Die Fichte neue Zukunft für eine verfemte Baumart

Ähnliche Dokumente
Die Fichte neue Zukunft für eine verfemte Baumart

Empfehlungen zur Durchforstung von Fichten-, Tannen- und Douglasienbeständen

Ergebnisse der Forsteinrichtung im Gemeindewald Bingen

1.Ziele der Anpassung an Klimaveränderung 2.Der Wald in Hessen 3. Naturgemäße Waldwirtschaft 4. Beispielhafte waldbauliche Steuerung 5.

Aktuelle waldbauliche Pflegekonzepte für die Eiche. Prof. Dr. Sebastian Hein - Tagung am

Der Waldbau ist die Kunst des Forstmeisters

Wieviel Birke verträgt die Eiche? Regina Petersen

Klimafitte Wälder für die Zukunft

Die Fichte im Wandel - Franz Brosinger

BÄUMCHEN WECHSELT EUCH!

Die Lärche im Bayerischen Staatswald. Walter Faltl 20. Oktober 2012

Schätzfunktionen der Baumbiomasse und Nährstoffentzug der Hauptbaumarten

Katalog der Waldentwicklungstypen. WET 10 - Traubeneiche-Buche/Hainbuche. WET 11 - Stieleiche-Hainbuche

SÄGEINDUSTRIE UND HOLZMARKT IM STRUKTURWANDEL

Zur Bedeutung von Starkholz für Waldbau und Waldökologie

Waldbau Basiswissen. Ing. Johannes Ablinger. Forstliche Ausbildungsstätte Ort / Gmunden

Durchforstung. Förster Ing. Johannes Ablinger. Forstliche Ausbildungsstätte Ort / Gmunden

Nachhaltige Waldwirtschaft aus Sicht der Naturschutzverbände

Baumartenwahl im Gebirge mit Berücksichtigung des Klimawandels. Referent: Dipl.-Ing. Christoph Jasser, Oö. Landesforstdienst

Anbau und Nutzung von Bäumen auf landwirtschaftlichen Flächen. Wertholzproduktion in agroforstlichen Systemen. Mathias Brix

Waldbau. waldwirtschaft/09 1

Wald und Biodiversität in der Sicht des staatlichen Naturschutzes

Ergebnisse der Forsteinrichtung für im Stadtwald Scheer

Faktensammlung zur Dritten Bundeswaldinventur (BWI 3) für Mecklenburg-Vorpommern

Stadtwald Lübeck Demonstrationsflächen. Exkursionsführer

Betriebswirtschaftliche Aspekte der Nadelholzwirtschaft im Klimawandel

Stadtwald Lübeck Demonstrationsflächen. Exkursionsführer

Vorbereitungsseminar Staatsprüfung Waldbau Gmunden

Ergebnisse aus den WEHAM-Szenarien

VORWORT. Wald ist Wert der wächst

Zukunft gestalten im Kommunalwald

Laubholzdurchforstung

Bundeswaldinventur 3 Das Wichtigste in Kürze Ausgewählte Ergebnisse für den Landeswald des Freistaates Sachsen

Die Kultur- und Jungbestandespflege. Herbstexkursion des Waldbauernverbands Bezirksgruppe Münsterland am

Produktion in Agroforstsystemen - Lichtökologie

Ba yer isc Forstwirtschaftliches Glossar he S Das Unternehmen im Überblick taatsf Biomasse Kulturpflege Naturale Daten

Au A f u f d em e m Weg e zum u m Dauerwald 1

Gelebte Nachhaltigkeit

Wildnis und nachhaltige Nutzungskonzepte Ein Blick über den Tellerrand

Biodiversität im Wald was ist zu tun? Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz Werner Müller / Christa Glauser

Hintergrundinformationen zum Wald der Ludwig-Maximilians-Universität München

Forstbetrieb der Marktgemeinde Windischgarsten. Modell der Nachhaltigkeit. Ziele: Wirtschaftsplan und Nachhaltigkeitskonzept

