Was bedeutet Ombudschaft in der Jugendhilfe? Was will Ombudschaft? Was kann Ombudschaft leisten?

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Transkript:

Was bedeutet Ombudschaft in der Jugendhilfe? Was will Ombudschaft? Was kann Ombudschaft leisten? Sozialog am 30.9.2014 in Kiel Der Paritätische Schleswig Holstein Prof. Dr. Peter Schruth

Zur Aktualität der ombudschaftlichen Debatte Seit 12 Jahren zunehmende öffentliche Aufmerksamkeit und breitere Debatte in der Jugendhilfe (BRJ e.v., Runde Tische Heimerziehung/sexualisierte Gewalt, Bundeskinderschutzgesetz) Seit 8 Jahren Zusammenschluss von ombudschaftlichen Initiativen der Jugendhilfe in einem Bundesnetzwerk Seit wenigen Monaten Start des ersten öffentlich geförderten Modellprojektes Berliner Beratungs und Ombudsstelle Jugendhilfe

Initiativgruppe Unabhängiges Bremer Beschwerde und Beratungsbüro Bremen Das Bundesnetzwerk Ombudsschaft in der Jugendhilfe BerNi e.v Beratungs u. Ombudsstelle für Kinder u. Jgdl. In Niedersachsen Hannover Projekt gerecht Deutscher Kinderschutzbund Landesverband NRW Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e.v. Berlin Ombudschaft Jugendhilfe NRW e.v. NRW BOJE e.v. Beratungs und Ombudsstelle Jugendhilfe Brandenburg e.v. Potsdam Initiative Salomon Ombudsstelle des Instituts für Vollzeitpflege und Adoption e.v. Frankfurt/Main Kinder und Jugendhilferechtsverein e.v. Dresden Ombudsstelle für Kinder und Jugendrechte in Hessen: Projekt der Caritas und Diakonie Hessen Initiative Habakuk Beratungsnetzwerk der Caritas Baden Württemberg Kinder haben Rechte e.v. Tübingen / Reutlingen Initiative Ombudschaft in Bayern Kath. Jugendfürsorge Projekt Fidelis Deutscher Kinderschutzbund, Landesverband Bayern e.v.

Zwei große Themenfelder Ombudschaft in der Jugendhilfe Leistungsgewährung Frage: Wird eine bedarfsgerechte und gesetzeskonforme Jugendhilfe im Einzelfall erbracht? Was, wenn nicht? Leistungserbringung Frage: Wie kann für junge Menschen in Einrichtungen der Jugendhilfe deren Beteiligung und Beschwerde wirksam gemacht werden?

Ein Beispiel: Worum geht es bei der Leistungsgewährung? Lena, ein 17 ½ jähriges Mädchen wendet sich an das Jugendamt. Sie ist im 3. Monat schwanger, hat sich mit ihren Eltern, bei denen sie bis vor kurzem wohnhaft war, verstritten, und lebt nach ein paar Tagen auf der Strasse nun seit zwei Wochen gemeinsam mit einer Freundin in deren 1 Raum Wohnung.

Das ist jedoch kein Zustand, und so bittet Lena das Jugendamt um Hilfe. Sie hat davon gehört, dass man beim Jugendamt bis zum 21. Lebensjahr professionelle Hilfe beantragen kann, die einen bei der Verselbständigung unterstützt, und dass es auch besondere Möglichkeiten der Unterbringung und Unterstützung für junge Mütter mit Kindern gibt.

Die Mitarbeiterin vom Jugendamt gibt ihr nun jedoch die Auskunft, dass es ihr zwar sehr leid tue, aber dass es da keine Möglichkeit geben würde. Schließlich sei sie fast 18 Jahre alt. Da sei entweder das Job Center (U 25) oder die Wohnungshilfe des Sozialamtes zuständig. Dort kriege sie in ihrer Lage persönliche Hilfe und finanzielle Unterstützung.

