Elektromagnetische Felder Risikowahrnehmung in der Öffentlichkeit Christiane Pölzl-Viol, Bundesamt für Strahlenschutz Fortbildung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst Berlin, 22.03.2012 Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 1
Hochfrequente Felder des Mobilfunks: Wahrnehmung in der Bevölkerung Quelle: BfS Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 2
Ausgangslage Mobilfunk Ausgangslage 2000/2001 : Viel Aufmerksamkeit für den Ausbau des Mobilfunknetzes Zahlreiche Konflikte beim Aufbau von Sendeanlagen Starker Anstieg der Presseberichterstattung über Mobilfunk(-konflikte) Heute: Zahl der Konflikte verringert Weniger Presseartikel über mögliche Risiken und Standortkonflikte Damals wie heute: Diskrepanz zwischen wissenschaftlicher Kenntnislage und gesellschaftlicher Einschätzung wissenschaftlichen Wissens bzw. der Wahrnehmung möglicher Risiken Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 3
Informationen über Besorgnis und Risikowahrnehmung bei Mobilfunk Zahlreiche soziologische und psychologische Studien zu Risikokommunikation und Risikowahrnehmung Ein Forschungsschwerpunkt im Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramm Jährliche Umfragen zu Mobilfunk von 2003 bis 2006, Wh. in 2009: Telefonische Befragung 2500 Befragte je Befragungsjahr Untersuchung lässt Zeitvergleiche zu Themen: Nutzung, Wahrnehmung, Besorgnis, Informationsverhalten, empfundene Beeinträchtigung durch EMF, Vorsorgemaßnahmen etc. Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 4
Nutzung und Nichtnutzung von Handys Starke Mobilfunknutzung in Deutschland, nach wie vor ansteigend Gründe für Nichtnutzung von Handys: Nicht zwingend Ablehnung dieses Kommunikationsmittels Sondern einfach ein mangelnder Bedarf (52 % der Nichtnutzer) Gesundheitliche Gründe: von 3 % der Befragten genannt Ca. die Hälfte der befragten Handynutzer (Umfrage 2009) würden bei Nachweis von gesundheitsschädigenden Einflüssen auf das Handy verzichten Quelle: Hartmann, Belz. Infas 2010 Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 5
Gesundheitliche Besorgnis wegen EMF: Ja oder Nein? ja 31 % 30 % 31 % 28 % 31 % nein 69 % 70 % 69 % 72 % 69 % 2003 2004 2005 2006 2009 Quelle: Hartmann, Belz. Infas 2010; N=2.500 Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 6
Wahrgenommene gesundheitliche Beeinträchtigung wegen EMF: Ja oder Nein? ja 8 % 9 % 10 % 9 % 10 % nein 90 % 90 % 89 % 90 % 88 % 2003 2004 2005 2006 2009 Quelle: Hartmann, Belz. Infas 2010, N=2.500 Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 7
Grad der Besorgtheit über EMF Sorgen wegen gesundheitlicher Risiken durch EMF 2009 2006 2005 2004 2003 gar keine Sorgen 22 26 27 23 27 wenig Sorgen 54 53 49 52 50 ziemliche Sorgen 16 14 17 18 16 starke Sorgen 7 6 7 7 7 Quelle: Hartmann, Belz. Infas 2010, N=2.500 Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 8
Grad der wahrgenommenen Beeinträchtigung durch EMF Gesundheitliche Beeinträchtigung durch elektromagnetische Felder 2009 2006 2005 2004 2003 gar nicht beeinträchtigt 55 52 57 53 59 wenig beeinträchtigt 35 36 33 36 31 ziemlich beeinträchtigt stark beeinträchtigt 5 7 7 8 2 2 2 6 3 2 Quelle: Hartmann, Belz. Infas 2010, N=2.500 Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 9
Persönlicher Wunsch nach weiteren Informationen zum Thema Gesundheit und Mobilfunk Wichtigkeit weiterer Informationen Aspekte, zu denen weitere Informationen gewünscht werden (n=844) Einschätzung gesundheitlicher Risiken 89 % 25% 9% Persönliche Möglichkeiten der Vorsorge Umgang von Kindern mit Handys und Mobilfunk 80 % 79 % 24% Vorkommen elektromagnetischer Felder im Alltag 78 % 42% Eigenschaften elektromagnetischer Felder 74 % Gesundheitsrelevante Aspekte beim Handykauf 72 % sehr wichtig Arial 10 kursiv, Vortragstitel oder Veranstaltungshinweise oder Nummerierung Zuständige der Folien Behörden 10 63 % ziemlich wichtig nicht so wichtig unwichtig Quelle: Hartmann, Belz. Infas 2010, N=2.500 Andere Informationen 14 % Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 10
Konsequenzen von Besorgnis Oftmals keine persönlichen Konsequenzen zu beobachten: Alle Befragten (N=2.500 ): 15 % haben schon über Schutzmaßnahmen nachgedacht 7 % haben Maßnahmen ergriffen Gesundheitlich Besorgte: 28 % haben darüber nachgedacht 12 % ergreifen diese bereits Gesundheitlich Beeinträchtigte: 23 % denken über Vorsorgemaßnahmen nach 18 % ergreifen diese bereits Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 11
Projekt Ergänzende Informationen über Elektrosensible 6 % der Befragten haben schon einmal konkret beschreibbare und mehr als ein mal auftretende körperliche Beschwerden auf das Vorhandensein von elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Feldern (EMF) zurückgeführt. Verteilung dieser 6 % der Befragten, die schon einmal gesundheitliche Beschwerden auf das Vorhandensein von EMF zurück geführt haben: Ja, ich habe heute noch Beschwerden Ja, in der Vergangenheit, aber jetzt nicht mehr 51% 49% Basis: Elektrosensible Personen gemäß Studiendefinition Quelle: Ulmer, Bruse 2006 Telefonisches Bevölkerungsscreening und Befragung von Elektrosensiblen, Okt./Nov. 2004 2.406 Screenings und 167 Hauptinterviews mit Elektrosensiblen Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 12
