Elektrische Messtechnik Messung elektrischer und nichtelektrischer Größen

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Elmar Schrüfer Elektrische Messtechnik Messung elektrischer und nichtelektrischer Größen ISBN-10: 3-446-40904-1 ISBN-13: 978-3-446-40904-0 Leseprobe Weitere Informationen oder Bestellungen unter http://www.hanser.de/978-3-446-40904-0 sowie im Buchhandel

1 Grundlagen Das Messen ist das quantitative Erfassen einer Größe. Die Messgeräte erweitern dabei in einem fast unvorstellbaren Ausmaß die über unsere Sinne wahrnehmbare Umwelt. Sie erschließen uns Bereiche, in denen wir blind oder taub sind. So sieht unser Auge z. B. von den elektromagnetischen Schwingungen nur die Strahlung mit Wellenlängen zwischen 0,38 und 0,78 œm, während den Messgeräten ein Wellenlängenbereich von über 18 Zehnerpotenzen zugänglich ist. Gemessen und berechnet werden Größen, die weit außerhalb unserer direkten Erfahrung liegen, wie etwa der Durchmesser von Atomkernen oder die Ausdehnung des Weltalls. Das objektive, quantitative Beobachten bildet zusammen mit dem logischen Denken die Quelle jeder naturwissenschaftlichen Erkenntnis 1. Diese von Galilei konsequent angewandte Methode führte zur Entwicklung der Naturwissenschaften und diese wiederum bilden die Grundlage unserer durch die Technik geprägten Zivilisation. Hier ist das Messen wichtig für Forschung, Entwicklung, Fertigung, Produktion und Prüffeld in der Industrie, für den Austausch von Gütern im Handel und für die Zuverlässigkeit und Sicherheit der Transportsysteme. Darüber hinaus hilft die Messtechnik auf den Gebieten des Umweltschutzes und der Medizin unsere Lebensbedingungen zu verbessern. Aus diesem breiten Einsatz resultiert, dass nicht nur die mit Entwicklung, Fertigung und Vertrieb der Messgeräte befassten Ingenieure, sondern praktisch alle in der Naturwissenschaft oder Technik Tätigen als potenzielle Anwender der Messtechnik entsprechende Kenntnisse benötigen. 1.1 Umfang und Bedeutung der elektrischen Messtechnik Die elektrische Messtechnik befasst sich zunächst mit der Messung elektrischer Größen wie z. B. Spannung, Ladung, Strom, Widerstand, Induktivität, Kapazität, Phasenwinkel, Frequenz. 1 Plato (427-347 v. Chr.): Das beste Mittel gegen Sinnestäuschungen ist das Messen, Zählen und Wägen. Dadurch wird die Herrschaft der Sinne über uns beseitigt. Wir richten uns nicht mehr nach dem sinnlichen Eindruck der Größe, der Zahl, des Gewichts der Gegenstände, sondern berechnen, messen und wägen sie. Und das ist Sache der Denkkraft, Sache des Geistes in uns. [Der Staat, Kröner Stuttgart 1973]

