Prostaglandine in der Schwangerschaft 2007, M. Neuß Quellen UptoDate 14.3 Leitlinie 015/031 AWMF
Medikamente Dinoproston 10 mg Vaginalinsert (Propess ) Dinoproston 3 mg Vaginaltablette (Minprostin 3 mg) Dinoproston-Intrazervikalgel 0,5 mg (Prepidil ) Dinoproston-Vaginalgel (Minprostin 1 mg/ 2 mg Vaginalgel ) Gemeprost 1 mg Vaginalsupp. (Cergem ) Methylergometrin 200 µg Amp. (Methergin ) Mifepriston 200 mg Tablette (Mifegyne ) Misoprostol 200 µg Tablette (Cytotec 200) [in Deutschland aus dem Handel] Sulproston Amp. 500 µg (Nalador 500 )
Einleitung Erreichung eines besseren perinatalen Ergebnisses für Mutter und Kind als durch ein expektatives Vorgehen (medizinische Indikation) Verbesserung des Bishop-Score Induktion zur Geburt führender Wehen und Erreichen einer vaginalen Geburt.
Prinzip Risko-Nutzen Analyse Erkrankung Schwere, Dynamik, Zustand des Feten Kontraindikationen Hyperstimulation, Einleitungserfolg, -dauer Einstellung der Schwangeren Indikation/ Dringlichkeit Nichts tuen Einleitung Sectio
Voraussetzungen Adäquate apparative und personelle Überwachung von Mutter und Kind. Verfügbarkeit von Tokolytika in Griffnähe (z.b. uterine Überstimulierung mit konkomitierenden Herzfrequenzalterationen). Permanente Möglichkeit der Sectio caesarea. Nach Expertenmeinung keine ambulante Einleitung, da Wirkung und Wirkeintritt unvorhersehbar sind
Vorgehen Anamneseerhebung und allgemeine Untersuchung der Schwangeren. Indikationsstellung durch Facharzt Sorgfältige geburtshilfliche Untersuchung: u.a. Zervixbefund, uterine Aktivität, ggf. vaginaler Nativabstrich, CTG. Sonographische Untersuchung z.b. Kindslage, Plazentasitz, evtl. Dopplersonographie bei intrauteriner Wachstumsrestriktion. Wahl des Einleitungsverfahrens (vor allem in Abhängigkeit vom Zervixbefund) durch Facharzt Aufklärungsgespräch und Dokumentation in der Akte
Bishop-Score (mod. n. Calder) Kriterium Score 0 1 2 3 MM-Weite (cm) <1 1-2 2-4 >4 Cx-Länge (cm) >4 2-4 1-2 <1 Stand VT (IS, cm) -3-2 -1/0 1/2 Konsistenz Fest Mittel Weich - Stellung Cx Sakral nicht sakr. - -
Kontraindikationen regelmäßige Kontraktionen Placenta praevia, Vasa praevia, Plazentalösung Querlage oder Mehrlinge mit vorangehendem Kind in BEL oder Querlage Nabelschnurvorliegen oder -vorfall Vorausgegangene Sectio (außer mit Querschnitt im unteren Uterinsegment) oder Z.n. transmuraler Uterotomie z.b. Myomektomie aktiver Herpes genitalis Absolutes Kopf-Becken-Missverhältnis Allergie gegen PG-Präparate bzw. deren Bestandteile mütterlicher Status asthmaticus in der Vorgeschichte
Nebenwirkungen Fieber / Kopfschmerzen / Rückenschmerzen / Benommenheit / Erbrechen / Übelkeit / Krämpfe im Bauchraum / Diarrhoe. Blutdruckabfall* / Tachykardie / Hypertonie / Bradykardie / Bronchokonstriktion* / vorzeitiger verschluß des Ductus arteriosus* Zittern (Misoprostol) Uterine Überstimulation mit und ohne Alteration der kindlichen Herzfrequenz DIG Wärmegefühl in der Vagina Myokardischämie mit allen denkbaren Folgen Störung der Wasser- und Elektrolytausscheidung
Besondere Situationen Z.n. Sectio, Mehrlinge, BEL, Vielgebärende Retardierung hypertensive Schwangerschaftserkrankungen (Dynamik des Krankheitsverlaufes beachten) Diabetes mellitus (insbesondere bei fetaler Makrosomie) Bekannte Einschränkung der utero-plazentaren Perfusion (Notch) CTG-Veränderungen (suspekt nach FIGO) schwerwiegende mütterliche Erkrankungen
