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Transkript:

Betriebstättenbesteuerung und E-Commerce Bayerische IFA Prof. Dr. Alexander Hemmelrath Partner 26. Januar 2016

Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft Aktionspunkt 1 Ermittlung der Hauptschwierigkeiten, die sich durch die digitale Wirtschaft für die Anwendung bestehender internationaler Steuervorschriften ergeben, und Erarbeitung detaillierter Möglichkeiten zur Lösung dieser Schwierigkeiten unter Zugrundelegung eines holistischen Ansatzes und Berücksichtigung sowohl direkter als auch indirekter Besteuerung. 2

Gliederung 1. Teil Betriebstättenbesteuerung im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen A. Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne gemäß Art. 7 OECD-MA B. Definition der Betriebstätte gemäß Art. 5 OECD-MA 2. Teil Besonderheiten des E-Commerce A. Typische Geschäftskonzepte der Digital Economy B. Besteuerungsprobleme bei der Digital Economy C. Problemlösung durch BEPS? D. Gewinnzurechnung unter dem AOA Fazit 3

1. Teil Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen A. Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne gemäß Art. 7 OECD-MA I. Grundsatz: Besteuerung grenzüberschreitend tätiger Unternehmen im Sitzstaat II. Besteuerung im Quellenstaat nur bei durch Vorliegen einer Betriebstätte verfestigter Teilnahme am Wirtschaftsverkehr Gewinnzurechnung zu Stammhaus und Betriebstätte: AOA gemäß OECD-MA 2010 versus eingeschränkte Selbständigkeitsfiktion gemäß OECD-MA 2008 4

1. Teil Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen A. Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne gemäß Art. 7 OECD-MA Gewinnzurechnung unter dem AOA 1. Grundlagen Voraussetzung: Betriebstätte liegt vor unter dem AOA ist die Betriebstätte als vollständig eigenständiges Unternehmen zu behandeln Leistungsbeziehungen ( Dealings ) zwischen Stammhaus und Betriebstätte müssen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz verrechnet werden durch die Selbständigkeitsfiktion kann der Betriebstätte ein Gewinn zugerechnet werden, auch wenn das Gesamtunternehmen einen Verlust erwirtschaftet => Prinzip der Leistungsfähigkeit? keine Anwendung indirekter Gewinnzurechnungsmethoden mehr => Vereinbarkeit mit der geplanten GKKB in der EU? 5

1. Teil Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen A. Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne gemäß Art. 7 OECD-MA Gewinnzurechnung unter dem AOA 2. Erfolgs- und Vermögensabgrenzung Art. 7 Abs. 2 OECD-MA 2-stufiges Verfahren folgend dem Grundprinzip der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze Erfolge eines Unternehmens entstehen durch Ausübung von Funktionen (gleichzusetzen mit Aktivitäten ) für Ausübung von Funktionen notwendige WGs sind dem jeweiligen Unternehmensteil zuzuordnen Vermögens- und Risikostruktur bestimmt zuzuordnendes Dotationskapital ( capital follows risk ) 6

1. Teil Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen A. Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne gemäß Art. 7 OECD-MA Gewinnzurechnung unter dem AOA 2. Erfolgs- und Vermögensabgrenzung Erste Stufe Selbständigkeitsfiktion a. Funktionsanalyse Ermittlung der bedeutsamen Tätigkeiten und Verantwortungsbereiche der BS Insbesondere auch Bestimmung der Rechte und Pflichten aus Transaktionen mit unverbundenen Unternehmen Bestimmung der Tätigkeiten der Mitarbeiter ( People Functions ) Significant Functions Support/ancillary functions BS ohne Mitarbeiter -> Anwendung der Funktionsanalyse auf automated functions 7

1. Teil Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen A. Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne gemäß Art. 7 OECD-MA Gewinnzurechnung unter dem AOA 2. Erfolgs- und Vermögensabgrenzung Erste Stufe - Selbständigkeitsfiktion b. Risikozuordnung Risikozuordnung folgt der Ausübung der significant people functions Risiken sind der BS zuzuordnen, deren Personal die tatsächlichen Entscheidungen in Bezug auf die Übernahme und das Management der jeweiligen Risiken trifft ( active decision making ) Zuordnung wirtschaftlicher Folgen unternehmerischer Entscheidungen zu der dafür verantwortlichen Person 8

