8. Qualitätssicherungskonferenz des Gemeinsamen Bundesausschusses Berlin, 29. September 2016 OTA Prof. Dr. med. Andreas Markewitz Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz Externe stationäre Qualitätssicherung Herzschrittmacher und Defibrillatoren 1
Datengrundlage im Erfassungsjahr 2015 106.664 11,4 % Fälle insgesamt: 156.128 17,6 % 71,0 % 49.464 19,0 % 20,4 % 60,7 % Gesamtkosten: ca. 1,2 1,5 Mrd. Keine Erfassung ambulanter Eingriffe (doch diese vermutlich vor allem auf Aggregatwechsel beschränkt) Insgesamt 6 Module mit 49 Qualitätsindikatoren (11/9/7/8/7/7) 2
Zusammenfassung der Ergebnisse im Erfassungsjahr 2015 Eingriffsart Herzschrittmacher Defibrillatoren Implantation Aggregatwechsel Revision/ Systemwechsel/ Explantation Keine signifikanten Veränderungen des hohen Qualitätsniveaus Verbesserungen bei der Aggregatlaufzeit Verschlechterung bei Hardwareproblemen als Indikation zu Folgeeingriff Handlungsbedarf C: Prozedurassoziiertes Problem (Sonden- oder Taschenproblem) als Indikation zum Folgeeingriff Keine signifikanten Veränderungen des hohen Qualitätsniveaus Verbesserungen bei der Durchführung von Reizschwellenund Amplitudenbestimmungen Verbesserungen bei prozedurassoziierten Problemen und Infektionen als Indikation zum Folgeeingriff Handlungsbedarf C: Prozedurassoziiertes Problem (Sonden- oder Taschenproblem) als Indikation zum Folgeeingriff Hohes Qualitätsniveau, erhebliche Spannweite der Ergebnisse Weiter Handlungsbedarf bei prozedurassoziierten Problemen, obwohl Ergebnisse teilweise verbessert und innerhalb des Referenzbereichs 3
Hardwareproblem als Indikation zum Folgeeingriff nach Herzschrittmachereingriffen Warum wurden nach Herzschrittmachereingriffen 2015 signifikant mehr Folgeeingriffe wegen Hardwareproblemen durchgeführt als im Vorjahr? ab 2015 neue Kategorie sonstige aggregatbezogene Indikation zur Vereinheitlichung der Datenerfassung in 09/3 und 09/6 wurde in 2015 bei 430 Behandlungsfällen angegeben Klärung im Strukturierten Dialog (Dokumentationsfehler?) 4
Besonderer Handlungsbedarf: Prozedurassoziiertes Problem als Indikation zum Folgeeingriff Referenzbereich Rechn. Auff. 2015 Rechn. Auff. 2014 Qual. Auff. 2014 Herzschrittmacher 6,00 % 170 (15,0 %) 180 (15,8 %) 47 (4,1 %) Defibrillatoren 6,00 % 130 (16,7 %) 177 (22,9 %) 31 (4,0 %) Warum Handlungsbedarf C: Hohe Belastung für betroffene Patienten (n = 5.500) Erhebliche Streuung der Krankenhausergebnisse hohe Anzahl rechnerischer Auffälligkeiten Selektionsverzerrung Anteil an Eingriffen, die zu Folgeeingriff aufgrund eines prozedurassoziierten Problems führen, ist eigentlich höher. Empfehlung der Fachgruppe für den Strukturierten Dialog: Abschluss von Zielvereinbarungen, insbesondere bei wiederholter rechnerischer Auffälligkeit eines Krankenhauses 5
Was bedeutet Selektionsverzerrung? 1,7 % 5,5 % 3,8 % 4,9 % 0,6 % 1,4 % Verschiedene Eingriffe eines Patienten können derzeit nicht miteinander verknüpft werden. Deshalb ist nicht ermittelbar, welche Einrichtung den Eingriff vor dem Folgeeingriff (z. B. Implantation) durchgeführt hat. Da diese Einrichtung aber für das Behandlungsergebnis verantwortlich ist, können nur Folgeeingriffe berücksichtigt werden, bei denen der vorherige Eingriff in der selben Einrichtung stattfand. Der Anteil an Schrittmacher- oder Defibrillatoreingriffen, die zum Folgeeingriff wegen Komplikation führen, ist daher größer. Behebung der Selektionsverzerrung erst durch längsschnittliche Auswertung (Follow-up) 6
Prozedurassoziierte Probleme: Analyse zu wiederholten Auffälligkeiten im Zeitraum 2011 bis 2015 Herzschrittmacher Über die Hälfte der Krankenhäuser wurde nie auffällig Nur ganz wenige Krankenhäuser blieben ständig auffällig ca. 10 % der Krankenhäuser zeigten zweimal, über 5 % dreimal in 5 Jahren Verbesserungspotential Überwiegend Krankenhäuser mit höheren Fallzahlen Einheit: Alle Krankenhäuser, die im Zeitraum 2011 bis 2015 Daten geliefert haben 7
