Das Problem sind nicht die Autohersteller

Ähnliche Dokumente
Eine Million E-Autos nur mit Finanzanreizen möglich

Warum das E-Auto in Deutschland nicht auf die Füsse kommt

Billig-Sprit bremst E-Autos aus

Interview Fritz Indra: Plug-in ist Betrug an der Umwelt

Elektromobilität - Statista-Dossier

Thema: Alternative Antriebsformen für Kraftfahrzeuge

News Elektromobilität Sekundärdaten

China wird wichtigster Markt für deutsche Autos

Energiegesetz wohin wird die Automobilität gelenkt?

Die Elektromobilität ist in Deutschland dabei zu sterben

Elektromobilität: Bereit für die Praxis?

Chinas Automarkt: Wird der nächste Tesla ein Chinese?

Wer kriegt die Kurve?

BERLIN (dpa-afx) Trotz hoher Spritpreise: Fehlanzeige bei alternativen Antrieben

28. September Abstract

1.1 Glauben Sie, dass Deutschland alleine etwas 1.2 Sorgen Sie sich, dass Klimawandel zu mehr

Elektromobilität heute!

Mercedes-Benz unterstreicht die Rolle der AlternativMarke EQ

Ferrari macht pro Auto Euro Gewinn, Tesla Euro Verlust

Elektromobilität Ausgewählte Informationen zu Technik und Perspektiven, Wirtschaftlichkeit und Fördermöglichkeiten

10/20 Alternative Antriebe und die Strategie von auto-schweiz Andreas Burgener,

Studie: Jaguar und Mercedes haben älteste Käufer

ZUSAMMENFASSUNG der Ergebnisse der EL-MO-AUSTAUSCHVERANSTALTUNG

Der schwierige Weg zur E-Mobilität: Jedes verkaufte EAuto ist gut

Elektromobilität heute und morgen

27. April Personen ab. Region: Schleswig- Holstein bis. Befragte. Jahre. 17. Mai 2018

Autonomes Fahren und vernetzte Mobilität. Achim Berg Bitkom-Vizepräsident Berlin, 15. Februar 2017

Elektromobilität ein Megatrend? Elektrisch Fahren schon heute möglich!

E-Mobilität und Solarstrom: Informieren und Probe fahren

E- MOBILITÄT UND CAR SHARING IN GAILINGEN. Eine Dokumentation des BUND Gailingen

Nissan E-Mobilität: Jetzt geht s erst richtig los

Verhandlungsführung & Präsentationstechnik. Thema: Konzeptanalyse Elektro- und Hybridautos. Von Dimitrios Tsagoudis

VW will E-Mobilität aus der Nische in den Mainstream führen

E-Mobilität - Wer kriegt die Kurve? In den Räumen der SOCIETÄT DUISBURG e.v., 9. Mai 2017

Antriebs- und Kraftstoffstrategie - Roadmap automatisiertes Fahren

WAVE Trophy: Eine grüne Welle rollt durch die Schweiz

Die deutsche Autoindustrie wird laut einer Studie die CO2-Vorgaben der EU zu großen Teilen bereits vor 2012 erreichen.

Geschichte des Automobils Teil 2a / Übung 5

Zukunft des Automobils

WAVE Trophy: Eine grüne Welle rollt durch die Schweiz

E-Ladestationen: In diesen Städten ist man auf verlorenem Posten

Intelligente Mobilität

Unterrichtsablauf: Elektroauto

40-59 Jahre Jahre Jahre

Die Zukunft des Autos gestalten

Über den Kongress. Editorial

Auftanken geht am besten zuhause! AVU elektrisiert Mobilität. Wer innovativ ist, denkt an die Zukunft

Autonomes Fahren: Die Mehrheit vertraut dem Autopiloten

Willkommen in der Zukunft! Wasserstoff tanken. Mit Strom fahren.

Video-Thema Begleitmaterialien

Entschließung des Bundesrates zur Förderung der Verbreitung von Elektrofahrzeugen

Experte: Höhere Dieselpreise sind eine Chance

Essen in einer aktuellen Studie.

Auto-Experte kritisiert Monopol von VW bei der Polizei in NRW

Einmal E und einmal G: Audi alternativ

Welche Wagen werden von der Umweltprämie von Volkswagen gefördert?

Leise, Schnell, Sicher und Umweltfreundlich Das Elektroauto

Elektromobilität auf dem Lande funktioniert das?

Jetzt. Bonus sichern! Watt macht Fahrspaß. Das Förderprogramm für Elektromobilität

Liebe Taxihalterinnen und Taxihalter Wie stellen Sie sich Ihr nächstes Taxi vor? Wir hätten da ein paar Ideen für Sie.

