2 Aufbau der Polymeren

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Transkript:

2 Aufbau der Polymeren Polymer, Kunststoff, makromolekularer Stoff, was ist das jeweils? Um uns richtig über das Thema verständigen zu können, müssen wir zunächst einige Begriffe besprechen: Grundbegriffe: Makromoleküle sind Moleküle, die eine große Zahl chemisch gleichartiger Grundeinheiten enthalten. Sie sind daher auch sehr viel größer als die normalen, aus relativ wenigen Atomen bestehenden ( niedermolekularen) Moleküle. So nennt man sie auch Riesenmoleküle, obwohl sie absolut gesehen, immer noch winzig klein sind. Das Größenverhältnis eines Legosteins zu einem Makromolekül ist ungefähr so wie das Verhältnis des Legosteins zum Mount Everest. Polymere sind Stoffe, die sich aus Makromolekülen aufbauen. Das Adjektiv polymer bedeutet einfach aus Makromolekülen aufgebaut. Also kann man auch sagen: Polymere sind polymere Stoffe. Kunststoffe sind polymere Werkstoffe normalerweise feste Materialien, die etwa so verwendet werden, wie früher Holz. Kunststoffe können aber auch in Faser- oder Folienform vorliegen. Der Herkunft nach unterscheidet man zwischen synthetischen Polymeren und natürlichen oder Bio-Polymeren Die einfachsten Polymeren enthalten lauter gleichartige Grundeinheiten ( Homopolymere ). Wenn man betonen will, dass nur eine Art von Grundeinheiten in den Makromolekülen vorhanden ist, bezeichnet man sie als Homopolymere. Sind die Makromoleküle dagegen aus verschiedenen Grundeinheiten aufgebaut, spricht man von Copolymeren. Will man solche Moleküle mit unzähligen Bausteinen synthetisieren, benutzt man besondere Moleküle, die unter geeigneten Reaktionsbedingungen sehr oft in gleicher Weise miteinander reagieren. In einer solchen Polyreaktion binden sich in kürzester Zeit sehr viele reaktive Moleküle aneinander. Dadurch entstehen in einer Polyreaktion aus niedermolekularen Verbindungen mit reaktiven Gruppen ( Monomeren ) die Polymere. Version 2011-12 Letzte Aktualisierung: 01.08.2011 11:40 Baustein 2 Seite 1

Dabei werden aus den Monomermolekülen die Grundeinheiten des Makromoleküls. Die Makromoleküle sind wie Ketten aus vielen Gliedern aufgebaut, man nennt sie daher auch Kettenmoleküle. Eine Polyreaktion ist nur möglich, wenn bestimmte funktionelle Gruppen in den Monomermolekülen miteinander abreagieren. Dadurch findet man diese reaktiven Stellen im Makromolekül nicht mehr und diese sind nicht mehr so reaktiv. Auch aufgrund ihrer besonders großen Moleküle unterscheiden sich Polymere in ihren Eigenschaften stark von den Monomeren, aus denen sie aufgebaut sind. Makromoleküle entstehen durch Aneinanderknüpfung kleiner reaktiver Moleküle. Diese werden Monomere genannt und reagieren miteinander zu Molekülketten, die linear, strauch- bzw. kammartig verzweigt oder vernetzt (dicht oder locker vernetzt) vorliegen können. In einigen besonderen Fällen konnte man allerdings schon die verknäuelte Struktur mit Feldionenmikroskopie direkt sichtbar machen. Abbildung 1 zeigt schematisch die Kettenstruktur solcher Moleküle, in denen die Molekülketten weitgehend gestreckt sind (im Gegensatz zur Wirklichkeit, wo sie ziemlich unregelmäßig verknäuelt vorliegen). Diese Struktur ist in der Regel nicht einmal mit höchst auflösenden Mikroskopen direkt zu sehen, kann aber aus den Eigenschaften der festen Polymeren bzw. von deren Lösungen erschlossen werden. In einigen besonderen Fällen konnte man allerdings schon die verknäuelte Struktur mit Feldionenmikroskopie direkt sichtbar machen. Abbildung 1: Kettenstruktur von Makromolekülen l i n e a r s t r a u c h a r t i g v e r z w e i g t k a m m a r t i g v e r z w e i g t v e r n e t z t Kettenstruktur (innerer Aufbau) Version 2011-12 Letzte Aktualisierung: 01.08.2011 11:40 Baustein 2 Seite 2

