Ausgabe 2011. Inhaltsverzeichnis



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Transkript:

Newsletter der Arbeitsgruppe Zwangsverwaltung der ARGE Insolvenzrecht und Sanierung Ausgabe 2011 Inhaltsverzeichnis 1. Bericht von der 8. Jahrestagung der Arbeitsgruppe in Berlin am 06.04.2011... 1 2. Anordnungsbeschluss als Vollstreckungstitel, BGH v. 24.2.2011 V ZB 280/10... 4 3. Gefährdung des Zwangsverwaltungsverfahren gem. 149 Abs. 2 ZVG... 5 4. Fortbildung: Seminar Update Zwangsverwaltung in Frankfurt am 21.10.2011... 6 5. Steuerrecht: Zwangsverwaltung und Vorsteuerberichtigungsansprüche gemäß 15 UStG... 6 6. Strafrecht: Vermögentbetreuungspflicht durch Verwalter und gericht... 6 7. Umfang der Beschlagnahme Unter Eigentumsvorbehalt geliefertes Heizöl... 7 8. Arbeitsrecht: Betriebsübergang nach 613a BGB... 7 9. Termine... 8 1. BERICHT VON DER 8. JAHRESTAGUNG DER ARBEITSGRUPPE IN BERLIN AM 06.04.2011 Am 06.04.2011 hat die Arbeitsgruppe Zwangsverwaltung der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im DAV ihre 8. Jahrestagung in Berlin abgehalten. Der Sprecher der Arbeitsgruppe Zwangsverwaltung, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht, Peter Depré, Mannheim, begrüßte die Teilnehmer sowie die Referenten und führte in die Themen der Veranstaltung ein. Zunächst referierte Dr. Jürgen Schmidt-Räntsch, Richter am Bundesgerichtshof, V. Zivilsenat, Karlsruhe, über die neuere Rechtsprechung des BGH in Zwangsverwaltungssachen und ihrem wohnungseigentumsrechtlichen Umfeld. Wie im vergangenen Jahr, gelang es ihm erneut, die den Entscheidungen zugrundeliegenden komplexen Sachverhalte zu vereinfachen und die tragenden Gründe nachvollziehbar herauszuarbeiten. Zu einer lebhaften Diskussion zwischen den Teilnehmern und dem Referenten führte die Erörterung des Urteils des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 11.08.2010. Mit Urteil vom 11.08.2010 -XII ZR 181/08- hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass nach Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens wegen Zuschlags im parallel dazu verlaufenden Zwangsversteigerungs-

verfahren, der Zwangsverwalter auch ohne entsprechende Ermächtigung im Aufhebungsbeschluss befugt bleibe, wegen Nutzungen aus der Zeit vor der Zuschlagserteilung Klage zu erheben, sofern der die Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zuschlagsbeschlusses noch nicht vollständig befriedigt sei 1. Der Referent bedauerte, dass der XII. Zivilsenat im Rahmen seines Urteils vom 11.08.2010 nicht auf die zuvor geäußerten Bedenken des IX. Zivilsenats eingegangen ist. Hinsichtlich der vom IX. Zivilsenat geäußerten Bedenken verwies er auf die sehr lesenswerte Anmerkung des Dr. Hans Gerhard Ganter zum Urteil des BGH vom 11.08.2010 XII ZR 181/08, abgedruckt in ZfIR 2011, 229 2. Für die Teilnehmer kam die dargestellte Kritik des IX. Zivilsenats am Urteil des XII. Zivilsenats vom 11.08.2010 überraschend, da dieses Urteil in der Literatur begrüßt worden war, entsprach es doch der bisher weit verbreiteten Meinung 3. Der Referent endete damit, dass zu hoffen bleibe, dass mit der Entscheidung vom 11.08.2011 die Diskussion nicht ihr Ende gefunden hat. Anschließend referierte Dr. Helmut Zipperer, Richter am Amtsgericht, Mannheim, über Probleme beim Zusammentreffen von Zwangsverwaltung und Insolvenzverwaltung. Er wies zunächst darauf hin, dass das Thema nicht neu sei. Bereits im Jahr 1986 referierte und publizierte