das?", Bechterew-Brief Nr. 21 S ), war die große Überraschung der 80er Jahre in dieser Sparte die Kernspin-Tomographie

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Transkript:

Kernspin-Tomographie was ist das? von Prof. Dr. Ernst Feldtkeller, Physiker, Redaktion Bechterew-Brief Während der Clou der 70er Jahre in der medizinischen Bildtechnik die Röntgen- Computertomographie war (vgl. "Röntgen-Computertomographie Was ist das?", Bechterew-Brief Nr. 21 S. 18 22), war die große Überraschung der 80er Jahre in dieser Sparte die Kernspin-Tomographie (Bild 1). Nicht, daß dadurch die Röntgen- Computertomographie oder gar das herkömmliche Röntgen-Schattenbild überholt wären im Gegenteil: Alle diese Verfahren ergänzen sich, und jedes von ihnen hat seine besonderen Stärken und Schwächen. Außerdem gab es auch bei der herkömmlichen Röntgentechnik weitere Bild 1: Kernspintomographischer Längsschnitt durch den Kopf. Die sichtbaren Details im Gehirn, im Hals und im Kieferraum (links) wären weder in einer Röntgenaufnahme noch in einer Röntgen-Computertomographie zu sehen Aufnahme durch Dr. F. Wacker, FU Berlin Fortschritte: Mit Hilfe der digitalen Bildspeicherung und Bildverarbeitung kann heute aus einer Röntgenaufnahme mehr Information herausgeholt werden als früher, und die mit einer Aufnahme verbundene Strahlenbelastung konnte weiter gesenkt werden. Die Auswahl zwischen den verschiedenen bildgebenden Verfahren ermöglicht es dem Arzt heute, jeweils dasjenige Verfahren einzusetzen, das für den konkreten Fall am besten die benötigte Auskunft verspricht. Was versteht man nun unter der Kernspin-Tomographie? Und welches sind ihre besonderen Vorteile? Bevor wir diese Fragen beantworten können, müssen wir uns zunächst ein wenig mit Physik befassen. Das Licht, für das unsere Augen empfindliche Empfänger sind, hat eine Wellenlänge von rund einem halben Mikrometer (tausendstel Millimeter). In diesem Wellenlängenbereich werden die elektromagnetischen Wellen von der Netzhaut des Auges vollständig absorbiert, aber auch von jedem anderen Gewebe unseres Körpers, so daß der Körper für sichtbares Licht undurchsichtig ist. Für wesentlich kleinere oder größere Wellenlängen ist der Körper dagegen teilweise durchsichtig. Röntgenstrahlen sind sehr kurzwellige elektromagnetische Wellen, die von den Weichteilen des Körpers fast ungehindert durchgelassen werden Bechterew-Brief Nr. 65 (Juni 1996) 11