18 1 Grundlagen Dabei lässt sich die zu messende Größe nur selten direkt auf einem Instrument anzeigen. Oft müssen die Messsignale galvanisch getrennt, entkoppelt, übertragen und fast immer auch verarbeitet werden, wie z. B. verstärkt, kompensiert, umgeformt, umgesetzt, gefiltert, gespeichert, umgerechnet, linearisiert, bevor das Messergebnis auf einer Skalen-, Ziffern- oder Bildschirmanzeige ausgegeben, auf Papier oder elektronischen Medien festgehalten und dokumentiert oder auch direktzurüberwachung, Steuerung oder Regelung eines Prozesses benutzt werden kann. Messgeräte sind die im Signalfluss liegenden Geräte einer Messeinrichtung, die die Qualität des Messergebnisses wie z. B. die Genauigkeit und die Anzeigegeschwindigkeit beeinflussen [1.1], [1.2], [1.4]. Sie müssen nicht wie in Bild 1.1 in Reihe geschaltet sein, sondern können auch andere Strukturen bilden. Die zwischen den Messgeräten ausgetauschten Signale enthalten die Information über die zu messende Größe. Diese Information kann z. B. in der Amplitude oder Frequenz einer elektrischen Größe stecken oder auch quantisiert in Form eines codierten Signals vorliegen. Bild 1.1: Messeinrichtung bestehend aus den Messgeräten 1, 2, 3 und einem die Hilfsenergie liefernden Hilfsgerät 4 Das elektrische Messen hat eine besondere Bedeutung dadurch gewonnen, dass über verschiedene physikalische Effekte nichtelektrische Größen in elektrische umgeformt werden können. Die dafür benötigten Aufnehmer, Sensoren, Detektoren, Fühler sind für sehr viele zu messende Größen verfügbar (Bild 1.2), so dass praktisch jede physikalische Größe als elektrisches Signal dargestellt und dann mit den Methoden der elektrischen Signalverarbeitung weiterbehandelt werden kann. Die Messtechnik wird insbesondere durch die Anwendung dieser physikalischen Effekte auf den unterschiedlichsten Gebieten der Technik zu einem sehr interessanten Fach. Die elektrische Messtechnik ist somit die Disziplin, die sich befasst mit der Gewinnung des elektrischen Messsignals, der Struktur der Messeinrichtung, den Eigenschaften der Signalformen, derübertragung und Verarbeitung der Messsignale und der Ausgabe und Darstellung der gewonnenen Information.

1.2 Maßeinheiten 19 Für eine gegebene Messaufgabe sind jeweils der geeignete Aufnehmer auszuwählen, die Struktur zu entwerfen und die Signalform festzulegen, um die hinsichtlich der Genauigkeit, Störsicherheit und Kosten günstigste Kombination zu erhalten. Die elektrische Messung ist dabei anderen Verfahren insbesondere überlegen durch das leistungsarme bis leistungslose Erfassen von Messwerten, das hohe Auflösungsvermögen, das gute dynamische Verhalten, die stete Messbereitschaft, diebequemeübertragbarkeit über weite Entfernungen, die leichte Verarbeitung der Messdaten und hat sich so weitgehend durchgesetzt. Bild 1.2: Mit Hilfe von Sensoren oder Aufnehmern werden nichtelektrische Größen in elektrische umgeformt und damit der elektrischen Messung zugänglich 1.2 Maßeinheiten Eine physikalische Größe ist die messbare Eigenschaft eines Objekts, Zustands oder Vorgangs. Die Messung der physikalischen Größe erfolgt durch einen Vergleich mit einer Maßeinheit. Die Zahl, die angibt, wie oft die Einheit in der zu messenden Größe enthalten ist, wird als Zahlenwert der physikalischen Größe bezeichnet: physikalische Größe = Zahlenwert Einheit. (1.1) Um messen zu können, müssen also vorher die Einheiten definiert sein. Diese orientierten sich zunächst am Menschen (Elle, Fuß) oder an den Abmessungen und der Umdrehungszeit unserer Erde (Meile, mittlerer Sonnentag). Sie wurden teilweise von Ort zu Ort unterschiedlich gehandhabt und erschwerten damit sowohl den Austausch

