenannte Karma-Lotion. Hersteller ist die SIMONA AG in Neuss. Grundmann ist sehr interessiert an dem Produkt, er möchte es in großem Stil beschaffen, um es gewinnbringend im Wellnessbereich des Hotels Münsterhof an seine Gäste weiter zu verkaufen. Fall 2 Die Karma-Lotion ist der Renner. Grundmann will zu gleichen Konditionen nachbestellen. Fall 3 Ein Gast kommt in das Hotelrestaurant des Hotels Münsterhof und möchte ein Menü bestellen. Fall 4 Ein Gast reserviert im Hotelrestaurant Münsterhof telefonisch einen Tisch für den Abend. Fall 5 Ein Gast reserviert telefonisch im Hotelrestaurant Münsterhof ein in der lokalen Tageszeitung angegebenes und genau umschriebenes Silvestermenü. Fall 6 Ein Gast nimmt eine Zimmerbuchung im Hotel Münsterhof vor. Zwei übereinstimmende Willenserklärungen = Vertrag Willenserklärung 1 + Willenserklärung 2 Antrag (Angebot) + Annahme Voraussetzungen für ein Angebot An eine bestimmte Person gerichtet So konkret, dass der Annehmende nur noch Ja zu sagen braucht - 36 -

Unterrichtsmaterialien Wirtschaftsrecht Grundlagen des Vertragsrechts Vertragsschluss: Bindung und Annahme eines Angebotes Bindung an ein Angebot Annahme eines Angebots - 37 -

Unterrichtsmaterialien Wirtschaftsrecht Grundlagen des Vertragsrechts Kaufvertragsarten - 38 -

Grundlagen des Vertragsrechts Vertragsfreiheit und Kontrahierungszwänge Grundmann hat zwei vollkommen gleiche Wohnungen im gleichen Haus zu vermieten. Aus dem Kreis der zahlreichen Interessenten sucht er sich willkürlich zwei berufstätige Mieter aus, die über einen sicheren Arbeitsplatz verfügen, allein stehend sind und kein Haustier haben. Vom einen Mieter verlangt er monatlich 330 und vom anderen Mieter 345. Grundmann beschließt, von nun an im Hotel Münsterhof besonders die Zielgruppe Senioren ab 65 anzusprechen. Aus diesem Grund weigert er sich, Familien Jahren aufzunehmen. Das örtliche Busunternehmen (das einzige am Ort) beschließt, nur noch Senioren ab 65 zu befördern. Hans-Jochen wird der Einlass in eine Diskothek verwehrt, da er Turnschuhe trägt. Dieselbe Diskothek verwehrt außerdem südländisch aussehenden Gästen den Eintritt. Ein Arzt weist einen deutlich an Schmerzen leidenden Patienten mit dem Hinweis hier werden nur Privatpatienten behandelt ab. V E R T R A G S F R E I H E I T Abschlussfreiheit Formfreiheit Inhaltsfreiheit zu einem Vertragsabschluss kann man nicht gezwungen werden Kontrahierungszwänge 1. Spezialgesetzlich - Marktbeherrschung - Energieversorgung - Personenbeförderung - Kfz-Haftpflicht - Pflichtverteidigung - 2. Allgemeingesetzlich - Verstoß gegen Grundgesetze, insb. Menschenwürde - Verstoß gegen die guten Sitten ( 826 BGB) - Verstoß gegen das AGG Verträge können in jeder Form geschlossen werden E i n s c h r ä n k u n g e n Formvorschriften Textform Elektronische Form Schriftform Öffentliche Beglaubigung Notarielle Beurkundung alles ist erlaubt, was nicht verboten ist Gesetzliche Verbote - StGB - Buch 1 BGB, insb. Nichtigkeit (bes. 134 u. 138 BGB) - Verbraucherschutz - Mieterschutz - Vorschriften zu AGB - UWG - AGG - - 39 -

Leistungsstörungen, Haftung und Schadenersatz Fall 1 ( 823; 249; 252 BGB) Genereller Schadensersatz nach 823 BGB Werner Grundmann bewohnt mit seiner Familie ein Haus in der Innenstadt von Münster. An einem kalten Wintertag beginnt es stark zu schneien. Da die Familie gerade bei Kaffee und Kuchen sitzt, vergisst Grundmann, den Bürgersteig vor seinem Haus vom Schnee zu befreien. Ein Passant, Versicherungsmakler Jovanovic, rutscht vor dem Haus der Grundmanns auf dem glatten Bürgersteig aus. Seine Anzugshose wird dabei verschmutzt, außerdem verstaucht er sich den Fuß, kann nicht mehr laufen und muss sofort in ärztliche Behandlung. Dadurch verpasst er einen geschäftlichen Termin, bei dem er aller Voraussicht nach ein Finanzgeschäft abgeschlossen hätte. Der Geschäftspartner ist aufgrund der vergeblichen Wartezeit verärgert, er hat das Finanzgeschäft mittlerweile mit einem Konkurrenten von Jovanovic abgeschlossen. Entstandener Schaden: Reinigungskosten für die Anzugshose: 7,50 Behandlungskosten des Arztes: 215,70 Entgangene Provision für das Finanzgeschäft: 1.375,89 Hinweis: Grundmann hat schon lange vor dem Unfall eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Fall 2 ( 823; 227; 229 BGB) Ein Gast des Restaurants im Hotel Münsterhof bestellt sich das teuerste Essen auf der Karte. Als er gegessen hat, versucht er zu verschwinden, ohne zu zahlen. Grundmann, dem dies auffällt, hält den Gast fest. Dieser kann sich zunächst losreißen und zerreißt dabei seine Jacke. Dennoch gelingt es Grundmann mit Hilfe des Beikoches Horst, den Zechpreller bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten. Entstandener Schaden: Zerrissene Jacke: 57,50 Fall 3 ( 823; 828; 832; 827; BGB) Die Grundmanns machen Urlaub auf einem Reiterhof. Nach dem Essen sitzen Werner und Ingrid mit anderen Urlaubern bei einem Gläschen Wein zusammen. Jaqueline Grundmann (8 Jahre) findet auf dem Tisch ein Päckchen Streichhölzer und stiehlt sich, unbemerkt von den Eltern, davon. Sie zündelt mit den Streichhölzern und brennt eines nach dem anderen ab. Da sie unachtsam ist, fällt eines der Streichhölzer in einen Heuhaufen, der sofort in Flammen aufgeht. Eine benachbarte Scheune fängt Feuer und brennt bis auf die Grundmauern ab. Entstandener Schaden Niedergebrannte Scheune 81.527,27 Hinweis Als Grundmann einem bekannten Rechtsanwalt von der Angelegenheit erzählt, fragt dieser sofort: Habt Ihr die Aufsichtspflicht verletzt? - 40 -