und nur von Knochen stärker absorbiert werden. Deshalb ist die Röntgentechnik zur Darstellung von Knochenstrukturen besonders gut geeignet. Mit relativ "weichen" (etwas länger-welligen) Röntgenstrahlen, wie sie in der Mammographie eingesetzt werden, lassen sich auch im Weichteil-Gewebe noch Strukturen erkennen. Ein Haupt-Nachteil der Röntgenstrahlen ist, daß sie Materie ionisieren, also mit einer Strahlenbelastung verbunden sind. Radiowellen mit ihren Wellenlängen im Meter-Bereich durchdringen die Materie ebenfalls und ionisieren sie nicht. Mit ihnen ist aber keine scharfe Abbildung möglich, da sie von Strukturen, die kleiner sind als ihre Wellenlänge, nicht abgelenkt werden. Die Kernspin-Tomographie nutzt trotzdem solche den Körper durchdringenden Hochfrequenzwellen aus. Bevor wir besprechen können, mit welchen raffinierten Tricks in diesem Fall Bilder aus dem Körper-Inneren gewonnen werden können, müssen wir allerdings erst noch einen kleinen Ausflug in die Atomphysik machen. Atomare Magnete in unserem Körper Zu den Atom-Sorten, aus denen unser Körper besteht, gehören Wasserstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und viele andere. Die kleinsten und am einfachsten aufgebauten dieser Atome im Körper sind die Wasserstoffatome: Ihr Atomkern besteht aus einem einzigen Proton und wird von einem einzigen Elektron umkreist. Der Atomkern besitzt eine winzige Masse und eine winzige elektrische Ladung. Außerdem besitzt er einen Drehimpuls (englisch: "Spin") und damit verbunden ein magnetisches Moment. Die Wasserstoff-Atomkerne verhalten sich also wie kleine Magnete und zugleich wie kleine rotierende Kreisel. In einem Magnetfeld versucht jeder Magnet, sich in die Feldrichtung zu orientieren (so zu orientieren, daß sein magnetischer Nordpol in die Feldrichtung zeigt und sein Südpol in die entgegengesetzte Richtung). Bei den atomaren Magneten ist das nicht anders. Jeder schnell rotierende Kreisel reagiert auf das Schwerefeld mit einer "Präzessions"-Bewegung: Der Spielzeugkreisel fällt nicht einfach um, obwohl er auf der Spitze steht, sondern torkelt kreisförmig um die Schwere-Achse herum, bis er mit der Flanke den Boden berührt. Wollten wir das Verhalten eines einzelnen Protons im Magnetfeld beschreiben, müßten wir die Quantenphysik zu Hilfe nehmen. Das möchte ich Ihnen nicht zumuten und es würde uns in diesem Zusammenhang auch nicht weiterhelfen. Wesentlich einfacher läßt sich das durchschnittliche Verhalten einer großen Menge von Protonen im Magnetfeld beschreiben: Ähnlich wie der Kreisel präzedieren die Spinrichtungen um die Richtung des Magnetfelds (Bild 2), und zwar mit einer Umlaufsfrequenz, die um so höher liegt, je stärker das Magnetfeld ist. In einem Magnetfeld von 1 Tesla (dem 20 000fachen des Erdmagnetfelds) beträgt die Präzessionsfrequenz der Pro- Schwerefeld der Erde Präzession Magnetfeld Spin Präzession Bild 2: So, wie ein Spielzeugkreisel (links) eine Präzessionsbewegung um das Schwerefeld ausführt, führt jeder Wasserstoff-Atomkern (rechts) in einem Magnetfeld eine Präzessionsbewegung aus, solange seine Achse nicht in das Magnetfeld ausgerichtet ist. 12 Bechterew-Brief Nr. 65 (Juni 1996)

tonen 42 MHz (42 Millionen Umläufe je Sekunde, etwa halbe UKW-Frequenz). Die Protonen senden, solange sie sich noch nicht in die Magnetfeldrichtung ausgerichtet haben, ein Hochfrequenz- Signal eben dieser Frequenz aus, und sie lassen sich erneut zu einer Präzession um das Magnetfeld anregen, wenn man einen Hochfrequenz-Impuls dieser Frequenz einstrahlt. Man spricht dann von einer "Resonanz" zwischen der Hochfrequenz und den Atomkernen. Auf dieser "magnetischen Kernresonanz", die den Physikern schon in den 50er Jahren bekannt war (ich mußte damals als Student einen Seminarvortrag darüber halten) basiert das Verfahren der Kernspin-Tomographie. Trick 1: Inhomogenes Magnetfeld Damit man die Kreiseleigenschaften der Atomkerne nutzen kann, liegt der Patient bei der Kernspin- Tomographie in einem starken Magnetfeld. Um dabei verschiedene Stellen im Körper unterscheiden zu können, sorgt man dafür, daß die Magnetfeldstärke an einem Ende des Körpers etwas größer ist als am gegenüberliegenden Ende. Damit ist auch die Präzessionsfrequenz der A- tomkerne am einen Ende etwas höher als am anderen (wie bei einem Tasteninstrument, das am rechten Ende einen höheren Ton abgibt als am linken Ende, Bild 3). Dem homogenen (überall gleich starken) Magnetfeld wird dazu ein "Gradienten-Feld" überlagert. Der "Gradient" weist an jeder Stelle in die Richtung der stärksten Feldzunahme und gibt gleichzeitig an, wie stark das Feld pro Zentimeter zunimmt. Wie beim Klavier ein Blinder hören Bild 3: Bei der Orgel und anderen Tasteninstrumenten hängt die Tonhöhe vom Ort der Tasten ab. Bei der Kernspintomographie bewirkt ein inhomogenes Magnetfeld, daß die Resonanzfrequenz der Atomkerne ebenfalls an verschiedenen Stellen verschieden hoch ist. Die Felder zweier Gradientenspulen (rechts und links), die vom Strom gegenläufig durchflossen werden, verstärken das Hauptfeld am einen Ende und schwächen es am anderen Ende. Die Breite der gelben Pfeile deutet die Stärke des Magnetfelds am jeweiligen Ort an. Karikatur aus "Max und Moritz" (1865) von Wilhelm Busch (1832 1908) Bechterew-Brief Nr. 65 (Juni 1996) 13