Rohholzversorgung in Deutschland Schlussfolgerungen aus BWI und WEHAM (Teil 2)

gefördert durch: Projektbearbeitung: Heidi Döbbeler Projektträger: Julia Rudolph

Waldwirtschaftsplan Forsteinrichtung

Möglichkeiten und Grenzen der Vollbaumnutzung

Ausgewählte Ergebnisse des Forschungsprogramms Wald und Klimawandel

Schlussverhandlung. Gemeindewald Staudt Zentralstelle der Forstverwaltung - Forsteinrichtung -

Baustelle WET: Betreten erwünscht

Die Bedeutung der Fichte in und für Thüringen. Corinna Geißler, Forstliches Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha

Die Bilanz der Bayerischen Staatsforsten Geschäftsjahr Dr. Rudolf Freidhager, Reinhardt Neft 19. Oktober 2012

Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Würzburg. Markt Höchberg WALDNATURSCHUTZ IM GEMEINDEWALD

Anwendungsbeispiele - Silva

ADAPT2W. TEIL 3 - Szenarien für eine angepasste Waldbewirtschaftung

Bis ins 16. JH: Bäuerliche Nieder- und Mittelwaldwirtschaft Man lebte vom Wald Die Nothdurft kam mit dem Angebot aus. LÖWE

Waldstrategie Waldpolitische Eckpfeiler für die nächsten Jahre

Waldvermehrung - zwischen Betriebswirtschaft und Ökosystemleistungen. Betriebswirtschaftliche Aspekte

Waldbau mit Edellaubbäumen

Fichte versus Laubholzbewirtschaftung Was sagt die ÖWI?

Messen und Bewerten der Wald-Verjüngung. OÖ. Abschussplanverordnung

Auswertungen der Bundeswaldinventur 3

Regionale Biodiversitätsstrategie

Weihenstephaner Erklärung zu Wald und Forstwirtschaft im Klimawandel

Bundeswaldinventur 3 Bestätigung oder Herausforderung? Ergebnisse für den Freistaat Sachsen

Auswertungen der Bundeswaldinventur 3

Klimawandel und Waldwandel

Auswertungen der Bundeswaldinventur 3

Unsere Tanne fest verwurzelt! Referent: Dipl.-Ing. Christoph Jasser, Oö. Landesforstdienst

Der Jura-Forstbetrieb

Alternativen zur Fichte. Referent: Dipl.-Ing. Christoph Jasser, Oö. Landesforstdienst

Bundeswaldinventur 3 Ergebnisse für den Freistaat Sachsen

Betriebswirtschaftslehre

Ein Waldinvestment mit regionalem Bezug. rentabel transparent nachhaltig 100 % grün

Baumarten und Herkünfte im Klimawandel

Der Dauerwald bei den Bayerischen Staatsforsten, nur ein schönes Etikett?

Ergebnisse aus Eichen- Durchforstungsversuchen

Starkholz: Potenziale und tatsächliche Verfügbarkeiten Was wissen wir darüber?

Schutzwaldbewirtschaftung unter betrieblichen und gesellschaftlichen Verpflichtungen. Bundesschutzwaldplattform Mariazell Dr.

Der Einfluss unterschiedlicher Waldbausysteme auf die Nachhaltigkeit Hubert Hasenauer

Amt für Wald, Jagd und Fischerei. Leitlinie zur naturnahen Waldbewirtschaftung im Kanton Solothurn

Plenterwaldstudie im Bezirk Bregenz

Agroforstsysteme und Kurzumtriebswälder Chancen und Gefahren aus Sicht des Naturschutzes

ÖJV-Seminar Nürnberg 10. Juli 2010 Ökonomische Bedeutung von Wildschäden im Forstbetrieb. Wolf-Thilo v. Trotha. BB Göttingen GmbH

Konvention zur Bewertung von Wildschäden im Wald. Kurzfassung Verbiss- und Schälschäden durch Schalenwild. Michael Duhr (Hrsg.)