1. Teil Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen A. Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne gemäß Art. 7 OECD-MA Gewinnzurechnung unter dem AOA 2. Erfolgs- und Vermögensabgrenzung Erste Stufe - Selbständigkeitsfiktion c. Zuordnung von Wirtschaftsgütern keine zivilrechtlich wirksame Vertragsbeziehung Zuordnung der WGs nach dem Konzept der economic ownership Unternehmensteil, der Chancen und Risiken aus Wertänderungen des WGs trägt, sollen resultierende Einnahmen und Ausgaben zugeordnet werden Unterscheidung zwischen materiellen und immateriellen WGs materielle WGs: Ort der Nutzung immaterielle WGs: Zuordnung folgt den signifikanten Personalfunktionen (Entscheidungen über Entwicklung, Erwerb, Veräußerung, Vermarktung etc.) 9

1. Teil Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen A. Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne gemäß Art. 7 OECD-MA Gewinnzurechnung unter dem AOA 2. Erfolgs- und Vermögensabgrenzung Erste Stufe - Selbständigkeitsfiktion d. Kapitalausstattung der BS Kapitalausstattung muss der Funktions- und Risikostruktur folgen BS soll in der Lage sein, Funktionen, WGs und Risiko finanzieren zu können WGs müssen bewertet und Risiken gemessen werden OECD nennt mehrere Methoden, keine verbindlich, gewählte Methode soll aber fortgeführt werden (z.b. Kapitalaufteilungs-, Kapitalzuordnungs- und Fremdvergleichsmethode) Zuordnung Fremdfinanzierungsaufwand alle dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechende Methoden sind zulässig (z.b. tracing approach, fungibility approach) 10

1. Teil Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen A. Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne gemäß Art. 7 OECD-MA Gewinnzurechnung unter dem AOA 2. Erfolgs- und Vermögensabgrenzung Erste Stufe - Selbständigkeitsfiktion e. Dealings Anerkennung innerunternehmerischer Leistungsbeziehungen und fremdvergleichskonforme Vergütung Rein steuerlich relevante Transaktionen => erhöhte Anforderungen für Anerkennung: Transfer bedeutsamer Risiken, Verantwortlichkeiten, Vorteile buchhalterische Abbildung und Dokumentation keine Trennung von Risiko und Funktion durch Transfer Bedingungen entspr. Fremdvergleichsgrundsatz 11

1. Teil Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen A. Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne gemäß Art. 7 OECD-MA Gewinnzurechnung unter dem AOA 2. Erfolgs- und Vermögensabgrenzung Zweite Stufe - Erfolgsabgrenzung fremdvergleichskonforme Vergütung von Innentransaktionen OECD-Verrechnungspreisgrundsätze analog Vergleichbarkeitsanalyse: characteristics of property and services functional analysis contractual terms economic circumstances business strategies 12

1. Teil Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen B. Definition der Betriebstätte gemäß Art. 5 OECD-MA I. Grundsatz: Betriebstätte als feste Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird II. IV. Bauausführung oder Montage gilt nur dann als Betriebstätte, wenn ihre Dauer 12 Monate überschreitet Ausnahmen vom Vorliegen einer Betriebstätte u.a. für - Lagerhaltung - Wareneinkauf - vorbereitende oder Hilfstätigkeiten Vertreterbetriebstätte: Abhängiger Vertreter mit Vertretungsvollmacht 13

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce A. Relevante Geschäftskonzepte der Digital Economy I. Physische E-Commerce Modelle Verkauf von physischen Waren über das Internet Waren befinden sich meist im Land des Käufers => Geschäftsmodell erfordert gewöhnlich eine gewisse physische Präsenz des Unternehmens im Bestimmungsland (z.b. Warenlager, Kundenservice, Vertrieb) II. Digitale E-Commerce und Cloud Modelle Verkauf digitaler Produkte Vertrieb entweder über das Internet (Software-Download) oder Speicherung in einem zentralen Datenzentrum und Vertrieb als Dienstleistung (Cloud) => Vertrieb und Kundenservice müssen nicht zwingend im Wohnsitzstaat des Kunden sein, sondern möglich von überall auf der Welt 14

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce A. Relevante Geschäftskonzepte der Digital Economy Multi- Dimensionale Modelle zwei oder mehr Ebenen erste Ebene: kostenlose Nutzung digitaler Dienstleistungen durch User zweite Ebene: Verkauf von Nutzerdaten für individualisierte Werbung an Unternehmen, die möglicher Weise ihren Sitz in einem anderen Land sowohl als die User als auch der Service Provider haben theoretisch können alle Beteiligten in verschiedenen Ländern ansässig sein, wobei die User von überall die kostenlosen Dienstleistungen abrufen können Beispiele: Suchmaschinen und soziale Netzwerke 15

