Zum Stand der Verhandlungen um die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Ländern

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Transkript:

Zum Stand der Verhandlungen um die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Ländern Eva Hall und Tobias Reichert, März 2011 Seit 2002 verhandelt die EU mit den AKP-Ländern (Afrika, Karibik, Pazifik) über sogenannte Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA/ Economic Partnership Agreement, EPAs). Sie sollen die Handelsbeziehungen zwischen beiden Regionen neu regeln. Dies wurde notwendig, da das bisherige Cotonou-Partnerschaftsabkommen den AKP-Ländern weitgehend zollfreien Zugang für ihre Produkte zum europäischen Markt gewährleistete und sie damit besser stellte als andere Entwicklungsländer. Dies widerspricht den Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Mit den EPAs soll der Zugang der AKP-Länder zum EU-Markt WTO-konform gestaltet und verbessert werden Bedingung ist allerdings, dass auch die AKP-Staaten ihre Märkte durch Freihandelsabkommen für die EU öffnen. Offizielle Ziele der EPAs sind: die regionale Integration der AKP-Staaten fördern, sie in den Weltmarkt integrieren, eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen und so zur Armutsbekämpfung beitragen. Dies soll durch gleichberechtigte Verhandlungen erreicht werden, die bis 2008 abgeschlossen werden sollten. Doch 2007 sind die Verhandlungen in eine Sackgasse geraten. Lediglich die 13 karibischen CARIFORUM-Staaten 1 haben als Region ein umfassendes EPA abgeschlossen, welches bislang allerdings nur schleppend umgesetzt wird. Um zu vermeiden, dass der bevorzugte Marktzugang nach Ablauf der ursprünglichen Verhandlungsfrist zurückgenommen werden muss, vereinbarte die EU mit einer Reihe von afrikanischen Ländern sogenannte Interim-EPAs - Abkommen zur Liberalisierung des Güterhandels mit einzelnen Ländern, die für die Übergangsphase bis zum Abschluss regionaler EPAs den Handel regeln. Damit droht allerdings eine Spaltung der afrikanischen Regionen. Denn die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs -Least Developed Countries) haben ohnehin einen freien Marktzugang durch die EBA-Präferenzen (Everything but arms, Alles außer Waffen) 2 der EU. Interim-EPAs sind daher vor allem für die Länder relevant, die nicht in die LDC-Kategorie fallen. Allerdings haben auch diese die Abkommen bislang nur paraphiert, also nicht offiziell unterzeichnet und nicht verbindlich ratifiziert. Die EU hält gleichwohl den freien Marktzugang auf provisorischer Basis aufrecht. 1 Antigua und Barbuda, den Bahamas, Barbados, Belize, Dominica, der Dominikanischen Republik, Grenada, Jamaika, St. Lucia, St. Vincent und den Grenadinen, St. Kitts und Nevis, Suriname sowie Trinidad und Tobago 2 Die EU gewährt den 50 am wenigsten entwickelten Ländern zoll- und quotenfreien Zugang zum EU-Markt für alle ihre Exporte, außer eben Waffen. Die Mehrheit der AKP-Staaten sind LDC.

