Lifelong Learning kein Schlagwort, sondern gelebte Realität an Österreichs Universitäten

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Transkript:

70 Lifelong Learning Mag. a Elke A. Gornik Lifelong Learning kein Schlagwort, sondern gelebte Realität an Österreichs Universitäten Der universitäre Sektor in Österreich hat sich aufgrund der Entwicklungen rund um den Europäischen Hochschulraum verändert und bietet den Universitäten die Chance sich als Lern- und Bildungsberater/innen zu positionieren. Lifelong Learning ist mehr als nur Weiterbildung Die Entwicklung von Lifelong Learning-Angeboten, zumeist durch eine Professionalisierung und Etablierung von Weiter bildungseinrichtungen, rückt zunehmend in den Fokus der österreichischen Universitäten. Diese Entwicklung, die Einführung der Vollrechtsfähigkeit der Universitäten, die Änderungen und Umsetzungen der neuen Studienarchitektur aber auch die Etablierung einer eigenen Weiterbildungsuniversität in Österreich (Donau- Universität Krems), führten zu einer wachsenden Vielfalt von auf die Bedürfnisse Lernender abgestimmten Angeboten. Das Konzept des Lifelong Learning umfasst das gesamte Bildungsangebot an Universitäten, beginnend bei den Studien bis hin zu curricular geregelten Weiterbildungsprogrammen (z.b. Universitätslehrgängen) und offenen Weiterbildungsangeboten (z.b. der Vortragsreihe University Meets Public ). Vor allem drei zentrale Punkte, Flexiblisierung, Anerkennung und Durchlässigkeit sollten bei der Etablierung von universitären Lifelong Learning-Strategien berücksichtigt werden. Dies bedeutet für die Universitäten die Herausforderung, sich nicht mehr ausschließlich auf den traditionellen Studierenden (Vollzeitstudierenden) zu konzentrieren, sondern die Programme entsprechend den Lehr-, Lern-, Lebens- und Arbeitserfahrungen der Studierenden anzupassen. Betrachtet man Lifelong Learning auch als Erfordernis in allen Berufsgruppen und Branchen so bedeutet dies für die Lernenden die Konfrontation mit dem Wandel von Wissen und der ständigen Erweiterung neuer Kompetenzen. Lifelong Learning im Weiterbildungsbereich Die postgradualen Angebote an österreichischen Universitäten sind formal (gesetzlich durch das UG 2002 22 ) ausschließlich als Universitätslehrgänge ( außerordentliche Studien ) verankert. Hier lassen sich drei Ausprägungen festhalten: Universitätslehrgänge, die zu einem Mastergrad führen; Universitätslehrgänge, die eine akademische Bezeichnung verleihen sowie curriculumsgesteuerte Universitätslehrgänge, die ausschließlich mit einem Abschlusszeugnis enden. Alle weiteren Formate, diese reichen von modulartigen Kurzangeboten bis hin zu Seminaren und Vorträgen, sind gesetzlich nicht geregelt. 23 An den österreichischen Universitäten finden sich aber auch Angebote wie Kinderuniversitäten, Senior/innen-Unis, Sommerhochschulen oder Vortragsreihen für Alumni. Diese Vielfalt spiegelt die Verwirklichung eines LLL-Gedankens für verschiedene Zielgruppen wider. 22 Siehe Universitätsgesetz 2002, unter http://ug.manz.at/ 23 Siehe Grundsätze und Empfehlungen der österreichischen Universitätenkonferenz, unter http://www.uniko.ac.at/upload/grundsaetze_und_empfehlungen_zum_weiterbildungsangebot_an_universitaeten uniko.jaenner_2009.pdf

Im Fokus: Bologna in Österreich Lifelong Learning 71 Professionalisierung einer Massenuniversität und Weiterbildungsanbieterin Österreichs Universitäten haben sich zunehmend mit der Professionalisierung der universitären Weiterbildung beschäftigt. Dies führte zu Service- und Kompetenzeinrichtungen, wie beispielsweise das 2008 an der Universität Wien gegründete Postgraduate Center 24 Ziel dieser Einrichtung ist die Bündelung aller an der Universität Wien vorhandener Kompetenzen im Bereich der postgradualen Weiterbildung und die Erarbeitung von neuen, innovativen, qualitätsgesicherten, forschungsbasierten und bedarfsorientierten Angeboten. Besonderer Fokus der Universität Wien liegt in der Entwicklung von (weiterbildenden) Masterprogrammen, die in die Bologna- Struktur eingebettet werden. Dies bedeutet eine besondere Berücksichtigung von Modularisierung, Flexibilisierung der Bedürfnisse der Zielgruppe, ECTS-Basiertheit, Wechsel von Lehr- zu Lernzentriertheit, klare Darstellung der zu erreichenden Kompetenzen ( Learning Outcomes ) sowie eine starke Vernetzung von Wissenschaft und praxisrelevanten Fragestellungen. Herausforderungen für Österreichs Universitäten Universitäten können aufgrund der Expertise, die sie in den letzten Jahren vor allem im Bereich der Weiterbildung aufgebaut haben, wichtige Inputs für ein gesamtheitliches Lifelong Learning-Konzept beisteuern. Besonders berücksichtigt werden sollten dabei vor allem folgende Punkte: Das Lernen mit Erwachsenen und im Speziellen mit berufstätigen Personen erfordert flexible Lern- und Prüfungsformen. Besonders im Bereich der Weiterbildung (im Rahmen der kostenpflichtigen Angebote) sind entsprechende räumliche Gegebenheiten und Serviceleistungen notwendig und werden von der Zielgruppe erwartet. Aktuelle Notwendigkeiten und Trends (vor allem hinsichtlich der Employability) können an Universitäten oft noch zu schwer und spät umgesetzt werden. Zur Umsetzung der European Universities Charter on Lifelong Learning der EUA 25 müssen nicht nur Universitäten aktiv werden, sondern auch die bildungspolitischen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Umsetzung der Anerkennung (von formalem und informellem Lernen) und die Gestaltung von Durchlässigkeit erfordert Flexibilisierung der Universitäten und kein Abschotten. Soll Lifelong Learning als drittes Standbein neben Forschung und Lehre dauerhaft etabliert werden, so bedarf es auch Anreizsysteme für Universitäten bzw. Finanzierungen sowie bildungspolitischer Rahmenbedingungen. Universitäten sollten die Chance nutzen und verstärkt auf Unternehmen sowie Institutionen zugehen, gemeinsam Programme entwickeln und im Rahmen der Lifelong Learning-Konzepte auch ihre bildungspolitische 24 Siehe www.postgraduatecenter.at 25 Siehe http://www.eua.be/publications/

