Realitätsbezogene Aufgaben für die Hauptschule

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Transkript:

Realitätsbezogene Aufgaben für die Hauptschule Prof. Dr. Katja Maaß Pädagogische Hochschule 26.9.07 Warum überhaupt ein Workshop über Mathematik?

Warum ein Workshop über Mathematik? In Mathe ist alles klar In Mathe wird gerechnet, und zwar mit dem Verfahren, das seit der letzten Klassenarbeit drangenommen wurde. Berechne 1 5! + 3 7 Löse 2x+1=0. Auch klar: Mathematik ist Hauptfach. Mathematik schult das logische Denken Zu Recht: Wichtige selektive Position Mathematik ist also wichtig. Gliederung Warum ist Mathematik Hauptfach? Warum realitätsbezogene Aufgaben? Welche realitätsbezogenen Aufgaben gibt es? Welche Hindernisse für die Integration von Realitätsbezügen in den Mathematikunterricht gibt es? Wie kann es weiter gehen?

Warum ist Mathematik Hauptfach? Ich finde das richtig [das Mathematik nach Klasse 6 abgeschafft wird], weil man nach der sechsten Klasse alles Wichtige im Leben weiß. (Schüler am Gymnasium, Klasse 7) [Mathematik hat] für die gesamte Gesellschaft keine große [Bedeutung], da nur die elementarsten mathematischen Dinge von Nutzen sind. Zum Beispiel um den Zahlungsverkehr mit Geld zu gewährleisten, und dazu bracht man nun keine exponentiellen Gleichungen. (Lehramtsstudentin, 1. Semester)

Warum ist Mathematik Hauptfach? Welche Ziele hat der Mathematikunterricht? Wozu braucht man im Leben Mathematik? Konkrete Situationen + Welche Art von Mathematik? Beantworten Sie die beiden Fragen zunächst allein schriftlich (in Stichworten)! Tauschen Sie sich dann mit Ihrem Nachbarn aus! Ziele des Mathematikunterrichts (G1) Erscheinungen der Welt um uns, die uns alle angehen oder angehen sollten, aus Natur, Gesellschaft und Kultur, in einer spezifischen Art wahrzunehmen und zu verstehen (G2) mathematische Gegenstände und Sachverhalte als eine deduktiv geordnete Welt einer Art kennen zu lernen und zu begreifen (G3) in der Auseinandersetzung mit Aufgaben Problemlösefähigkeiten, die über die Mathematik hinausgehen, zu erwerben. Heinrich Winter (2003)

Wozu braucht man Mathe? Individuum Pragmatischer Nutzen Zum Rechnen Überschlagen Zum kritischen Hinterfragen Zum Kommunizieren Für ein besseres Weltverständnis Methodologischer Nutzen Erwerb von Problemlösestrategien Offenere Haltung Logisches Denken Gesellschaft Basis vieler Wissenschaften Basis vieler alltäglicher Dinge Kulturgut Kunst und Architektur Wie sehen das Hauptschüler? Glaubst du, dass du Mathe auch noch nach deiner Prüfung brauchen kannst? Nja, aber eher weniger! Nimmer so h äufig. B r a u c h s t d u z u r z e i t manchmal schon Mathe? Au ße r h a l b d e r S c h u l e? J a, w e n n m a n s i c h S a c h e n h a l t k a u f t. A b e r s o n s t n i c h t. (Hauptschüler Klasse 8) (Hauptschüler, Klasse 8) Also, kannst du dir vorstellen, wo man so was rechnen muss 123 Mal 7? Nee, kann ich nicht. Weil es sind ja einfach zwei Zahlen: 123 und 7. Hast du ne Idee, ein Beispiel, wo man vielleicht das brauchen könnte, dass man 123 mal 7 rechnet? Hmmh [Verneinend] (Hauptschüler Klasse 5)

Probleme Viele Schüler haben keine Einsicht in die Nützlichkeit von Mathematik Sie verbinden mit den mathematischen Operationen keine konkreten Vorstellungen. Realitätsbezüge sollten im Mathematikunterricht hergestellt werden. Warum Realitätsbezüge? Die Schüler sollen Umweltsituationen verstehen und bewältigen und zu mündigen Bürgern ausgebildet werden allgemeine Qualifikationen wie z.b. die Fähigkeiten, Probleme zu lösen, mit anderen Menschen kommunizieren, sich kritisch mit ihrer Umwelt auseinander setzen und die Bereitschaft, sich auf neue Situationen einzulassen, entwickeln. ein ausgewogenes Bild von Mathematik als kulturelles und gesellschaftliches Gesamtphänomen entwickeln Mathematische Inhalte besser verstehen und behalten und zur Beschäftigung mit Mathematik angeregt werden. (Werner Blum 1996) TIMSS und PISA haben gezeigt, dass die Schüler Probleme haben, Mathematik auf Sachsituationen anzuwenden. Ausbildungsbetriebe klagen über Defizite

