Fluglärm als Umweltproblem. Minderungspotenziale durch lärmoptimierte Planung

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Transkript:

Fluglärm als Umweltproblem Minderungspotenziale durch lärmoptimierte Planung Uwe Brendle Abteilung I 3 Verkehr und Lärm 1

Inhalt Lärmbelästigung in Deutschland Strategien zur Lärmbekämpfung Optimierte Planungen Fazit 2

Lärmbelästigung in Deutschland 70 60 50 Straßenverkehr Flugverkehr Schienenverkehr Industrie / Gewerbe Nachbarschaft % 40 30 20 10 0 2000 2002 2004 2006 2008 2010 UBA 2010 3

Strategien zur Lärmbekämpfung - Grundsätze Verkehrsvermeidung - Internalisierung der externen Kosten des Flugverkehrs - Kostengerechtigkeit Verkehrsverlagerung auf umweltverträglichere Verkehrsträger - Kurzstreckenflüge auf die Schiene Verminderung der Emissionen an der Lärmquelle 4

Möglichkeiten zur Fluglärmminderung Instrumente und Maßnahmen Technische Flugbetriebliche Planerische Ökonomische Rechtliche Minderung des Triebwerks- und Umströmungslärms Lärmmind. Flugverfahren; Beschränkungen; Bahnnutzungskonzepte Nationale Flugverkehrsplanung; Flugroutenplanung Emissionsabhängige Start- und Landeentgelte; Green Slots Lärmvorschriften; Grenzwerte; ICAO-Vorgaben; Sanktionierung 16.06.2012 5 Fluglärm als Umweltproblem

Optimierungsmöglichkeiten Nationale Flugverkehrsplanung: kein Race-to-the-bottom beim Lärmschutz; Bundesverkehrswegeplan Standortentscheidungen: stärkere Berücksichtigung der Lärmbelastungen; Siedlungsentwicklung Engere Verbindung zwischen Planfeststellung und Flugroutenfestlegung: u.a. Vertrauensschutz/Transparenz; Betriebsregime; Nachtflugverbot Regelungen zum Luftraum überprüfen; Festlegung von Überfluggebieten wie z.b. militärische Zonen Optimierung des Prozesses der Flugroutenfestlegung 6

Ablaufprozess Flugroutenfestlegung Ersuchen an DFS durch bestimmte Institutionen (ICAO, Eurocontrol, Luftverkehrsgesellschaften u. a.) Prüfung des Anliegens durch DFS Fachliche Ausarbeitung von Flugstreckenvorschlägen durch DFS Vorstellung und Erörterung der Vorschläge in der Fluglärmkommission Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung Juristische Prüfung durch das Bundesjustizministerium Entwurf der Rechtsverordnung Erlass der Rechtsverordnung durch BAF Lärmfachliche Beurteilung durch das Umweltbundesamt Weltweite Bekanntgabe durch DFS 7

Optimierungsmöglichkeiten Klare, detaillierte Verfahrensfestlegungen (z.b. Aufgaben, Kommunikation) Transparenz bei der Erarbeitung der Flugroutenvorschläge (Begründungs-und Offenlegungspflichten, detaillierte Erwägungskriterien etc.) Objektivität der Entscheidungsfindung/Quantifizierbarkeit/Nachvollziehbarkeit der Entscheidungskriterien; Datengrundlage verbessern Rangigkeit/Wertigkeit der Entscheidungskriterien: sicher, geordnet, flüssig erweitern/verändern; Sicherheit-Wirtschaftlichkeit-Lärm Berücksichtigung anderer Umweltaspekte bei der Routenfestlegung, z.b. Beeinträchtigung der Erholungsfunktion ist (derzeit) nicht zu berücksichtigen 8

Optimierungsmöglichkeiten: Flugrouten und directs Flugrouten werden durch Rechtsverordnung festgelegt Das gilt aber nicht für directs Flugsicherungslotse erteilt dem Luftfahrzeugführer die Freigabe (Erlaubnis) von der Flugroute abzuweichen und auf dem kürzesten Weg zum nächsten Navigationspunkt zu fliegen. Freigaben sind Einzelfallentscheidungen und werden im täglichen Flugbetrieb erteilt (vgl. 26 Abs. 2 LuftVO); sie unterliegen damit keiner Abwägung. Problem:durch directs können faktisch neue Flugrouten entstehen, die nicht im Abwägungsprozess festgelegt wurden (siehe nächste Folie) 9