Schlussverhandlung. Gemeindewald Helferskirchen Zentralstelle der Forstverwaltung - Forsteinrichtung -

Strategisches Risikomanagement bei den Bayerischen Staatsforsten. Freiburg, 27. Januar 2012 Reinhardt Neft, Vorstand

Fakten zum Klimawandel und Auswirkungen auf die Waldbewirtschaftung

Naturnahe Waldbewirtschaftung im Einklang mit der Jagd. Wald und Wild Eine gemeinsame Herausforderung Jagdbezirk Scheibbs BJM Dr. Ferdinand Schuster

Wege und Hürden der nachhaltigen Intensivierung im Forstbetrieb. Forstökonomische Tagung Forstliche Ausbildungsstätte Pichl Norbert Putzgruber

Bewirtschaftung von Waldflächen in der Stadt Georgsmarienhütte

Analyse von Vulnerabilität & Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel im Biosphärenpark Wiener Wald

Nachhaltigkeit aus der Sicht eines Forstbetriebes

Wertastung. Förster Ing. Johannes Ablinger. Forstliche Ausbildungsstätte Ort / Gmunden

Waldbau und Klimawandel Christian Ammer

Mein Wald Informationen für Privatwaldbesitzer in Thüringen. für Generationen

Lohnt sich der Waldbau mit Birke?

Waldbiodiversität: Fördermöglichkeiten, Umsetzungsstand & Praxis

Grundsätze für die Pflege der Baumarten: im Landeswald Mecklenburg-Vorpommern

Titelbild: Der Holzfäller von Ferdinand Hodler ( ) (abgewandelt von den Verfassern)

Wald- statt konventioneller Forstwirtschaft Elmar Seizinger, FSC Deutschland

Transkript:

Waldbauerntag Werl 14. September 2011 Die Fichte neue Zukunft für eine verfemte Baumart oder Problemfall frei nach Karl Gayer (?): 1

Willst Du Deinen Wald vernichten, pflanze Fichten, Fichten, Fichten! Waldbauliche Ideale und betriebliche Realitäten in Zeiten von Rohstoffknappheit, Klimawandel und wachsenden ökologischen Ansprüchen von Dr. Jens Borchers, Donaueschingen 2

Agenda 1. Waldbauliche Ideale 2. Veränderte Rahmenbedingungen - Wachsende ökologische Ansprüche - Klimawandel - Rohstoffknappheit 3. Betriebliche Realitäten 4. Thesen 5. Re-engineering der Fichtenproduktion 1. Waldbauliche Ideale 3

Nachhaltsproduktion ohne Gefährdung des Standorts Heterogene Alters- und Stärkestrukturen (Struktur als Wert an sich, Plenterwaldideal) Stabile Bestände aus ökonomisch wertvollen (Einzel-)bäumen Naturverjüngung im Mischwald Hohe Flächenvorratshaltung und Zuwachsmaximierung (Verbot zuwachshemmender Nutzungen, Kahlschlagsverbot) Minimierung der Eingriffe in den Naturhaushalt ( natürliche Automation ) - Verwendung autochtoner Baumartenherkünfte - Reduktion sämtlicher Energieinputs (Pflanzung, Mechanisierung, Düngung, Schädlingsbekämpfung etc.) - Erhaltung eines natürlich diversen Genpools (keinesfalls Klonierung) - 2. Veränderte Rahmenbedingungen 4

2.1 Wachsende ökologische Ansprüche Ideal: Extensiver Waldbau, der die erwerbswirtschaftliche Ausrichtung durch gezieltes Arten- und Biotopschutzmanagement ersetzt Durchsetzung vernetzter Schutzgebietskorridore (Natura 2000) Stillegung (möglichst) zusammenhängender Flächen: (stehendes) Totholz, Biotopbäume ( Ruinen ), großflächige Vernässungszonen (Sümpfe, Moore), Prozessnaturschutz etc. pp. Verzicht auf Wirtschaft mit sog. Fremdländern (Douglasie, Küstentanne, Roteiche) Öffentliche/politische Diskreditierung leistungsfähiger Produktionssysteme als Plantagen, Monokulturen u.a. Mitbestimmung ökologischer Sachwalter ( Stakeholder-Gedanke ): amtlicher und ehrenamtlicher Naturschutz werden aktiv - auf Ebene der Legislative, - in Betrieben und als Kontrolleure öffentlicher Institutionen, - als Überwacher privater Unternehmer 5