20 1 Grundlagen von Gütern des täglichen Bedarfs als auch den von wissenschaftlichen Erkenntnissen. So wurden seit über hundert Jahren große Anstrengungen unternommen, die Einheiten allgemein verbindlich, genau und zeitlich beständig zu definieren. In diese Diskussion hat schon J. Cl. Maxwell (1831-1879) eingegriffen und lange vor einer möglichen Realisierung empfohlen, auf Quantenmaße überzugehen: Wenn wir also absolut unveränderliche Einheiten der Länge, der Zeit und der Masse schaffen wollen, so müssen wir diese nicht in den Abmessungen, in der Bewegung und in der Masse unseres Planeten suchen, sondern in der Wellenlänge, der Frequenz und der Masse der unvergänglichen, unveränderlichen und vollkommen gleichartigen Atome. Das Ziel ist, die Einheiten weniger durch Maßverkörperungen zu definieren, sondern mehr durch Experimente, die überall und immer wieder nachvollzogen werden können. Dabei werden die Einheiten gleichzeitig auf Fundamentalkonstanten zurückgeführt. 1.2.1 Internationales Einheitensystem, SI-Einheiten Die Generalkonferenz für Maß und Gewicht hat 1960 das Système International d Unités empfohlen, das inzwischen weltweit eingeführt und auch in der Bundesrepublik Deutschland gesetzlich vorgeschrieben ist [1.3]. Das System definiert zunächst eine Mindestmenge von Grund- oder Basisgrößen und die dazugehörigen Grundoder Basiseinheiten (Tabelle 1.1). Durch Multiplikation und/oder Division der Basiseinheiten werden die für die anderen physikalischen Größen benötigten Einheiten abgeleitet, wie z. B. die Einheit m/s für die Geschwindigkeit oder m/s 2 für die Beschleunigung. Wird die Ableitung so vorgenommen, dass bei der Umrechnung nur der Zahlenfaktor 1 auftritt, so sind die dabei entstandenen Einheiten kohärent. Sie bilden zusammen mit den Basiseinheiten ein kohärentes System. Einige der abgeleiteten SI-Einheiten haben dabei selbstständige Namen mit eigenen Kurzzeichen bekommen (Tabelle 1.3). Um bei den SI-Einheiten unter Umständen recht unhandliche Zahlenwerte zu vermeiden, dürfen durch dezimale Vorsätze neue vergrößerte oder verkleinerte Einheiten gebildet werden (Tabelle 1.2). Die so entstandenen Einheiten, wie z. B. MW, cm, mv, œa sind dann allerdings nicht mehr kohärent. Temperatur-Messwerte dürfen auch in der Einheit C angegeben werden. Als Celsius- Temperatur ϑ wird dabei die besondere Differenz zwischen einer beliebigen thermodynamischen Temperatur T [ in Kelvin ] und der Temperatur T 0 = 273,15 K bezeich- net, also ϑ =(T T 0 )=(T 273, 15). (1.2) Für die Differenz Δ ϑ zweier Celsius-Temperaturen Δ ϑ = ϑ 1 ϑ 2 =(T 1 T 0 ) (T 2 T 0 )=T 1 T 2 =ΔT (1.3) sind die Einheiten K und Czulässig, obwohl die Temperaturdifferenz nicht im Sinne der obigen Definition auf die Temperatur T 0 bezogen ist.

1.2 Maßeinheiten 21 Tabelle 1.1: Basisgrößen und Basiseinheiten Gebiet Basisgröße Formelzeichen Basiseinheiten Einheitenzeichen Mechanik Länge l Meter m Masse m Kilogramm kg Zeit t Sekunde s Elektrotechnik Stromstärke I Ampere A Thermodynamik Temperatur T Kelvin K Optik Lichtstärke I L Candela cd Chemie Stoffmenge Mol mol 1 Meter ist die Länge der Strecke, die Licht im Vakuum während des Intervalls von (1/299792458) Sekunden durchläuft (1983). 1 Kilogramm ist die Masse des internationalen Kilogrammprototyps (1889). 1 Sekunde ist das 9192631770fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustands von Atomen des Nuklids Cs-133 entsprechenden Strahlung (1967). 1 Ampere ist die Stärke eines zeitlich unveränderlichen elektrischen Stromes, der, durch zwei im Vakuum parallel im Abstand 1 m voneinander angeordnete, geradlinige, unendlich lange Leiter von vernachlässigbar kleinem, kreisförmigen Querschnitt fließend, zwischen diesen Leitern je 1 m Leiterlänge elektrodynamisch die Kraft 0,2 10 6 N hervorrufen würde (1948). 1 Kelvin ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes des Wassers (1967). 1 Candela ist die Lichtstärke, mit der (1/600000) m 2 der Oberfläche eines Schwarzen Strahlers bei der Temperatur des beim Druck 101 325 N/m 2 erstarrenden Platins senkrecht zu seiner Oberfläche leuchtet (1967). 1 Mol ist die Stoffmenge eines Systems bestimmter Zusammensetzung, das aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Atome in (12/1000) kg des Nuklids C-12 enthalten sind. Bei Benutzung des Mol müssen die Teilchen spezifiziert werden. Es können Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen usw. oder eine Gruppe solcher Teilchen genau angegebener Zusammensetzung sein (1971). Tabelle 1.2: Vorsätze zur Kennzeichnung dezimaler Vielfacher und Teile von Einheiten Vorsatz Zeichen Zahlenwert Vorsatz Zeichen Zahlenwert Exa- E 10 18 Dezi- d 10 1 Peta- P 10 15 Zenti- c 10 2 Tera- T 10 12 Milli- m 10 3 Giga- G 10 9 Mikro- œ 10 6 Mega- M 10 6 Nano- n 10 9 Kilo- k 10 3 Piko- p 10 12 Hekto- h 10 2 Femto- f 10 15 Deka- da 10 Atto- a 10 18