Dieter Eickmann zum Aufeinandertreffen von Zwangsverwaltung und der damaligen Konkursverwaltung 4. Dr. Zipperer beschäftigte sich deshalb zunächst mit der Frage, ob die Konflikte von Zwangsverwaltung und Insolvenzverwaltung durch das Inkrafttreten der Insolvenzordnung gelöst werden konnten. Anhand verschiedener von ihm dargestellter Fallkonstellationen kam er letztendlich zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall sei. Nach wie vor seien Zielrichtung und Wirkung beider Verfahren unterschiedlich, das betroffene Objekt -im Regelfall ein Grundstück- jedoch identisch, so dass sich weiterhin eine Reihe von Berührungs- und Kollisionspunkten ergeben, die auch von den neu eingeführten Vorschriften nur unzulänglich geregelt werden. Professor Ulrich Keller, Berlin, widmete sich auch in diesem Jahr traditionell den aktuellen Entwicklungen im Zwangsverwaltungsrecht. Er stellte zunächst fest, dass in den vergangenen Jahren Fragen der Anwendung mietrechtlicher Vorschriften für den Zwangsverwalter im Vordergrund der Entscheidungen standen. Weiterhin wies der Referent darauf hin, dass der Beteiligtenbegriff bei der persönlichen Haftung des Zwangsverwalters 1 BGH, Urt. v. 11.08.2010 XII ZR 181/08, ZfIR 2010, 731 (m. Anm. Wedekind, S. 734), vorgesehen zur Veröffentlichung in BGHZ 2 Dr. iur. VorsRiBGH a.d., Weil der Stadt. Der Autor war bis zum 31.10.2010 Vorsitzender des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. 3 Wedekind, ZfIR 2010, 734; Eckhoff, GWR 2010, 484; Engels, in: Dassler/Schiffhauer, ZVG, 13. Aufl., 161 Rz. 68; Stöber, ZVG, 19. Aufl., 161 Rz. 6.2; 4 ZIP 1986, 1517 ff. 2

nach 154 Satz 1 ZVG erweitert, und die Haftung ausdrücklich der des Insolvenzverwalters angeglichen wurde. Der Referent beschäftigte sich danach mit den Entscheidungen, die zur Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters nach Aufhebung des Verfahrens ergangen sind, insbesondere nochmals mit dem oben bereits erwähnten Urteil des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 11.08.2010. Abschließend beschäftigte sich Professor Keller mit dem für die Praxis relevanten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 04.02.2010 V ZB 129/09, welcher sich grundlegend mit dem Vorrecht der WEG- Gemeinschaft nach 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG auseinandersetzt. Im zu entscheidenden Fall hatte eine WEG- Gemeinschaft die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse des 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG betrieben. Sie wurde von einem nachrangigen Gläubiger abgelöst. Wegen weiterer aufgelaufener Rückstände wollte die WEG-Gemeinschaft dem Verfahren wieder in der gleichen Rangklasse beitreten, was das Vollstreckungsgericht und in letzter Instanz auch der Bundesgerichtshof abgelehnt haben, da es mit dem Zweck des 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG nicht vereinbar wäre und auch der Regelung des 268 Abs. 3 BGB widerspräche, wenn im selben Verfahren die WEG-Gemeinschaft mehrfach das Vorrecht des 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in Anspruch nehmen könnte. Der Referent wies darauf hin, dass die WEG-Gemeinschaft einem laufenden Zwangsversteigerungsoder Zwangsverwaltungsverfahren, die das Verfahren zunächst in der Rangklasse des 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG betrieben hat und später abgelöst worden ist, wegen weiterer Rückstände nur in der Rangklasse des 