Projekt Ergänzende Informationen über Elektrosensible Bekanntheit des Begriffs elektrosensibel Ist der Begriff elektrosensibel bekannt? Nein Haben Sie sich selbst schon einmal so bezeichnet? Ja 48% 52% Ja 63% 37% Nein Basis: Elektrosensible Personen gemäß Studiendefinition: 6 % der Befragten Quelle: Ulmer, Bruse 2006 Telefonisches Bevölkerungsscreening und Befragung von Elektrosensiblen, Okt./Nov. 2004 2.406 Screenings und 167 Hauptinterviews mit Elektrosensiblen Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 13
Zentrale Erkenntnisse zu Mobilfunk Thema Mobilfunk ist gesamtgesellschaftlich sehr stabil, individuell aber veränderbar Kenntnisse über mobilfunkrelevante Themen / Begriffe gering Interesse an der Thematik ist sehr unterschiedlich Trotz umfangreich zur Verfügung stehenden Informationen wird nach wie vor Bedarf an mehr Informationen geäußert In kleinen Teilen der Bevölkerung hohe Aufmerksamkeit für die Thematik Thema sehr stark emotional besetzt; z. T. diffuse Ängste Sendeanlagen stehen stärker im Fokus der Aufmerksamkeit Meinungsbildung großteils abgeschlossen Kaum Aufnahme neuer / anderer Informationen Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 14
Niederfrequente Felder der Stromversorgung: Wahrnehmung in der Bevölkerung Quelle: BfS Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 15
Stromnetzausbau: Sicht der Bevölkerung Energiewende wird bejaht + prinzipielle Notwendigkeit zum Netzausbau anerkannt Aber: durchwegs negative Bewertung neuer Stromleitungen Erdkabel werden als Alternative für Freileitungen bevorzugt Wenig Vertrauen der Bevölkerung in Beteiligte des Netzausbaus Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 16
Risikowahrnehmung Sorge um gesundheitliche Beeinträchtigung durch NF: wichtiger Aspekt neben erwarteten negativen landschaftlichen Effekten Informationsbedarf steigt mit Nähe zur Hochspannungsleitung und empfundener Beeinträchtigung Häusliche Immissionen (Elektroinstallationen, Haushaltsgeräte) haben wenig(er) Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit Individuelle Risikowahrnehmung folgt anderen Pfaden als die wissenschaftliche Risikobewertung Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 17
Personen mit NF-Außenanlagen in Wohnhausnähe Personen, die über NF-Außenanlagen in Wohnhausnähe berichten (Hochspannungsleitung/elektrische Freileitung; Trafohaus/Umspannwerk; Eisenbahn) Quelle: Brohmann et al. 2009; N= 702 Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 18
Betroffenheit durch Hochspannungsleitungen in Abhängigkeit der Distanz und der Sichtverbindung Betroffenheit - Mittelwert (1: gar nicht - 5: sehr stark) 5 4 3 2 1 Betroffenheit durch Hochspannungsleitungen in Abhängigkeit der Distanz und der Sichtverbindung zur nächsten HSL 3,3 1,5 2,8 1,8 2,4 2,3 deutlich zu sehen (n=107) nicht zu sehen (n=93) 2,3 2,0 1,8 1,6 0 0-50 m 51-200 m 201-500 m 501-1000 m > 1000 m Distanz zur Hochspannungsleitung oder anderen elektrischen Freileitung Personen, die im Umfeld von Hochspannungsleitungen wohnen Quelle: Brohmann et al. 2009 Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 19
Besorgtheit: mögliche Einflüsse auf die Gesundheit gar keine Sorgen wenig Sorgen ziemliche Sorgen starke Sorgen Verzehr von Fleisch aus unbekannter Herkunft gentechnisch veränderte Lebensmittel Luftverschmutzung Nebenwirkung von Medikamenten UV-Strahlung starkes Zigarettenrauchen übermäßiger Alkoholgenuss Mobilfunksendeanlagen, d.h. Sendemasten Teilnahme am Straßenverkehr Strahlung von elektrischen Geräten Verkehrslärm Benutzung von Handys Hochspannungsleitungen Benutzung von schnurlosen Festnetztelefonen Radio- und Fernsehsendeanlagen 37 28 29 32 34 38 40 30 17 20 34 Grad der Besorgtheit wegen möglicher Einflüsse auf die eigene Gesundheit 13 16 11 30 26 27 32 37 41 46 45 44 44 49 41 42 32 27 16 14 11 14 15 15 14 12 10 10 8 26 23 22 6 29 26 9 7 23 14 10 10 10 8 31 24 19 33 34 27 Anteil trifft nicht zu kein Kontakt mit diesem Faktor 2 - - 2-9 5 - - - 1 2 1 1 - Quelle: Hartmann, Belz. Infas 2010 Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 20
Fazit und Ausblick Risikowahrnehmung im Bereich EMF ist gut erforscht mehr Studien im Bereich Mobilfunk als im Bereich Strom(-netze) Mögliche Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung von Risiken sind bekannt Risikokommunikation muss auf diesen Erkenntnissen aufbauen Zwingend notwendig: Nutzung bisheriger Erfahrungen und Erkenntnisse der (Risiko-)Kommunikation und Risikowahrnehmung für neue Themenfelder (z. B. BOS-Digitalfunk, Stromnetzausbau) Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 21
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Quelle: BfS Quelle: BfS Christiane Pölzl-Viol, BfS, 22.3.2012, Berlin 22