Wichtige Streitpunkte Verschiedene Streitpunkte haben den Abschluss der Verhandlungen bislang verhindert. Sie liegen vor allem darin begründet, dass die AKP-Staaten ihren Spielraum für eine eigenständige Handelspolitik auch gegenüber der EU möglichst erhalten wollen. Diese erkennt zwar an, dass die Abkommen "asymmetrisch" gestaltet werden müssen, die EU also mehr Verpflichtungen eingehen muss als die AKP-Staaten. Sie fordert gleichwohl eine weitgehende Liberalisierung, die weit über das hinaus geht, was für die WTO-Kompatibilität der Abkommen notwendig wäre 3 : Die EU will Regelungen zu Dienstleistungen, geistigen Eigentumsrechten und den sogenannten Singapur-Themen, wie Investitionen und öffentliche Auftragsvergabe, in den EPAs festlegen. Die EU legt die Vorgabe der WTO, dass "im wesentlichen der gesamte Handel" ( substantially all trade") in einer angemessenen Frist liberalisiert werden muss, so aus, dass die AKP-Staaten mindestens 80 Prozent der Zölle innerhalb von 15 Jahren abschaffen müssen. Im WTO-Abkommen werden keine genauen Vorgaben gemacht. Zudem sollen durch eine "Stillstandsklausel" auch die Zollsätze für Produkte, die nicht vollständig liberalisiert werden, auf dem derzeitigen Niveau eingefroren werden. Dies würde den AKP-Staaten die Flexibilität nehmen, ihre Zölle (auch) wenn sie jetzt unter dem in der WTO festgeschriebenen Höchstsatz bleiben zu einem späteren Zeitpunkt anzuheben. Die EU fordert eine starke Beschränkung von Exportzöllen, welche aber wichtige Instrumente zur Förderung der industriellen Entwicklung sind, beispielsweise die Förderung der im Aufbau befindenden Industrien und Wertschöpfungsketten sowie der Erzielung öffentlicher Einnahmen. Die EU besteht auf einer Meistbegünstigungsklausel. Sie verlangt, dass die AKP- Staaten alle Liberalisierungsschritte, zu denen sie sich in bilateralen Abkommen mit Drittstaaten verpflichten, auch gegenüber der EU einführen. Das würde auch mögliche Handelsabkommen mit großen Entwicklungs- und Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien betreffen. Der zweite EU-Afrika-Gipfel 2007 wurde von den EPA-Verhandlungen überschattet. Obwohl die EU mehr Flexibilität in den Verhandlungen zugesagt hatte, gab es bis zum dritten EU- Afrika-Gipfel kaum Zugeständnisse. Und in den vergangenen drei Jahren wurden keine weiteren EPAs abgeschlossen. Die EU drängte Ende letzten Jahres verstärkt darauf, die Verhandlungen abzuschließen und es wurde diskutiert, durch neue Fristen entsprechend Druck auszuüben. Die Handelsminister der AKP-Staaten, die sich Anfang November 2010 in Brüssel trafen, wiesen neue Fristen dagegen entschieden zurück. Sie schlugen stattdessen eine Reihe von Indikatoren vor, die den Abschluss der EPAs und die damit verbundene Marktöffnung bestimmen sollen: Zum Beispiel die Koppelung an die Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen, an die industrielle Produktion, an die Produktion im Agrarsektor, an den intraregionalen Handel, an die Agrar- und Rohstoffpreise, an Wechselkursraten oder an die Höhe der ausländische Direktinvestitionen. Kurz zuvor formulierten die afrikanischen Handelsminister die Kigali-Deklaration, in der sie eine gemeinsame afrikanische Position für entwicklungsfreundliche EPAs einnehmen. 3 Für eine ausführliche Darstellung der kritischen Punkte, siehe das von Germanwatch mit herausgegebene Hintergrundpapier "Entwicklung oder Marktöffnung", www.germanwatch.org/handel/epa-afr

