Titel: Bestattungskosten: Berücksichtigung des Verwandtschaftsgrads bei Heranziehung zum Kostenersatz

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Transkript:

VGH München, Beschluss v. 12.09.2013 4 ZB 12.2526 Titel: Bestattungskosten: Berücksichtigung des Verwandtschaftsgrads bei Heranziehung zum Kostenersatz Normenketten: BestattG Bay Art. 14 II 2 74 SGB XII 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO 1589 Satz 3 BGB 19 Abs. 3 SGB XII Leitsatz: 1. Auch bei fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sind die näheren Verwandten eines Verstorbenen vorrangig gegenüber den entfernteren Verwandten zum Ersatz der von der Gemeinde aufgewandten Bestattungskosten heranzuziehen. (amtlicher Leitsatz) Orientierungsatz: Die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht besteht in erster Linie aus Gründen der Gefahrenabwehr, so dass die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen grundsätzlich unbeachtlich sind (BayVGH, B.v. 9.6.2008 4 ZB 07.2815 BayVBl 2009, 537). Schlagworte: Bestattung, Kostenersatz, Vorrangige Verwandte, Bestattungskosten, Verwandte, Bestattungspflicht, gemeindliche Ersatzvornahme, Verwandtschaftsgrad, sozialhilferechtlicher Kostenersatzanspruch Fundstellen: BayVerwBl 2014, 178 FamRZ 2014, 1072 DÖV 2014, 311 LSK 2014, 120238 Tenor I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 4. Oktober 2012 wird abgelehnt. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 935,15 Euro festgesetzt. Gründe I. 1 Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zum Ersatz von Bestattungskosten für seinen Ende 2011 verstorbenen Bruder. Für diesen war, nachdem bestattungspflichtige Angehörige nicht rechtzeitig hatten

ermittelt werden können, von der Beklagten im Wege der Ersatzvornahme nach Art. 14 Abs. 2 BestG eine Feuerbestattung angeordnet worden. 2 Der Verstorbene hatte neben dem Kläger drei weitere Brüder sowie drei Töchter. Auf Anregung der Beklagten erklärte sich eine der Töchter bereit, in monatlichen Raten die Hälfte der Bestattungskosten (935,15 Euro) zu übernehmen. Eine weitere Tochter machte unter Vorlage entsprechender Belege geltend, sie sei als Studentin auf Unterstützungsleistungen Dritter angewiesen und daher nicht leistungsfähig. Die Adresse der dritten Tochter konnte von der Beklagten zunächst nicht ermittelt werden. Die drei weiteren Brüder des Klägers lehnten jeweils unter Hinweis auf ihre geringen Renten- bzw. Sozialleistungsbezüge eine Kostenübernahme ab. 3 Die Beklagte zog daraufhin den Kläger, der als Beamter tätig ist, mit Bescheid vom 6. Juni 2012 zur Zahlung der restlichen 935,15 Euro Bestattungskosten nebst Gebühren und Auslagen in Höhe von 97 Euro heran. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei nach Art. 15 BestG i. V. m. 15 Satz 1 und 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. f BestV bestattungspflichtig und habe infolgedessen auch für die Kosten aufzukommen. Bei der Heranziehung solle nach 15 Satz 2 BestV der Grad der Verwandtschaft berücksichtigt werden. Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Tochter des Verstorbenen sei aber festgestellt worden, dass diese nicht uneingeschränkt gegeben sei, so dass eine Kostenaufteilung vorzunehmen sei. 4 Auf die Anfechtungsklage des Klägers hin hob das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 4. Oktober 2012 den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2012 auf. Die Beklagte habe ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Nach 15 Satz 2 BestV solle die Gemeinde bei der Bestimmung der zur Bestattung verpflichteten Angehörigen den Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft berücksichtigen. Diese den Adressatenkreis einer etwaigen Inanspruchnahme einschränkende Regelung müsse im Falle einer Ersatzvornahme und eines Kostenerstattungsanspruchs nach Art. 14 Abs. 2 BestG in gleicher Weise bzw. erst recht gelten. Es sei nicht ersichtlich, dass die Gemeinde in der Frage, von wem finanzieller Ersatz verlangt werden könne, weniger strengen Bindungen unterliege als in den eilbedürftigen Fällen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BestG, in denen sie aus dem Kreis der