Willkommen in der Zukunft! Wasserstoff tanken. Mit Strom fahren.

Verbrennungsmotoren. Meinungsumfrage. CleanEnergy Project Survey

Zukunft Gemeinde Wartau, 30. Januar 2019 Michael Bur, Büro für Mobilität AG. Eine Initiative von:

Deutsche Neuwagenkäufer bevorzugen PSstarke

e&u energiebüro gmbh Markgrafenstr Bielefeld Telefon: 0521/ Fax: 0521/

Dekarbonisierung: Nah am Wasser gebaut

Diskussionsbeitrag. Erforderliche Repositionierung von Automobilherstellern und Energieversorgern durch Elektromobilität. Januar Version 1.

Autonomes Fahren und vernetzte Mobilität

Peugeot 4008: Jetzt vier Allrad-Modellreihen

Buchholz Textilpflege GmbH & Co. KG Werkstrasse Baden-Baden

Elektromobilität Wie umweltfreundlich sind Elektroautos in der Stadt? Elektromobilität Wie umweltfreundlich sind Elektroautos in der Stadt

Nur die Ruhe: Die E-Mobilität kommt erst langsam in Fahrt

7000km. Zwischenbilanz nach vier Wochen Elektroauto. Die Situation der öffentlichen Ladeinfrastruktur in Deutschland aus Sicht eines Elektrofahrers

Überall Steckdosen, aber nirgendwo Strom für mein Elektroauto?

ANTRIEBE - FAHRZEUGTECHNIK & MARKTÜBERSICHT EMOBILITÄT

Blitzlicht: erste Erfahrungen einer Verbandsgemeinde

EKZ Engagement und Herausforderungen. Alexandra Asfour & Andreas Fuchs 2. Schweizer Forum Elektromobilität

Ein Fazit vom Pariser Salon: Wir starten ein Raumschiff

JetZt e-mobility ProViDer austria

Frankfurt/Main (dpa) - Die Zeiten für Neuwagenkäufer werden härter: Auf dem deutschen Automarkt sinken die Rabatte weiter.

DIE ZEIT Handelsblatt

Erfahrungen von Stadtwerken und Kommunen mit Erdgas- und Elektrofahrzeugen

Tesla packt die Sonne in den Tank

Faktencheck FAKT 1 Diesel Fahverbote betreffen nur wenige Strecken in großen Städten

Maßnahmenkatalog zur Förderung von Elektrofahrzeugen

Das weltweit erste Groß-Serien Elektroauto: Mitsubishi i-miev

Die Europäer kehren dem Diesel den Rücken

Fahrbericht Opel Ampera: Fahren ohne Steckdosenzwang

EE +20 % Die Energiestrategie der EU sieht für das Jahr 2020 vor:

Vorsprung Bayern Bayerische Automobilindustrie im Wandel

Herzlich Willkommen Teilnehmer/innen Ausschuss Umwelt, Energie und Digitale Infrastruktur. Melsungen 21. Juni 2017

CreditPlus Bank AG. Studie: Automobilität CreditPlus Bank AG Mai 2014 Seite 1

E-Mobilität im internationalen Vergleich. Absatztrends und Innovationsstärke der OEM im Gesamtjahr 2018

Möglichkeiten der Automatisierung im Motorisierten Individualverkehr Verkehrsträger Strasse

E-Mobilität: Absatztrends in wichtigen globalen Automobilmärkten: Quartal 2018

Autodichte in Großstädten: Landeier fahren dem Trend hinterher

Unsere Zahlen 2012 Worin mündet das Ganze? nahwaerme.at wird e-mobil

Transkript:

Gesa Steeger Ausgabe 3916 05.10.2016 Das Problem sind nicht die Autohersteller Interview Wir brauchen endlich den Ausstieg aus der steuerlichen Subventionierung von Diesel, sagt der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer Tesla ist weit, kann aber nicht den ganzen Weltmarkt bedienen Bild: Müller-Stauffenberg/imago der Freitag: Herr Dudenhöffer, nehmen wir an, ich kaufe mir morgen ein Auto. Zu welchem Modell raten Sie mir? Ferdinand Dudenhöffer: Das ist eine gute Frage. Von Diesel würde ich Ihnen zunächst mal abraten. Warum? Diesel hat Nebenwirkungen, das sind diese Stickoxide. Die verschmutzen unsere Städte und verursachen Kopfschmerzen. Wenn Sie unbedingt morgen