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG beitreten kann. Professor Keller betonte, dass es in der Rechtspraxis für die betreibende WEG-Gemeinschaft daher wichtig ist, eine Ablösung wegen des gesamten Betrags aus dem Vorrecht zu verlangen. Abschließend erörterte Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Hans-Martin Bergsdorf, Hennigsdorf, spezielle Probleme in Zwangsverwaltungsverfahren, wie die Fortführung von Bauvorhaben, die Probleme bei der Bestellung des Schuldners als Verwalter im Sinne des 150 b ZVG bei landschaftlich genutzten Flächen sowie arbeitsrechtliche Fragestellungen. Der Referent wies ausdrücklich darauf hin, dass die Zustimmung des Gerichts zur Fertigstellung eines Bauvorhabens den Zwangsverwalter nicht von der eigenständigen Wahrnehmung seiner Verantwortung für die Fertigstellung des Bauvorhabens entbindet. Da der Zwangsverwalter im Außenverhältnis die Rolle eines Bauherrn mit allen Rechten und Pflichten einnimmt, ist seine Verantwortung für die Fertigstellung von Bauvorhaben nicht nur anders, sondern weitgehender als bei einer normalen Mietverwaltung. Bergsdorf empfahl deshalb, im eigenen Interesse zunächst für einen ausreichenden Versicherungsschutz zu sorgen, insbesondere der Abschuss einer ausreichenden Bauwesenversicherung, welche die speziellen Haftpflichtgefahren aus der Bautätigkeit abdeckt, war für ihn unverzichtbar. Darüber hinaus empfahl er, dass sich der Zwangsverwalter von der Gläubigerbank für jedwede Haftung gegenüber Dritten mit der Durchführung des Bauvorhabens freistellen lässt. 3

Sollen landwirtschaftlich, fortwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Grundstücke unter Zwangsverwaltung gestellt werden, benötigt man in erster Linie eine Person, welche die tatsächlich anfallende Bewirtschaftung, das heißt die persönlichen Arbeitsleistungen, voll erbringt. Dazu wird kaum eine andere Person so kostengünstig bereit sein wie der Schuldner selbst. Deshalb kann er in diesem Fall ausnahmsweise gemäß 150 b ZVG zum Zwangsverwalter bestellt werden. Bergsdorf wies darauf hin, dass dem Schuldner als Zwangsverwalter eine Aufsichtsperson gemäß 150 c ZVG zu bestellen ist, unter deren Aufsicht die Verwaltung geführt wird. Der Schuldner ist der Aufsichtsperson gegenüber über alle Vorgänge Rechenschaft schuldig. Geschäfte, die über die laufende Wirtschaftsführung hinausgehen, bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsperson. Andererseits hat die Aufsichtsperson kein Weisungsrecht gegenüber dem Schuldner. Entstehende Probleme hat sie dem Gericht mitzuteilen, welches seinerseits dem Schuldner-Verwalter Weisungen erteilt oder ihn notfalls entlässt. Die Ausführungen des Referenten waren auch deshalb von besonderem Interesse, da sie einen großen Praxisbezug aufwiesen. Die 8. Jahrestagung der Arbeitsgruppe Zwangsverwaltung der ARGE Insolvenzrecht und Sanierung im DAV ist aufgrund des hohen Niveaus der Referenten und der anregenden Diskussionen mit und unter den Teilnehmern wiederum als äußerst gelungen anzusehen. Die Jahrestagung ist mittlerweile zu einer festen Größe für die als Zwangsverwalter tätigen Rechtsanwälte in Deutschland geworden. Sie wird daher im nächsten Jahr ihre Fortsetzung am 21.03.2012 in Berlin finden. Rechtsanwalt Michael Blauth Depré Rechtsanwalts AG, Mannheim 2. ANORDNUNGSBESCHLUSS ALS VOLLSTRECKUNGSTITEL, BGH V. 24.2.2011 V ZB 280/10 Mit Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24.02.2011 