Enantiomerentrennung und CE

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Transkript:

Enantiomerentrennung und CE Quelle: www.quarks.de Praktikum Arzneimittelanalytik, Drug Monitoring, Toxikologie und umweltrelevante Untersuchungen Pharmazie, 8. Semester Wahlmodul Medizinische Chemie M.Sc. Chemie/Lebensmittelchemie/Wirtschaftschemie

Enantiomerentrennung von Arzneistoffen Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.1. Geschichte der Stereochemie 1.2. Nomenklatur von Isomeren 1.3. Eigenschaften von Enantiomeren 1.4. enantiomeric excess 1.5. Beispiele von chiralen Arzneistoffen Trennung von Enantiomeren 2.1. Enantiomerenanalytik 2.2. Indirekte Enantiomerentrennung 2.3. Direkte Enantiomerentrennung Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese (CE) 3.1. Wiederholung: Grundlagen der CE 3.2. Chirale Selektoren in der CE 3.3. Praktikumsaufgabe: Ofloxacin Bilderquellen: http://www.wikipedia.de http://www.kapillarelektrophorese.de/ Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 2

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.1. Geschichte der Stereochemie 1815 J.B. Biot Rotation von linear polarisiertem Licht in αquarz 1848 L. Pasteur Trennung von Weinsäureenantiomeren 1874 Van`t Hoff / Le Bel Asymmetrisches CAtom, Tetraedermodell 1938 E. Fischer Konfiguration der ()Glucose 1966 R.S. Cahn, C. Ingold, V. Prelog R/S Nomenklatur GilAviv Gaschromatographische Trennung J.B. Biot van t Hoff E. Fischer L. Pasteur Le Bel Bilderquelle: www.wikipedia.de Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 3

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.2. Nomenklatur von Isomeren (Struktur)Isomere Stereoisomere Konstitutionsisomere (optisch inaktiv) Enantiomere (optisch aktiv) Diastereomere Atropisomere mesoverbindungen (optisch inaktiv) Epimere (optisch aktiv) Anomere (optisch aktiv) Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 4

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.3. Eigenschaften von Isomeren Identische chemische und physikalische Eigenschaften gegenüber achiralen Medien Schmelzpunkt spektroskopische Eigenschaften (UV, IR, Fluoreszenz, NMR) pk a /pk b Werte, Redoxpotential, Nucleophilie... Unterschiedliche Eigenschaften gegenüber chiralen Medien linear polarisiertes Licht (Drehwertbestimmung im Polarimeter) chemische Umsetzungen mit chiralen Reagenzien Wichtig für Arzneistoffe: Wechselwirkungen mit Proteinen Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 5

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.4. Enantiomerenüberschuß (enantiomeric excess) ( E 1 E 2 ) ee (%) = x 100 ( E 1 E 2 ) E 1 = Konzentration des Enantiomers 1 E 2 = Konzentration des Enantiomers 2 Was sagt mir eine ee Angabe? ee = 0% bedeutet: Es liegt ein Racemat (50:50) vor! ee = 100% bedeutet: Die Substanz ist enantiomerenrein! ee = 90% bedeutet: Es liegt ein 95:5 Gemisch zweier Enantiomere vor! Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 6

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.5.1. Chirale Arzneistoffe in Organismus Pharmakodynamische Unterschiede (Wechselwirkungen mit Enzymen, Rezeptoren, Ionenkanälen...) Pharmakokinetische Unterschiede (Proteinbindung, Metabolisierung und Verteilung) ca. 80 % der synthetischen chiralen Arzneistoffe sind als Racemat im Handel 98% der semisynthetischen oder natürlich vorkommenden AS sind enantiomerenrein im Handel Eutomer Distomer z.b. Rezeptor z.b. Rezeptor Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 7

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.5.1. Chirale Arzneistoffe in Organismus Pharmakokinetische Unterschiede bei der Metabolisierung von Warfarin das (S)Eutomer unterliegt einer schnelleren Biotransformation Fluconazol bindet am selben CYPEnzym als Inhibitor Warfarin Fluconazol Quelle: Nature, Vol. 424, 24.July 2003 Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 8

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.5.2. Eigenschaften von chiralen Arzneistoffen Wirkstoff (R)Enantiomer (S)Enantiomer Asparagin süß bitter Adrenalin 30x aktiver als (S) Chloramphenicol (R,R) antibakteriell (S,S) inaktiv Thalidomid nicht (?) teratogen teratogen Ethambutol (R,R) Erblindung (S,S) tuberkulostatisch Dopa passive Diffusion aktive Diffusion Ibuprofen Tranylcypromin (R) inaktiv, aber Inversion zu (S) () MAOHemmer, () NAReuptakehemmer (antidepressiv) Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 9

