Dr. Jürgen Marx REFERAT 25 Arten- und Flächenschutz, Landschaftspflege

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Transkript:

Auswirkungen des Klimawandels Maßnahmen und Anpassungsstrategien des Naturschutzes Dr. Jürgen Marx REFERAT 25 Arten- und Flächenschutz, Landschaftspflege

Klimawandel weniger Naturschutz! Der Klimawandel kommt. Da bringt es doch nichts, wenn der Naturschutz an liebgewordenen Arten und Lebensräumen festhält. Statisch-konservierender Naturschutz hat bei Klimawandel keinen Erfolg. Folie 2, 06.09.2011

Umwelteinflüsse auf Ökosysteme In D könnten 5-30% der derzeitigen Tier und Pflanzenarten aussterben Folie 3, 06.09.2011 (Leuschner & Schipka 2004)

Naturschutz im Wandel des Klimas Relativierung der Natürlichkeit Verharmlosung von Eingriffen Aufgabe von Schutzbemühungen Marginalisierung des ehrenamtlichen Naturschutzes Verschärfung der Segregation Zunehmender Manipulationsbedarf (Boye, P. u. F. Klingenstein 2006) Folie 4, 06.09.2011

Auswirkungen des Klimawandels (Arten) Verbreitungsgebiet von Arten Individuendichte innerartliche Vielfalt Reproduktionserfolg Verschwinden von Populationen Zuwanderung gebietsfremder Arten Struktur vorhandener Lebensgemeinschaften Entstehung neuer Lebensgemeinschaften biozönotische Beziehungen Phänologie u. Lebenszyklen zeitliche Entkoppelung von Entwicklungsphasen... Folie 5, 06.09.2011 (Wilke et al. 2011)

Gefährdungsursachen für Tierarten (BfN 2005) Folie 6, 06.09.2011

Strukturen 04.04.2012

Keine Strukturen - keine Arten (Schreiber 1980) 04.04.2012

Probleme beim Schutz der Biodiversität Nutzungsintensität - Nutzungsaufgabe Stickstoff, Schadstoffe Fachliche Probleme Zerschneidung, Verinselung Flächenverluste Finanzielle/personelle Ressourcen Ordnungsrecht wird nicht (mehr) angewandt Klimaänderungen... In D könnten wegen Klimaänderungen 5-30% der derzeitigen Tier und Pflanzenarten aussterben (Leuschner & Schipka 2004) Folie 9, 06.09.2011

Kimwandel mehr Arten! Ausbreitung Wärme liebender Arten ist zu beobachten: Wiedehopf, Bienenfresser, Feuerlibelle, Gottesanbeterin... Ausbreitung ist leichter festzustellen als Arealschrumpfung Rückgang kalt-stenothermer Arten schwieriger zu belegen Wie mit einwandernden Arten umgehen? Arten, die wegen des Menschen-gemachten Klimawandels einwandern bekämpfen? Wie berücksichtigt man die zuwandernden Arten bei Bewertungsverfahren, Schutzmaßnahmen etc.? Schutzmaßnahmen für einwandernde Klimaflüchtlinge? Folie 10, 06.09.2011

Verbreitung Südl.Mosaikjungfer Südliche Mosaikjungfer (Aeshna affinis) Folie 11, 06.09.2011

Klimawandel macht Schutzgebiete wertlos Durch des Klimawandel werden statische Schutzgebietssysteme wertlos, wir brauchen dynamische Schutzgebiete! Naturschutz braucht angesichts des Klimawandels neue Strategien NSG, ND, geschützte Biotope, Natura 2000-Gebiete: oft extreme Standortverhältnisse: nass, trocken, nährstoffarm, flachgründig,... Standörtlichen Unterschiede der Schutzgebiete im Vergleich zur Normallandschaft machen Schutzgebiete auch bei Klimawandel zu unverzichtbaren Lebensstätten Schutzgebiete schützen meist mehrere Lebensräume und Arten Artenspektrum und Artengemeinschaften werden sich (auch in Schutzgebieten) ändern Schutzgebiete bleiben auch bei Klimawandel unverzichtbar Folie 12, 06.09.2011