Prozedurassoziierte Probleme: Analyse zu wiederholten Auffälligkeiten im Zeitraum 2011 bis 2015 Implantierbare Defibrillatoren ca. 40 % der Krankenhäuser wurden nie auffällig Nur ganz wenige Krankenhäuser blieben ständig auffällig ca. 16 % Krankenhäuser zeigten zweimal, 8 % dreimal in 5 Jahren Verbesserungspotential Überwiegend Krankenhäuser mit höheren Fallzahlen Einheit: Alle Krankenhäuser, die im Zeitraum 2011 bis 2015 Daten geliefert haben 8
Prozedurassoziierte Probleme: Wo könnte das am schnellsten und einfachsten zu realisierende Verbesserungspotential liegen? 3 Parameter kommen als Einflussfaktoren in Frage: 1. Fallzahl 2. Eingriffsdauer 3. Venöser Sondenzugang 9
Prozedurassoziierte Probleme: Fallzahl: Beziehung vorhanden, aber nicht eindeutig Bei Herzschrittmachern gibt es eine Beziehung zwischen Komplikationen und Fallzahl des Krankenhauses (n = 430.416 Herzschrittmacherimplantationen) Conclusions Thus, our data suggest better performance and lower complications with increasing procedural volume. Bei implantierbaren Defibrillatoren gibt eine Beziehung zwischen Fallzahl des Operateurs und Komplikationen unabhängig von der Fallzahl des Krankenhauses (n = 356.515 ICD-Implantationen) 10
Eingriffsdauer über dem Schwellenwert % OP-Dauer > Schwellenwert 30 20 10 22,2 % 3.221/ 14.513 1-Kammer > 50 min Herzschrittmacher 11,9 % 6.945/ 58.441 2-Kammer > 80 min 5,8 % 153/ 2.632 CRT > 180 min Anteil der Implantationen mit OP-Dauer über Schwellenwert Bei > 10.000 Herzschrittmacher-Implantationen (13,7 %) wird der Schwellenwert überschritten. 11
Eingriffsdauer über dem Schwellenwert % OP-Dauer > Schwellenwert 30 20 10 Implantierbare Defibrillatoren 15,8 % 1.864/ 11.827 VVI > 60 min 12,4 % 929/ 7.502 DDD/VDD > 90 min 7,2 % 714/ 9.971 CRT > 180 min Anteil der Implantationen mit OP-Dauer über Schwellenwert Bei > 3.500 Defibrillator-Implantationen (12,0 %) wird der Schwellenwert überschritten. 12
Eingriffsdauer: Schwellenwert und Komplikationen Eine Herzschrittmacher-Implantationen über dem Schwellenwert ist mit mehr Komplikationen vergesellschaftet. 13
Eingriffsdauer: Schwellenwert und Komplikationen Eine Defibrillator-Implantationen über dem Schwellenwert ist mit mehr Komplikationen vergesellschaftet. 14
Eingriffsdauer: Analyse zu wiederholten Auffälligkeiten im Zeitraum 2011 bis 2015 Herzschrittmacher Über drei Viertel der Krankenhäuser wurde nie auffällig Nur ganz wenige Krankenhäuser blieben ständig auffällig 5,5 % Krankenhäuser zeigten zweimal, 3,2 % dreimal in 5 Jahren Verbesserungspotential Überwiegend Krankenhäuser mit kleinen Fallzahlen 15
Eingriffsdauer: Analyse zu wiederholten Auffälligkeiten im Zeitraum 2011 bis 2015 Implantierbare Defibrillatoren Über 70 % der Krankenhäuser wurden nie auffällig Nur ganz wenige Krankenhäuser blieben ständig auffällig 7,8 % Krankenhäuser zeigten zweimal, 1,8 % dreimal in 5 Jahren Verbesserungspotential Überwiegend Krankenhäuser mit kleinen Fallzahlen 16
Venöser Zugang und Komplikationen: Herzschrittmacher 3,5 Komplikationen je nach venösem Zugang (SM) V.cephalica V.subclavia * p<0,05 ** p>0,01 3,0 3,02 3,06 3,05 3,03 2,83 % 2,5 2,89 2,75 2,77 2,62 2,51 2,57 2,41 2,0 1,5 1,0 * * * ** 2010 2011 2012 2013 2014 2015 In 4 von 6 Jahren war der Sondenvorschub über die Vena cephalica bei Herzschrittmacher-Implantationen mit weniger Komplikationen vergesellschaftet. 17
Venöser Zugang und Komplikationen: implantierbare Defibrillatoren 3,5 Komplikationen je nach venösem Zugang (ICD) V.cephalica V.subclavia ** p<0,01 *** p<0,001 3,0 2,63 % 2,5 2,40 2,44 2,35 2,17 2,0 1,86 1,5 1,69 1,68 1,0 *** 1,45 1,04 1,33 1,37 2010 2011 2012 2013 2014 2015 *** *** *** *** ** Der Sondenvorschub über die Vena cephalica bei Defibrillator-Implantationen war immer mit weniger Komplikationen vergesellschaftet. 18
Venöser Sondenzugang Verwendung der V. cephalica als Sondenzugang SM ICD 45 40 42,6 41,8 40,5 39,6 38,9 38,8 % 35 30 34,4 33,9 33,9 32,9 33,1 33,6 25 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Der Sondenvorschub über die Vena cephalica wird sowohl bei Herzschrittmachern als auch bei implantierbaren Defibrillatoren seltener als der über die Vena subclavia verwendet. 19