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen Exkurs : Chirale Zentren (außer vierbindiges C) G. Subramanian (ed.): A Practical Approach to Chiral Separations by Liquid Chromatography, VCH Weinheim (1994) p2 Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 10

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.5.3. Arzneistoffe mit einem chiralen Zentrum Als Racemat werden eingesetzt: Bisoprolol Cetirizin Chloroquin Cyclophosphamid (chiraler Phosphor) Ibuprofen Ifosfamid (chiraler Phosphor) Methadon Metoprolol Ofloxacin Omeprazol (chiraler Schwefel) Oxazepam Rosiglitazon Phenprocoumon Salbutamol Promethazin Thiopental Propranolol Verapamil Pyrantel Warfarin Als reines Enantiomer werden eingesetzt: Acetylcystein (R) Adrenalin (R) Cetirizin (R) Folsäure (S) Ibuprofen (S) Levodopa (S) Levofloxacin (S) Levomethadon (R) Methotrexat (S) Omeprazol (S) Pramipexol (S) Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 11

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.5.4. Arzneistoffe mit zwei chiralen Zentren (I) Ascorbinsäure (5R,1 S) Diltiazem (2S,3S) Chloramphenicol (1R,2R) Captopril (2S,2 S) Pilocarpin (3S,4R) Nomenklatur nach CIP Bestimmung der absoluten Konfiguration an vierund sechsfach koordinierten Stereozentren Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 12

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.5.4. Arzneistoffe mit zwei chiralen Zentren (II) Ephedrin (1R,2S) 1R,2S L()Ephedrin 1S,2R D()Ephedrin 1R,2R L()Pseudoephedrin 1S,2S D()Pseudoephedrin erythroreihe threoreihe FischerRosanoff Konvention Arbeitskonvention, nach der ()Glyceraldehyd [(R)2,3Dihydroxypropanal] als DGlyceraldehyd bezeichnet wird erythro, threo relativer Stereodeskriptor für Diastereomere mit chiraler, acyclischer Partialstruktur mit zwei benachbarten Stereozentren mit gleichem oder ähnlichen Substituenten Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 13

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.5.4. Arzneistoffe mit zwei chiralen Zentren (III) Tramadol (1S,2S 1R,2R) Retinol cis, trans relative Beziehung zwischen zwei Liganden an separaten Atomen, die durch eine Doppelbindung oder in einem Ring benachbart sind E, Z Stereodeskriptor für stereoisomere Alkene, Cumulene und verwandte Systeme Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 14

Stereochemische Betrachtung von Arzneistoffen 1.5.4. Arzneistoffe mit zwei chiralen Zentren (IV) NButylscopolaminiumbromid stereochemische Nomenklatur in bicyclischen Systemen Deskriptoren für die relative Orientierung von Gruppen an nichtbrückenkopfatomen endo, exo Exoständig sind diejenigen Substituenten, die zur kürzesten Brücke stehen; endosubstituenten sind der kürzesten Brücke abgewandt. syn, anti Gruppen, die an der kürzesten Brücke substituiert sind, stehen syn, wenn sie zur ersten Brücke stehen. Falls nicht, ist die Gruppe antiständig. Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 15

Trennung von Enantiomeren 2.1.1. Anforderungen an die Enantiomerenanalytik hohe Empfindlichkeit (Nachweisgrenze << 1%) gute Reproduzierbarkeit kostengünstig (Geräte, Durchführung der Messung) geringer Substanzbedarf geringer Zeitaufwand Messung ohne aufwändige Probenvorbereitung keine Artefaktbildung (v.a. keine Racemisierung) Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 16

Trennung von Enantiomeren 2.1.2. Anwendung von Enantiomerentrennung in Industrie und Forschung präparativ: Isolierung des enantiomerenreinen Arzneistoffes nach der Synthese analytisch: Bestimmung der Enantiomerenreinheit während der Produktion Untersuchungen zur Pharmakokinetik und zum Metabolismus (invitro und invivo) Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 17

Trennung von Enantiomeren 2.1.3. Verfahren in der Enantiomerenanalytik chirale Trennung von Enantiomeren Indirekte Trennung (naßchemisch) Trennung durch Kristallisation Derivatisierung zu Enantiomeren Direkte Trennung (chromatographisch) chromatographische Trennung mit Hilfe chiraler Selektoren Beide Verfahren basieren auf der (kurzzeitigen oder dauerhaften) Bildung von Diastereomeren Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 18

