Ansprache am Ehrenmal 2014 Krieg ist der größte Ausdruck menschlicher Sprachlosigkeit. (Gerd Peter Bischoff *1949) 600 JAHRE ST. SEBASTIANUS SCHÜTZENBRUDERSCHAFT GESEKE 1412-2012 Liebe Schützenbrüder, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, 28. Juli 1914. Das Kaiserreich Österreich-Ungarn erklärt auf Grund des Attentats an Erzherzog Franz-Ferdinand in Sarajevo dem Königreich Serbien den Krieg. Der Beginn des ersten Weltkrieges, es sollten 4 furchtbare Jahre werden, die dieser Weltkrieg hervorrief. Erstmals setzte man Massenvernichtungswaffen wie Giftgas ein. 100 Jahre sind seitdem in diesem Jahr vergangen. 10 Millionen Todesopfer und 20 Millionen verwundete Soldaten, 7 Millionen zivile Opfer hat dieser Krieg gefordert, Auslöschung einer ganzen Generation in der Demographie. Er wurde zu einem Nährboden eines noch weitaus furchtbareren zweiten Weltkrieges. Er war der Nährboden für Faschismus und Nationalsozialismus. Leider ist dieses Gedankengut in noch vielen Köpfen verbohrter Politiker der rechten Szenen vorhanden. Hegemoniebestrebungen einzelner sind auch heute noch, 69 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges an der Tagesordnung. Krieg war, ist und wird nie ein Mittel zur Lösung von Konflikten zwischen Völkern, zwischen Menschen sein. Krieg ist das Furchtbarste, das wir einer Zivilisation antun können. 1
Wer hat nicht mit Angst und Schrecken nach Osteuropa in diesem Jahr geschaut, 100 Jahre nach dem Beginn des ersten Weltkrieges? Wer hat nicht Parallelen gezogen zwischen der Krim Krise damals und der Krim Krise heute? Wer hat sich nicht in den letzten Monaten beim Aufmarsch russischer Truppen an der ostukrainischen Grenze und der Verstärkung der NATO Truppen im östlichen Bündnisteil gefragt, was geschieht, wenn jetzt jemand an den Machthebeln eine falsche Reaktion zeigt? Waren wir nicht in den letzten Jahren so selbstsicher und zufrieden, weil Kriege so weit weg waren (Afghanistan, Irak, Sudan)? Leider müssen wir jetzt feststellen, wie labil Frieden sein kann, wie sehr wir alles tun müssen um Frieden zu erhalten, wie sehr wir miteinander sprechen müssen und uns gegenseitig verstehen lernen müssen. Es geht heute nicht mehr nur um Land, Grenzen, Hoheitsgebiete. Es geht um Existentielles wie Rohstoffe, Ressourcen, Nahrung und wohl am Wichtigsten Trinkwasser. Machen wir uns nichts vor: auch heute noch würden viele ohne nachzudenken denen nachlaufen und sie auf Händen tragen, die ihnen alles Erdenkliche versprechen. So lange jeder von uns nur seine eigenen Vorteile sieht, wird Hurra gerufen. Das ist bei einem mit durchtrainiertem nackten Oberkörper ins Bild gesetzten russischen Präsidenten, einem machtstrebenden, die Demokratie mit Füssen tretenden türkischen Ministerpräsidenten oder einem filmreif, leichtfüßig daher schwebenden US-Präsidenten nicht anders, als es 1933 war. Mit solchen Vergleichen sollte man vorsichtig sein, doch es sind die Köpfe, die Massen anziehen 2
und sie beeinflussen können, sie auf ihre Seite ziehen können. Was machen da die paar kritischen Menschen, die dies alles sehr differenziert sehen, die sich Gedanken machen? Wofür haben diese Politiker NSA, das Abschalten von Facebook oder Twitter, die Manipulation der Presse oder Ähnliches? 48 % Wahlbeteiligung bei den letzten Wahlen im Mai, und unsere Politiker erklären vor laufenden Kameras ihre persönlichen Erfolge. 52 % aller Wahlberechtigten haben nicht gewählt. Sicherlich auch aus Desinteresse, Nichtwissen oder weil sie mit ihrer sozialen Lage sehr zufrieden sind. Die meisten Nichtwähler aber sind die, die sich in der heutigen Politik nicht mehr wiederfinden, sich missverstanden finden, die die Verantwortungslosigkeit im Regieren nicht verstehen können. Daraus resultiert dieser Rechtsruck des Systems bei den Europawahlen. Wo sind denn unsere Politiker, die nur von 48 % der Wähler gewählt wurden? Was wollen sie tun um dieses Land, die Führung von Stadt, Kreis, Land wieder einer Akzeptanz zuzuführen? Aus zwei großen Kriegen hat unsere Nachkriegsgeneration gelernt, das dies nie wieder geschehen darf. Europa als Ganzes, politisch, wirtschaftlich und kulturell ist hierauf die einzige logische Antwort. Wollen wir dies alles aufs Spiel setzen? Wollen wir wieder den ewig Gestrigen den Weg bahnen? Politiker, Bürgermeister, Abgeordnete unserer Stadt! Es ist an Euch Antworten auf diese 48 % Wahlbeteiligung zu geben. Es darf nicht sein, dass wir uns desillusioniert abwenden. 3
Wir leben hier in Geseke, Kreis Soest, NRW, Bundesrepublik Deutschland, in Europa >>> Das muss bewahrt werden. Es darf nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgehen! Bitte, dann sorgt alle dafür, das wir nicht Stück für Stück in eine Nationalstaaterei hineinrutschen, das wir nicht Stück für Stück Menschen zujubeln, die nur ihren eigenen Vorteil, ihren eigenen Nazismus ausleben wollen. 100 Jahre nach Beginn des ersten Weltkrieges stehen wir nun hier beim Schützenfest 2014. Verantwortung für die Menschen tragen, für die Mitmenschen, seine Nachbarn, den Anderen, den Integrierten aus anderen Kulturen. Verständnis zeigen für einander. Das muss unser Ziel sein! So groß wie die Freiheit, die man genießt, ist die Verantwortung, die man trägt (Ernst Reinhardt * 1932) Lassen sie uns nun hier am Ehrenmal inne halten. Lassen sie uns beten und bitten, dass wir keinen Krieg mehr erleben müssen, dass wir nicht für einen solchen Wahnsinn unsere Kinder, Verwandten und Freunde opfern müssen! Lassen sie uns gedenken der Millionen Kriegsopfer beider großer Weltkriege und der vielen Kriege und Krisen dieser Welt. Lassen sie uns gedenken und für die Opfer beten des armenischen Holocaust während des ersten Weltkrieges und des jüdischen Holocaust während der Nazizeit. Lassen sie uns beten für die verfolgten, vergewaltigten und misshandelten Frauen und Kindern dieser Welt. 4
Lassen sie uns gedenken, derer, die wegen ihrer Religion verfolgt werden, insbesondere den vielen Christen dieser Welt. Lassen sie uns beten für die über 70 Millionen Flüchtlinge unserer Tage, dass wir Wege finden Ihnen zu helfen und Flüchtigen Zuflucht geben. Lassen sie uns beten für die Politiker, das sie ihren Weg für Demokratie, Einigkeit und Recht und Freiheit gehen. Lassen Sie uns an die Menschen in Krisengebieten denken, damit Diplomatie und Gespräche der bessere Weg sind und nicht der Krieg. Wer den Frieden hütet, bewahrt einen teuren Schatz! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Herr Major bitte zum Totengedenken. 5