Standorte mit seltener Verwendung der V. cephalica Standorte mit Verwendung der V. cephalica in < 10% SM ICD 45 40 40,9 39,8 39,9 41,2 41,4 41,0 % 35 30 25 33,1 32,8 31,2 29,8 29,1 28,1 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Der Anteil an Krankenhäusern / Standorten, die die Vena cephalica auffällig selten verwenden, ist hoch, nimmt aber nicht weiter zu. 20
Verwendung der V. cephalica: Standortbezogene Ergebnisse aus Hessen bestätigen die Bundesergebnisse und zeigen eine extreme Streubreite von 0 100 21
Prozedurassoziierte Probleme Zusammenfassung Prozedurassoziierte Probleme sind seltener, wenn man 1. viel operiert, 2. schnell operiert und 3. häufig die Vena cephalica als venösen Sondenzugang verwendet. 22
Prozedurassoziierte Probleme: Lösungsmöglichkeiten zur Realisierung des Verbesserungspotentials OP-Volumen: Ohne Längsschnittbetrachtung keine endgültige Bewertung möglich Zudem außermedizinische Diskussion Kürzere OP-Zeiten und häufigere Verwendung der Vena cephalica können durch größere chirurgische Expertise gefördert werden: Facharztstandard definieren Training mit Zertifikat zum Kompetenznachweis Leitlinien zum chirurgischen Vorgehen 23
Prozedurassoziierte Probleme: Beispiele für die Umsetzung von Lösungen 1. Die beiden Fachgesellschaften, deren Mitglieder einen Großteil der Prozeduren durchführen (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG)), wurden gebeten, bei der Entwicklung von Optimierungsstrategien zu unterstützen. 2. Die DGK wird auf den Deutschen Herztagen 2016 im Rahmen der Deutschen Rhythmus Tage eine eigene Veranstaltung zum Thema anbieten. 3. Die AG Herzrhythmusstörungen der DGTHG wird die Federführung bei der Erstellung einer interdisziplinären Leitlinie nach den Vorgaben der AWMF zur Leitlinienerstellung zum Thema Invasive Behandlung von Patienten mit Herzrhythmusstörungen übernehmen. 24
Kürzlich vorgenommene Änderungen Änderungen im Vergleich zum Vorjahr: Herzschrittmacher: Anpassung der Indikatoren zu Indikation und Systemwahl an die neuen ESC-Leitlinien Defibrillatoren: Berücksichtigung von S-ICDs beim Indikator zur Systemwahl Herzschrittmacher und Defibrillatoren: Überarbeitung der Risikomodelle zur Krankenhaussterblichkeit 25
Ausblick Geplante Änderungen: Einführung von Follow-up-Indikatoren (Herzschrittmacher: zum Erfassungsjahr 2016; Defibrillatoren: voraussichtlich zum Erfassungsjahr 2018) Herzschrittmacher und Defibrillatoren: Einführung von Indikatoren zum Dosis-Flächen-Produkt (zum Erfassungsjahr 2016) Herzschrittmacher und Defibrillatoren: Streichung von 70 Datenfeldern (zum Erfassungsjahr 2017) Herzschrittmacher: Einführung von Referenzbereichen bei den Indikatoren zu Systemen 1., 2. und 3. Wahl (zum Erfassungsjahr 2016) Defibrillatoren: Anpassung der Indikatoren zu Indikation und Systemwahl an die neuen ESC-Leitlinien (zum Erfassungsjahr 2017) 26
Herzschrittmacher und Defibrillatoren QS-Verfahrensmanagerinnen und -manager des IQTIG Florian Rüppel, Dr. Amin-Farid Aly und Alina Wolfschütz Mitglieder der Bundesfachgruppe Herzschrittmacher und Defibrillatoren Prof. Dr. Steffen Behrens, Berlin Dr. Heiko Burger, Bad Nauheim Prof. Dr. Gerd Fröhlig, Saarlouis Dr. Stefan Köberich, Freiburg i. Br. Prof. Dr. Christof Kolb, München Matthias Kollmar, Eppelheim Prof. Dr. Bernd Lemke, Lüdenscheid Dr. Susanne Macher-Heidrich, Düsseldorf Prof. Dr. Andreas Markewitz, Koblenz Wolfgang-H. Müller, Berlin Dr. Frank Noack, Hamburg Prof. Dr. Bernd Nowak, Frankfurt am Main Birgit Pätzmann-Sietas, Berlin Prof. Dr. Christoph Stellbrink, Bielefeld Dr. Jörg van Essen, Oberursel Prof. Dr. Uwe Wiegand, Remscheid 27
8. Qualitätssicherungskonferenz des Gemeinsamen Bundesausschusses Berlin, 29. September 2016 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www.iqtig.org Es gibt viel zu tun, packen wir es an! 28