Aufgaben Arbeiten Sie in Gruppen Berechnen Sie die Aufgaben. Vergleichen Sie die Aufgaben hinsichtlich der Ziele des Mathematikunterricht. Welche Argumente sprechen für den Einsatz dieser Aufgaben? Welche Probleme sehen Sie für den Einsatz der Aufgaben? Notieren Sie Ihre Ergebnisse auf Folie. Vergleich der Aufgaben Aufgabe 1 Eingekleidete Aufgabe Sachkontext ist austauschbar Sachkontext stellt die Realität verzerrt dar Ziele: Anwendung von Kreisradius und Umfang Vorteile Aufgabe ist eindeutig lösbar Aufgabe ist schnell lösbar Aufgabe kann in einer Klassenarbeit eingesetzt werden Nachteile Der Nutzen von Mathematik wird nicht aufgezeigt Keine heuristischen Strategien nötig Aufgabe 2 Sachkontext ist wichtig Sachkontext ist schülernah Aufgabe ist offen Ziele Schüler lernen Mathematik anzuwenden Einblick Erwerb von Problemlösekompetenzen Vorteile Lösungsweg ist nicht eindeutig Mehrere Ergebnisse sind möglich Authentische Fragestellung Nachteile Schüler können evt. Aufgabe nicht lösen Benötigt zu viel Zeit Mathematische Grundlagen müssen zuerst erarbeitet werden

Mögliche Probleme bei offenen, realitätsbezogenen Aufgaben Organisatorische Hindernisse zu wenig Unterrichtszeit 45-Minuten-Rhythmus Lehrerbezogene Hindernisse Solche Aufgaben sind schwer zu unterrichten Die Aufgaben gehören nicht in die Mathematik Schülerbezogene Hindernisse Schüler können die Aufgaben nicht lösen Schüler mögen die Aufgaben nicht Materialbezogene Hindernisse Realitätsbezogene Aufgaben Woher? Organisatorische Hindernisse Zu wenig Zeit Modellieren steht im Lehrplan sollte also berücksichtigt werden Immer mal wieder eine Aufgabe Die Schüler üben und lernen dabei sehr viel, Verständnis und neue Zugänge zur Mathematik werden erzeugt. 45-Minuten-Takt Es gibt immer eine nächste Stunde. Hausaufgaben helfen, Ergebnisse zu sichern. Doppelstunden sind geeignet.

Mögliche Probleme bei offenen, realitätsbezogenen Aufgaben Organisatorische Hindernisse zu wenig Unterrichtszeit 45-Minuten-Rhythmus Lehrerbezogene Hindernisse Solche Aufgaben sind schwer zu unterrichten Die Aufgaben gehören nicht in die Mathematik Schülerbezogene Hindernisse Schüler können die Aufgaben nicht lösen Schüler mögen die Aufgaben nicht Materialbezogene Hindernisse Realitätsbezogene Aufgaben Woher? Lehrerbezogene Hindernisse Der Unterricht verändert sich Die Lehrerrolle verändert sich Veränderungsprozesse brauchen Zeit und Unterstützung Schwerer wird der Unterricht nicht Vorstellungen über Mathematik müssen sich ändern Reflexionsphasen Gespräche über die Ziele des Mathematikunterricht Was gehört zur Mathematik?

Mögliche Probleme bei offenen, realitätsbezogenen Aufgaben Organisatorische Hindernisse zu wenig Unterrichtszeit 45-Minuten-Rhythmus Lehrerbezogene Hindernisse Solche Aufgaben sind schwer zu unterrichten Die Aufgaben gehören nicht in die Mathematik Schülerbezogene Hindernisse Schüler können die Aufgaben nicht lösen Schüler mögen die Aufgaben nicht Materialbezogene Hindernisse Realitätsbezogene Aufgaben Woher? Was Schüler können Xanten Lisa besucht mit ihren Eltern den Archäologischen Park in Xanten. In dieser Ausgrabungsstelle in Nordrhein-Westfalen sind Bauwerke aus der Römerzeit zu sehen. Lisa ist von den großen Säulen ganz beeindruckt und fragt sich, wie hoch die Säulen wohl sind. Kannst du ihr helfen?