Angehörigen jemanden zur Durchführung der Erstattung verpflichte. Im vorliegenden Fall habe kein Grund vorgelegen, von der durch 15 Satz 2 BestV grundsätzlich vorgegebenen Rangfolge der Angehörigen abzuweichen. Bei einer Sollvorschrift sei die Behörde im Regelfall strikt gebunden; sie dürfe nur bei Vorliegen atypischer Umstände davon abweichen. Solche Umstände lägen regelmäßig nur vor, wenn die Inanspruchnahme der vorrangig Verpflichteten nicht möglich sei. Dass die beiden Töchter, deren Adressen die Beklagte ermittelt habe, nicht hinreichend leistungsfähig seien, rechtfertige keine Abweichung von dem durch die Sollvorschrift intendierten Ermessen. Mit der Heranziehung zum Kostenersatz werde keine Regelung darüber getroffen, wer endgültig die Bestattungskosten zu tragen habe; dies sei eine Frage des Zivilrechts. Weiterhin bestehe für die Verpflichteten die Möglichkeit, nach 74 SGB XII die Übernahme der Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger zu beantragen, wenn es ihnen nicht zuzumuten sei, diese selbst zu tragen. Der Gesetzgeber habe mit 74 SGB XII eine Regelung vorgesehen, die unzumutbare Härten wegen mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit eines zur Bestattung Verpflichteten verhindere, die Erforschung der Zumutbarkeitsfrage bei den mit solchen Fragestellungen vertrauten Sozialhilfeträgern ansiedle und damit die Ordnungsbehörden von der Prüfung dieser ressortfremden Fragen entlaste. Die mangelnde Leistungsfähigkeit stelle daher keinen Ausnahmefall dar, der die Heranziehung nachrangig Bestattungspflichtiger erlaube. Die Bereitschaft einer der Töchter des Verstorbenen, die Hälfte der ausstehenden Bestattungskosten freiwillig zu übernehmen, führe zu keiner anderen Beurteilung; sie könne aber ggf. bei der Auswahl zwischen den gleichrangig verpflichteten Töchtern Berücksichtigung finden. Im Verhältnis zum Kläger seien die Töchter des Verstorbenen vorrangig zur Tragung der gesamten Bestattungskosten verpflichtet; sie könnten sich dieser Pflicht nicht durch eine freiwillige Teilzahlung

entziehen. Auch die von einer der Töchter vorgetragenen gestörten Familienverhältnisse in Gestalt von Unterhaltspflichtverletzungen und mangelnder Zuwendung könnten zu keiner anderen Entscheidung führen. 5 Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. 6 Der Kläger tritt dem Zulassungsantrag entgegen. 7 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Sach- und Rechtslage verwiesen. II. 8 Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Beklagten erhobenen Einwände, mit denen sie - ohne diesen Zulassungsgrund ausdrücklich zu benennen - im Sinne von 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend macht, sind unbegründet. Das Verwaltungsgericht ist mit zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger nicht zur Tragung der Bestattungskosten herangezogen werden durfte. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung wird weder ein einzelner tragender Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (vgl. BVerfG, B.v. 21.1.2009-1 BvR 2524/06 - JZ 2009, 850/851; B.v. 20.12.2010-1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/547 m. w. N.). 9 Die Beklagte räumt zwar ein, dass neben dem Kläger als Bruder des Verstorbenen drei weitere gemäß 15 Satz 1 i. V. m. 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestV bestattungspflichtige Personen (die Töchter des Verstorbenen) vorhanden sind, die nach den geltenden bestattungsrechtlichen (Soll-) Vorschriften wegen des näheren Grads der Verwandtschaft ( 1589 Satz 3 BGB) grundsätzlich vorrangig zur Bestattung hätten verpflichtet werden können, so dass sie - nach erfolgter Ersatzvornahme - auch vorrangig zur Kostenerstattung nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG heranzuziehen sind. Sie hält es aber für zulässig, aufgrund einer Einzelfallprüfung von der Inanspruchnahme eines näheren Verwandten wegen mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit abzusehen und die Bestattungskosten stattdessen von einem entfernteren Verwandten zu fordern. Das Bestattungsrecht ziele darauf ab, die Kosten der Bestattung den Erben oder Angehörigen des Verstorbenen und