ein Auto brauchen, ist ein Benziner eine gute Zwischenlösung und wenn Sie noch ein bis zwei Jahre warten können, würde ich Ihnen raten, auf die Elektroautos zu gehen. Für mich als Verbraucherin ist Diesel aber viel günstiger. Wieso sollte ich umsteigen? Günstiger stimmt ja schon mal nicht. Der Diesel ist nur deshalb so günstig, weil er steuerlich subventioniert wird. Und Diesel verbraucht nur deswegen weniger, weil mehr Energiegehalt in dem Kraftstoff drin ist. Daher hat die EU- Kommission vor einiger Zeit den Vorschlag gemacht, Anreize für die Antriebe zu schaffen, die sparsam mit Energie umgehen: nicht nach Volumen zu besteuern, sondern nach Energieinhalt. Wenn man das machen würde, dann wäre Diesel teurer als Benzin Zur Person Ferdinand Dudenhöffer, 65, ist Direktor des CAR Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen. Früher hat er für Opel, Porsche, Peugeot und Citroën gearbeitet. Sein neues Buch: Wer kriegt die Kurve? Zeitenwende in der Autoindustrie ( Campus) Das Umweltministerium fordert den Diesel- und Benzin-Ausstieg bis 2030. Was halten Sie davon? Absolut richtig. Wir müssen uns einstellen auf eine Zeit, in der wir CO2- neutral fahren, ohne Stickoxide und andere Emissionen. Das können wir sehr gut mit unseren Elektroautos erreichen. Mehr verbrauchter Strom bedeutet nicht weniger Emissionen. Nein. Aber jeder, der heute ein Elektroauto fährt, kann grünen Strom kaufen. Ich denke, es ist nur noch eine Zeitfrage, bis unser Strom zu 100 Prozent grün ist. VW-Chef Matthias Müller spricht ebenfalls vom Diesel-Ausstieg, auch andere deutsche Autobauer wollen umsteigen. Kommt jetzt tatsächlich die Kehrtwende? Ja, ich denke schon. Diesel-Gate hat gezeigt, dass dieser Kraftstoff weder sparsam ist noch die Umweltbedingungen erfüllt. Die Autobauer arbeiten bereits am Ausstieg aus den Verbrennungsmotoren und gehen mit mehr Geschwindigkeit in die neue Energie.

Warum hat die Industrie so lange am Diesel festgehalten? Alle Autobauer kommen vom klassischen Verbrennungsmotor her. Deren Ingenieure können sich gar nichts anderes vorstellen. Daher ist man in die Hybride gegangen. Man will eigentlich an Altbekanntem festhalten. Die Bundesregierung will bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen bringen. Ist das noch realistisch? Das ist eine Märchenstunde. Da ist es genauso realistisch, dass Sie und ich 2020 auf dem Mars stehen. Die Wahrscheinlichkeit können Sie sich ausrechnen. Woran liegt das? Es gibt kein systematisches Vorgehen. 2008 hat die Kanzlerin dieses Ziel verkündet. Danach jedoch hat sie sich nie mehr richtig darum gekümmert. Man hat weder für eine Lade- Infrastruktur oder ein einheitliches Tarifsystem eine gesamteuropäische Lösung gesorgt. Denn vielleicht möchte man auch mal mit seinem Elektroauto nach Italien fahren. Die EU- Kommission hat sich ebenso wenig gekümmert. Da wird immer nur geredet, aber nichts umgesetzt. Kann daran die neue Prämie für Elektroautos etwas ändern? Nein, schon die ersten Monate sind katastrophal gelaufen. Die Prämie war nicht vorbereitet. Das war ein Notprogramm. Wer soll sich ein Elektroauto für 4.000 Euro Preisreduktion kaufen, wenn er das Elektroauto gar nicht kennt? Wenn er gleichzeitig an der Tankstelle vorbeifährt und sieht, dass Diesel billig ist? Und wenn er gleichzeitig nicht weiß, ob und wo es Ladestationen gibt? Wer kriegt die Kurve? erscheint im September 2016 beim Campus Was muss passieren? Wir müssen die Menschen im Vorfeld mit der neuen Technologie vertraut machen. Erst dann kann der Umschwung funktionieren. Dann brauchen wir eine funktionierende Lade-Infrastruktur und einheitliche Stromtarife, die bundesweit gelten. Die Autobauer müssen schauen, dass sie ihre Autos auf