22 1 Grundlagen Tabelle 1.3: Abgeleitete SI-Einheiten; die in Klammern stehenden Einheiten sind veraltet Größe und SI-Einheit Beziehung Weitere und zum Teil Formelzeichen veraltete Einheiten ebener Winkel α Radiant rad 1 rad = 1 m/m Grad: 1 = π/180 rad räumlicher Winkel Ω Steradiant sr 1sr=1m 2 /m 2 Frequenz f, ν Hertz Hz 1 Hz = 1/s Kraft F Newton N 1 N = 1 kg m/s 2 1kp 9,81 N (1 dyn 10 5 N) Druck p Pascal Pa 1Pa=1N/m 2 Bar: 1 bar = 10 5 Pa (1 kp/m 2 0,98 bar) Energie E Joule J 1J=1Nm 1kWh=3,6 10 6 J =1Ws 1 ev = 1,60 10 19 J =1kgm 2 /s 2 (1 cal 4,19 J) (1 erg = 10 7 J) Leistung P Watt W 1W = 1J/s =1Nm/s =1kgm 2 /s 3 elektr. Ladung Q Coulomb C 1C = 1As elektr. Spannung U Volt V 1V 1W/A elektr. Feldstärke E V/m elektr. Widerstand R Ohm Ω Leitwert G Siemens S 1 S = 1/Ω Induktivität L Henry H 1H = 1Wb/A =1Vs/A elektr. Kapazität C Farad F 1F = IC/V =1As/V magn. Feldstärke H A/m (Oersted Oe: 1Oe 80 A/m) magn. Fluss Φ Weber Wb 1Wb = 1Vs (Maxwell M: 1M=10 8 Vs) magn. Flussdichte B Tesla T 1T=1Vs/m 2 (Gauß G: 1G=10 4 Vs/m 2 ) Lichtstrom Φ Lumen lm 1lm = 1cdsr Beleuchtungsstärke E Lux lx 1lx=1lm/m 2 Aktivität A einer Becquerel Bq 1 Bq = 1/s (Curie Ci: radioaktiven Substanz 1Ci=3,7 10 10 s 1 =3,7 10 10 Bq) Energiedosis D Gray Gy 1Gy = 1J/kg (Rad rd: 1rd=10 2 J/kg) Ionendosis J C/kg (Röntgen R: 1R=2,58 10 4 C/kg) Äquivalentdosis Sievert Sv 1Sv = 1J/kg (Rem rem: 1rem=10 2 J/kg)

1.2 Maßeinheiten 23 Tabelle 1.4: Fundamentalkonstanten [1.5] Zahlenwert Einheit rel. Unsicherheit Avogadro-Konstante N A 6,022 10 23 mol 1 7,9 10 8 Boltzmann-Konstante k 1,380 10 23 JK 1 1,7 10 6 elektrische Elementarladung e 1,602 10 19 As 3,9 10 8 elektrische Feldkonstante ε 0 8,854 10 12 AsV 1 m 1 null Faraday-Konstante F = en A 9,648 10 4 A s mol 1 4,0 10 8 Gravitationskonstante G 6,673 10 11 Nm 2 kg 2 1,5 10 3 Josephson-Konstante K J =2e / h 4,835 10 14 Hz V 1 3,9 10 8 Lichtgeschwindigkeit im Vakuum c 0 299792458 ms 1 2,997 10 8 magnetische Feldkonstante μ 0 1,256 10 6 VsA 1 m 1 null Ruhemasse des Elektrons m 0 9,109 10 31 kg 7,9 10 8 Planck sches Wirkungsquantum h 6,626 10 34 Js 7,8 10 8 universelle Gaskonstante R = kn A 8,314 JK 1 mol 1 1,7 10 6 Von-Klitzing-Konstante R K = h/e 2 2,581 10 4 Ω 3,7 10 9 1.2.2 Einheiten und Fundamentalkonstanten Einerseits wird versucht, die Einheiten auf Fundamentalkonstanten zurückzuführen (Tabelle 1.4), andererseits hängen der Zahlenwert und die Einheit einer Fundamentalkonstanten von dem gewählten Einheitensystem ab. Beispielhaft soll hier gezeigt werden, dass mit der Definition des Ampere gleichzeitig die magnetische Feldkonstante μ 0 festgelegt ist (Bild 1.3). Bild 1.3: Anordnung der Leiter bei der Definition der Einheit Ampere Der durch den Leiter l fließende Strom I 1 führt in dem Abstand a zu einem Magnetfeld mit der Feldstärke H 1 und der Induktion B 1 : H 1 = I 1 2 π a, B 1 = μ 0 H 1. (1.4)