Methoden Intrazervikales Gel Intra- (endo-) zervikale Applikation von 0,5 mg PGE 2 Gel eventuell Wiederholung nach 6-8h (zulassungskonform: 8-12h) möglich. Ind.: Geburtseinleitung bei unreifer Zervix (Bishop-Score 5) Vaginalgel 1 mg und 2 mg PGE 2 -Gel intravaginal, Wiederholung nach 6 h Ind.: Bishop-Score 4 Zugelassene Tagesgesamtdosis: 3mg (in 24h) Vorgehen: Initialdosis 1 mg gefolgt von 1 oder 2 mg nach 6 h je nach Geburtsfortschritt Empfehlung: bei Nulliparität und unreifer Zervix (Bishop < 4) Initialdosis 2 mg (Tagesdosis 4 mg [zulassungskonform 3 mg])
Methoden PGE 2 -Vaginalinsert 10 mg Dinoproston vaginales Freisetzungssystem: Kontinuierliche Freisetzung von 0,3-0,4 mg/h bei zugelassener Liegezeit von 24h; Vaginalinsert mit Rückholband. Ind.: Einleitung der Zervixreifung in der Spätschwangerschaft ab 37 SSW - unabhängig vom Cervix-Score Indikationen zur Entfernung des Vaginalinsert: Einsetzen der Wehen (V.a.) uterine Überstimulation Hinweise auf "Fetal Distress" (CTG) systemische NW (Übelkeit, Erbrechen, Hypotonie, Tachykardie) mind. 30 min vor Oxytocin
PGE 2 -Vaginaltablette: Methoden 3 mg PGE 2 -Vaginaltablette, evtl. Wiederholung nach 6-8h, max. 6 mg in 24h Ind.: ausreichende Geburtsreife der Zervix (Deutschland; in der Schweiz keine Bezugnahme auf den zervikalen Reifegrad)
Methoden Misoprostol (off-label) große Anzahl randomisierter Studien mit Misoprostol zur Geburtseinleitung. Dabei wurden unterschiedliche Dosierungen (25-100 µg) und Applikationswege (intravaginal, oral, sublingual) geprüft. Metaanalysen der Studien: Dosierung: 25 µg intravaginal alle (4 -) 6 Std. Oxytocin frühestens 4 Std. nach der letzten Misoprostol-Applikation Cave: Kontraindikation bei Z.n. Sectio oder anderen transmuralen Uterus-Operationen
Wechsel/ CTG nach Versagern Überprüfung der Indikation Überprüfung der Risiken Wechsel auf anderes Medikament ggf. als erneuter Versuch natürlich auch Sectio als Alternative einbeziehen CTG-Überwachung keine evidenzbasierten Daten obligat CTG vor Applikation, danach intermittierend Fachinformationen beachten Beispiel: vor erster Gabe 30 Minuten, danach 60 Minuten folgende Gaben: 10 Minuten davor, 30/60 Minuten danach
Z. n. Sectio keine Evidenz-basierten Daten, Studienlage widersprüchlich Immer Aufklärung über Risiko der Ruptur Nach Expertenmeinung nur bei Schnitt im unteren Uterinsegment Mifepriston 200mg (bei totem Kind), Zervixreife unerheblich 0,5 mg PGE 2 -Gel intrazervikal alle 6h (off-label) nach ausreichender Reife auch Vaginalgel möglich Keine Kombination mit Oxytocin Synthetische Prostaglandine kontraindiziert
Atonie, Prävention Risikogruppen Wehenschwäche, Z.n. Atonie, Mehrlinge,... Oxytocin/ Ergotalkaloide Mittel der ersten Wahl (Ergotalkaloide nicht bei Hypertonus oder Gestose) z.b. 3iE Oxytocin i.m. direkt p.p. Misoprostol nicht besser nur in Sonderfällen zur Prävention Sulproston ggf. bereithalten
Asthma bronchiale Anamnestischer Status asthmaticus ist Kontraindikation für Prostaglandine Prostaglandingabe möglich bei Asthma in der Anamnese Asthma unter Behandlung ohne aktuelle Beschwerden Vorsichtsmaßnahmen beachten keine systemische Gabe sondern möglichst vaginal mit niedrigen Dosen beginnen Broncholytika bereithalten, ggf. i.v.-zugang
Atonie, Therapie Vermeidung eines operativen Eingriffs im Volumenmangelschock mit Verlustkoagulopathie Ausschluss blutende Verletzung Mindestens einen großlumigen (weiß) Zugang legen Beginn mit: Bimanueller Uteruskompression Oxytocin i.v. 10 I.E. als Bolus 40 I.E. in 500 ml (125 ml/h) +/- Methyl-Ergometrin 0,2-0,5 mg Bei unzureichender Wirkung: Intravenöse Infusion von Sulproston 1,7 - max. 8,3 µg/min. 1 Ampulle/ 500 ml; 1,7-8,3 ml/min (100ml/h-500ml/h) Perfusor mit 50ml: 10ml/h-50ml/ Praktischer Hinweis: Initial maximale Dosis, stufenweise Dosisreduktion bis zur Erhaltungsdosis nach Blutungsstärke