Innerhalb einer Kette können die Monomereinheiten mehr oder weniger regelmäßig angeordnet sein (Taktizität). Man unterscheidet verschiedene Varianten von Taktizität. (siehe Abbildung 2): isotaktisch (alle Grundeinheiten sind in räumlich gleicher Form eingebaut, die räumliche Struktur der einzelnen Gruppen ist bei jeder Grundeinheit gleich). (wenn man die Kette vom Anfang zum Ende entlang geht, liegen zum Beispiel die Seitengruppen immer auf der rechten Seite. syndiotaktisch (die räumliche Richtung der Monomereinheiten wechselt streng ab) ataktisch (keine bevorzugte Orientierung der Grundeinheiten) Je geordneter diese Kettenstruktur ist, desto enger können sich lange Abschnitte der Makromoleküle aneinander lagern. Im festen Zustand neigen daher sehr regelmäßige Molekülketten auch zur Kristallisation. Abbildung 2: Sterischer (räumlicher) Detail-Aufbau der Molekülketten is o ta k tis c h s y n d io ta k tis c h a ta k tis c h Die Grundeinheit eines Makromoleküls ist die sich wiederholende Anordnung innerhalb einer Kette. Bedingt durch die Bindungswinkel der Rückgratatome kann eine Molekülkette nicht ganz gestreckt sein, sondern bildet selbst im Extremfall nur eine Zick-Zack-Kette. Die gestreckte Länge L ist die Länge dieser Kette (siehe Abbildung 3). Abbildung 3: Dimensionen einer gestreckten Molekülkette gestreckte Länge L l 0 Grundeinheit In Wirklichkeit liegen die Molekülketten aber praktisch nie völlig gestreckt vor, sondern sind mehr oder weniger verknäuelt. Version 2011-12 Letzte Aktualisierung: 01.08.2011 11:40 Baustein 2 Seite 3

2.2 Molekülmasse 2.2.1 Molmasse und Polymerisationsgrad Die Molmasse der Grundeinheit heißt Grundmolmasse (m o ). Unter dem Polymerisationsgrad (P) versteht man die Zahl von Grundeinheiten, aus denen ein Makromolekül aufgebaut ist. Die Molmasse (M) ergibt sich aus dem Produkt von Grundmolmasse mal Polymerisationsgrad M = m 0 * P Dabei wird vernachlässigt, dass sich die Endgruppen geringfügig von den anderen weit in der Überzahl befindlichen- Kettengliedern unterscheiden. Synthetische und auch viele natürliche Polymere bestehen allerdings immer aus verschieden langen Molekülketten. Der relative Anteil einer Molekülsorte mit einem bestimmten Polymerisationsgrad wird durch eine Verteilungsfunktion beschrieben. Bei dieser wird die Häufigkeit eines bestimmten Polymerisationsgrads als Funktion dieses Polymerisationsgrads angegeben. Multipliziert man den jeweiligen Polymerisationsgrad mit der Grundmolmasse, erhält man die Molmassenverteilung (siehe Abbildung 4). Die Molmassenverteilung wird auch als Uneinheitlichkeit bezeichnet. Abbildung 4: Häufigkeitsverteilung der Molmasse h(m) M n M w M h(m) bedeutet die relative Zahl von Molekülen einer bestimmten Masse im Verhältnis zur Gesamtzahl der in der betrachteten Probe vorhandenen Moleküle. Alle einfachen praktischen Messungen, mit denen die Molmasse bestimmt wird, liefern nur einen Durchschnittswert. Es gibt verschiedene Mittelwerte der Molmasse bzw. des Polymerisationsgrads. Die wichtigsten sind Zahlenmittel M n = ( n i * M i ) /n i P n = ( n i * P i ) / n i Gewichtsmittel M w = ( w i * M i )/ w i mit P w = ( w i * P i )./ w i n i... Anzahl von Molekülen mit einer bestimmten Molmasse w i... Gewichtsanteil von Molekülen mit einer bestimmten Molmasse Version 2011-12 Letzte Aktualisierung: 01.08.2011 11:40 Baustein 2 Seite 4