kann, ob der Klavierspieler gerade weiter links oder weiter rechts auf den Tasten spielt, ist auch bei der Kernspin-Tomographie durch das inhomogene (nicht überall gleich starke) Magnetfeld eindeutig festgelegt, wie die Resonanzfrequenz der Atomkerne vom Ort abhängt. Trick 2: Anregen Feldgradient schwenken empfangen Durch die Frequenz des Hochfrequenz- Impulses werden nur die Atomkerne in einer bestimmten (senkrecht zum Feldgradienten liegenden) Ebene angeregt. Dadurch wird die Schnittebene (griechisch tomé = Schnitt) festgelegt, aus der das Bild stammen soll. Aber damit haben wir noch lange kein Bild von der Verteilung der Atomkerne innerhalb dieser Ebene. Dazu ist es nötig, nach der Anregung der Protonen (ihr magnetisches Moment wird dabei aus der Magnetfeldrichtung herausgedreht) den Gradienten um 90 zu schwenken, so daß nun an verschiedenen Bild 4. Innerhalb der im ersten Schritt angeregten Ebene (links) befinden sich Bereiche verschiedener Wasserstoff-Konzentration (rot). Nach der Anregungsphase wird der Feldgradient in die Senkrechte geschwenkt. Die Elektronik empfängt nun Signale (rechts), die anzeigen, wieviel Wasserstoff sich auf welcher Höhe innerhalb der angeregten Ebene befindet. Stellen innerhalb der angeregten Ebene unterschiedliche Feldstärken herrschen. Nun präzedieren die angeregten Atome an unterschiedlichen Stellen mit unterschiedlicher Frequenz, und die Empfangselektronik kann an Hand der Frequenzverteilung der Signale feststellen, wo sich innerhalb der Anregungsebene mehr oder weniger Wasserstoffatome befinden ähnlich, wie ein musikbegabter Blinder hören kann, an welchen Stellen auf dem Klavier gerade gleichzeitig gespielt wird. Damit haben wir zwar noch kein zweidimensionales Bild von der Verteilung innerhalb der Anregungs-Ebene, sondern zunächst nur ein eindimensionales Profil (Bild 4). Wie der Computer die Daten zur Errechnung eines zweidimensionalen Bildes erhält, werden wir im nächsten Kapitel sehen. Trick 3: Viele Profile aus verschiedenen Richtungen Was nun folgt, kennen wir bereits von der Röntgen-Computertomographie (vgl. Bechterew-Brief Nr. 21 Seite 18 22). Dort gewinnt das Gerät eine große Zahl von Profilen aus verschiedenen Richtungen, indem die Röntgenquelle und die Detektoranordnung in vielen kleinen Schritten um den Patienten herumgedreht werden und so nach jedem Schritt ein neues Profil gewonnen wird. Bei der Kernspin-Tomographie wird der Feldgradient nach jeder erneuten Anregung (bei der er wieder die Schnittebene festlegt) in eine andere Richtung der Schnittebene geklappt, und es werden auf diese Weise viele Profile aus verschiedenen Richtungen innerhalb der Schnittebene gewonnen (Bild 5). Aus all diesen Profilen errechnet dann der Computer wie bei der Röntgen-Computertomographie das Schnittbild. Im Gegensatz zur Röntgen-Computertomographie muß die Drehung bei der Kernspin-Tomographie nicht mechanisch erfolgen: Die Feldinhomogenität wird 14 Bechterew-Brief Nr. 65 (Juni 1996)