Atonie, Therapie Weitere Maßnahmen Uterustamponade Sulproston-getränkt, in Einzelfällen erfolgreich Einstellung v. Zervix/ Scheide und Wundrevision (Embolisation) Laparotomie, Unterbindung d. Gefäße, Hysterektomie Begleittherapie Volumenersatz (1ml Blut = 3ml kristalloide Lsg.) Blutverlust > 20%: Susbtitution mit EKs und FFP, ggf. TK bei Persistenz rekomb. Faktor VIIa (off-label) initial 90µg/kg KG, in 15-20 Min. wiederholen
Empfehlungen und Evidenz A Prostaglandine sind effektive Substanzen zur Geburtseinleitung und Zervixreifung, können aber zu einer uterinen Überstimulation führen B Uterine Überstimulationen korrelieren mit der verabreichten Dosis an PGE2 und können mit ß-Sympathomimetika therapiert werden A A Prostaglandine sollten zur Geburtseinleitung unabhängig vom Reifegrad der Zervix und Parität bei Schwangeren mit intakten Eihäuten gegenüber Oxytozin bevorzugt werden Prostaglandine und i.v. Oxytozin sind unabhängig vom Reifegrad der Zervix und der Parität bei Blasensprung in Terminnähe äquieffektiv zur Geburtseinleitung
Empfehlungen und Evidenz A A C Zur Geburtseinleitung sollte der vaginalen PGE2-Applikationsform Vorrang gegenüber der intrazervikalen werden, beide sind äquieffektiv, die vaginale jedoch weniger invasiv Keine signifikanten Unterschiede bestehen hinsichtlich Effizienz und uteriner Überstimulationsraten zwischen 10 mg PGE2-Vaginalinsert und andern PGE2-Gelpräparationen (intrazervikal, vaginal) zur Geburtseinleitung; dies gilt auch für den Vergleich PGE2-Vaginalgel und PGE2-Vaginaltablette Dosierung vaginaler PGE2-Präparate:Aufgrund des Fehlen überzeugender klinischer Evidenz aus systematischen Reviews sollten bei vaginaler Prostaglandin-Applikation die Herstellerangaben befolgt werden: PGE2 Tabletten: 3 mg PGE2 alle 6-8 Stunden (max. 6 mg tägl.) PGE2 Gel: 2 mg PGE2 bei Nullipara mit unreifer Zervix (Bishop < 4), bei allen anderen Schwangeren 1 mg initial; gefolgt von, sofern erforderlich, 1-2 mg PGE2 nach 6 Stunden; max. Tagesdosis: 4 mg für Nullipara mit unreifer Zervix 3 mg für alle anderen
Prostaglandine weitere Indikationen und Therapieschemata
Abortinduktion 49 Tage p.m. Vermeidung eines Eingriffs und der Komplikationen Mifepriston nach sonografischer Darstellung 200-600 mg Mifepriston unter Aufsicht 36-48 danach PG-Analoga: 1mg Gemeprost (Cergem) oder 600-800 mg Mifepriston
bis 13+6 SSW Ziele: Zervixerweichung, Tonisierung des Uterus, Traumatisierung vermindern mindestens 3h vor OP 1mg Gemeprost vaginal, ggf. wiederholen Misoprostol: 200µg p.o. 10-16h vor OP 400µg p.o. 2-4h vor OP
14+0 bis 23+6 SSW Ziele: Zervixerweichung, Weheninduktion komlikationslose und komplette Entleerung des Uterus, Tonisierung, Minimierung des Blutverlustes Zervixpriming vor Weheninduktion 24-48h vor Weheninduktion Mifepriston 200 mg p.o. PGE2 intrazervikal 0,5 mg alle 6h Misoprostol 200µg p.o. Weheninduktion Gemeprost 1mg vag. alle 3-6h (max. 5-mal/d) Misoprostol 400µg p.o. alle 4h Therapieversager Sulproston 1,7-8,3µg/min, max. 1500µg/d Cave Z.n. Sectio
Fruchttod ab 24+0 SSW Vorbereitendes Priming mit Misoprostol 200µg 24-48 h zuvor Dinoproston 0.5mg Intrazervikal-Gel alle 6h bis Bishop 6 oder Geburt in Gang kommt Weheninduktion Sulproston 1,7-8,3µg/min (max. 1500µg/d) Dinoproston Vag.-Gel 1mg/2mg alle 6h Misoprostol 100/200µg alle 6 h Dinoproston Vag. Tbl. 3 mg alle 6h (max. 6mg/24h) Oxytocin bei reifem Befund (mit Amnioszentese) Cave ggf. Dosisreduktion, da Myometrium zu Termin emfpdinlicher Myometrium bei IUFT empfindlicher