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass der Beschluss über die Anordnung der Zwangsverwaltung dann einen Vollstreckungstitel darstellt, auf Grund dessen der Gerichtsvollzieher den Schuldner Außerbesitz setzen darf und diesem Mietverträge, Betriebskostenabrechnungen, Kautionszahlungen und Gebührenbescheide wegnehmen darf, wenn in dem Beschluss die Ermächtigung des Zwangsverwalters enthalten ist, sich den Besitz des Verwaltungsobjektes selbst zu verschaffen. Durch den Beschluss hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass derartige Anordnungsbeschlüsse in der Regel ohne weiteres ausreichen um einen Gerichtsvollzieher mit einem klar definierten Vollstreckungsauftrag in Bewegung zu setzen. Allerdings fehlen in dem Beschluss Ausführungen zum Verhältnis des Anordnungsbeschlusses zu 149 ZVG. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofes wurde die Thematik der unentbehrlichen Räumlichkeiten des Schuldners nicht einmal erwähnt, obwohl es sich zumindest um eine Wohnung des Schuldners gehandelt haben dürfte. Dies erstaunt wegen der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 24.01.2008 (Aktenzeichen: V ZB 99/07, ZFIR 2008,342): Der Bundesgerichtshof hatte damals entschieden, dass ein Schuldner die von ihm genutzte Wohnung im Rahmen eines Zwangsverwaltungsverfahrens 4

unentgeltlich auch dann weiter nutzen darf, wenn er keinerlei Zahlungen für Nebenkosten oder Verbrauchskosten an der Wohnung leistet. Das Amtsgericht Schondorf (Urteil vom 27.01.2010, ZFIR 2010,595) hat daraus abgeleitet, der Schuldner müsse auch keine verbrauchsunabhängige Kosten zahlen. Die Gegenüberstellung der beiden Urteile zeigt, dass die Rechtslage hinsichtlich der vom Schuldner genutzten Wohnung offensichtlich nach wie vor unübersichtlich ist: Einerseits darf der Zwangsverwalter dem Schuldner entsprechend der neueren Entscheidung offensichtlich ohne jegliche weitere richterliche Überprüfung aus seiner Wohnung räumen lassen, andererseits stellen die Nutzungsrechte in der überkommen Vorschrift des 149 ZVG nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sehr wohl einen Hinderungsgrund zur Räumung des Schuldners dar, selbst wenn sich dieser völlig unkooperativ verhält. Es ist aber kaum anzunehmen, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.02.2011 eine Wende in der bisherigen schuldnerfreundlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anzeigen könnte. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs im Hinblick auf die von Mietern gestellten Kautionen sowie die Erfüllung mietrechtlicher Pflichten des Schuldners durch den Zwangsverwalter selbst bei faktischer Unmöglichkeit (beispielsweise hinsichtlich der Erstellung von Betriebskostenabrechnungen) und auch die Entscheidung hinsichtlich der rechtlichen Einordung der Wohngeldzahlungen nach der Reform des 10 ZVG haben es sowohl den Gläubigern als auch den Zwangsverwaltern in den letzten Jahren immer mehr erschwert ihre titulieren Ansprüche gegen den Schuldner durchzusetzen. 3. GEFÄHRDUNG DES ZWANGSVERWALTUNGSVERFAHREN GEM. 149 ABS. 2 ZVG In einer nicht veröffentlichen Entscheidung des Landgerichts Bamberg (Aktenzeichen 3 T 9/11) wurde entschieden, dass eine Schuldnerin die zusammen mit ihren Familienangehörigen insgesamt drei von vier Wohneinheiten in einem zwangsverwalteten Mehrfamilienwohnhaus nutzt, zur Räumung der von ihr genutzten drei Wohnungen nach 149 Abs. 2 ZVG verpflichtet ist, wenn sie dem Zwangsverwalter mehrfach den Zutritt zu einer von ihr nicht genutzten Wohneinheit verweigert und verhindert, dass der Zwangsverwalter das Objekt überhaupt betritt. Hieran ändert es auch nichts, dass die Schuldnerin dem Zwangsverwalter einen Schlüssel übersandt hat, der jedoch in kein Schloss des Objektes gepasst hat. 5