Die Kigali-Deklaration Die Handelsminister der Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union (AU) trafen sich am 1. und 2. November 2010 in Kigali, Ruanda. Sie betonten die im Cotonou-Abkommen festgelegten Ziele des Abkommens, wie die Bekämpfung der Armut, die Stärkung der regionalen Integration und die allmähliche Integration der Länder in die Weltwirtschaft. In der Deklaration wird Wert darauf gelegt, dass nach dem Abschluss der EPA-Verhandlungen kein Land schlechter dastehen dürfe als bisher. Sie enthält zwölf Forderungen, welche in den Verhandlungen zukünftig berücksichtigt werden sollen. Die wichtigsten darunter sind: Der Aufbau eines Handelsregimes in den EPA-Abkommen, das die Zielvereinbarungen im Cotonou-Abkommen berücksichtigt. Entwicklungsfreundliche EPAs, die signifikant zur Armutsbekämpfung beitragen. Vor diesem Hintergrund bitten sie die EU eindringlich, zusätzliche Ressourcen freizusetzen, um Anpassungskosten an die EPAs zu decken und den Aufbau produktiver Sektoren zu fördern. Zudem sollen zufriedenstellende Lösungen bei den strittigen Themen dazu beitragen, die EPAs als Instrumente für Wachstum und Entwicklungsförderung zu etablieren. Sie erwarten von den europäischen Parteien mehr Anerkennung für die zentralen Ziele und Interessen Afrikas, und dass diese somit in den Verhandlungen mehr Verständnis und Flexibilität zeigen. In diesem Zusammenhang erinnern sie die EU an ihr Versprechen, flexibler in den Verhandlungen zu sein und erwarten dazu konkrete Vorschläge. Sie fordern die Erhaltung eines angemessenen politischen Spielraums zur Förderung der regionalen Integration Afrikas und lehnen Verpflichtungen ab, die über den WTO- Kontext hinausgehen, zum Beispiel bei den Singapur-Themen. Die Verordnung 1528 (Übergangs- und Durchführungsbestimmungen zu den Handelsregelungen), mit der die EU den freien Marktzugang für AKP-Länder provisorisch aufrecht erhält, soll verlängert und auf alle Verhandlungsländer ausgeweitet werden, bis alle Länder EPAs abgeschlossen haben. Hierdurch wird abgesichert, dass es zu keinen Handelsunterbrechungen kommt, bis die EPAs eingeführt werden. Sie kritisieren, dass seitens der EU Druck auf manche Länder und Regionen ausgeübt werde, die Interims-EPAs zu unterzeichnen. Dieser würde den Verhandlungsprozess beeinträchtigen. Sie fordern, die Verhandlungen auf oberster politischer Ebene zu führen und sich zusammen mit der Kommission der AU, dem AKP-Sekretariat und der Europäischen Kommission vor dem EU-Afrika-Gipfel politisch zu engagieren. Der dritte EU-Afrika-Gipfel in Tripolis Ende November 2010 versammelten sich europäische und afrikanische Staats- und Regierungschefs, um die wirtschaftliche Partnerschaft zwischen beiden Kontinenten zu beleben und die Streitigkeiten über Fragen wie Einwanderung, Handel oder Klima auszuräumen. Das Thema des Gipfels war Wirtschaftswachstum, Investitionen und Beschäftigungsförderung" in Europa und Afrika. Die Kernpunkte: Frieden und Sicherheit, Bekämpfung des Klimawandels, Infrastruktur und Energie, Regionale Integration, Landwirtschaft, Regierungsführung und Migration. Die EPAs standen nicht auf der offiziellen Agenda. Zum Abschluss wurde ein Aktionsplan verabschiedet. Dieser umfasst Wirtschaftsentwicklung und Armutsbekämpfung sowie sicherheitspolitische Herausforderungen. Folgende Themenschwerpunkte der Partnerschaft wurden hervorgehoben: Bewältigung der Folgen des Klimawandels, Konfliktprävention und Good Governance. Außerdem der Aufbau eines nachhaltigen Energiemarktes einschließlich der Investitionen v.a. in Erneuerbare Energien, Entwicklung der Infrastruktur, Ernährungssicherung, Erreichen der Millenniumsentwicklungsziele,