2.2 Klimawandel Szenarien von 2 4 Grad Celsius Erderwärmung bis 2100 unterdessen common sense (IPPC) Dramatische Veränderung der Produktionsmöglichkeiten für nachwachsende Rohstoffe in Land- und Forstwirtschaft auch in gemäßigten Breiten wahrscheinlich Klimaextreme auch für Mitteleuropa prognostiziert (v.a. Stürme, Sommertrocknis, Starkregenfälle und Gewitter) Waldbau und Ertragskunde denken um - Bisher übliche Beurteilungmaßstäbe für Baumartenwahl künftig schwierig (z.b. Autochtonie) - Klimaresistente Baumarten kommen vermehrt in den Fokus (Douglasie, Roteiche) - Neue Produktionssysteme/Bestandesbehandlungsmodelle werden notwendig - 6

2.3 Rohstoffknappheit Verbrauch fossiler Energien steigt (weltweit) schneller als die Exploration neuer Lagerstätten Problematik der Verfeuerung fossiler Energien wird zunächst nur in entwickelten Ländern erkannt, ungebremstes Wachstum in Schwellenländern forciert den Klimawandel Zeitalter der fossilen Energien neigt sich dem Ende zu Preise für nachwachsende Rohstoffe steigen soweit, dass sämtliche Flächen, die zur Produktion geeignet sind, auch genutzt werden (müssen): Ende der Stillegungspolitik Forstliche Produktionsziele müssen angepasst werden (Tendenz zur Intensivierung!) - Schwachholzproduktion wieder interessant (keine Industrieholzvermeidungsstrategie), Optimierung und Nutzung der Flächenzuwachsleistung im Fokus - Restholz (immerhin) als Koppelprodukt kostendeckend bzw. wertschöpfend - Aufarbeitung von Kronen- und Astmaterial an oder über der Gewinnschwelle - Starkholzproduktion generiert nur in Ausnahmefällen (Wertholz) Mehrwert 7

3. Betriebliche Realitäten 1. Rationalisierung (Kompensation des Faktors Arbeit durch den Faktor Kapital) ist die zwingend notwendige Antwort (nicht nur) der privaten Forstbetriebe auf die permanente Verteuerung des Faktors Arbeit Trend zum Unternehmereinsatz 2. Dicke Bäume sind nur noch als Wertholzgefragt, ansonsten droht Abwertung (max. 1 5 % der Produktion ist wertholztauglich) 3. Zudem gilt: Je dicker/älter die Bäume, desto mehr steigen die Qualitätsrisiken (Beschädigung, Fäulnis, zufällige Nutzung) 4. Im Gegensatz dazu steigt die Attraktivität der Produktion von Schwach- und Mittelholz (beim Nadelholz bis ca. Bhd 40) 5. Klimawandel zwingt Betriebe zur Reaktion Windwurfrisiko für hohe Bäume v.a. in der Ebene extrem (ab 25 m steigt Wurfgefahr exponentiell) Käfer-/Trocknis-/Schneebruchrisiko für hohe und schmalkronige Bäume besonders hoch Stammbaumarten Fichte, tw. auch Buche besonders gefährdet: mittelfristige Baumartenwechsel werden empfohlen (Douglasie, Küstentanne (?), Roteiche) (Wasserführung der Walderschließung wg. Tendenz zu Starkregenfällen aufwendiger (Dolen, Abschläge )) 8