24 1 Grundlagen Die durch dieses Magnetfeld auf den parallel geführten, vom Strom I 2 durchflossenen Leiter der Länge l ausgeübte Kraft F ist F = I 2 lb 1 = μ 0 I 2 l I 1 2 π a. (1.5) Die Definition des Ampere sagt, dass für I 1 = I 2 = I der durch die Leiter fließende Strom I dann genau 1 Ampere ist, wenn für a = l =1mdieKraftF =2 10 7 Nist. Für diese Zahlenwerte ergibt sich die magnetische Feldkonstante μ 0 aus der letzten Gleichung zu μ 0 =4π 10 7 N Vs =1, 2566 10 6 A2 Am. (1.6) Sie wird also nicht mehr experimentell bestimmt, sondern ist durch die Definition des Ampere festgelegt. Der irrationalefaktorπ ist dabei in die Feldkonstante eingerechnet und muss so nicht mehr in den Gleichungen mitgeschleppt werden. Über die Beziehung c 2 0 = 1 ε 0 μ 0 (1.7) hängen die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, die magnetische Feldkonstante und die elektrische Feldkonstante zusammen. Das internationale Einheitensystem legt die Lichtgeschwindigkeit (Definition des Meters) und die magnetische Feldkonstante (Definition des Ampere) und damit über die Gl. (1.7) auch die elektrische Feldkonstante fest. Der Zusammenhang zwischen den elektrischen und den mechanischen Grundeinheiten einerseits und den direkt berührten Fundamentalkonstanten andererseits ist in Bild 1.4 dargestellt. Bei den Einheiten ist die Unsicherheit der Darstellung, d. h. die Unsicherheit der Realisierung im Laboratorium, angegeben [1.5]...[1.7]. Bild 1.4: Zusammenhang zwischen SI-Einheiten und Fundamentalkonstanten; in Klammern sind die Unsicherheiten angegeben

