Zwischen Lobbyarbeit und sozialem Engagement - Die Wohlfahrtsbranche als Arbeitgeber für SozialwissenschaftlerInnen

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Transkript:

Zwischen Lobbyarbeit und sozialem Engagement - Die Wohlfahrtsbranche als Arbeitgeber für SozialwissenschaftlerInnen Christian Woltering Göttingen, 23. Juni 2011

Zu meiner Person: 28 Jahre alt Studium der Diplom Sozialwissenschaften in Göttingen (Beginn WS 2003) Abschluss als Diplom Sozialwirt SS 2009 Bis Juni 2010: Forschungsprojekt am Institut für Demokratieforschung Planung der Dissertation im Fach Politikwissenschaften Seit dem 01. Juli 2010 beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Berlin

Was ist Wohlfahrtspflege?? Laut Steuerrecht: 66 Abs. 2 AO Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen. Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken

Wer sind die Wohlfahrtsverbände? Sechs Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege: Arbeiterwohlfahrt (AWO) Deutscher Caritasverband (DCW) Diakonisches Werk (DW) Paritätischer Wohlfahrtsverband (Der Paritätische) Rotes Kreuz (DRK) Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST) Religiöse bzw. weltanschauliche Unterschiede

Pyramidenstruktur Basis: Einrichtungen und Dienste Regionale Zusammenschlüsse: Ligen der FW Überregionale Vereinigungen: LAGFW Bundesweite Arbeitsgemeinschaft BAGFW Keine zentrale Lenkungsfunktion Einzelne Träger sind rechtlich und wirtschaftlich unabhängig Vergleichbar mit einem Franchise-Unternehmen

Finanzierung: Mix aus: Beiträgen Öffentlichen Mitteln Spenden Eigenmittel

DIE Verbände gibt es nicht! Höchst unterschiedlich zusammengesetzte Organisationen Kleine, oft lokal engagierte Gruppen, Einrichtungen und Dienste Motive: Persönliche Betroffenheit, ethische oder moralische Grundhaltung, solidarische Überzeugung Keine Wohlfahrtskartelle, sondern basisdemokratische Organisation

Was machen Wohlfahrtsverbände? Organisation, Bereitstellung und Erbringung sozialer Dienstleistungen In dieser Funktion am häufigsten wahrgenommen Sozialleistungsverbände Beispiele: Kinder- und Jugendhilfe Altenpflege Migrationssozialarbeit Behindertenhilfe Krankenpflege Hilfe für Menschen in sozialen Notlagen Etc. 95% der Menschen sind mind. einmal im Leben Kunden der WV

Legitimation Art. 20 Abs. 1 GG: Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Subsidiartätsprinzip: Was der Einzelne, die Familie oder Gruppe aus eigener Kraft tun können, darf weder von einer übergeordneten Instanz noch vom Staat an sich gezogen werden.

Weitere Funktionen Sozialanwaltschaftliche Funktion Vertreter der Einrichtungen UND der Nutzer Soziallobbyisten Betroffenenorganisationen Gemeinwohlvertreter Interessenkonflikt? Spagat zwischen unterschiedlichen Interessen und Perspektiven

Wirtschaftliche Bedeutung Die Realität der freien Wohlfahrtspflege steht in einem krassen Widerspruch dem, was in der breiten Öffentlichkeit über sie bekannt ist (G. Igl)

Fakten über die Wohlfahrtsverbände Beschäftigte: 1.540.000 (Stand 2008) Mehr als die gesamte deutsche Automobilindustrie Mehr als das Baugewerbe Mehr als beide zusammen plus Stahlindustrie plus Bergbau plus Schiffbau plus Flugzeugbau plus Stromwirtschaft plus Fischereiwirtschaft

102.000 Einrichtungen Umsatz: ~ 38.000.000.000 Euro p.a. Ca. 2,5 3 Millionen ehrenamtlich Engagierte 80.000 Zivildienstplätze

Die Wohlfahrt ist die größte Branche der gesamten deutschen Volkswirtschaft!

Der Paritätische Wohlfahrtsverband: Gegründet am 7. April 1924 als Vereinigung der freien privaten gemeinnützigen Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands 1925 Umbenennung als Fünfter Wohlfahrtsverband, 1930 als Paritätischer Wohlfahrtsverband 23.06.1934: Auflösung des Verbandes Wiedergründung am 8. Oktober 1949 Nicht konfessionell, nicht parteigebunden Sammelbecken für soziale Organisationen Große Expansion durch das Aufkommen der Neuen Sozialen Bewegungen in den 70er Jahren Heute: Gemessen an Mitabreiterzahlen der drittgrößte Wohlfahrtsverband

Der Paritätische das sind: 15 Landesverbände ca. 10.000 lokale/ regionale Mitgliedsorganisationen 235 Kreisgruppen 43.000 Einrichtungen und Dienste 150 Überregionale Mitgliedsorganisationen Von ASB und Aidshilfe bis VAMV, VdK und Volkssolidarität 545.000 hauptamtlich Beschäftigte 1 Million Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren 13.500 Zivildienstleistende 5.100 junge Frauen und Männer im FSJ

Paritätische Einrichtungen:

Die Idee der Parität Gleichwertigkeit aller in ihrem Ansehen und ihren Möglichkeiten, die Idee sozialer Gerechtigkeit, verstanden als das Recht eines jeden Menschen auf gleiche Chancen zur Verwirklichung seines Lebens in Würde und der Entfaltung seiner Persönlichkeit (Grundsätze 1989)

Der Paritätische wir verändern. Dienstleistungen für Mitgliedsorganisationen Beratung fachlich, rechtlich, organisatorisch Unterstützung Finanzierung, Qualitätsmanagement, Fortbildungsangebote Sozialpolitischer Akteur nicht konfessionell, überparteilich Sozialanwaltliche Interessenvertretung, Lobbyarbeit, fachliche Profilierung Analyse, Kritik und Aufzeigen politischer Handlungsoptionen

Bsp. Armutsberichte

Bsp. Hartz IV-Kinderregelsätze

Bsp. Sozialzentrale

Mein Stellenprofil: Referent für fachpolitische Grundsatzfragen ½ Stelle (19,5 Wochenstunden) 3 Tage Woche Befristet bis zur nächsten Mitgliederversammlung Persönlicher Mitarbeiter des Vorstandes Stabstelle Schnittstelle zwischen Geschäftsführung und Vorstand

Aufgaben: Verbandsinterne Informationsbeschaffung für den Vorstand Termine vorbereiten Reden, Grußworte, Statements, Editorials, Interviews Briefe, Glückwünsche, Ehrungen, Kondolierungen Konzepte, Fachbeiträge, Stellungnahmen, Pressemitteilungen überarbeiten Protokolle Verbandsvertretung Organisation von Tagungen, Kongressen, Sitzungen

Voraussetzungen: Interesse an sozialpolitischen Vorgängen Kenntnis wirtschaftlicher, sozialer und rechtlicher Grundlagen Besonders gut: Praxiserfahrung

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!