4. Thesen 1. Einige, der nach wie vor mentalitätsprägenden waldbaulichen Ideale müssen grundsätzlich überdacht werden Starkholzzucht, Wertholzzielsetzung (zunächst (!) nur beim Nadelholz), Einzelbaumwirtschaft, Vorratsakkumulation, Plenter(Dauer-?)wald 2. Veränderte waldbaulichen Grundsätze müssen auf betrieblicher Ebene zusammen mit ökologischen Zielsetzungen in neue Produktionssysteme integriert werden Deutlich verkürzte Produktionszeiten (Rotationen) mit schwächeren und vor allem kürzeren Baumindividuen u n d Naturverjüngung; nachhaltige Standortserhaltung über unendlich viele Rotationen u n d kostengünstige (vielfach hochmechanisierte) Bewirtschaftung; Bestandes- und Einzelbaumstabilität u n d Integration von Öko-Nischen für seltene Tierarten (Totholz, Feuchtgebiete etc.) standortsangepasste Strategieanwendung (Kriterium: z.b. maschinelle Befahrbarkeit der Standorte) 9

3. Die globale Rohstoffknappheit hat für die Forstwirtschaft positive Folgen, allerdings lauern auch Gefahren in der Intensivierung Nährstoffentzug z.b. bei Ganzbaumnutzung Flächiges Befahren der Standorte Vorschnelle Wahl ungeeigneter Baumarten Einengung des Genpools und der Kalamitätsresistenz z.b. bei geklonten Beständen 4. Die Sachwalter des ökologischen Gedankens (Umweltverbände, Politiker) befinden sich in einem Dilemma, das bald geklärt werden muss: Extensivierung der Flächenproduktion und Käseglockennaturschutz versus Einstieg ins Solarzeitalter 5. Re-engineering des naturalen Leistungsprozesses Produktionssystem Fichte 10

Gedanken zur Fichtenproduktion (1) 1. Die Starkholzproduktion war über viele Generationen hinweg das beherrschende betriebliche Paradigma mitteleuropäischer Forstwirtschaft sie wurde vom Markt gefordert und honoriert. Zudem bot sie erhebliche Vorteile hinsichtlich einer naturangepassten, (kosten-)extensiven Betriebsausrichtung. Der immanente Nachteil einer teuren und kaum rationalisierbaren Betriebsorganisation fiel in Zeiten niedriger Personalkosten kaum ins Gewicht. Gedanken zur Fichtenproduktion (2) 2. Die nachfrageseitige Abwertung des Starkholzes trifft auf eine (zwangsläufig) nur sehr langsam reagierende Forstbranche: - Kostenremanenzen zwingen zur zeitlichen Verzögerung des Starkholzabbaus (Fixkostenabbau, Pensionslasten) - Viele Betriebe sind aus Kostengründen auf eine natürliche Verjüngung ihrer Bestände angewiesen - dies erzwingt eine (in erster Linie vom Wildstand abhängige) mehr oder weniger lange Überschirmungsphase - (Teure) Pflegeinvestitionen lassen sich (teilweise) durch Überschirmung vermindern ein weiterer Grund für den verzögerten Altholzabbau 11

Thesen zur Fichtenproduktion (3) 3. Die Einführung neuer Produktionsmodelle trifft auf emotionale Widerstände: - Nicht wenige Eigentümer, Betriebsleiter und Mitarbeiter misstrauen nach so vielen Generationen hoher Starkholzpreise der neuen Situation bzw. stellen den Langfristtrend in Frage - Die naturnah betriebene Starkholz zucht und das (Vor-)Bild des extrem vorratsreichen Waldes hat als Paradigma Eingang in politische Entscheidungsabläufe gefunden (Beispiele: Zertifizierung, gute fachliche Praxis, Gesetzesnovellen) - Das Starkholzparadigma wird mitunter zur Immunisierung gegenüber betrieblich dringend gebotenen Rationalisierungsschritten verwandt Zwischenergebnis I Der Ausweg aus dem Dilemma zwischen wirtschaftlichen Erfordernissen und gesellschaftspolitischen Zwängen könnte in einer Segregation der örtlichen Zielsetzungliegen. Dies bedeutet: Beibehalt der Starkholzproduktion dort 1.... wo der marginale Wertzuwachs nach wie vor positiv ist, z.b. geastete Bestände in sicheren (Steil-)Lagen; 2.... wo Schnellwuchsmodelle nicht den gewünschten Erfolg erwarten lassen, z.b. nicht mechanisierbare Lagen, Extensivstandorte u.a.; 3.... wo Waldeigentümer aller Besitzarten (aus welchen Gründen auch immer) sich für eine traditionelle Forstwirtschaft entscheiden (z.b. Bauernwälder, Stadtwälder, Waldeigentum ohne finanziellen Druck) 12