Finanzielle Unterstützung allein ist eigentlich nicht das, was Lena sich vorgestellt hatte. Sie hatte gehofft, dass ihr auch jemand dabei helfen könnte, die nächsten Schritte bis zur Geburt des Kindes zu unternehmen:...eine Wohnung finden,...einen Nebenjob finden oder trotz Kind noch den Realschulabschluss nachholen?,...den Alltag mit Kind organisieren, Erziehungsratschläge einholen etc. Dafür hätte sie gerne jemanden gehabt, der/die sie beratend und mit einer helfenden Hand unterstützen kann.

Aber wenn die Frau vom Jugendamt sagt, da gibt es nichts... Die muss es ja wissen!

Was ist, wenn Fachkräfte der Jugendämter fachliche Fehler machen? Was ist, wenn sich Betroffene nicht mit den Hilfen der Jugendhilfe auskennen? Was ist, wenn sich Betroffene wegen ihrer Probleme und ihrer begrenzten Einflussmöglichkeiten nicht ausreichend erklären, verständlich machen und ggfl. durchsetzen können? Was ist, wenn Dienstanweisungen eines Jugendamtes die Leistungserbringung bedarfsgerechter Hilfen im Einzelfall allgemein begrenzen?

Deshalb: Seit öffentlicher Kostendruck vor Leistungsansprüchen junger Menschen und ihren Familien nach dem SGB VIII nicht Halt macht, kommt dem (kommunikativen und rechtlichen) Verfahren im Viereck der sozialrechtlichen Aufgabenerfüllung besondere Bedeutung zu.

Verfahren im Viereck sozialrechtlicher Aufgabenerfüllung Recht Lebenslage Verfahren Geld

Im Fokus: Das Verfahren Die Betroffenen sind im Verfahren keine Objekte der Hilfe, sie sind zu beteiligen, soll Gelingen von Hilfe eine Chance haben Leistungen dieser Art können nur ko produktiv gelingen, notwendig sind Kooperation und Interaktion. Es gibt stets dynamische Wechselwirkungen von Leistungsgestaltung und Hilfebedarf = Verschränkung von Entscheidung und Vollzug = Vorläufigkeit der Entscheidungen Deshalb sind Rechtsansprüchen mit Blick auf die Besonderheiten des pädagogischen Prozesses Grenzen gesetzt ( Harte Rechtsansprüche auf weiche Leistungen lt. Prof. J. Münder)

Doch zugleich: Strukturelle Gefahren Spezifisches Nähe Distanz Verhältnis Konkurrierende Entscheidungskriterien Machtasymmetrie Deshalb: Beschwerde und Ombudschaft auch in der Jugendhilfe

Der begriffliche Kontext von Ombudschaft 1. Traditionell: Aufklärung Partizipation Beteiligung Beschwerde (als Rechtsschutz) 2. Intention: Aufklärung Partizipation Widerspruch Beteiligung Beschwerde Ombudschaft

Begriffsklärungen (nach U. Urban Stahl): Beschwerde + Ombudschaft Beschwerde: Rückmeldung über eine Dienstleistung, ein Verhalten oder ähnliches, die eine negative Bewertung des Geschehenen oder des Gegenstands beinhaltet und auf Abhilfe ausgerichtet ist. Chance: Rückmeldung über Perspektive von Klient/innen auf fachliches Handeln Ombudschaft: Unparteiische Vorgehensweise bei Streitfragen, in der die Interessen der strukturell unterlegenen Partei durch die beratende Ombudsperson besondere Beachtung finden. Ziel ist es, strukturelle Machthierarchien auszugleichen und eine gerechte Einigung zu erzielen.

Wiesner Gutachten (2012) Keine neue Beratungsstellenstruktur Leichte niedrigschwellige Erreichbarkeit durch ortsnahe (auch virtuelle) Angebote: wegen des Kontaktes zu den Jugendämtern, wegen der Vermittlungen bei unterschiedlichen Auffassungen und Schlichtungen bei Streitigkeiten, wegen des erforderlichen Vertrauens und erforderlicher Akzeptanz, die desto besser gelingt, je besser die handelnden Personen vor Ort bekannt sind.

