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Transkript:

Warum Schwarz-Grün machbar und sinnvoll ist Eine Analyse von Mike Mohring Der Wähler hat am Wahlsonntag des 22. September 2013 ein klares Votum getroffen: Fast 42 Prozent der Deutschen wollen, dass unsere Kanzlerin weiterhin Angela Merkel heißt. CDU/CSU haben vom Wähler den klaren Auftrag bekommen, eine Regierung zu bilden. Die FDP ist verschwunden, die SPD hat ihre Mehrheitsfähigkeit eingebüßt und die Grünen suchen nach einer neuen Identität. Eine große Koalition, wenn vielleicht auch naheliegend, ist kein Automatismus. Es gibt gute Gründe, ein schwarz-grünes Bündnis zu wagen. Denn fest steht: Rot-Grün - einst zum Gesellschaftsprojekt stilisiert - ist bei dieser Bundestagswahl gescheitert. Mobilisierten SPD und Grüne 1998 und 2002 noch über 47 Prozent der Wähler, verharren sie seit 2009 bei 34 Prozent - weit von einer Mehrheit entfernt. Dem Projekt ist quasi die Gesellschaft abhanden gekommen. Und auch die Grünen wissen, dass Sie nur als Regierungspartei gestalten können. Kurz nach der Wahl lässt sich bereits ein Trend erkennen: Der grüne Linkskurs ist beendet, die Realos gewinnen die Deutungshoheit. Voraussetzung für alle Koalitionsüberlegungen mit Bündnis 90/ Die Grünen ist aber, dass die Partei ihre personellen Konsequenzen aus dem Abschneiden bei der Wahl und Fehlentscheidungen im Wahlprogramm zieht. Bei den Grünen lässt sich die Selbstkritik erkennen, die man bei der SPD vermisst. Der Rücktritt von Volker Beck und Jürgen Trittin zeigt, dass die Grünen auf dem Weg der personellen Erneuerung sind. Zudem müssen die Bündnisgrünen mit Blick auf die Pädophilie-Debatte dieses schmutzige Kapitel ihrer (westdeutschen) Geschichte zeitnah aufarbeiten. Ist dies erfüllt, können sich im Jahre 2013 für Schwarz-Grün in Deutschland die Türen öffnen. Die inhaltlichen Übereinstimmungen finden sich unter anderem in einer nachhaltigen Haushaltspolitik, der Bewahrung der Schöpfung, dem Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen und einer erfolgreichen Energiewende, die den Bürger trotzdem nicht über Gebühr belastet. Zudem ist ein Kurswechsel in der Steuerpolitik bei den Grünen nach dem desaströsen Wahlergebnis zu erwarten. In puncto Steuererhöhungen und dem von Angela Merkel geprägten Europa-Kurs der Solidarität gegen Solidität gibt es mit CDU und CSU keine Kompromisse. Natürlich ist Schwarz-Grün ein Wagnis, ein absolutes Novum in der Bundespolitik. Die Grünen sind im Kern eine bürgerliche Partei - zu diesem Kern müssen sie zurückfinden. Auch die Grünen wissen, Wahlen werden in Deutschland in der Mitte gewonnen und nicht an den Rändern. Die Grünen müssen nach ihrer Wahlschlappe jetzt den Mut aufbringen, sich vom vom Wähler verhauenen Rot-Grün zu verabschieden. Schwarz und Grün haben mit den anstehenden Sondierungen die historische Chance, auf beiden Seiten ernsthaft