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce B. Besteuerungsprobleme bei der Digital Economy I. Wesentliche Merkmale der Digital Economy Mobilität im Hinblick auf immaterielle Wirtschaftsgüter Nutzer Geschäftsfunktionen => Flexibilität bei der Standortwahl Fokussierung auf Daten (insbes. Big Data ) Netzwerkeffekte bzgl. Nutzerbeteiligung, Integration, Synergien Nutzung mehrseitiger Geschäftsmodelle, ggf. in versch. Staaten Tendenz zum Monopol oder Oligopol bei bestimmten Geschäftsmodellen, die stark von Netzwerkeffekten abhängen Volatilität aufgrund niedriger Marktzutrittsschranken und schnellem technischem Wandel 16

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce B. Besteuerungsprobleme bei der Digital Economy II. BEPS-Risiken in der Digital Economy - Broader Tax Challenges 1. Vermeidung einer Betriebstätte keine eigene physische Präsenz -> nur Website, Server steht im Eigentum eines Dienstleisters -> Server des Dienstleisters ist keine Vertreterbetriebstätte physische Präsenz, aber nur Ausübung von Vorbereitungs- und Hilfstätigkeiten, Art. 5 Abs. 4 OECD-MA 17

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce B. Besteuerungsprobleme bei der Digital Economy II. BEPS-Risiken in der Digital Economy - Broader Tax Challenges 2. Reduzierung des der Betriebstätte zuzuordnenden Gewinns Übertragung von immateriellen WGs problemlos möglich -> Reduzierung von Risiken und Funktionen im Quellenstaat Ausnutzung von vorteilhaften Steuerregimen (insbes. Zinsen und Lizenzen) und hybriden Gestaltungen Fehlen von Hinzurechnungsbesteuerungsregelungen auf Ebene der obersten Muttergesellschaft => keine oder niedrige Besteuerung von Gewinnen 18

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce B. Besteuerungsprobleme bei der Digital Economy Lösungsansätze 1. Anpassungen bestehender Regelungen Verzicht auf physische Präsenz als steuerlicher Anknüpfungspunkt Anpassung Ausnahmenkatalog des Art. 5 Abs. 4 OECD-MA Handelt es sich tatsächlich nur um Hilfs- oder Unterstützungstätigkeiten? (z.b. hochgradig professionalisierte Auslieferungslager mit garantierter Lieferung am nächsten Tag) Zuordnung immaterieller Wirtschaftsgüter (Ort der Schaffung) Ende hybrider Unternehmensstrukturen einheitliches Hinzurechnungsbesteuerungsrecht 19

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce B. Besteuerungsprobleme bei der Digital Economy Lösungsansätze 2. Entwicklung neuer Anknüpfungspunkte? a. digitale Betriebstätte wesentliche digitale Präsenz (Nexus) ausreichend: vollständig dematerialisierte digitale Aktivitäten Annahme einer digitalen BS ab Überschreiten bestimmter Schwellenwerte (z.b. Anzahl der Vertragsschlüsse, Ausmaß der geschäftlichen Verwertung von Nutzerdaten, Umsatz, etc.) Kritik: nicht mit Verrechnungspreisstandards vereinbar effektive Durchsetzung schwierig Beschränkung auf Digital Economy möglich? 20

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce B. Besteuerungsprobleme bei der Digital Economy Lösungsansätze 2. Entwicklung neuer Anknüpfungspunkte? b. Erhebung einer Quellensteuer knüpft an Zahlungen für Erbringung digitaler Leistungen ausländischer Unternehmen an Kritik: Bruttobesteuerung Ungleichbehandlung gegenüber der Old Economy 21

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce B. Besteuerungsprobleme bei der Digital Economy Lösungsansätze 2. Entwicklung neuer Anknüpfungspunkte? c. Bit Tax basierend auf dem vom Unternehmen genutzten Datenvolumen Kritik: schwerlich in die Praxis umzusetzen Effektivität fraglich, da das genutzte Datenvolumen nicht zwingend Hinweise auf Profitabilität gibt 22

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce B. Besteuerungsprobleme bei der Digital Economy BMF: Lösungsansätze 3. Fazit OECD, EC, BMF Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die Digitalisierung mittlerweile die gesamte Wirtschaft erfasst und es keine isolierbare digitale Wirtschaft gibt, die vom Rest der Wirtschaft getrennt werden könnte. Dementsprechend wurde die internationale Einführung gänzlich neuer steuerlicher Anknüpfungsmerkmale nicht empfohlen. Stattdessen sollen bestimmte Aspekte der bestehenden Besteuerungsprinzipien (z. B. beim Betriebsstättenbegriff) angepasst werden, um den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Zudem soll die weitere technologische Entwicklung der Digitalisierung beobachtet werden, um zukünftigen Handlungsbedarf rasch ermitteln zu können. => Evolution statt Revolution 23