Favorisiert werden Beratungs und Beschwerdestellen auf der örtlichen Ebene parallel zum Einzugsbereich der Jugendämter, die beim Jugendhilfeausschuss angesiedelt sind.

Aber auch: Relevante Rechte der Prozessbegleitung Recht auf Akteneinsicht Recht auf mündliche und schriftliche Stellungnahme des Jugendamtes Jederzeitige Berichtsoption im JHA

Zuspruch 1. Die Anbindung von ombudschaftlicher Beratung an den Jugendhilfeausschuss sei richtig, weil orts bez. jugendamtsnah, weil Chance zur fachpolitischen Debatte über kommunale Jugendhilfepraxis und deren Weiterentwicklung.

2. Der Vorschlag ermögliche: in die Entwicklung wirksamer Orte zur unabhängigen partizipativen Beschwerde Eine verbesserte Grundhaltung: Aktivierende, wertschätzende Sozialarbeit in den Ämtern (im Rahmen von kollegialen Teamstrukturen) Einen sozialpädagogisch organisierten Ausgleich der strukturell bedingten Machtasymmetrie einen von den Betroffenen im Falle von Grenz und Rechtsverletzungen ausgehenden effektiven Widerspruch (Beschwerde) Notfalls: Unterstützung von Eltern, Kindern und Jugendlichen außergerichtlichen und gerichtlichen Streitverfahren mit den Kostenträgern und Leistungserbringern

Bedenken, Einwände Zwei Argumentationslinien: 1. AdressatInnen von Leistungen der Kinder und Jugendhilfe seien mithilfe der zuständigen Jugendämter selbst in der Lage, ihre Interessen ausreichend wahrzunehmen. Andererseits wird unterstellt, dass dort, wo dies nicht der Fall sei, die zuständigen kommunalen Jugendämter selbst das Problem mit der Einführung interner Beschwerdeverfahren lösen könnten. 2. Externen Ombudschaften seien eine Gefährdung des Status der Verwaltung des Jugendamtes.

1. Argumentationslinie 1. Einwand: Die Betroffenen helfen sich selbst! Debatte zirkuliert um den Stellenwert der Mitwirkung der Betroffenen im Leistungsbewilligungsprozess Die Debatte wird von den Fachkräften in der Praxis der ombudschaftlichen Beratung nicht als qualitative Anerkennung von (Selbsthilfe )Kompetenzen der Betroffenen erlebt, sondern als Exklusionsandrohung.

In der Praxis der Jugendämter ist ein gestiegener Anspruch an die Mitwirkungsbereitschaft der Betroffenen zu beobachten. Dieser erhöhte Anspruch wird oftmals zu einer Stellschraube der Bewilligungs bzw. Ablehnungspraxis des eigentlich begründeten Hilfebedarfes im Einzelfall. Ein idealisierter Blick auf die angeblich verfügbaren Selbsthilfekompetenzen der Betroffenen läuft Gefahr, auf unreflektierte Weise Betroffene zu überfordern und zu exkludieren.

2. Einwand: Haben wir im Griff Es gäbe ein ausreichendes internes Beschwerdemanagement in den Jugendämtern. Weshalb sollten es sich Jugendämter gefallen lassen, durch externe Beschwerde und Ombudschaftsverfahren ihre gute Praxis einer sozialpädagogischen, zugewandten, wertschätzenden Arbeit (auch) zur Aufarbeitung von Beschwerden der Betroffenen in Frage stellen zu lassen?

Dieser Einwand verkennt, dass das Vorbringen einer Beschwerde (durch Betroffene) nicht allein durch deren sachgemäße formale Bearbeitung im Verwaltungsverfahren zu erledigen, also lediglich in ihrer Begründetheit zu prüfen und erneut zu bescheiden ist. Ein solches internes Beschwerdemanagement ist eine Umschreibung einer Dienstaufsichtsbeschwerde, die ohne gesicherte Beteiligung der Beschwerdeführer intern abgehandelt, damit intransparent und zumeist folgenlos bleibt.

