Unterstützte Kommunikation (UK) im Licht der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) Vortrag auf dem Symposium Unterstützte Kommunikation und die Behindertenrechtskonvention Perspektiven für Strukturen und Einrichtungen der Behindertenhilfe der DVfR, BAG BKOM, KH-Freiburg und Zieglersche Prof. Dr. Gregor Renner Unterstützte Kommunikation Zentrum für Unterstützte Kommunikation Unterstützte Kommunikation (UK) im Licht der UN-Behindertenrechtskonvention Prof. Dr. (BRK) Gregor Renner Dipl.-Heilpäd. Lars Tiedemann Katholische UK-Nutzerin Nele Diercks Hochschule 1 von 29 Freiburg Telefon +49-761-200-1515
Überblick Erste Überlegungen Die UN-Behindertenrechtskonvention und ihre Folgen Inklusion und Unterstützte Kommunikation Umsetzung der Behindertenrechtskonvention Zusammenfassung in Thesen 2 von 29
Erste Überlegungen Menschen mit und ohne Behinderung: Segregation und Integration Segregation und Integration: welches Ziel verfolg(t)en die professionell Tätigen? Integration und Unterstützte Kommunikation: Anspruch und Wirklichkeit an einem Fallbeispiel Erstes Zwischenfazit Integration ist gut, aber nicht um den Preis mangelnde Bildung (hier UK) die Sonderschule hat im Fallbeispiel gute Bildungsarbeit (in Bezug auf UK) gemacht Inklusion: Wie kann Menschen mit Behinderung ebenso gute Bildung ermöglicht werden? 3 von 29
Die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) und ihre Folgen Meilensteine im Verhältnis der Gesellschaft zu ihren Mitgliedern mit Behinderung Das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen das Fakultativprotokoll / Zusatzprotokoll das Handbuch für Parlamentarier Unterstützte Kommunikation in der BRK Die Umsetzung in Deutschland: Staatliche Anlaufstelle im BMAs Inklusionsbeirat unter Vorsitz des Beauftragten für die Belange behinderter Menschen unabhängige Monitoringstelle beim Institut für Menschenrechte Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung: einfach machen - Unser Weg in eine inklusive Gesellschaft Erster Bericht der Bundesregierung an die UN 4 von 29
Die BRK und die Unterstützte Kommunikation (UK) Zielgruppen der UK (exemplarisch): Menschen mit v.a. motorischen Einschränkungen wie Cerebralparese, Locked-In-Syndrom Menschen mit v.a. kognitiven Einschränkungen wie Trisomie 21 Menschen mit Autismusspektrumsstörungen (ASS) Menschen mit schwerer mehrfacher Behinderung gehörlose Menschen 5 von 29
Kommunikation in der BRK 21 Freie Meinungsäußerung: Zugänglichkeit von Information, Verwendung von Gebärdensprachen, Brailleschrift, ergänzenden und alternativen Kommunikationsformen (UK) und allen sonstigen selbst gewählten zugänglichen Mitteln, Formen und Formaten 24 Bildung: 3.a Erlernen von Brailleschrift, alternativer Schrift, UK. 3.b.Gebärdensprache und die Förderung der sprachlichen Identität der Gehörlosen 3.c. blinde, gehörlose oder taubblinde Menschen: Bildung in den Sprachen und Kommunikationsformen und mit den Kommunikationsmitteln, die für den Einzelnen am besten geeignet sind, sowie in einem Umfeld vermittelt wird, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet. 4 Einstellung von Lehrkräften, einschließlich solcher mit Behinderungen, die in Gebärdensprache oder Brailleschrift ausgebildet sind Schulung von Fachkräften sowie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf allen Ebenen Schärfung des Bewusstseins für die Verwendung von UK 6 von 29
BRK und die Zielgruppen der UK Frühförderung (25) Schule (24) Berufsvorbereitung, Berufsausbildung, Berufseinstieg, Berufstätigkeit (27) Wohnen (19) Freizeit (30) Ruhestand 7 von 29
Zweites Zwischenfazit Der Anspruch der BRK in Regeleinrichtungen und in der Gesellschaft insgesamt Unterstützte Kommunikaton als Bildungsziel und Unterstützte Kommunikation als Kommunikation umfassend auf hohem Niveau zur Verfügung zu stellen. 8 von 29
Inklusion Was ist eigentlich Inklusion? (Sander 2004): 1. Undifferenzierte Gleichsetzung mit Integration (240) 2. Von Fehlformen bereinigte Integration (241) 3. Optimierte und umfassend erweiterte Integration (242) Pädagogik der Vielfalt in Gemeinsamkeit (Prengel 1985): Unterschiedlichkeit der Kinder (nicht nur bezogen auf Behinderung) nicht als Störfaktor sondern als Ausgangslage und auch als Zielvorstellung der pädagogischen Arbeit. Binnendifferenzierung, didaktisches Werkzeug (nicht Rezepte), Umsetzung 9 von 29
Inklusion und Sondereinrichtungen Wahlfreiheit: Wer entscheidet? z.b. Schule 1. Schulamt? 2. Eltern? 3. keiner? Nach welchen Kriterien? Mensch mit Behinderung passt / passt nicht in die Einrichtung Einrichtung passt / passt nicht zum Mensch mit Behinderung Wer passt sich wem an? Wie sieht diese Anpassung aus? (z.b. offene Formen der Unterrichtsgestaltung) Darf es Sondereinrichtungen geben? nach der BRK? nach Inklusionsverändnis? Ist Fachwissen erforderlich oder genügt eine positive Grundhaltung? 10 von 29
