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Was ist der Gegenstand der Sprachwissenschaft? Zum Beispiel: Gegenstand der Sprachwissenschaft sind die kognitiv verankerten Entitäten, Strukturen und Regeln, die die Erzeugung sprachlicher Äußerungen ermöglichen. Das Problem: Dieser Gegenstand ist unserer Wahrnehmung nicht unmittelbar zugänglich. Stefan Engelberg, Analyse elektronischer Textkorpora, März 2009, Marmara-Universität Istanbul [Folie 1] Unter Daten können wir beobachtbare oder ableitbare Sachverhalte verstehen, die im Rahmen wissenschaftlicher Argumentationen angeführt werden. Von Linguisten werden verschiedene Typen solcher Sachverhalte als Daten angeführt, die auf verschiedene Weise gewonnen werden, zum Beispiel: (I) Introspektive Grammatikalitätsurteile Als Muttersprachler des Deutschen stelle ich fest: *Peter hilft seinen Freund Peter hilft seinem Freund Stefan Engelberg, Analyse elektronischer Textkorpora, März 2009, Marmara-Universität Istanbul [Folie 2] 1

(II) Grammatikalitätsurteile auf der Basis operationaler Verfahren Verbalphrasen eines bestimmten semantischen Typs (sogenannte Accomplishments) lassen sich über den Zeitspannentest ermitteln; sie sind kombinierbar mit einem Adverbial des Typs in x Tagen / Stunden / Minuten: (1) Er hat den Wagen in drei Stunden repariert. (2) *Er hat den Mechaniker in drei Stunden gehasst. Vendler, Zeno (1957): Verbs and Times. In: The Philosophical Review LXVI, 143-60. Stefan Engelberg, Analyse elektronischer Textkorpora, März 2009, Marmara-Universität Istanbul [Folie 3] (III) Durch Befragung gewonnene,gradierte Grammatikalitätsurteile Auf einer Angemesssenheitsskala von 1 (völlig ok) bis 5 (unverständlich) beurteilen 180 Probanden den folgenden Satz im Schnitt mit 2,9: Das echte Überraschen der Kinder beim Anblick der Eltern war niemandem entgangen. Blume, Kerstin (2004): Nominalisierte Infinitive. Eine empirisch basierte Studie zum Deutschen. Tübingen: Niemeyer. S. 69. Stefan Engelberg, Analyse elektronischer Textkorpora, März 2009, Marmara-Universität Istanbul [Folie 4] 2

(IV) Ergebnisse psycholinguistischer Experimente Bei sukzessiver Präsentation von zwei Wörtern und der Aufgabe, für das jeweils zweite Wort möglichst schnell zu entscheiden, ob es ein Wort der deutschen Sprache ist, können Probanden die Aufgabe im Fall 2 schneller lösen als im Fall 1: (1) Fahrrad Doktor. (2) Krankenschwester Doktor. Linke, Angelika, Markus Nussbaumer & Paul R. Portmann (1994). Studienbuch Linguistik. 2. Aufl. Tübingen: Niemeyer. S. 342. Stefan Engelberg, Analyse elektronischer Textkorpora, März 2009, Marmara-Universität Istanbul [Folie 5] (V) Scans auf der Basis bildgebender Verfahren Dreisprachige Probanden zeigen bei der Aufgabe Grammatikfehler zu korrigieren, Gehirnaktivität in unterschiedlichen Zonen des Gehirns (Sprache 1: gelbrot; Sprache 2: blau; Sprache 3: grün). Die linke Abbildung zeigt die Aktivitäten im Broca-Zentrum bei einem Probanden, der zwei der drei Sprachen vor dem 3. Lebensjahr erlernte (nur ein Netzwerk), die rechte Abbildung einen Probanden, bei dem zwei Sprachen erst nach dem 10. Lebensjahr erworben wurden (für jede Sprache ein eigenes Netzwerk): Kramer, Katharina (2003): Wie Werde ich ein Sprachgenie? In: Gehirn & Geist 2, 48-50. Stefan Engelberg, Analyse elektronischer Textkorpora, März 2009, Marmara-Universität Istanbul [Folie 6] 3

(VI) Ergebnisse von Hirnstrommessungen (EEGs) Die EEG-Messung relativ zu einem bestimmten Ereignis (ereigniskorreliertes Potential), nämlich der Präsentation der Sätze 1-3, zeigt Unterschiede im Bereich der Amplitude der N400-Komponente: (1) The pizza was too hot to eat. (2) The pizza was too hot to drink. (3) The pizza was too hot to cry. Kutas, M. & C. Van Petten (1994): Psycholinguistics electrified: event-related brain potential investigations. In: Gernsbacher, M.A. (Ed.): Handbook of Psycholinguistics. San Diego: Academic Press, 83-143. Nach: http://www.uni-bielefeld.de/lili/projekte/neuroling/neurolinguistics.html. Stefan Engelberg, Analyse elektronischer Textkorpora, März 2009, Marmara-Universität Istanbul [Folie 7] (VII) Äußerungen von Sprechern mit neurologischen Beeinträchtigungen Gespräch zwischen einer Patientin (40 Jahre, Hausfrau, Schlaganfall) und einer Untersucherin: P: äh / is vor drei Jahren Unfall / äh / im Auto passiert / U: ein Unfall? / P: ja / im / äh / Stuttgart / U: ahja / P: und zehn Tage später / äh / Sprache weg / äh / ich / zehn Tage /äh / blaß und / äh / immer Kopfschmerzen / und am / am morgens steht mir / äh / ich / äh / am morgens steht mir / äh / am morgens aufst / aufgestanden / die Kinder geweckt / und mein Mann / und in die Küche / äh / das Brotmesser und / äh / äh / Brot schneiden / und der Brotmesser aus der Hand fallt / ach Gott! / Brotmesser aufgenommen / also der is nicht.../ he?! /und / ich hab ge / äh / gesprochen! / äh / fünf Minuten später / gar nix! / und dann.../ U: Sind Sie ohnmächtig dann geworden? P: Nein! / mein Mann / äh / is / äh / ich in Bett / ge / gegegangen und / äh / und / äh / der Arzt gerufen / und / äh / aufschreiben / gar nix / weg! / und dann dann / äh / ohnmä / ne nich / ohnmächtig! / das is nicht / äh / so / äh / so gef / äh / ganz / ganz / weit weg / Gedanken // ja und dann.../ Peuser, Günter (1978): Aphasie. Eine Einführung in die Patholinguistik. München: Fink. S. 408f. Stefan Engelberg, Analyse elektronischer Textkorpora, März 2009, Marmara-Universität Istanbul [Folie 8] 4

(VIII) Äußerungen von (gesunden) Sprechern aus elektronischen Textkorpora Konkordanz zu dem Wort besteht, erstellt mit AntConc, Version 3.2.1w, auf der Basis eines Ausschnitts des deutschen Zeitungskorpus der Leipzig Corpus Collection: Stefan Engelberg, Analyse elektronischer Textkorpora, März 2009, Marmara-Universität Istanbul [Folie 9] (IX) Statistische Messergebnisse Statistische Berechnung des Kollokationspotenzials von Wörtern auf der Basis des Deutschen Referenzkorpus; Auszug aus der Kookkurrenzdatenbank. Belica, Cyril: Kookkurrenzdatenbank CCDB. 2001-2007 Institut für Deutsche Sprache, Mannheim. Stefan Engelberg, Analyse elektronischer Textkorpora, März 2009, Marmara-Universität Istanbul [Folie 10] 5