1.2 Maßeinheiten 25 1.2.3 Darstellung der mechanischen Grundeinheiten Das Kilogramm ist als die Masse des Prototyps in Paris definiert. Für die nationalen Kilogramm-Prototypen ergeben sich bei den erforderlichen Wägungen Unsicherheiten von 10 9. Die Sekunde ist die Einheit, die sich mit der größten Genauigkeit darstellen lässt. Dies gelingt in den so genannten Atomuhren, in denen Cs-Atome verdampft werden, durch Magnetfelder laufen und auf einen Detektor treffen. Beim Durchlaufen eines magnetischen Wechselfeldes der Frequenz f 0 können die Cs- Atome in einer Resonanzabsorption Energie aufnehmen und von dem energieärmeren in den energiereicheren Zustand übergehen. Ändert sich die Frequenz des Wechselfeldes, so ändert sich die Zahl der auf den Detektor treffenden Cs-Atome. Die Frequenz, bei der der Detektorstrom ein Maximum hat, wird zu f 0 =9192631770 Hz definiert und die Sekunde ergibt sich als die entsprechende Zahl von Periodendauern ( Atomuhr ). Die Resonanzabsorption ist sehr ausgeprägt und wird nicht durch andere Ef- fekte gestört. Gleichzeitig lassen sich Frequenzen im GHz-Bereich gut messen, so dass die Sekunde mit der außerordentlich geringen Unsicherheit von nur 10 14 dargestellt werden kann. Die absolute Unsicherheit ist bedingt durch die Cs-Emission und begrenzt die Genauigkeit der Frequenzmessung. Eine wesentlich geringere relative Unsicherheit kann neuerdings mit optischen Atomuhren Frequenzkamm-Synthesizern) erreicht werden [1.18]...[1.20]. Für deren Entwicklung wurden J. Hall und Th. Hänsch mit dem Nobelpreis für Physik 2005 ausgezeichnet [1.21]. Die optischen Atomuhren leiten die für eine Frequenzmessung nötige Torzeit (Zeitbasis) von einer optischen Strahlung ab. Grünes Licht z. B. der Wellenlänge 500 nm hat eine Frequenz von 6 10 14 Hz. Die Zeitbasis kann so 6 10 4 -mal feiner eingestellt werden und ist um diesen Wert genauer als bei Verwendung der Cs-Strahlung von 9, 19 10 9 Hz. Derartige Messsysteme können bei MenloSystems gekauft werden, eine Ausgründung des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik [1.22]. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft eine optische Linie als Frequenzstandard anstelle des Cs-133 eingeführt wird. Die absoluten Unsicherheiten können sich dann auf etwa 10 18 reduzieren Zur Definition des Meter ist zunächst die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum als Konstante c 0 = 299 792 458 m s 1 (1.8) festgelegt. Das Meter wird dann als die Länge der Strecke erklärt, die das Licht im Vakuum während des Zeitintervalls (l/299792458) s durchläuft. Damitist die Längeneinheit messtheoretisch von der Zeitmessung abhängig. Das Meter wird aber weiterhin als Basiseinheit bezeichnet und verwendet.

26 1 Grundlagen In der Präzisions-Längenmesstechnik werden Strecken mit Hilfe von Interferometern gemessen. Diese benötigen eine sichtbare Strahlung, deren Wellenlänge bekannt sein muss. Laser z. B. sind als Strahlenquellen geeignet. Die Wellenlänge λ 1 des verwendeten Lichts wird aus seiner Frequenz f 1 und dem für die Lichtgeschwindigkeit festgelegten Wert c 0 nach der Beziehung λ 1 = c 0 /f 1 (1.9) berechnet. Dazu muss vorher die Frequenz des Laserlichts von etwa 5 10 14 Hz möglichst genau bestimmt sein. Dies gelingt mit dem neuen Frequenzkamm-Synthesizer genauer und einfacher als bisher, wo über verschiedene Zwischenstufen die optische Frequenz auf die Mikrowellen-Frequenz des Cs-133 zurückgeführt werden musste [1.19]. So ist auch hier eine Verringerung der Unsicherheiten zu erwarten. 1.2.4 Darstellung, Reproduzierung, Bewahrung und Weitergabe der elektrischen Einheiten Ampere. Zur Darstellung der Einheit des Ampere, die das Bindeglied zwischen den mechanischen und elektrischen Größen ist, wird eine Stromwaage als elektrodynamischer Kraftumformer verwendet (Bild 1.5). Bild 1.5: Prinzip einer Stromwaage zur Darstellung des Ampere Die Messung wird nicht wie die Definition vorsieht an zwei einzelnen Leitern, sondern an Spulen wegen der dabei erzielbaren größeren Kräfte durchgeführt. Die von den stromdurchflossenen Leitern im Magnetfeld ausgeübte Kraft wird mit der Gewichtskraft einer Masse im Schwerefeld der Erde verglichen. Die Unsicherheit der Messung beträgt einige 10 8, da die geometrischen Abmessungen der Spulen nicht genauer zu ermitteln sind. Volt. In ähnlicher Weise wird bei der Darstellung der Einheit Volt die mit Hilfe einer Kondensatoranordnung erzeugte elektrostatische Kraft zu einer Gewichtskraft in Bezug gesetzt. Von der Darstellung der SI-Einheiten ist ihre Reproduzierung für Vergleichszwecke zu unterscheiden. Hierfür werden wegen der großen Genauigkeit Quanteneffekte und Fundamentalkonstanten benutzt, die invariant sind gegenüber Änderungen von Ort