Zwischenergebnis II Segregation der örtlichen Zielsetzungbedeutet: Umschwenken auf kalamitätsresistente Mittelholzproduktion in kurzen Produktionszyklen dort,... 1.... wo auch bei Klimaextremen (Temperatur, Niederschlag, Sturm) stabil begründete, gepflegte und durchforstete Fichtenbestände aus Pflanzung oder Naturverjüngung hohe Überlebenswahrscheinlichkeiten erwarten lassen: In (fast) allen deutschen Mittelgebirgen (außer im Regenschatten) sowie auf großen Teilen der aktuellen Fichtenfläche; 2.... wo Fichtennaturverjüngung vorhanden ist und zumindest wechselfeuchte Verhältnisse herrschen (max. Pseudogley, kein Gley); 3.... freie Baumartenwahl rechtlich (noch) möglich ist. Ein alternatives Produktionsmodell 13

Wachstum der Fichte: Beziehung zwischen Baumhöheund alter bei unterschiedlichen Bonitäten (Bösch 2001, modifiziert) Baumhöhe [m] 50 40 dgz 16 dgz 14 dgz 12 35 30 25 Das weitere Höhenwachstum 20 (jenseits der 30 m) benötigt relativ viel mehr Zeit damit erhöht sich das Produktionsrisiko 15 30 50 70 90 110 130 überproportional 150 170 Baumalter [Jahre] 60 80 J. Fichten sollten aus Gründen der Risikominimierung auf vielen Standorten nicht höher als max. 30 m werden Je nach Ertragsklasse benötigen sie bis zur kritischen Höhe 50 80 Jahre Der ertragskundliche Hintergrund des Produktionsmodells b Risikozone 45 Zield 1,3 10 Beziehung zwischen Brusthöhendurchmesser und Kronenbreite Das Produktionsziel (Mittendurchmesser) gibt der Kunde vor. b b [m] 8 6 4 Zieldurchmesser und Kronenbreite stehen in logisch-eindeutiger Beziehung zum Produktionsziel. 0 0 10 20 30 40 50 60 70 d 1,3 [cm] 2 (Klädtke 2004) 14

Z-Baum-Anzahl in Funktion von Zieldurchmesser und Grundfläche (Klädtke, 2004) N ZB [Stück/ha] 400 300 200 100 0 20 70 G [m²/ha] 60 50 40 Die Z-Baumzahl variiert in Abhängigkeit von der Bonität (hier ausgedrückt in Grundfläche je ha) Bei einem Zieldurchmesser (Bhd) von 45 cm resultieren Z-Baumzahlen, die bonitätsabhängig 40 60 zwischen 100300 und 80 Zieldurchmesser [cm] 400 Stück liegen Produktionsmodell Fichte (I): Pflegephase Wo möglich Naturverjüngung unter Schirm; Sofern Lücken und Standorteignung vorhanden: Ergänzungsmöglichkeit mit Douglasie, Tanne und Kiefer; Sofern Wildstand o.k: Vergütung mit ökologisch wertvollen bzw. qualitativ hochwertigen Laubhölzern (Buche, Bergahorn, Kirsche, Birke, Eberesche, Vorsicht bei Weide und Aspe) Jungbestandspflege unerlässlich! (2.500 Stück, 2 x 2 m Abstand) 15

vorher nachher 16

... und nach 5 Jahren: Im Jahr 2005 2010 BHD 7 cm 14 cm Höhe 7-8 m 13 m Stammzahlreduktion auf 2.500 Stk. (2 x 2 m) im Bild 2-3 Jahre zu spät Produktionsmodell Fichte (II) Hochdurchforstungsphase Systematische Feinerschließung (20 m Gassenabstand), sobald 4 5 m grünastfreie Zone erreicht (ca. 12 m Gesamthöhe) Positive Auswahl von Zuwachs-Bäumen (5 6 m Stammabstand) und dauerhafte Markierung (Plastikband) 3 bis 4 Hochdurchforstungen(vollmechanisierte Entnahme der jeweils stärksten Bedränger) Z-Baumverfahren zwingt zu Eingriffen im Herrschenden (je nach Standortsbonität: 300 400 Stk. inkl. Gassenbäume) 17