das Tabu abzuräumen und künftig wirklich gesprächsfähig zu sein, wie Joschka Fischer es in diesen Tagen bemerkenswert kundtat. Die Situation nach der Bundestagswahl 2013 Die Union als einzig verbleibende Volkspartei Alle die schon immer den Niedergang der Volksparteien prognostizierten, wurden von CDU und CSU eines Besseren belehrt. In Bayern ist die absolute Mehrheit wieder normale Realität und auch zur Bundestagswahl war sie, dank Angela Merkel, greifbar wie seit Jahrzehnten nicht. Mit einem Ergebnis von 41,5 Prozent rückt die Union wieder in die Nähe der Größenordnungen, die vor 1998 realisiert wurden. Es war richtig, den Anspruch, die 40-Prozent-Marke zu überspringen, nicht aufzugeben. Nur aus Ergebnissen von 40 plus x ergeben sich für die Union die meisten Regierungsoptionen. Fragmentierung der Parteienlandschaft Die Union hat vom Wähler einen klaren Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Die Fragmentierung der Parteienlandschaft macht dieses Unterfangen jedoch nicht einfacher. Durch die Etablierung neuer Parteien, wie der AfD und den Piraten und die gleichzeitige Schwäche der FDP, können zwei Probleme entstehen: Kommen die kleinen Parteien ins Parlament sind traditionelle Bündnisse wie Schwarz-Gelb oder Rot-Grün nur noch schwer zu erreichen. Scheitern die kleinen Parteien hingegen an der 5-Prozent-Hürde, wie aktuell geschehen, bleibt der Union als erprobter Bündnispartner nur die SPD. Die Folge könnte eine Ära der großen Koalitionen sein, die beiden Volksparteien nicht gut tun würde. Oder - für die Union eine grauenhafte Erfahrung aus den letzten Landtagswahlen - die Parteien im Lager um Rot-Grün stellen sich dauerhaft gegen Bündnisse mit der CDU, eben so, wie zuletzt in Baden- Württemberg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Das könnte für die CDU viele Jahre Opposition bedeuten, in den Ländern und im Bund. Daher muss die Union stark genug sein, dass ohne sie nicht regiert werden kann und gleichzeitig offen alle möglichen politische Bündnisse sondieren. Verlorene Wählerstimmen Bei der Bundestagswahl 2013 sind knapp sieben Millionen Stimmen unter den Tisch gefallen, weil die Sonstigen (inklusive der FDP) nicht den Einzug ins Parlament geschafft haben. Gut jeder sechste Wähler votierte mit der Zweitstimme für eine Partei, die letztlich nicht im Bundestag vertreten ist. Ein einmaliger hoher Wert. Für die Mechanismen unserer Demokratie problematisch ist auch die Perspektive einer großen Koalition. Die verbliebene Opposition würde nur ein Fünftel der Sitze stellen - das ist nicht einmal ausreichend für die 25-Prozent-Hürde, die notwendig ist, um einen Untersuchungs-Ausschuss initiieren zu können. Unsere parlamentarische Demokratie braucht eine ausreichend legitimierte Regierung, aber eben auch eine Opposition, der nicht die Kraft zur Kontrolle der Regierung und zur Debatte um die vermeintlich besseren Konzepte von vornherein abhanden kommt.

Bürgerliche Mehrheiten als Anspruch der Union Der Klassiker: Schwarz-Gelb Als einzig verbleibende Volkspartei muss die Union den Anspruch haben, bürgerliche Mehrheiten zu schmieden, die sich aus der Mitte der Gesellschaft speisen. Am attraktivsten für ein solches Bündnis ist nach wie vor Schwarz-Gelb. Schafft die FDP eine Trendwende und etabliert sich wieder als starke Kraft des Bürgertums, des Mittelstands und der Freiheit spricht nichts gegen eine Neuauflage des Bündnisses. Aber danach sieht es im Moment nicht aus. Die FDP ist inhaltlich und personell entleert und hat ihre Wurzeln in der Mitte der Gesellschaft vernachlässigt. Es ist offen, welchen Zeitraum die Liberalen für eine Erneuerung brauchen und ob es ihnen gelingt, wieder das Vertrauen der Bürger zu gewinnen. Bürgerliche Wähler bei den Bündnisgrünen Die Grünen zieren sich mit der Union zu koalieren. Aber 45 Prozent ihrer Anhänger haben sich noch im August für den Verbleib Angela Merkels im Kanzleramt ausgesprochen. Jeder zweite grüne Wähler findet die Kanzlerin sympathisch, mehr als 80 Prozent halten sie für kompetent. Immerhin 430.000 Grünen-Wähler sind dann auch ganz zur Union gewechselt mehr als von SPD und Linken zusammen. 67 Prozent der Grünen-Wähler fänden eine Koalition von CDU/CSU und den Grünen gut. Die Anhänger der Grünen sind gebildet und wohlhabend. Die größte Unterstützung besitzt die Ökopartei bei Personen mit hohem Einkommen, der Anteil unter den Beamten, Selbstständigen und Angestellten ist hoch, Arbeiter und Arbeitslose unterstützen die Partei dagegen kaum. Ein Großteil der Wähler der Grünen ist fest im Bürgertum verwurzelt. Auch wichtige Führungsfiguren wie Winfried Kretschmann oder Fritz Kuhn bekennen sich dazu, Wertkonservative zu sein. Gescheiterte Projekte in Hamburg und Saarland Die Basis für eine Zusammenarbeit von CDU und Grünen ist gegeben. Auf kommunaler Ebene haben sich solche Bündnisse seit Mitte der 1990er Jahre bewährt. Auf Landesebene wurde Schwarz-Grün in Hamburg und die Jamaika- Koalition im Saarland erprobt. Skeptiker wenden ein, dass beide Testläufe auf Landesebene gescheitert wären. Dem ist entgegen zu halten, dass die Umstände des Scheiterns nicht in der grundsätzlichen Zusammenarbeit zwischen CDU und Grünen begründet sind. In Hamburg war mit dem Rücktritt von Ole von Beust (im Zusammenhang mit dem Volksentscheid zur Schulreform) eine persönliche Entscheidung Ausgangspunkt, die nicht zwingend notwendig gewesen wäre. Im Saarland hat der Zustand der FDP-Fraktion eine verlässliche Zusammenarbeit unmöglich gemacht. Beides waren spezifische Situationen, die nicht grundsätzlich gegen eine Neuauflage des Bündnisses sprechen.