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce C. Problemlösung durch BEPS? I. Wiederherstellung der Besteuerung im Absatzmarkt Aktionspunkt 6 Verhinderung von Abkommensmissbrauch -> auch: Verschärfung der Mutter-Tochter-Richtlinie -> D erwägt Einführung einer Lizenzschranke (Korrespondenzprinzip) Aktionspunkt 7 Verhinderung der künstlichen Umgehung des Betriebstättenstatus Ausnahmenkatalog Art. 5 Abs. 4 OECD-MA Anti-Fragmentation-Rule Keine Anerkennung künstlicher Aufspaltung von Verträgen => 12-Monats-Regelung greift ein Vertreterbetriebstätte (wann besteht Abhängigkeit?) 24

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce C. Problemlösung durch BEPS? II. Wiederherstellung der Besteuerung im Absatzmarkt wie auch im Staat der obersten Muttergesellschaft Aktionspunkt 2 Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen Aktionspunkt 4 und 9 Begrenzung der Gewinnverkürzung durch Abzug von Zinsoder sonstigen finanziellen Aufwendungen -> Hinzurechnungsbesteuerung -> Zinsschranke Aktionspunkt 5 Wirksame Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken Aktionspunkt 8-10 - Gewährleistung der Übereinstimmung zwischen Verrechnungsergebnissen und Wertschöpfung => Aktionspunkt 8: Immaterielle WGs -> Ende von Patent-Box-Regelungen, die zur Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und zur Gewinnverlagerung führen -> Einkünfte dort, wo tatsächliche Wertschöpfung erbracht wurde 25

2. Teil Besonderheiten des E-Commerce D. Gewinnzurechnung unter dem AOA AOA in der Digital Economy Wo keine BS, keine Gewinnzurechnung! Ist BS möglich, wenn z.b. Server im Quellenstaat, aber Selbständigkeitsfiktion scheitert, weil es ein Unternehmen ohne Personal nicht geben kann? nach AOA nur Gewinnzurechnung, wenn Personalfunktionen Server-BS hat grds. kein Personal selbst wenn Tätigkeit bloße Hilfsfunktion übersteigt, wohl keine Gewinnzurechnung möglich entspricht nicht der wirtschaftlichen Realität (vgl. Pipeline-Urteil des BFH) Anwendung der Escape-Klausel ( 1 Abs. 5 S. 2 AStG) oder Rückgriff auf prä-aoa Zuordnungsverständnis? 26

Fazit Am Betriebstättenbegriff und dessen anerkannter Definition sollte aus Gründen der Rechtssicherheit festgehalten werden! Viele Besteuerungsprobleme sollten sich durch die Maßnahmen im Rahmen des BEPS-Pakets erledigen oder zumindest abschwächen. Die Digital Economy wird aufgrund ihrer Volatilität und des steten technischen Fortschritts im Fokus der OECD bleiben. Einkommenszurechnung nach dem AOA bleibt mangels Personal problematisch. Problematik würde sich durch die Einführung einer GKKB erledigen Einkommenszurechnung nach indirekter Methode zu erwägen 27

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Alexander Hemmelrath Partner Norton Rose Fulbright LLP, München Tel. +49 89 212148 371 alexander.hemmelrath@nortonrosefulbright.com 28

Disclaimer Norton Rose Fulbright US LLP, Norton Rose Fulbright LLP, Norton Rose Fulbright Australia, Norton Rose Fulbright Canada LLP and Norton Rose Fulbright South Africa Inc are separate legal entities and all of them are members of Norton Rose Fulbright Verein, a Swiss verein. Norton Rose Fulbright Verein helps coordinate the activities of the members but does not itself provide legal services to clients. References to Norton Rose Fulbright, the law firm and legal practice are to one or more of the Norton Rose Fulbright members or to one of their respective affiliates (together Norton Rose Fulbright entity/entities ). No individual who is a member, partner, shareholder, director, employee or consultant of, in or to any Norton Rose Fulbright entity (whether or not such individual is described as a partner ) accepts or assumes responsibility, or has any liability, to any person in respect of this communication. Any reference to a partner or director is to a member, employee or consultant with equivalent standing and qualifications of the relevant Norton Rose Fulbright entity. The purpose of this communication is to provide general information of a legal nature. It does not contain a full analysis of the law nor does it constitute an opinion of any Norton Rose Fulbright entity on the points of law discussed. You must take specific legal advice on any particular matter which concerns you. If you require any advice or further information, please speak to your usual contact at Norton Rose Fulbright. 30