Bekämpfung von HIV/AIDS, Befassung mit der Migrationsrealität und den damit verbundenen Herausforderungen sowie deren Zusammenhang mit der Entwicklung und die Gleichstellung der Geschlechter. Im Zusammenhang mit dem Bekenntnis zur regionalen Integration werden auch EPAs erwähnt. Ihr Abschluss soll die sozioökonomische Entwicklung, die regionale Entwicklung und die Integration Afrikas in die Weltwirtschaft unterstützen: We recognize the equally important dimension of regional integration for growth and development and commit to conclude Economic Partnership Agreements (EPAs) that support socio-economic development, regional integration and the integration of Africa into the global economy. Kernforderungen deutscher Nichtregierungsorganisationen Deutsche Nichtregierungsorganisationen fordern einen Kurswechsel der EU, um in den EPA- Verhandlungen voran zu kommen. Die EU soll ihre versprochenen Bereitschaft für flexible Lösungen umsetzen und nicht länger strikt am EPA-Mandat von 2002 festhalten. Stattdessen müssen legitime, von den Positionen der EU abweichende politische Entscheidungen der AKP-Staaten respektiert werden. Die AKP-Staaten haben mehr als deutlich gemacht, dass sie beispielsweise die Stillstandsklausel, die Klausel zu Ausfuhrsteuern oder die Liberalisierung von Investitionen und Dienstleistungen nicht unterstützen. Die EU sollte zudem in Erwägung ziehen, dass am Ende wohl nicht alle AKP-Staaten ein EPA abschließen werden. Für die Staaten und Regionen, für die ein EPA keinen positiven entwicklungspolitischen Beitrag darstellt, müssen Alternativen geschaffen werden. Diese müssen sicherstellen, dass diese Länder nicht schlechter gestellt werden als unter den Bedingungen des Cotonou-Abkommens. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise die Anpassung des Allgemeinen Präferenzsystems, welche dann allen afrikanischen und pazifischen Staaten die Präferenzen der EBA-Initiative gewährt. Zusammenfassung und Ausblick Die politischen Initiativen Ende vergangenen Jahres haben keine konkreten Fortschritte in den EPA-Verhandlungen gebracht. Weder hat die EU ihre Drohung wahrgemacht, neue Fristen für den Abschluss zu setzen, noch hat sie sich auf Forderungen der afrikanischen Staaten zubewegt. Beim EU-Afrika-Gipfel wurde das Thema nur am Rande erwähnt und es kam nicht zu Verhandlungen auf höchster politischer Ebene, wie in der Kigali-Deklaration und von den NGOs gefordert. Die regionalen Verhandlungsprozesse werden mehr oder weniger ehrgeizig fortgesetzt. So hat die East African Community (EAC) verkündet, die Verhandlungen wieder aufzunehmen und bis Juni 2012 abzuschließen. Um die Verhandlungen finanziell zu unterstützen, stellt die Swedish International Development Agency (SIDA) 3,4 Millionen Dollar zur Verfügung. Dagegen hat Namibia bei der Ministerratsitzung der Zollunion des südlichen Afrikas (SACU) in Windhoek Anfang 2011 angekündigt, vorerst kein Interims-EPA zu unterzeichnen. Zur Begründung wird angeführt, die EU habe namibische Bedenken nicht ernst genommen. Geplant war im Dezember 2010 ein IEPA zu unterzeichnen. Bislang ist nicht absehbar, wie die Blockade in den EPA-Verhandlungen aufgelöst werden kann. EU und AKP sollten daher bald damit beginnen über eine grundlegende Neugestaltung ihrer Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu beraten. Liberalisierung und Freihandel sollten dabei nicht, wie in den derzeitigen Verhandlungen, im Vordergrund stehen.

Weiterführende Links Resolution zu EPAs der AKP-Minister: http://www.eed.de/fix/files/doc/akp_acp%20council%20of%20ministers%20resolution_2 010_eng.pdf Kigali-Deklaration: http://www.acp-eutrade.org/library/files/au_en_15112010_au_kigali%20declaration%20epas.pdf Tripolis-Deklaration: http://www.africa-eu-partnership.org/sites/default/files/doc_tripoli_declaration_en.pdf EU NGO briefing paper "The 3rd Africa-EU Summit in Tripoli, 29-30 November 2010: The long awaited high level meeting on EPAs?": http://www.eed.de/fix/files/doc/eedua_epa%20briefing%20%20africa- EU%2020Summit_2010_deu.pdf Hintergrundpapier zum Pressegespräch von EED, Misereor und Oxfam Deutschland am 22.11.2010: http://www.eed.de/fix/files/doc/eed_oxfam_misereor_afrika%20im%20w%fcrgegriff%20d er%20eu_2010_deu.pdf