Trennung von Enantiomeren 2.2.1. Trennung von Enantiomeren mittels Kristalisation als Diastereomerensalze Prinzip: für Basen: Zum Racemat (RS) wird ein enantiomerenreines (R oder S) Fällungsreagenz gegeben Äpfelsäure, Mandelsäure, Weinsäure und derivate, Camphersulfonsäure Base (R,S) Säure (R) diastereomere Salze ( Kation (R), Anion (R) und Kation (S), Anion (R) ) für Säuren: Nachteile: Ephedrin, Brucin, Chinin, 1(Phenyl)ethylamin zeitaufwändig, nicht für analytische Anwendungen geeignet Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 19

Trennung von Enantiomeren 2.2.2. Derivatisierung von Enantiomeren (I) Trennung als Diastereomere nach Derivatisierung mit (S)1Phenylethylisocyanat (PEIC) für Aminosäuren S S S S SPhenylalanin Diastereomere R S R S RPhenylalanin Trennung bspw. an RP18 möglich Nachteile: quantitative Umsetzung notwendig Reagenz muss sehr rein sein zeitaufwändig, nur für analytische Anwendungen Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 20

Trennung von Enantiomeren 2.2.2. Derivatisierung von Enantiomeren (II) Trennung als Diastereomere nach Derivatisierung mit enantiomerenreiner/m MosherSäure/Chlorid Derivatisierung von (R)Mosher A/ERkt. (R)MosherChlorid Alkoholen mit Säure zum Ester Aminen mit Säurechlorid zum Amid Mit MosherReagenz derivatisierte Enantiomere können mit Hilfe von 19 FNMR auf ihre Reinheit (% ee) überprüft werden (R)MosherChlorid (R)MosherChlorid (S) (R) (S) (S) (S) (R) Diastereomere Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 21

Trennung von Enantiomeren 2.3.1. Direkte Trennung von Enantiomeren Trennung an chiralen (pseudo)stationären Phasen Methoden: Prinzip: Vorteil: HPLC, GC, CE Unterschiedlich starke Wechselwirkungen (WW) der Enantiomere in einer chiralen Umgebung (ππ, ionisch, Wasserstoffbrücken, DipolWW) analytisch (HPLC, GC, CE) und präparativ (nur HPLC) nutzbar Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 22

Trennung von Enantiomeren 2.3.2. Chirale stationäre Phasen (CSP s) für die HPLC Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 23

Trennung von Enantiomeren 2.3.3. Beispiele für PirkleSäulen zur direkten Enantiomerentrennung Chiraler Selektor: R(()N(3,5Dinitrobenzoyl)phenylglycin) (DNBPG) Mobile Phase: nhexan / 2Propanol 80/20 (V/V) Flussrate: 1 ml/min Detection: UV 254 nm Probe: Oxazepam (0.5mg/ml) Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 24

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.1. Wiederholung: Grundlagen der CE Kapillarelektrophorese Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 25

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.1.1. Instrumenteller Aufbau Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 26

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.1.2. Die Elektrophoretische Mobiliät (EM) ANNAHME: Die Kapillarwand hat keinen Einfluß Wanderungsrichtung und Wanderungsgeschwindigkeit der Analyten sind nur von der Ladung und der elektrophoretischen Mobilität abhängig N v eff = z. e 6πηr E z. e E η r eff. Ladung Feldstärke Viskosität Ionenradius Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 27

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.1.3. Der Elektroosmotische Fluss (EOF) H Si O Si OH phabhängigkeit des EOF Deprotonierung der Silanolgruppen v EOF = ε ζ 4πη E E ζ η ε Quarz a Feldstärke ZetaPotential Viskosität Dielektrizitätskonstante LM b a starre Grenzschicht b diffuse Grenzschicht Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 28

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.1.3. Der Elektroosmotische Fluss (EOF) Definition: Durch Dissoziation der Silanolgruppen der inneren Oberfläche der Quarzkapillare wird die Kapillarwand negativ aufgeladen und die Pufferlösung im Inneren der Kapillare erhält einen Überschuß an positiven Ladungsträgern (Kationen). Durch elektrostatische Anziehung lagern sich die Kationen der Pufferlösung an die Kapillarwand an, und zwar zum einen in Form einer starren (unbeweglichen) Grenzschicht direkt an der Kapillaroberfläche und zum anderen in einer diffusen (beweglichen) Grenzschicht in weiterem Abstand zur Kapillarwand. Bei Anlegen einer Spannung beginnen sich die Kationen der diffusen Grenzschicht in Richtung Kathode zu bewegen. Infolge eines osmotischen Effektes bewegt sich auch das sie umgebende Lösungsmittel mit und es kommt zu einem Nettostrom der Pufferlösung in Richtung der Kathode. Diesen Effekt bezeichnet man als elektroosmotischen Fluss (EOF). Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 29