4. FORTBILDUNG: SEMINAR UPDATE ZWANGSVERWALTUNG IN FRANKFURT AM 21.10.2011 Unser Beiratsmitglied Leif Holger Wedekind hat begleitend zu dem von ihm und seiner Ehefrau verfassten Werk Zwangsverwaltung Ein systematischer Leitfaden für die Praxis (Wedekind/Wedekind, RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Reihe Wirtschaftsrecht aktuell) am 21. Oktober 2011 ein Seminar zum Thema Update Zwangsverwaltung in Frankfurt durchgeführt. Das Seminar richtet sich an Praktiker mit Vorkenntnissen, Zwangsverwalter und deren Mitarbeiter. Ausführlich behandelt wurden die praxisrelevanten Themen des Umgangs mit Mietkautionen, den Folgen und Auswirkungen der Aufhebung von Zwangsverwaltungsverfahren, den Auswirkungen des aktuellen Referentenentwurfs zur Neuregelung des Mietrechts (siehe ZfIR 2011, 438) sowie der neuesten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu 15a UStG und einer Rechtsprechungsübersicht zu den Änderungen nach der WEG- Novelle im Jahr 2007. Die gelungene Veranstaltung soll im nächsten Jahr wiederholt werden. 5. STEUERRECHT: ZWANGSVERWALTUNG UND VORSTEUERBERICHTIGUNGSANSPRÜCHE GEMÄß 15 USTG In einem Zurückweisungsbeschluss des Bundesfinanzhofs gegen die Nichtzulassung der Revision vom 28.06.2011 (Aktenzeichen XI B 18/11), ZfIR 2011, 667 wurde die Behandlung von Vosteuerberichtigungsansprüchen nach 15a UStG im Rahmen von Zwangsverwaltungsverfahren geklärt. Die Entscheidung ist besonders haftungsrelevant zumal der Zwangsverwalter auf das Entstehen und die Fälligkeit der Ansprüche nur sehr eingeschränkten Einfluss hat. Die Vorsteuerberichtigungsansprüche sind vom Zwangsverwalter als laufende Ausgaben der Verwaltung zu berücksichtigen. Mit der Entscheidung wurde die schon im Insolvenzrecht geltende Rechtslage nunmehr auch ausdrücklich auf Zwangsverwaltungsverfahren erstreckt. Herr Kollege Leif Holger Wedekind hat sich in der ZfIR 2011, 648ff. ausführlich mit den Folgen der der Entscheidung und den möglichen Lösungsansätzen auseinandergesetzt. 6. STRAFRECHT: VERMÖGENTBETREUUNGSPFLICHT DURCH VERWALTER UND GERICHT In einer lesenswerten Entscheidung vom 28.07.2011 (Aktenzeichen 4 StR 156/11) hatte sich der Bundesgerichtshof in einer Strafsache mit den Pflichten der Vollstreckungsgerichte und der Zwangsverwalter als Vermögensbetreuer auseinanderzusetzen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte 6

ein Rechtspfleger ein Zwangsverwaltungsverfahren über ein Anwesen angeordnet, in welchem er selbst zuvor kostenfrei durch den Vollstreckungsschuldner eine Wohnung überlassen bekommen hatte. Der bestellte Zwangsverwalter duldete eine weitere kostenfreie Nutzung durch den Rechtspfleger. Die Strafbarkeit der Tat wurde als Untreue und Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme gewertet. 