nicht der Allgemeinheit aufzuerlegen. Soweit das angegriffene Urteil auf die Möglichkeit verweise, dass die Töchter des Verstorbenen einen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger stellen könnten, widerspreche dies dem sozialhilferechtlichen Nachrangigkeitsprinzip, wonach zunächst anderweitige Mittel auszuschöpfen seien. Folge man der Auffassung des Verwaltungsgerichts, so trage letztlich die Allgemeinheit die Kosten der Bestattung, obwohl mehrere bestattungspflichtige Personen vorhanden seien. Der Sachverhalt sei deshalb ohne Verweisung auf das Sozialhilferecht zunächst nur im Rahmen des Bestattungsrechts zu würdigen, wobei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betreffenden Personen soweit möglich zu ermitteln sei. 10 Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zu begründen. Die Beklagte übersieht, dass das Bestattungsrecht bei der Inanspruchnahme der nach 15 Satz 1 i. V. m. 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestV bestattungspflichtigen Personen einen prinzipiellen Vorrang der näheren gegenüber den entfernteren Verwandten vorsieht, der nicht durch wirtschaftliche Zumutbarkeitserwägungen relativiert werden darf. 11 Will eine Gemeinde, nachdem sie selbst oder durch vertraglich Beauftragte für die Bestattung einer verstorbenen Person gesorgt hat, von einem der ursprünglich Bestattungspflichtigen nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG Kostenersatz verlangen, so hat sie - ebenso wie in den Fällen einer Bestattungsanordnung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BestG - die in Art. 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 BestG und 15 Satz 2

BestV vorgeschriebene Reihenfolge zu beachten, wonach bei der Bestimmung des Verpflichteten der Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft berücksichtigt werden soll. Verwaltungsrechtliche Sollvorschriften dieser Art sind im Regelfall für die mit ihrer Durchführung betraute Behörde rechtlich zwingend und verpflichten sie, so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Nur wenn Umstände vorliegen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, darf die Behörde anders verfahren als im Gesetz vorgesehen und nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.1992-5 C 39.90 - BVerwGE 90, 275/278 m. w. N.). In den Fällen des Kostenersatzes nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG kann eine solche Ausnahme etwa dann vorliegen, wenn die Wohnanschrift des bestattungspflichtigen näheren Angehörigen der Gemeinde nicht bekannt ist und auch nicht durch eine Melderegisterabfrage oder durch Nachfrage bei den weiteren Angehörigen des Verstorbenen ermittelt werden kann. Die bloße Tatsache, dass eine vorrangig bestattungspflichtige Person in wirtschaftlicher Hinsicht als nicht leistungsfähig anzusehen ist, stellt dagegen noch keinen atypischen Umstand dar, der es rechtfertigen würde, stattdessen einen nachran-gig Verpflichteten zur Kostenerstattung zu verpflichten. 12 Bedarf es einer behördlichen Anordnung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BestG oder einer Ersatzvornahme nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BestG, weil die Angehörigen des Verstorbenen ihrer Pflicht zur Bestattung nicht (rechtzeitig) nachkommen, so liegt die Ursache für diese Untätigkeit regelmäßig darin, dass der vorrangig Bestattungspflichtige keine bzw. nur eine gestörte Beziehung zu dem Verstorbenen hatte oder dass er die für eine Bestattung erforderlichen Finanzmittel nicht aus eigener Kraft aufbringen kann. Keiner dieser beiden Gründe reicht aus, um einen atypischen Sachverhalt anzunehmen, der die Inanspruchnahme nachrangig bestattungspflichtiger Angehöriger zuließe. Die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht besteht in erster Linie aus Gründen der Gefahrenabwehr, so dass die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen grundsätzlich unbeachtlich sind (BayVGH, B.v. 9.6.2008-4 ZB 07.2815 - BayVBl 2009, 537). Dürfte die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit bei der Reihenfolge der für die Bestattung bzw. deren Kosten herangezogenen Personen eine Rolle spielen, so hätte es für den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber angesichts der Häufigkeit dieses Einwands nahe gelegen, ein entsprechendes Differenzierungskriterium in die Vorschrift des Art. 