72 Lifelong Learning Verantwortung wahrnehmen. Universitäten müssen sich mit ihrer eigenen Rolle im Prozess des Lebensbegleitenden Lernens beschäftigen und dies erfordert eine Auseinander setzung mit dem eigenen System, aber auch mit der Zielgruppe des Lernenden und bietet dadurch die Chance zur Positionierung und Profilbildung. Die neuen gesellschaftlichen und beruflichen Herausforderungen an eine moderne Universität machen gesamtheitliche, lernerorientierte, durchlässige und bedürfnisorientierte Lifelong Learning-Konzepte notwendig und zu einer der zentralen zukünftigen Aufgaben der Universitäten.

UNIVERSITÄT WIEN POSTGRADUATE 2010/2011 Mag. Elke A. Gornik Priv.-Doz. Mag. Dr. Nino Tomaschek, MAS Postgraduale Weiterbildung als Karriereboost Wissensvorsprung als Kernkompetenz 14 Personen, die sich nach ihrem Erststudium weiter spezialisieren wollen oder aber auch eine berufliche und persönliche Veränderung anstreben, sind die primäre Zielgruppe von postgradualen Programmen. Die im Studium oder in der Ausbildung ehemals angeeignete Wissenskompetenz, entspricht im Laufe der Berufsjahre meist nicht mehr den Anforderungen der sich rasch wandelnden und globalisierten Berufswelt. Stetig wechselnde Arbeits- und Marktbedingungen stellen Unternehmen und MitarbeiterInnen vor die Herausforderung mit diesen Veränderungen umzugehen. Neben internen Firmenfortbildungen setzen Unternehmen und MitarbeiterInnen zunehmend auf Weiterbildungen im postgradualen Bereich. Diese bieten u.a. die Chance, vertiefende oder neue Kompetenzen zu erwerben und für die berufsspezifischen Anforderungen besser vorbereitet zu sein. Bei einer Investition in die eigene Zukunft sollte man sich aber auch bewusst machen, dass die Absolvierung einer Weiterbildung ein hohes Maß an Disziplin und Verständnis (beruflich wie privat) erfordert. Vor allem Programme, die mit einem Mastergrad abschließen, erfordern ein gutes Zeitmanagement und Planungen über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Entscheidung für eine postgraduale Weiterbildung kann eine präventive Maßnahme sein, um mit zukünftigen beruflichen und persönlichen Herausforderungen professioneller und kreativer umzugehen. Allerdings sollte die Zielsetzung nicht ausschließlich auf der Vermittlung von Fachwissen liegen. Der Erwerb von fach- und disziplinenübergreifendem Know-How und Social Skills also der Umgang mit sich selbst und anderen oder das Auseinandersetzen mit Führungsqualitäten in Bezug auf die berufliche und persönliche Zusammenarbeit sind Themen, die tendenziell immer stärker nachgefragt werden. Diese sollten als integrativer Bestandteil in der gewählten Weiterbildung vorhanden sein. Im Sinne des Lifelong Learning sollte immer die oder der Lernende mit dem bereits erworbenen Wissen und den vorhandenen Kenntnissen im Mittelpunkt stehen. Dies bedeutet einen Perspektivenwandel from teaching to learning. So bearbeiten beispielsweise TeilnehmerInnen in lernintensiven Kleingruppensettings mit unterschiedlichen didaktischen Methoden - gemeinsam mit WissenschaftlerInnen und ExpertInnen ihre praxisrelevanten Problemstellungen. Die TeilnehmerInnen selbst bilden zudem starke Lern- und Wissenspartnerschaften, die als nachhaltiges Netzwerk oftmals weit über den Postgraduate-Abschluss hinausreichen. Wir können Ihnen aus Erfahrung nur empfehlen, sich mit dem eigenen Berufs- und Weiterbildungsweg intensiv auseinanderzusetzen. Eine gut geplante und ausgewählte Weiterbildung kann ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal sein, um im Beruf über den entscheidenden Qualifikations- und Wissensvorsprung zu verfügen. Mag. Elke A. Gornik Priv.-Doz. Mag. Dr. Nino Tomaschek, MAS Leitung des Postgraduate Centers der Universität Wien www.postgraduatecenter.at