STANLY-Track-Daten der DFS STANLY-Track-Daten der DFS : Abflüge Berlin-Tegel, 22.05.12, RWY 08 Flugrouten fächern ab 5000 ftauf; die nach Süden abknickenden Flugzeuge folgen keiner festgelegten Flugroute 10

Optimierungsmöglichkeiten Öffentlichkeitsbeteiligung derzeit nur über Fluglärmkomission vorgesehen Rolle der Fluglärmkommission überdenken, mit dem Ziel, die Kommission zu stärken.beispiel Frankfurt: Mediationsverfahren am Flughafen Frankfurt/Main mit dem Ziel, den Flughafenausbau unter Berücksichtigung der Interessen der Betroffenen (Konsensfindung) zu realisieren; Fortsetzung dieses Prozesses im Rahmen Forum Flughafen und Region Rolle der Akteure? - DFS faktisch für Sachverhaltsermittlung und Abwägung zuständig - Beratender Ausschuss nach 32 LuftVG? -Rolle des UBA 11

Effektive Beteiligung des Umweltbundesamtes 32 Abs. 4c Satz 2 LuftVG Verordnungen nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 8, die von besonderer Bedeutung für den Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm sind, werden im Benehmenmit dem Umweltbundesamt erlassen Festlegung von Flugverfahren für Flüge innerhalb von Kontrollzonen, für Anund Abflüge zu und von Flugplätzen mit Flugverkehrskontrollstelle und für Flüge nach Instrumentenflugregeln, einschließlich der Flugwege, Flughöhen und Meldepunkte ( 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 LuftVG) Benehmen Vor Erlass eines Rechtsakts wird einer anderen Behörde die Möglichkeit zur Stellungnahme mit dem Ziel der Verständigung gegeben, d. h. die Stellungnahme kann bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Begründungspflicht für Abweichungen vom Votum der Benehmensbehörde! besser: Einvernehmensregelung Vor Erlass des Rechtsakts muss das Einverständnis einer anderen Behörde vorliegen, d. h. die Stellungnahme muss bei der Entscheidung berücksichtigt werden. 12

Optimierungsmöglichkeiten: Fluglärmmonitoring Ermittlung der tatsächlichen Flugbetriebssituation Berechnung der aktuellen Fluglärmbelastung Durchführung punktueller Fluglärmmessungen Vergleich der aktuellen mit der prognostizierten Fluglärmsituation Beurteilung der aktuellen Fluglärmsituation auf der Grundlage der Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung Kontinuierliche Optimierung der Flugrouten unter Lärmaspekten und Einführung lärmmindernder An- und Abflugverfahren 13

Fazit Begrenzung der Fluglärmbelastung durch verbindliche Immissionsgrenzwerte Strategien zur Lärmbekämpfung notwendig (vermeiden, verlagern, vermindern) Nationale, integrierte Flugverkehrsplanung Prozess der Flugroutenfestlegung optimieren: Qualität und Transparenz des Entscheidungsfindungsprozesses verbessern Verbindliches, kohärentes Lärmoptimierungspaket für Flughäfen (konkrete Ziele und Maßnahmen zur Lärmoptimierung; Evaluation etc.) 14

Vielen Dank! Uwe Brendle uwe.brendle@uba.de www.umweltbundesamt.de 15

Möglichkeiten für eine wirksame Lärmbekämpfung Immissionsgrenzwerte im Sinne BImSchG für Fluglärm (bislang keine Begrenzung der Fluglärmbelastung) Gesetzlich festgelegte Zumutbarkeitswerte Betreiberpflichten zur Fluglärmminderung frühzeitige Beteiligung und transparente Information der Öffentlichkeit 16

Beschleunigung internationaler Prozesse Grenzwertverschärfungen für neue Flugzeuge notwendig Regelung der Geräuschemissionen der Luftfahrzeuge erfolgt auf internationaler Ebene (ICAO) Weltweite Einigung über Instrumente und Maßnahmen erforderlich Dies ist langwieriger Entscheidungsprozess; deshalb sind kurz-, mittel- und langfristige Zielwerte notwendig 17

Lärmminderung durch wirksame Start- und Landeentgelte Lärmabhängige Start- und Landeentgelte sind etabliert ABER: zum Einsatz lärmarmer Flugzeuge ist diese Steuerungswirkung unzureichend Deshalb sind wirksame Anreize zur schnellen Ausmusterung der lauten Flugzeuge (insbesondere Frachtflugzeuge) zu schaffen: Verbesserung der Wirksamkeit der lärmabhängigen Start- und Landeentgeltsysteme 18