Neben den genannten häufigsten Mittelwerten, gibt es noch anders zu berechnende Mittelwerte die man mit den verschiedenen Bestimmungsmethoden direkt erhält. Das Zahlenmittel ist nie größer als das Gewichtsmittel. Der Unterschied zwischen den beiden Werten ist umso größer, je breiter die Verteilung ist. Die Breite der Verteilung wird daher häufig durch das Verhältnis verschiedener Mittelwerte z.b. M w /M n charakterisiert. 2.2.2 Bestimmung der Molmasse: Alle physikalischen Größen, die stark von der Molmasse abhängen, sind im Prinzip für deren Bestimmung geeignet. In der Regel werden aber nicht die Eigenschaften des Polymeren selbst, sondern geeignete Eigenschaften von Lösungen des zu bestimmenden Polymeren herangezogen. Man unterscheidet zwischen Absolutmethoden und Relativmethoden. Bei einer Absolutmethode können alle Kenngrößen, die zur Auswertung der Messung erforderlich sind, getrennt gewonnen werden und deren mathematischer Zusammenhang mit der Molmasse ist explizit bekannt. Bei den Relativmethoden sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Diese Bestimmungsmethoden müssen mit Proben bekannter Molmasse geeicht werden. In Tabelle 1 werden die gängigsten Methoden der Molmassenbestimmung angeführt und der jeweils dabei erhaltene Mittelwert angegeben. Tabelle 1: Methoden zur Molmassenbestimmung Methode Art Mittelwert der Molmasse Osmotischer Druck Absolutmethode Zahlenmittel Lichtstreuung Absolutmethode Gewichtsmittel Ultrazentrifuge Relativmethode Zentrifugenmittel Gelpermeationschromatographie Relativmethode Verteilungskurve Viskosität Relativmethode Viskositätsmittel Unter einer Absolutmethode versteht man eine Methode, bei der der Zusammenhang zwischen der Messgröße und der Molmasse aus theoretischen Überlegungen genau bekannt ist. Der Messwert kann direkt in die Molmasse umgerechnet werden. Dadurch, dass nicht nur eine Sorte von Molekülen vorliegt, sondern immer verschieden große, erhält man auch hier nur einen Mittelwert. Bei einer Relativmethode besteht natürlich auch ein Zusammenhang zwischen der Messgröße und der Molmasse (sonst wäre die Methode zur Molmassenbestimmung ungeeignet) aber die Art dieses Zusammenhangs ist zunächst nicht bekannt. Dieser muss zuerst durch Eichung ermittelt werden. Dazu braucht man Polymere mit bekannter Molmasse. Version 2011-12 Letzte Aktualisierung: 01.08.2011 11:40 Baustein 2 Seite 5