Xanten Lisa besucht mit ihren Eltern den Archäologischen Park in Xanten. In dieser Ausgrabungsstelle in Nordrhein-Westfalen sind Bauwerke aus der Römerzeit zu sehen. Lisa ist von den großen Säulen ganz beeindruckt und fragt sich, wie hoch die Säulen wohl sind. Kannst du ihr helfen? [S liest Aufgabe] S: Ich schätze ungefähr 3400 Meter. I: Mhm. S: Nein, das ist ein bisschen zu viel ich 34 Meter mein ich. I: Schätzt du einfach? Könntest du es auch irgendwie rechnen? S: Ich weiß nicht, ich schätze jetzt die Personen sind 1,70. Und dann passen die vielleicht 20-mal da rein. I: Mhm. S: Dann sind es ja 34 I: Was hast du genau gerechnet? S: Ein Meter Siebzig mal Zwanzig. Xanten Lisa besucht mit ihren Eltern den Archäologischen Park in Xanten. In dieser Ausgrabungsstelle in Nordrhein-Westfalen sind Bauwerke aus der Römerzeit zu sehen. Lisa ist von den großen Säulen ganz beeindruckt und fragt sich, wie hoch die Säulen wohl sind. Kannst du ihr helfen? I: Kannst es auch irgendwie rechnen? S: Ja mit meine Größe. I: Mhm, und was würdest du damit machen? S: Mal rechnen. I: Mhm und wie? S: Hundert, wie bin ich? 141 mal 112. I: Wieso mal 112? S: So hoch ist der Turm, ne 112 Meter ist, ne so klein auch nicht. I: Also du möchtest ja erst rausfinden, wie hoch die Säule ist. [ ] Und wenn du jetzt von dir ausgehst, also du weißt ja wie groß du bist, was kannst dann machen? S: Mal diese Größe rechnen. [112]

Wie Schüler reagieren Ich fand sie gut. Also man kann was mit Phantasie, man kann sich also denken, dass man vielleicht an dem Turm steht und dann kann man richtig schätzen und so, ja. Ich fand s gut. I: Was war daran ungewohnt? S: Das haben wir auch noch nie durchgenommen. I: Mhm, was genau war anders? S: Mmh, da bei uns steht halt die Rechnung und so. Weil da weiß ich ja jetzt nicht, was ich rechnen muss. Mögliche Probleme bei offenen, realitätsbezogenen Aufgaben Organisatorische Hindernisse zu wenig Unterrichtszeit 45-Minuten-Rhythmus Lehrerbezogene Hindernisse Solche Aufgaben sind schwer zu unterrichten Die Aufgaben gehören nicht in die Mathematik Schülerbezogene Hindernisse Schüler können die Aufgaben nicht lösen Schüler mögen die Aufgaben nicht Materialbezogene Hindernisse Realitätsbezogene Aufgaben woher?

Realitätsbezogene Aufgaben woher? 1. Mathematik aus der Zeitung Mathematik aus der Zeitung Zeitungen sind voll von mathematischen Angaben. Doch leider oder besser: bemerkenswerter Weise ist dabei nicht immer alles ganz richtig.

Mathematik aus der Zeitung Fuhr vor einigen Jahren noch jeder zehnte Autofahrer zu schnell, so ist es mittlerweile heute nur noch jeder fünfte. Doch auch fünf Prozent sind zu viele, und so wird weiterhin kontrolliert, und die Schnellfahrer haben zu zahlen. Norderneyer Badezeitung, zitiert nach Der Spiegel 41/1991, S. 352 Bis in die siebziger Jahre starben 20 Prozent der herzkranken Kinder in den ersten Lebensjahren. Heute überleben 80 Prozent, sagt Dr. Bauer mit leichtem Stolz. Marburger Magazin Express, zitiert nach Der Spiegel 1/1998, S. 178 Aufgabe: Was meinst du dazu? Schreibe einen Leserbrief! Realitätsbezogene Aufgaben woher? 1. Mathematik aus der Zeitung 2. Mathematische Spaziergänge und Schnappschüsse

Mathematische Spaziergänge und Schnappschüsse Dieses Angebot für Berliner gab es in Freiburg am 22.10.05. Ein einzelner Berliner kostete an dem Tag 0,80. Würdest du die Preise für die Sonderangebote bei den Berlinern genauso festlegen? Begründe! Mathematische Schnappschüsse Zimmerrenovierung Stell dir vor, du willst dein Zimmer neu streichen. In welcher Farbe würdest du es streichen? Wie viel Farbe brauchst du, wenn 1 Liter Farbe für 6 8 m 2 Wand reicht?