Permanentes Auszeichnen Vinylband unmittelbar nach der Anbringung und nach 12 Jahren am Stamm einer Fichte 18

Produktionsmodell Fichte (III): Erntephase Zielstärkennutzung nach Kundenanforderung (Produktionsziel: 40-45 cm Bhdbei Massenqualität) Einleitung der Verjüngung bei ca. 100 fm Eingriffstärke Sukzessiver Nutzungsfortschritt verhindert Vergrasung und ermöglicht Verjüngungsdifferenzierung ggf. Überhaltvon Kiefer, Douglasie, Alt-/Totholzprogramm möglich Endnutzungsspreitung von 15 20 Jahren (3 4 Eingriffe) 40 60 Jahre Umtriebszeit ( Rotation ) Naturverjüngung im Schirmschlagsbzw.Femelsystem als Regelkonzept 19

Simulation des Fichtenproduktionsmodells ZB 45 für Bonität 16 dgz 100 Alter Oberhöhe Aktivität Entnahmemenge Baumzahl Jahre M eter Efm/ha Bedränger Stück M asse vorher nachher 25 12 Gassenanlage 25 500 0,05 2.500 2.000 25 12 Z-Baumausw ahl (350 Stk.) 30 1,7 600 0,05 2.000 1.400 30 16 Entnahme von Bedrängern 45 1,0 333 0,14 1.400 1.067 35 18 Entnahme von Bedrängern 55 0,7 239 0,23 1.067 828 40 21 Entnahme von Bedrängern 60 0,5 160 0,38 828 668 45 23 Entnahme von Bedrängern 65 0,3 118 0,55 668 549 50 25 Entnahme von Bedrängern 80 0,3 110 0,73 549 440 55 27 Entnahme von Bedrängern 90 0,3 92 0,98 440 347 60 29 Zielstärkennutzung 151 116 1,30 347 232 65 30 Zielstärkennutzung 181 116 1,56 232 116 70 31 Zielstärkennutzung 220 116 1,90 116 0 15 2-4 Jungbestandspflege > 100.000 2.500 20

Ertragskundlicher und betriebswirtschaftlicher Vergleich: Moderne Z-Baumvariante vs. klassische Ertragstafelbehandlung Modell ET 16 dgz100 ET 16 ppa ZB 45 Klass. Variante Kennziffern dgz100 Stammzahlreduktion Stk. 2.500 3.000 Z-Bäume Stk. 350 keine Anzahl Durchforstungen 7 8 durchn. entn. Bedränger je Z-Baum Stk. 1 Durchforstung Umtriebszeit J 60 140 Bhd bei U cm 45 76 Baumhöhe bei U m 30 44 GWL Efm 1.001 1.532 GWL p.a. Efm 17 11 DB1 /ha 43.945 84.813 DB1 p.a. /ha 732 606 Kapitalwert 1,5 % /ha 18.837 16.638 Kapitalwert 3 % /ha 8.440 4.089 Interne Verzinsung (internal rate of return) nach us-amerikanischem Maßstab Quelle: Timberland Decision Support System (TDSS) http://tfsfrd.tamu.edu/tdss/default.htm Discount Rate:3% Rotation Age: 70 Annual cost: 0 Jahr Aktivitäten Cash Flow( ) 1 Begründung -2500 5 Stammzahl -500 25 Gasse und DF 2585 30 DF 3200 35 DF 4400 40 DF 4800 45 DF 5200 50 DF 6400 55 DF 7200 60 DF 12004 65 DF 14454 70 Endnutzung 17605 +30% Preissteigerung von 2010 bis 2011 +50% von 2009 bis 2011 = Cash Flow ohne Risiko =34.000 Net Future Value at Rotation Age(NFV, $): 96,375.78 Net Present Value (NPV, $): 12,172.01 Internal Rate of Return (IRR, %): 6.74 Bare Land Value (BLV, $): 13,931.52 A. Elbs/ ToerringForst 2011 21