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 BestG bzw. des 15 Satz 2 BestV ausdrücklich aufzunehmen. Da dies nicht geschehen ist, muss angenommen werden, dass beengte wirtschaftliche Verhältnisse allein noch kein Grund sind, um ausnahmsweise von der Heranziehung eines näheren zulasten eines entfernteren Verwandten abzusehen. 13 Selbst wenn der zur Bestattung oder zum Ersatz der Bestattungskosten verpflichtete Angehörige über kein dafür ausreichendes (pfändungsfreies) Einkommen oder Vermögen verfügt, kann er sich nicht auf eine dauerhafte subjektive Unmöglichkeit der Erfüllung berufen. Denn jeder - z. B. kraft öffentlichen Rechts - vorrangig Bestattungspflichtige kann nach 74 SGB XII die Übernahme der Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger beantragen, soweit es ihm, etwa aus wirtschaftlichen Gründen, nicht zuzumuten ist, diese selbst zu tragen (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2001-5 C 8/00 - NVwZ 2001, 927 f.; BayVGH, B.v. 9.6.2008-4 ZB 07.2815 - BayVBl 2009, 537; BSG, U.v. 29.9.2009 - NVwZ-RR 2010, 527/528; LSG BW, U.v. 25.4.2013 - L 7 SO 5656/11 juris Rn. 27). In der Kostenersatzpflicht nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG liegt daher auch für finanziell nicht leistungsfähige Angehörige des Verstorbenen keine unzumutbare oder unverhältnismäßige Belastung (vgl. Stelkens/Seifert, DVBl 2008, 1537/1539 f.; Repkewitz, BayVBl 2010, 228/232 f.). 14 Bei einem Antrag nach 74 SGB XII ist zwar der in 2 i. V. m. 19 Abs. 3 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz zu beachten, wonach Sozialhilfe nur geleistet wird, soweit dem Leistungsempfänger die Aufbringung der Mittel aus seinem eigenen Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. Kapitels des SGB XII nicht zugemutet werden kann (vgl. BSG, a. a. O. Rn. 17). Dieses bundesrechtliche Prinzip der Nachrangigkeit gilt jedoch nur im Verhältnis des einzelnen Sozialleistungsberechtigten zum zuständigen Sozialhilfeträger. Aus ihm ergibt sich daher entgegen der Auffassung des Beklagten keine Auslegungsdirektive für die Frage, wann abweichend vom landesrechtlich angeordneten Vorrang des

jeweils näheren Angehörigen (Art. 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 BestG, 15 Satz 2 BestV) ein entfernterer Angehöriger für die Bestattung zu sorgen bzw. deren Kosten zu tragen hat. 15 Aus der Vorschrift des Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG folgt allerdings ein intendiertes Ermessen dergestalt, dass in der Regel nur die Entscheidung für eine Inanspruchnahme der vorrangig bestattungspflichtigen Person ermessensfehlerfrei ist (BayVGH, B.v. 9.6.2008-4 ZB 07.2815 - BayVBl 2009, 537). Das Bestattungsrecht verlangt aber darüber hinaus nicht, dass für die entstandenen Kosten immer zumindest einer der nachrangig Bestattungspflichtigen - falls finanzielle Leistungsfähigkeit besteht -und nicht die Allgemeinheit in Gestalt des Sozialhilfeträgers einzustehen hat. Dies widerspräche auch ersichtlich dem Regelungszweck des 74 SGB XII, der auf eine Kostenentlastung des primär Bestattungspflichtigen abzielt und dabei (ausnahmsweise) eine bestehende Verbindlichkeit als sozialhilferechtlichen Bedarf anerkennt (BVerwG; U.v. 5.6.1997-5 C 13/96 - NJW 1998, 1329). Dass die möglicherweise fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des vorrangig Bestattungspflichtigen bei der ordnungsbehördlichen Entscheidung über die Heranziehung zum Kostenersatz nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG von vornherein außer Betracht bleibt und erst von dem mit dieser Aufgabe besser vertrauten Sozialhilfeträger zu prüfen ist, erscheint im Übrigen auch aus verwaltungspraktischer Sicht geboten (vgl. BayVGH, a. a. O., 538). 16 Die Kostenentscheidung beruht auf 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung folgt aus 47 Abs. 3, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. 17 Dieser Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. 1 VwGO).