dem Magnetfeld mit Zusatzspulen aufgeprägt (Bild 3), und die Maschine besitzt Zusatzspulen für Feldgradienten in allen drei Dimensionen. Durch geschickte Kombination der Stromstärken in allen Zusatzspulen kann die Elektronik den Feldgradienten in jede beliebige Raumrichtung legen. Die Errechnung eines zweidimensionalen Bilds aus vielen Profilen verschiedener Richtungen ist zwar ein kompliziertes mathematisches Problem, aber die Computer-Spezialisten haben dieses Problem auf elegante Weise gelöst, so daß man bei modernen Geräten sofort das fertige Bild auf dem Bildschirm sieht. Viele Betriebsarten Ich habe die Kernspintomographie bis hierher so beschrieben, als ginge es immer nur darum, Bilder von der Wasserstoff- Konzentration im Körper zu bekommen. Das liefert zwar auch schon sehr informative Bilder, denn Wasserstoff ist überall im Körper in verschiedener Menge enthalten. Ein Beispiel ist im Bild 1 wiedergegeben. Es handelt sich um einen Längsschnitt durch den Kopf, wie er mit der Röntgen-Computertomographie prinzipiell nicht aufnehmbar ist (dazu müßte sich der Patient quer in die Röhre legen!). Aber die Kernspintomographie kann noch wesentlich mehr. Natürlich würde der Arzt in den Bildern am liebsten sehen, ob an einer bestimmten Stelle Fettgewebe oder Bindegewebe usw., oder gar Krebsgewebe vorliegt. Und genau dies macht die Physik möglich! Die Abklingzeiten der Signale (nach der die präzedierenden Kernspins außer Tritt geraten und nun kein Signal mehr abgeben) hängen nämlich davon ab, in welcher chemischen Bindung sich die signalgebenden Wasserstoffatome befinden. So hat es die Geräteentwickler nicht ruhen lassen, bis sie eine Möglichkeit fanden, die Bildhelligkeit entsprechend den Abklingzeiten zu steuern und so die Art der chemischen Bindung sichtbar zu machen. Das Ergebnis sind Bilder, von denen die Medizin noch vor 20 Jahren nicht einmal träumen konnte. Es gibt inzwischen viele Betriebsarten für den Kernspintomographen, auf die ich hier nicht im einzelnen eingehen will. Zu ihnen gehören die reine Protonendichte- Abbildung, die mit verschiedenen Abklingzeiten gewichteten Abbildungen und viele andere. Mit all diesen Kontrast- Arten kann man einzelne Linien im Körper abtasten, zweidimensionale Bilder gewinnen oder auch aus vielen Bildern ein dreidimensionales Modell einzelner Details aus dem Körper erstellen lassen, das Richtungen des Feldgradienten Signalspule (Antenne) Bild 5: Prinzip der Signalverarbeitung bei der Kernspintomographie. Für viele verschiedene Feldgradienten-Richtungen nimmt die Signalspule das von den Atomkernen ausgehende Hochfrequenzsignal auf. Ein Bild-Spezialrechner errechnet aus vielen Signalprofilen (von der im Bild 4 dargestellten Art) ein zweidimensionales Schnittbild. Die Bilder für verschiedene Schnittebenen werden im Hauptrechner gespeichert und bei Bedarf zu einem dreidimensionalen Modell zusammengesetzt Bechterew-Brief Nr. 65 (Juni 1996) 15

der Arzt auf dem Bildschirm drehen und wenden kann, um z. B. eine Operation detailliert vorzubereiten. Die besonderen Vorteile der Kernspintomographie Die Vorteile lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Hoher Weichteilkontrast (bei der Wirbelsäule z. B. Darstellung auch des Rückenmarks und der Bandscheiben) ohne Kontrastmittel, Unterscheidung chemisch unterschiedlicher Gewebe (auch bei gleicher Protonendichte), Beliebige Orientierung der Schnittebene (sogar Längsschnitte), und das Ganze schließlich ohne jede Strahlenbelastung. Der Haupt-Nachteil besteht darin, daß die Kernspin-Tomographie teuer ist, nur in großen Kliniken zur Verfügung steht und deshalb nur in besonders schwierigen Fällen zum Einsatz kommen kann. Nachwort zur Nomenklatur Neben der Bezeichnung "Kernspin-Tomographie" hat sich unter Medizinern auch die Bezeichnung "Magnet-Resonanz-Tomographie" eingebürgert. Dem Vernehmen nach will man mit der Umgehung der Silbe "Kern" nicht nur Assoziationen mit anderen Anwendungen von Atomkernen aller Art vermeiden, sondern auch klarstellen, daß ein solches Gerät, wenn es denn angeschafft wird, in die radiologische Abteilung gehört und nicht etwa in die nuklearmedizinische Abteilung, denn radioaktive Isotope, für deren medizinische Anwendung die Nuklearmedizin zuständig ist, sind bei der Kernspin-Tomographie nicht im Spiel. Bild 6: Während in Kernspintomographen für höchste Bildqualität, dünnste Schichten und schnelle Bildgebung das dafür notwendige starke Magnetfeld (z. B. 1 Tesla) durch supraleitende, auf -269 C gekühlte Spulen erzeugt wird und der Patient in eine enge Röhre gefahren werden muß, gelang es Siemens mit dem "Magnetom open", ein 0,2-Tesla-Gerät zu bauen, das nach drei Seiten hin offen ist und sich so auch für die Untersuchung von Kindern und Klaustrophobikern eignet, sowie für Bewegungsstudien an Gelenken und für bildgeführte Eingriffe. Photo: Siemens 16 Bechterew-Brief Nr. 65 (Juni 1996)