Anschlussfähigkeit der Grünen zur Union Inhaltliche Gemeinsamkeiten Die von führenden Politikern der Grünen oftmals angeführten fehlenden inhaltlichen Schnittmengen zwischen CDU und Grünen sind ein aus taktischen Gründen vorgeschobenes Argument. Im Kern sind es ihre wesentlichen Grundsätze, die beide Parteien als Bündnispartner prädestinieren. Die Richtschnur der Union ist das christliche Menschenbild und das Ziel der Bewahrung der Schöpfung. Die Grünen beziehen sich auf das Prinzip der Nachhaltigkeit und ökologischen Erneuerung der Gesellschaft mit dem Ziel der Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen. Aus der Kombination dieser Grundsätze ergeben sich Schnittmengen in allen wesentlichen Politikfeldern. Zudem gibt es insbesondere im Osten der Republik Gemeinsamkeiten aus der politischen Sozialisation. Die Bürgerrechtsbewegungen Neues Forum, Demokratischer Aufbruch und Demokratie Jetzt sowie die Initiative für Frieden und Menschenrechte haben mit Millionen Menschen gemeinsam den Umbruch in der DDR erkämpft und damit erst die Wiedervereinigung möglich gemacht. Viele Akteure, die sich damals gemeinsam engagierten sind heute bei der CDU und den Grünen aktiv. Meine eigene Biografie, als Wahlkampfmanager bei der Thüringer Landtagswahl 1990 für die einzig jemals erfolgreiche Listenverbindung vom NEUEN FORUM/Grünen/Demokratie Jetzt, ist dafür nur ein Beispiel. Belastungen aus dem Bundestagswahlkampf Der Bundestagswahlkampf 2013 hat das Verhältnis von Union und Grünen allerdings belastet. Die Grünen haben sich mit ihrem Wahlprogramm ein sehr linkes Profil gegeben und Angela Merkel und die Union zum Hauptgegner stilisiert. Als Steuererhöhungs- und Bevormundungspartei haben sie sich zwischen SPD und Linken positioniert. Dabei gab es zu Beginn des Wahlkampfes positive Signale. Die Mitglieder haben mit Katrin Göring- Eckardt dem linken Jürgen Trittin eine Spitzenkandidatin zur Seite gestellt, die eine Zuwendung zur bürgerlichen Mitte und christlichen Milieus versprach. Leider hat Göring- Eckardt die Erwartungen nicht erfüllen können. Sie ist betont aggressiv links aufgetreten und hat sich umso stärker versucht von Angela Merkel und der Union abzugrenzen. Dieser Linksruck der Grünen hat sich bitter gerächt. Die Botschaft der Wähler an die Grünen ist klar: Sie sehen die Grünen nicht als linkes Projekt, sondern wollen bürgerliche Werte, Umweltschutz, Nachhaltigkeit und substanzielles Wirtschaften umgesetzt sehen. Je mehr sich die Grünen von ihren im Grunde konservativen Wählern entfernen, umso mehr schadet es ihnen. Niederlage der Grünen als Chance auf einen Neustart Mit den Rücktritten des für den Linksruck verantwortlichen Führungspersonals ist die Chance auf einen Neustart gegeben. Der kleine Parteitag der Grünen nach der

Bundestagswahl lässt auch inhaltlich hoffen. Die Grünen haben selbst erkannt, dass ihre aggressive Abgrenzungsstrategie zur CDU die eigenen Wähler verschreckt. Joschka Fischer, Winfried Kretschmann, Reinhard Bütikofer haben die Ursachen der Wahlniederlage richtig eingeschätzt und eine Ausrichtung der Grünen auf die bürgerliche Mitte, ein Zugehen auf die Wirtschaft und eine Abkehr von der Bevormundungsstrategie angemahnt. Die Chance auf ernsthafte Sondierungen zwischen Union und Grünen ist dadurch gegeben. Und wenn sich daraus Gesprächsfähigkeiten für künftige verlässliche Koalitionsoptionen in den Ländern eröffnen, ist es die Debatte allemal wert. Erfurt, 4. Oktober 2013