Verdacht, dass Jugendämter externe Beteiligungen ( Wir wollen keine Ersatzjugendämter ) und damit Infragestellungen der eigenen Fachlichkeiten abwehren, weil eine verdeckten Fachaufsicht befürchtet wird. Hier aber eine besondere, quasi analoge Fachaufsicht, nämlich die der Betroffenen, die gesetzlich erwünscht ( 5, 8, 36 SGB VIII) ist.

Das Bemächtigen der Betroffenen zur Interessensvertretung gegenüber dem Jugendamt von einem externen, wirksamen Ort aus und das Öffnen der internen jugendamtlichen Strukturen zur Infragestellung von Entscheidungsprozessen sind zwei Seiten einer Medaille. Zur fachlichen Normalität in den Jugendämtern ist das aber noch nicht geworden.

2. Argumentationslinie Einwand: Gefährdung des Status der Verwaltung des Jugendamtes, weil Eingriff in die Zweigliedrigkeit des JA, weil zu starke Kontrollrechte des JA (durch JHA), weil sich die Vertreter der freien Träger darüber im JHA Bedarfe schaffen könnten.

Begründungen im Wiesner Gutachten: Gerade wegen der Zweigliedrigkeit des JA sei eine Unabhängigkeit des Ausschusses sowie eine Ortsnähe zu den Betroffenen gegeben, weswegen wiederum eine Begleitung des Verfahrensprozesses als besonders machbar erscheine. Keine zu starken Kontrollrechte, weil nur Empfehlungen ausgesprochen werden sollen. Grenzen der Einmischung in die laufenden Geschäfte der Verwaltung des Jugendamtes erst erreicht in Fragen der Personalausstattung sowie Haushaltsaufstellung. Zur Selbstbeschaffung freier Träger: Frage der Unabhängigkeit der Ombudsstelle, im übrigen nur Berichtspflicht der Stelle gegenüber JHA

Ombudschaft und Leistungserbringung 1. Zielt auf Beratung von jungen Menschen und ihren Familien, wenn sie Bedenken oder Kritik am Hilfeverlauf (also gegenüber dem Leistungserbringer) haben. 2. Einrichtungsinterne Beschwerdeverfahren sind mittlerweile gesetzlich nach 45 SGB VIII vorgeschrieben. 3. Gegenstand der ombudschaftlichen Beratung: Begleitung von Ratsuchenden in Konflikten und Beschwerden im Prozess der Leistungserbringung im Bereich der HzE.

Aufgabenstellung Hierzu gehören Information und Beratung der Betroffenen über regelhafte Beschwerdeverfahren der öffentlichen und freien Träger sowie die Vermittlung zwischen den Betroffenen und den jeweiligen Akteuren der Kinder und Jugendhilfe. Die Begleitung bei der Überleitung in regelhafte Beschwerdeverfahren erfolgt nach Absprache mit den Betroffenen.

Das Berliner Modellprojekt Es ist das erste externe Beratungsprojekt einer Ombudsstelle in der Jugendhilfe, gefördert vom Land Berlin für drei Jahre Die Förderung umfasst 3 ½ Fachkräfte Aufgabe: Ombudschaftliche Beratung in der Jugendhilfe für alle zwölf Berliner Jugendämter zu implementieren Zwei Schwerpunkte: Leistungsgewährung + Leistungserbringung

Wie weiter? Es sollten weitere (Modell )Projekte initiiert werden zur Erprobung externer Verfahren in den Ländern. Es braucht weitergehender konzeptioneller Entwicklungen und Erprobungen einrichtungsinterner Beschwerdeverfahren.

Und nicht zuletzt: Netzwerke und Initiativen pflegen Die strukturelle Implementierung ist voranzubringen, ersetzt aber nicht den Kontext des Empowerment, gewissermaßen ein Außen durch Fachkräfteinitiativen abseits der Regelstrukturen zu haben mit Blick auf die Gewährleistungsstrukturen der Jugendhilfe.