Eichproben Messgröße (Einheiten) Messgröße (Einheiten) Baustein 2: Aufbau der Polymeren Abbildung 5 zeigt, wie eine entsprechende Eichkurve dadurch ermittelt wird, dass eine geeignete Eigenschaft von Proben mit verschiedenen bekannten Molmassen gemessen und so die Abhängigkeit dieser Messgröße von der Molmasse gefunden wird. Mit Hilfe dieser Eichkurve kann dann für jeden für eine Probe mit unbekannter Molmasse ermittelten entsprechenden Messwert, die dazu gehörende Molmasse abgelesen werden. Während bei der Eichung M bekannt ist und die entsprechende Eigenschaft bestimmt wird, wird bei der Messung aus der gemessenen Eigenschaft die Molmasse berechnet, bzw. anhand der Eichkurve ermittelt. Die am weitesten verbreitete relative Methode zur Bestimmung des Polymerisationsgrads ist die Messung der Lösungsviskosität. Eichung Molmassenbestimmung E 5 E 4 Unbekannte Probe E 3 E X E 2 E 1 M 1 M 2 M 3 M 4 M 5 Molmasse (g/mol) M X Molmasse (g/mol) Abbildung 5: Ermittlung einer Eichkurve und deren Benutzung zum Bestimmen der Molmasse einer Polymerprobe 2.3 Einteilung der Polymeren 2.3.1 Einteilung nach der Herkunft 2.3.1.1 Natürliche Polymere Als natürliche Polymere bezeichnet man alle direkt von der Natur, vor allem in lebenden Organismen gebildete, makromolekulare Stoffe. Es handelt sich dabei entweder um makromolekulare Gerüstmaterialien, Speicherstoffe oder um Wirkstoffe (darunter die katalytisch wirkenden Enzyme). Die wichtigsten chemischen Gruppen dieser Biopolymeren sind: Polysaccharide (Polyglykoside, Polykondensate aus Zuckern) Proteine (Polyamide, Polykondensate aus minosäuren) Nukleinsäuren eigentlich Polynukleinsäuren - (Polynucleotide, Polykondensate aus Nukleinsäuren) Version 2011-12 Letzte Aktualisierung: 01.08.2011 11:40 Baustein 2 Seite 6

2.3.1.2 Synthetische Polymere Synthetische Polymere werden durch den Menschen technisch aus niedermolekularen Monomeren hergestellt. Diese Monomeren stammen heute vor allem aus der Petrochemie, sie lassen sich aber im Prinzip auch aus Kohle oder aus nachwachsenden Rohstoffen gewinnen. Version 2011-12 Letzte Aktualisierung: 01.08.2011 11:40 Baustein 2 Seite 7

Diese Polymeren werden häufig nach der Art der sie aufbauenden chemischen Reaktionen eingeteilt: Polymerisate (entstehen durch Polymersiation) (z.b. PVC, Polystrol) Polykondensate (entstehen durch Polykondensation) (z.b. Polyester, Polyamide) Polyaddukte (entstehen durch Polyaddition) (z.b. Polyurethane) 2.3.1.3 Halbsynthetische Polymere Sogenannte halbsynthetische Polymere werden durch chemische Modifizierung natürlicher Polymerer hergestellt. Dies kann z.b. dadurch geschehen, dass Molekülgruppen des natürlichen Polymeren direkt am Makromolekül verestert oder verethert werden. Aber auch andere chemische Reaktionen sind möglich. Solche modifizierten Polymeren heißen Derivate. Im weiteren Sinne spricht man auch dann von einem halbsynthetischen Polymeren, wenn ein Derivat nur zum Zweck der Verarbeitung hergestellt wird, anschließend aber das ursprüngliche Polymer wieder regeneriert wird. Die übermolekulare Struktur eines solchen regenerierten Polymeren entspricht aber nicht mehr der des ursprünglichen Ausgangstoffs. Die wichtigsten Gruppen der halbsynthetischen Polymeren sind Regenerierte Cellulose (Regeneratcellulose) z.b. Reyon Cellulose wird in Form einer Folie oder eines Fadens dadurch gewonnen, dass natürliche Cellulose (Zellstoff oder Baumwoll-Linters) in einem besonderen Lösungsmittel aufgelöst und aus dieser Lösung anschließend wieder in der gewünschten Form ausgefällt (regeneriert) wird. Cellulosederivate z.b. Methylan Die OH-Gruppen der Cellulose sind durch chemische Reaktion umgewandelt (z.b. verethert oder verestert). Die Eigenschaften der Cellulosederivate unterscheiden sich erheblich von denen der Ausgangscellulose. Stärkederivate (chemisch veränderte Stärke) Proteinderivate (chemisch veränderte Eiweißstoffe) Version 2011-12 Letzte Aktualisierung: 01.08.2011 11:40 Baustein 2 Seite 8