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.1.4. EM und EOF N N N Stempelförmiges Flussprofil t M Zeit [min] phabhängigkeit von v EOF und v EFF Deprotonierung der Silanolgruppen Protonierungsgrad der Analyten v = v EOF v EFF Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 30

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.1.5. Möglichkeiten zur Beeinflussung des EOF Veränderung des Trennsystems Auswirkungen auf den EOF phwert des Puffers EOF wenn ph Pufferkonzentration EOF wenn Pufferkonz. Temperatur Org. Lösungsmittel (ACN, MeOH...) Chem. Veränderung der Kapillarwand (lin. Polyacrylamid, Methylcellulose) Viskositätsveränderung, evtl. auch Selektivitätsänderung Komplexe Veränderungen, meist Änderung der Selektivität Reduzierung / Umkehr des EOF Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 31

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.2.1. Chirale Selektoren für die CE Cyclodextrine native (α, β, γcd) substituierte CD nichtionische (Methyl, Hydroxypropyl, Hydroxyethyl...) anionische (Carboxymethyl, Sulfobutyl, Sulfoethyl...) kationische (Trimethylammoniumhydroxypropyl...) Chirale Kronenether Chirale Mizellbildner (SDSDigitonin, Gallensäuren,...) Glykopeptide (Vancomycin, Rifamycin) Proteine (HSA, BSA, AGP) Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 32

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.2.2. Native Cyclodextrine als chirale Selektoren 62% aller Enantiomerentrennungen in der CE mit Cyclodextrinen als chirale Selektoren α Cyclodextrin => 6 αdglucoseeinheiten β Cyclodextrin => 7 αdglucoseeinheiten γ Cyclodextrin => 8 αdglucoseeinheiten b a c Durch die chirale Information in der Struktur der Zucker wird im Cyclodextrin eine chirale Umgebung erzeugt! CD α β γ Dimension a b c 5.7 13.7 7.8 7.8 15.3 7.8 9.5 16.9 7.8 Kavitäts volumen 174 262 427 Å 3 Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 33

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.3.1. Ofloxacin Formel: Chemische Eigenschaften: Zwitterion (saure Carboxylfunktion, basischer Stickstoff am Piperazinring); IEP = 7,4 ein Chiralitätszentrum (Das S()Enantiomer ist je nach Keimart 8128 mal stärker wirksam als das R()Enantiomer) Handelsnamen: Tarivid : R,S(±)Ofloxacin (1984) Tavanic : S()Ofloxacin (Levofloxacin, 1998) Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 34

Direkte Trennung mit der Kapillarelektrophorese 3.3.2. Praktikumsaufgabe Qualitative Bestimmung von OfloxacinEnantiomeren in Humanurin mit Hilfe der Kapillarelektrophorese Elektrophoretische Bedingungen: Laufpuffer : 100mM H 3 PO 4 mit Triethylamin auf ph 2,0 eingestellt Chiraler Selektor : 45mM HydroxypropylβCyclodextrin (D.S. = 0,8) Kapillare : fused silica; 20/27 cm 50 µm I.D. x 375 µm O.D. Spannung : 20kV Injektion : hydrodynamisch; 5 sec (Urinproben) bzw. 10 sec (wässrige Standardlösung) bei 0,5 psi Detektion : UVDetektion, 280 nm λ max = 280 nm Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 35

Quellenverzeichnis Literaturhinweise Stereochemie: B. Testa: Grundlagen der Organischen Stereochemie IUPAC: http://goldbook.iupac.org/src_pac1996682193.html Kapillarelektrophorese: H. Engelhardt: Kapillarelektrophorese F. Tagliaro, G. Manetto, F. Crivellente, F.P. Smith: A brief introduction to capillary electrophoresis, Forensic Science International, 92 (1998), 7588 H. Wätzig: Grundlagen der Kapillarelektrophorese, PZ Prisma, 3 (1996), 126136 Chirale Trennungen: S. Fanali, Z. Aturki, C. Desiderio: New strategies for chiral analysis of drugs by capillary electrophoresis, Forensic Science International, 92 (1998), 137155 Enantiomerentrennung und CE WS 2010/2011 36