Inklusion und Unterstützte Kommunikation Unterstützte Kommunikation als pädagogisch-therapeutisches Angebot kann auch in Regeleinrichtungen angeboten werden z.b. ambulanter sonderpädagogischer Dienst o.ä. Unterstützte Kommunikation als Kommunikation erfordert mehr von den professionell Tätigen (ErzieherInnen, LehrerInnen, AusbilderInnen) von der allgemeinen Bevölkerung und allen Institutionen von den unterstützt kommunizierenden Menschen von den Einrichtungen der Behindertenhilfe 11 von 29
Index für Inklusion Index für Inklusion (Booth, Ainscow 2003) ein Instrument der Organisationsentwicklung Grundsatzfrage: genügt Organisationsentwicklung ist ein Blick auf die einzelne Person mit Behinderung notwendig? 12 von 29
Inklusion und Unterstützte Kommunikation ganz praktisch Unterstützt kommuniizierende junge Frau mit körpereigenen Kommunikationssystem mit guten Ko-Konstruktionsfähigkeiten mit Kommunikationshilfsmittel mit Augensteuerung und komplexer Kodierungsstrategie Augensteuerung zuverlässig Fähigkeit zur freien Kommunikation mit dem Hilfsmittel ist noch nicht gegeben Fähigkeit zum Schreiben einer Reihe bekannter Wörter möchte Arbeit / Beschäftigung 13 von 29
Arbeit / Beschäftigung bei unterstützt kommunizierenden Menschen Bachelorthesis 2011: Unterstützt kommuniizierende junge Erwachsene wünschen eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt Selbst mit abschlossener Büro-Ausbildung aussichtslos außer über Beziehungen laut Integrationsfachdienst Aktuell laufendes Bachelorprojekt: Wie sehen Integrationsfachdienste die Möglichkeiten von unterstützt kommunizierenden Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt? Auch die o.g. junge Frau wünscht eine Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt und lehnt einen Platz in einer WfbM ab 14 von 29
Die Hochschule als experimenteller Arbeitgeber Arbeitsrechtliche Fragen / Probleme Praktikum / Dauer Anstellung vs. Grundsicherung Anstellung und arbeitsrechtliche Konsequenzen arbeitsrechtliche Situation der AssistentInnen 15 von 29
Welche Aufgaben?: Inhaltliche Fragen Rahmenbedingung war das derzeitige Fähigkeitsprofil aber auch die bereits anderweitig vergebenen Aufgaben Gezielte Suche notwendig Welche Qualifizierung wie?: erst platzieren, dann qualifizieren durch Studierende Rolle der Assistenz Aktuelle Situation Schlussfolgerungen inklusive Beschäftigung (auf dem ersten Arbeitsmarkt) scheint möglich ist aber in der Umsetzung komplex verallgemeinerbare Umsetzungswege müssen erst erarbeitet werden 16 von 29
Zusammenfassung in Thesen 1. Inklusion hat ein hohes Potential für Menschen mit Bedarf an Unterstützter Kommunikation 2. Inklusion ist ein würdiges Ziel 3. Inklusion ist möglich, aber nicht einfach erreicht 4. Eine 'positive Grundhaltung' allein genügt nicht, Fachkompetenz ist erforderlich 5. Die Einrichtungen der Behindertenhilfe sind durchgehend auf dem Weg 6. Die Regeleinrichtungen haben die notwendigen Veränderungen noch zu wenig im Blick 7. Mittelfristige Strategien der Organisationsentwicklung sind notwendig 8. Organisationsentwicklung allein genügt nicht, der einzelne Mensch muss im Blick bleiben 9. Inklusion darf nicht zu einer Verschlechterung für Menschen mit Behinderung führen 10. Eine wissenschaftliche Begleitung ist dringend geboten 26 von 29
Vielen Dank! 27 von 29
Literatur Booth, Toni; Ainscow, Mel (2003): Index für Inklusion. Lernen und Teilhabe in der Schule der Vielfalt entwickeln. herausgegeben im Centre for Studies on Inclusive Education (UK) von Mark Vaughan. Übersetzt, für deutschsprachige Verhältnisse bearbeitet und Herausgegeben von Ines Boban und Andreas Hinz. http://www.eenet.org.uk/resources/docs/index%20german.pdf [01.02.2011]. Halle : Martin-Luther-Universität Halle. Bundesministerium für Arbeit und Soziales BMAS (2011): einfach machen - Unser Weg in eine inklusive Gesellschaft - Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Kabinettbeschluss: 15.06.2011. http://www.bmas.de/portal/52000/property=pdf/2011 06 15 nap.pdf [17.06.2011]. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011): Erster Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über Rechte von Menschen mit Behinderungen. http://www.behindertenbeauftragter.de/shareddocs/downloads/de/staatenbericht.pdf? blob=publicationfile [24.08.2011]. 28 von 29
Literatur (2) Prengel, Annedore (1985): Pädagogik der Vielfalt. Verschiedenheit und Gleichberechtigung in Interkultureller, Feministischer und Integrativer Pädagogik. 2 Aufl. Opladen : Leske+Budrich. Sander, Alfred (2004): Konzepte einer Inklusiven Pädagogik. In: Zeitschrift für Heilpädagogik 5/2004, 240-244. United Nations (2006): Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen - Behindertenrechtskonvention - BRK einschließlich Fakultativprotokoll. http://www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgbl.pdf [29.03.2011]. United Nations (2007): From Exclusion to Equality. Realizing the rights of persons with disabilities. Handbook for Parliamentarians on the Convention on the Rights of Persons with Disabilities and its Optional Protocol. http://www.un.org/disabilities/documents/toolaction/ipuhb.pdf [21.09.2011]. 29 von 29