7. UMFANG DER BESCHLAGNAHME UNTER EIGENTUMSVORBEHALT GELIEFERTES HEIZÖL In einer Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 14.12.2010 (Landgericht Berlin vom 14.12.2010 zum Aktenzeichen 25 O 433/10) hatte sich das Landgericht Berlin mit der Behandlung von unter Eigentumsvorbehalt geliefertem Heizöl im Rahmen der Zwangsverwaltung zu befassen. Die Klägerin hatte noch vor Inbesitznahme 14.000 Liter Heizöl unter Eigentumsvorbehalt geliefert. Das Landgericht hat für Rechte befunden, dass die Zwangsverwaltung insoweit für unzulässig erklärt wurde, als sie die Verwertung und den Verbrauch des Heizölbestandes aus dem betankten Heizöltank betrifft. Demzufolge hatte der Schuldner durch die Beschlagnahme zwar den Besitz auch an dem Heizöl verloren, jedoch umfasste die Inbesitznahme auch solches Zubehör, welches nicht der Beschlagnahme nach 20 Abs.2 ZVG i.v.m. 1120 BGB unterfiel. Ein Herausgabeanspruch kann sich demnach nicht gegen den Schuldner richten. Ein Herausgabeanspruch wurde aber auch gegen den Zwangsverwalter abgelehnt, insoweit war die Klage sogar unzulässig. Allein gegen die mit beklagte Gläubigerin hatte die Klägerin insofern Erfolg, als ein die Veräußerung hinderndes Recht i.s.d. 771 Abs.1 ZPO bestand. Rechtsanwalt Hans-Martin Bergsdorf Bergsdorf Rechtsanwälte 8. ARBEITSRECHT: BETRIEBSÜBERGANG NACH 613A BGB Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage des Betriebsübergangs nach 613a BGB im Falle der Anordnung des Zwangsverwaltungsverfahrens zu beschäftigen (Urteil vom 18.8.2011, 8 AZR 230/10). Im Ergebnis hat das Gericht entschieden, dass die Fortführung eines Hotelbetriebes durch einen Zwangsverwalter einen Betriebsübergang i.s.d. 613a BGB darstellt. Damit übernehme der Zwangsverwalter auch alle ungekündigten Arbeitnehmer. Der beklagte Zwangsverwalter hatte sich zuvor vom Vollstreckungsgericht die Fortführung des Hotelbetriebes genehmigen lassen und nach der zwangsweisen Räumung mit allen (ehemaligen) Arbeitnehmern des vorherigen Betreibers außer der Klägerin neue Arbeitsverträge geschlossen. Der Hinweis des beklagten Zwangsverwalters auf einen fehlenden rechtsgeschäftlichen Übergang des Betriebes griff nicht durch. 7

9. TERMINE Jahrestagung der Zwangsverwalter 2012, 21. März 2012, Berlin Die Jahrestagung der Zwangsverwalter wird im nächsten Jahr wieder in Berlin traditionell einen Tag vor dem Deutschen Insolvenzrechtstag der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein am Mittwoch, den 21. März 2012 stattfinden. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe Zwangsverwaltung werden rechtzeitig nochmals zu den Inhalten der Veranstaltung informiert und eingeladen. 8. Deutscher Zwangsverwaltertag 2012, 10. Bis 11. Februar 2012, Hannover Der Bundesverband Interessengemeinschaft Zwangsverwaltung e.v. wird im nächsten Jahr wieder in Hannover ihren Zwangsverwaltungstag abhalten. Themen sind unter anderem die geplante Reform des Mietrechts sowie Praxisprobleme bei der Beendigung der Zwangsverwaltung und aktuelle Probleme der Rechts der Zwangsverwaltung. Herausgeber: Arbeitsgruppe Zwangsverwaltung der ARGE Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwalt Verein Sprecher der Arbeitsgruppe: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenz- sowie Bank- und Kapitalmarktrecht Peter Depré, O 4, 13 16, 68161 Mannheim Beisitzer: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Michael Hawelka, Nonnenstraße 37, 04229 Leipzig Rechtsanwalt Hans-Martin Bergsdorf, Berliner Straße 46, 16761 Hennigsdorf, Vordere Sterngasse 2a, 90402 Nürnberg Rechtsanwalt und Mediator Leif Holger Wedekind, Lüner Weg 2, 21337 Lüneburg Internet: http://www.arge-insolvenzrecht.de/zwangsverwaltung.htm Wenn Sie diesen Newsletter nicht mehr erhalten wollen senden Sie bitte eine Email an: bernd.weber@ra-fss.de 8