Reichweite kriegen. Und wir brauchen endlich den Ausstieg aus der Diesel- Steuersubvention. Kommt die Wende nicht zu spät? Das US-Unternehmen Tesla arbeitet seit Jahren an Elektroautos. Tesla ist zwar weit, kann aber nicht den ganzen Weltmarkt bedienen. Das Problem sind nicht die Autohersteller. Die schaffen das, auch wenn sie momentan drei bis vier Jahre hinterherhängen. Die Frage ist, ob in Zukunft Batterien und Elektroautos in Deutschland gebaut werden. Ob wir die Arbeitsplätze behalten oder abgeben wollen. Die Autobauer können ihre Autos auch in China bauen oder im Silicon Valley entwickeln. Es kommt jetzt auf die Politik an: Geht sie den Schritt in die Elektromobilität oder nicht? Tesla-Gründer Elon Musk hat im April das Tesla-Modell 3 angekündigt: Online bestellbar, nachhaltig und schön anzuschauen. Ist das die Zukunft der Mobilität? Das kann man so sagen. Das ist ein schickes Auto, kostet um die 35.000 Dollar. Das ist ungefähr die Preisklasse eines 3er-BMWs mit einer Reichweite um die 400 Kilometer. Das wäre dann der Diesel der Zukunft, nur eben elektrisch. 35.000 Dollar sind nicht gerade günstig. Ist Elektromobilität nur etwas für Reiche? Sie können heute schon einen Kleinwagen mit Elektroantrieb für 17.000 Euro kaufen. In Zukunft wird es kein Problem sein, die Elektroautos auch kleiner und günstiger herzustellen. Fahren wir bald alle elektrisch auf der Autobahn? Das wäre die Ausrichtung in zehn, fünfzehn Jahren. Die Autos, die heute im Verkauf sind, werden natürlich auch noch unterwegs sein. 2030 werden wir also einen Mischverkehr haben. Auch selbstfahrende Autos sind ein großes Thema. Im Mai kam der Fahrer einer Tesla-Limousine in den USA bei einem Unfall ums Leben, als er seinen Wagen in den Autopiloten versetzte. Tesla baut nun um, das Unternehmen verspricht mehr Sicherheit. Kann ein selbstfahrendes Auto jemals wirklich sicher sein?

Nicht hundertprozentig sicher, aber tausendprozentig sicherer als der Mensch. Das größte Problem am Autofahren ist der Autofahrer. In Deutschland gibt es jährlich 3.500 Verkehrstote. Mit automatisierten Fahrzeugen können wir die um 95 Prozent reduzieren. Es kann natürlich zu technischen Defekten kommen, das kann aber auch bei anderen Technologien passieren. Google schickt seit 2012 selbstfahrende Autos auf die Straße. Wann wird in Deutschland das erste selbstfahrende Auto in Serie gehen? BMW hat ein Modell bis 2021 angekündigt, Ford bis 2020. Die Frage ist, ob diese Autos es dann auch auf die Straße schaffen oder an irgendwelchen Regulierungen scheitern. Da sind nicht die Autobauer, da ist die Politik gefragt. Auch Apple arbeitet angeblich an einem Elektroauto. Kommen die Autos der Zukunft aus den Ingenieursbüros der traditionellen Automobilhersteller oder aus dem Silicon Valley? Beide werden Autos bauen. Die Frage ist, wie intensiv die Autoindustrie in Zukunft im Silicon Valley und in China ihre Autos entwickelt. Wenn es in Deutschland auch weiterhin fünf Jahre dauert, bis ein Fahrzeug in Serie gehen kann, ist das Risiko groß, dass die Autobauer abwandern. Vielleicht ist die Zeit der großen Automobilhersteller bald vorbei. Denn immer weniger Menschen kaufen sich ein eigenes Auto. Die Autobauer stellen sich auf die Entwicklung ein, sie investieren in Carsharing-Modelle. Neben dem Elektroantrieb und dem Autopiloten ist das die dritte Revolution. In Zukunft nehmen die Menschen ein Auto, so wie sie einen Zug oder ein Flugzeug nehmen. Sie buchen, setzen sich rein und fahren los. Gerade in Großstädten wird sich das durchsetzen. Denn das ist viel preisgünstiger und natürlich auch nachhaltiger. Was muss politisch passieren, damit Deutschland den Schritt in die Zukunft der Mobilität schafft? Ganz wichtig: Die Politik muss sich um die Infrastruktur und um die Rahmenbedingungen kümmern. Und zwar schnell. Jetzt noch ein Sprung ins Jahr 2030. Nehmen wir an, ich möchte mir ein Auto kaufen. Zu welchem Modell raten Sie mir?

2030 würde ich Ihnen zu keinem Auto raten. Da würde ich Ihnen einfach sagen: Werden Sie Mitglied bei Uber oder anderen Sharing-Diensten. Denn dann haben Sie permanent ein Auto, ohne eines zu besitzen. Dieser Beitrag erschien in Ausgabe 39/16.