Realitätsbezogene Aufgaben woher? 1. Mathematik aus der Zeitung 2. Mathematische Spaziergänge und Schnappschüsse 3. Schulbuchaufgaben verändern Schulbuchaufgaben verändern Ursprüngliche Version: Ein 132 m langes und 96 m breites Waldstück soll nach einem Sturmschaden neu aufgeforstet werden. Um die kleinen Pflanzen vor Wildverbiss zu schützen, soll um die Fläche ein Zaun errichtet werden. a) Fertige zunächst eine Skizze des Waldstücks an. b) Die Pfosten sollen einen Abstand von jeweils 6 m haben. Wie viele Pfosten werden für eine der längeren Seiten benötigt? c) Wie viele Pfosten werden für den gesamten Zaun benötigt? d) Wie viel Meter Zaun wird benötigt? Aufgabenteil a, b und auch c erleichtern das Vorgehen erheblich.

Schulbuchaufgaben verändern Geöffnete Version Ein 132 m langes und 96 m breites Waldstück soll nach einem Sturmschaden neu aufgeforstet werden. Um die kleinen Pflanzen vor Wildverbiss zu schützen, soll um die Fläche ein Zaun errichtet werden. Wie viel Meter Zaun und wie viele Pfosten werden benötigt? Realitätsbezogene Aufgaben woher? 1. Mathematik aus der Zeitung 2. Mathematische Spaziergänge und Schnappschüsse 3. Schulbuchaufgaben verändern 4. Selbsterfinden von Aufgaben

Selbsterfinden von Aufgaben Schüler erfinden zu einem vorgegebenen Thema selbst Aufgaben. Realitätsbezogene oder innermathematische Aufgaben. Sie müssen die Aufgaben selbst lösen. Anschließend können die Aufgaben an andere Schüler weiter gegeben werden. Beispiele: Wie viel Farbe braucht man, um die Golden Gate Bridge zu streichen? Wie viel Geld kann man sparen, wenn man anstatt Mineralwasser in Flaschen ein Soda-Gerät kauft? Realitätsbezogene Aufgaben woher? 1. Mathematik aus der Zeitung 2. Mathematische Spaziergänge und Schnappschüsse 3. Schulbuchaufgaben verändern 4. Selbsterfinden von Aufgaben 5. Literatur

Literatur Bücher Maaß, Katja (2007): Mathematisches Modellieren Aufgaben für die Sekundarstufe I. Cornelsen Materialien für einen realitätsbezogenen Mathematikunterricht, Band 0 11, Verlag Franzbecker (www.franzbecker.de) Herget, Wilfried, Jahnke, Thomas, Kroll, Wolfgang: Produktive Aufgaben für den Mathematikunterricht, Cornelson, 2001. Zeitschriften Leuders, Timo, Maaß, Katja (2007): Und man braucht sie doch! Nützlichkeit von Mathematik erfahrbar machen, Praxis der Mathematik in der Schule, Februar 2007. Leuders, Timo, Maaß, Katja (2005): Modellieren bildet, Praxis der Mathematik in der Schule, Heft 3. Henn, Hans -Wolfgang (2002): Modellieren, Mathematik lehren, Heft 113 Offene, realitätsbezogene Aufgaben wann und wofür? Der Anteil von Routineaufgaben sollte zugunsten von offenen Aufgaben reduziert werden. Richtige Balance zwischen offenen und geschlossenen Aufgaben muss gefunden werden. Wichtig: Gelegentlich intensive Auseinandersetzung mit offenen Aufgaben. Schüler müssen bestimmte Lösungsmethoden beherrschen. Auch wichtig: Selbst zu entscheiden, welche Lösungsmethode warum gewählt wird oder Lösungen selbst zu entwickeln.

Reflexion Welche Fragen sind für Sie noch offen? Würden Sie den Einsatz von offenen, realitätsbezogenen Aufgaben in Ihrer Schule befürworten? Falls ja: Was würden Sie Kollegen sagen, die der Auffassung sind, dass dazu im alltäglichen Mathematikunterricht keine Zeit ist? Falls nein: Warum nicht? Wie kann es weiter gehen? Fortbildungsmöglichkeiten 5-tägige Fortbildung zum Thema Modellieren in 2008 im Rahmen des Projektes LEMA www.lema-project.org Unterrichtseinheiten mit detaillierten Hinweisen für Lehrer im Rahmen des Projektes STRATUM ab Sommer 2008 katja.maass@ph-freiburg.de Homepage ab ca. Januar 2008 (STRATUM googlen ) Die Istron-Gruppe bietet einmal im Jahr einen Lehrerfortbildungstag zu Realitätsbezügen an www.math-edu.de/anwendungen/anwendungen.html 2008 in Darmstadt 2009 in Schwäbisch Gmünd Anfragen wegen Referenten für interne Fortbildungen

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! katja.maass@ph-freiburg.de