Produktionsmodell Fichte Diskussion Eine (konservativ gerechnete) Halbierung der Rotationszeit bewirkt mindestens eine Verdopplung der Kapitalverzinsung mitteleuropäische Forstwirtschaft wird eine attraktive Anlagealternative im Langfristsegment (interessant für Kapitalanleger wie Pensionskassen oder Versicherungen) Die verkürzte Produktionszeit senkt das Risiko gegenüber Kalamitäten (Käfer, Windwurf, Sturm) erheblich damit wird Forstwirtschaft eher planbar Schematisch, d.h. nach klarem Produktionssystem betriebene Bestände werden organisatorisch und finanzwirtschaftlich kalkulierbar und bei Beachtung der ertragskundlichen Grundsätze steuerbar Anreicherungen der Hauptbaumarten mit Mischbaumarten sind möglich und idr sogar erwünscht (Eberesche in Fichte, Tanne in Fichte und Buche etc.) Auf den meisten Standorten ist der Folgebestand problemlos aus Naturverjüngung begründbar (Spreitung des Nutzungszeitpunktes abhängig von der Zielstärkenerreichung) Je nach Nachfragesituation ( Rückkehr zum Starkholzparadigma ) ist die Anhebung der Zielstärke jederzeit möglich (durch negatives Auszeichnen der qualitativ schlechtesten Z-Bäume) das Produktionsmodell ist keine one-way Alternative LASSEN SIE SICH DIE FICHTE NICHT AUSREDEN, SONDERN BEWIRTSCHAFTEN SIE DIE FICHTE AKTIV! Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 22

Nachhaltsbetrieb Fichte mittlerer Standort, nachhaltige Bewirtschaftung, ausgeglichene Altersklassenverteilung Nachhaltsbetrieb Laubholz mittlerer Standort, nachhaltige Bewirtschaftung, ausgeglichene Altersklassenverteilung Einschlagsleistung: 8 fm Einschlagsleistung: 6 fm Nettoerlös: 65 /fm Nettoerlös: 55 /fm Holzerntekosten: 18 /fm Holzerntekosten: 20 /fm DB 1: 47 /fm DB 1: 35 /fm DB 1 (je Hektar): 376 /ha DB 1 (je Hektar): 210 /ha Investive Kosten: 70 /ha Investive Kosten (?): 70 /ha Sonst. Erlöse (Jagd u.a.): 20 /ha Sonst. Erlöse (Jagd u.a.): 20 /ha DB 2: 326 /ha DB 2: 160 /ha Verwaltungskosten u.a.: 100 /ha Verwaltungskosten u.a.: 100 /ha DB 3: 226 /ha DB 3: 60 /ha Umsatzrendite: 42 % Umsatzrendite: 20 % Kapitalrendite: 1,1 % Kapitalrendite: 0,5 % Ein Nachhaltsbetrieb Fichte rechnet sich immer, wenn Ein Nachhaltsbetrieb Laubholz rechnet sich nur, wenn - (halbwegs) konsequent gewirtschaftet wird - auch Kalamitäten professionell gemanagt werden - gesellschaftliche Mindestfreiheiten gewährt werden (Stichwort: Extensivplantage) - überdurchschnittlich hohe Wertholzreserven in diversen Baumarten vorgehalten werden können - regelmäßig und stark durchforstet sowie tw. sogar geastet wird - die naturale Automation ausgereizt werden kann ( d.h. k e i n e Verbissschäden, Durchforstungen durch Brennholzselbstwerber besorgt) - Nadelholzwirtschaft ist eine realistische, Laubholzwirtschaft eine utopische Vision! 23