Braucht Naturschutz neue Ziele und Maßnahmen? Landnutzung naturverträglich machen Strukturen in der Landschaft erhalten Ausgewählte Landschaftsausschnitte schützen unzerschnittene Landschaften erhalten Landschaft durchgängig machen Mehr Dynamik zulassen: Fließgewässer, Wald,... Weniger Chemie in der/die Landschaft Weniger Stickstoff in die Landschaft mehr technokratisch-manipulative Artenschutzmaßnahmen (?) All das ist auch in Zeiten des Klimawandels notwendig und richtig! Folie 13, 06.09.2011

Neue Naturschutzstrategien notwendig? statisch abschirmend dynamisch gestaltend statisch gestaltend dynamisch abschirmend (Scherzinger 1980) Folie 14, 06.09.2011

NatSch im Zeichen des Klimawandels I Kern der Diskussion: statisch-konservierende Strategien vs dynamisch-prozessorientierte Strategien konservierende und dynamische Konzepte beibehalten konservierende Konzepte nicht unreflektiert aufgeben Schutzgebiete nur problematisch bei auf konkret definierte Lebensraumtypen oder einzelne Arten beschränkter Zielsetzung Bedeutung von Schutzgebieten wird zunehmen, Schutzzwecke anpassen Klimawandel bedeutet größere Flächenansprüche des Naturschutzes; Flächenkonkurrenz, Biotopverbund Größerer Flächenanspruch über Kooperationen und Synergien umsetzen Folie 15, 06.09.2011

NatSch im Zeichen des Klimawandels II Standörtliche Voraussetzungen mehr berücksichtigen, als konkret vorhandene Artenausstattungen Bewertungssysteme überprüfen: natürlich, naturnah, invasiv Anpassung untergesetzlicher Regelungen: Klimawandel bei Entscheidungen zu Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts stärker gewichten Erhaltung statischer Zustände und konkreter Artenvorkommen prüfen Anpassungsfähigkeit von Arten fördern, hohe Individuenzahl Natürliche Speicher und Senken von Treibhausgasen fördern Folie 16, 06.09.2011

Klimawandel Mehr Naturschutz! Klimawandel ist eine weitere Ursache für den Rückgang von Arten Instrumentarien und Maßnahmen kritisch prüfen und ggf. ergänzen Naturschutz braucht keine grundlegend neuen Strategien Viele der im Naturschutz bisher üblichen Maßnahmen sind auch bei Klimawandel richtig und notwendig Schutzgebiete sind auch in Zeiten des Klimawandels unverzichtbare Instrumente zur Bewahrung der biologischen Vielfalt Praktizierte, erfolgreiche (Arten-)Schutzmaßnahmen nicht vorschnell aufgeben Klimawandel nicht instrumentalisieren/insturmentalisierung nicht zulassen Naturschutz braucht mehr Akzeptanz Naturschutz braucht mehr Umsetzung! Folie 17, 06.09.2011

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Folie 18, 06.09.2011

Literatur I Boye, Peter und Frank Klingenstein (2006): Naturschutz im Wandel des Klimas. Natur und Landschaft 81:574-577. BfN (Hrsg.) (2005): Analyse der Gefährdungsursachen planungsrelevanter Tiergruppen in Deutschland. Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 21, 605 S., Bonn. Huntley, Brian, Rhys. E. Green, Yvonne C. Collingham und Stephen G. Willis (2007): A Climatic Atlas of European Breeding Birds. Lynx Edicion, Barcelonad. 521 S. Leuschner, Christoph und Florian Schipka (2004): Vorstudie Klimawandel und Naturschutz in Deutschland. BfN-Skripten 115. Naturschutzinfo 2/2007: Schwerpunkt Klimawandel und Naturschutz, http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/ 31414/ Folie 19, 06.09.2011

Literatur I Schreiber, L. (Hrsg.)1980: Rettet die Wildtiere. ProNatur Verlag, 240 S., Stuttgart. Scherzinger, Wolfgang (1990): Das Dynamikkonzept im flächenhaften Naturschutz, Zieldiskussion am Beispiel der Nationalpark-Idee. Natur und Landschaft 65, S.292-298. Wilke, Christian, Jutta Bachmann, Gottfried Hage & Stefan Heiland (2011): Planungs- und Managementstrategien des Naturschutzes im Lichte des Klimawandels. Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 109, 235 S., Bonn. Folie 20, 06.09.2011