Herstellung von Siliziumscheiben

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Transkript:

Herstellung von Siliziumscheiben 2 2.1 Silizium als Basismaterial Als Ausgangsmaterial für Halbleiterbauelemente und integrierte Schaltungen hat das Element Silizium die größte Bedeutung erlangt: Mikroprozessoren, Speicherchips und Logikschaltungen sowie die anwendungsspezifischen Schaltkreise (ASIC) werden nahezu ausschließlich im Siliziumsubstrat hergestellt. Auch Leistungshalbleiter wie Thyristoren, IGBT (Insulated Gate Bipolar Transistor) und ein großer Teil der Einzeltransistoren bzw. Dioden nutzen dieses Element. Im Folgenden wird gezeigt, warum das Element Silizium speziell für die Integration der durch ein elektrisches Feld gesteuerten MOS-Bauelemente zum wichtigsten Grundmaterial der Mikroelektronik wurde. Sofern es sich nur um hohe Schaltgeschwindigkeiten, also um die Beweglichkeit (Tab. 2.1) der freien Ladungsträger handelt, bieten andere Materialien wie Germanium und insbesondere das Gallium-Arsenid weitaus höhere Ladungsträgerbeweglichkeiten. Silizium steht im Gegensatz zu Germanium und Gallium nahezu unbegrenzt zur Verfügung, denn es ist mit 27,72 Gewichtsprozent nach Sauerstoff der zweithäufigste elementare Bestandteil der Erdkruste. Es ist dementsprechend ein kostengünstiges Ausgangsmaterial, dessen Preis erst durch die Reinigung und die Verarbeitung zu einkristallinen Stäben bzw. Scheiben bestimmt wird. Silizium verbindet sich bereits bei Raumtemperatur mit Sauerstoff zu SiO 2, dem Siliziumdioxid. SiO 2 ist ein hochwertiger, mechanisch und elektrisch stabiler Isolator, der sich durch Temperaturbehandlungen gezielt und reproduzierbar auf den Halbleiter aufbringen lässt. Dieses arteigene Oxid bietet sich während der Herstellung integrierter Schaltungen besonders vorteilhaft zur elektrischen Isolation und zur lokalen Maskierung der Scheibenoberfläche an. Dagegen ist es sehr schwierig und kostenintensiv, auf den anderen genannten Halbleitermaterialien einen hochwertigen Isolator mit guten dielektrischen Eigenschaften zu U. Hilleringmann, Silizium-Halbleitertechnologie, DOI 10.1007/978-3-8348-2085-3_2, Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 5

6 2 Herstellung von Siliziumscheiben Tab. 2.1 Ladungsträgerbeweglichkeiten in cm 2 /Vs [1] Ladungsträger Silizium Germanium Gallium-Arsenid Elektronen 1350 3900 8500 Löcher 450 1900 400 Abb. 2.1 Zweidimensionale Darstellung zm Einbau eines 5-wertigen Donatoratoms in den Siliziumkristall produzieren. Arteigene Oxide sind entweder von geringer Qualität oder nicht herstellbar, so dass auch hier Siliziumdioxid eingesetzt wird. In seinem reinen Zustand ist Silizium ein Halbleiter, dessen elektrischer Widerstand zwischen dem eines schlechten Leiters und dem eines Isolators liegt. Der Widerstand bzw. die Leitfähigkeit des reinen Siliziums lässt sich durch gezielte Verunreinigung (Dotierung) über mehrere Größenordnungen beeinflussen, indem anstelle der Siliziumatome (4 Valenzelektronen) sogenannte Dotieratome mit drei oder fünf Valenzelektronen in den Kristall eingebracht werden. Atome mit fünf Valenzelektronen heißen Donatoren (Abb. 2.1). Sie geben ein Elektron, das nicht zur kovalenen Bindung beiträgt, in das Leitungsband des Halbleiters. In diesem Fall erhält das Silizium n-leitenden Charakter mit freien Elektronen als bewegliche Ladungsträger. Typische Dotierstoffe sind die Donatoren Phosphor (P), Arsen (As) und wegen der geringeren Festkörperlöslichkeit seltener anzutreffen Antimon (Sb). Befinden sich dagegen Elemente mit drei Valenzelektronen, sogenannte Akzeptoren, im Kristallverband des Siliziums, so fehlt jeweils ein Elektron pro Fremdatom zur Ausbildung der vollständigen Bindung. Das fehlende Bindungselektron wird aus dem Valenzband des Halbleiters aufgefüllt; dort bleibt ein unbesetzter Platz (Zustand) zurück (Abb. 2.2). Es resultiert nun eine Defektelektronen- bzw. Löcherleitung, das Silizium weist p-leitenden Charakter auf. Anschaulich füllen Elektronen benachbarter Atome diese Bindungsdefekte auf, lassen dabei aber selbst Defektelektronen zurück. Unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes

2.2 Herstellung und Reinigung des Rohmaterials 7 Abb. 2.2 Zweidimensionale Darstellung zum Einbau eines 2-wertigen Akzeptoratoms in den Siliziumkristall erhält diese Sprungbewegung zum Auffüllen der Löcher eine Vorzugsrichtung, die als Ladungstransport durch den Kristall in entgegengesetzter Richtung zur Elektronenbewegung zu verstehen ist. Als Dotierstoff eignet sich in diesem Fall das Element Bor. Auch die anderen Elemente der 3. Hauptgruppe des Periodensystems, Aluminium, Indium und Gallium, bewirken eine p-dotierung im Silizium, jedoch treten erhebliche Nachteile bei ihrem Einsatz auf. Aluminium weist nur eine mäßige Löslichkeit im Silizium auf, der Dotierstoff Indium ist bei Raumtemperatur aufgrund des tiefen Akzeptorniveaus nur zu einem geringen Teil elektrisch aktiv. Gallium zeigt bereits bei relativ niedrigen Temperaturen sowohl im Silizium als auch im Siliziumdioxid eine ausgeprägte Diffusion. Durch gezieltes und lokal begrenztes Verunreinigen des Siliziums mit Donatoren und Akzeptoren lassen sich verschiedene Schaltungselemente wie Widerstände, Dioden, Bipolar- und MOS-Transistoren herstellen. Voraussetzung für die Fertigung dieser Halbleiterbauelemente und der integrierten Schaltkreise ist jedoch, dass das verwendete Halbleitermaterial in höchster Reinheit als perfekter Einkristall vorliegt, denn Korngrenzen und Gitterfehler führen zu unerwünschten Strompfaden. 2.2 Herstellung und Reinigung des Rohmaterials 2.2.1 Herstellung von technischem Silizium Elementares Silizium wird aus Siliziumdioxid (SiO 2 ) in Form von Quarz durch Reduktion mit Kohlenstoff in Anwesenheit von Eisen gewonnen. Dieser Prozess findet in elektrischen Lichtbogenöfen statt, die oberhalb des Schmelzpunktes von Silizium (1413 C) betrieben werden. Dabei spaltet sich der im Siliziumdioxid gebundene Sauerstoff ab und reagiert mit Kohlenstoff zu Kohlenstoffmonoxid entsprechend der Reaktionsgleichung (2.1): 1460 C SiO + 2C Si + 2CO 2 (2.1) Das Eisen wirkt als Katalysator und verhindert eine Reaktion zwischen Silizium und Kohlenstoff zu Siliziumkarbid. Aufgrund seiner höheren Dichte lagert sich das flüssige Sili-

8 2 Herstellung von Siliziumscheiben Tab. 2.2 Siedetemperatur einiger Verunreinigungen im Silizium Substanz BCl 3 SiHCl 3 CCl 4 PCl 3 GeCl 4 AsCl 3 AlCl 3 SbCl 3 T Siede [ C] 12 31,8 76 76 83 132 188 283 zium am Boden des Lichtbogenofens ab, es lässt sich damit vom ungelösten Siliziumdioxid und vom gasförmigen Kohlenmonoxid leicht trennen. Dieses Rohsilizium, auch technisches Silizium oder Metallurgical Grade Silicon (MGS) genannt, ist naturgemäß stark verunreinigt und enthält noch ca. 2 4 % Fremdstoffe [2], insbesondere Kohlenstoff, Eisen, Aluminium, Bor und Phosphor. Es ist deshalb für die Bauelemente- und Schaltungsintegration noch nicht geeignet. Daher müssen sich weitere chemische Prozesse zur Erzeugung des erforderlichen hochreinen Materials anschließen. 2.2.2 Chemische Reinigung des technischen Siliziums Eine weit verbreitete Technik zur Gewinnung des reinen Siliziums ist der vom technischen Silizium als Basismaterial ausgehende Trichlorsilan-Prozess. Das technische Rohsilizium wird bei ca. 280 380 C in die Chlor-Wasserstoff-Verbindung Trichlorsilan (SiHCl 3 ) überführt, die bei Temperaturen unterhalb von 31,8 C flüssig ist: 300 Si + 3HCl C SiHCl + H 3 2 (2.2) Im Gegensatz zum SiHCl 3 kondensieren die Chlorverbindungen der meisten Verunreinigungen bei höheren Temperaturen (Tab. 2.2), so dass sie durch fraktionierte Destillation vom SiHCl 3 getrennt werden können. Die Verunreinigungen mit geringerer Siedetemperatur lassen sich bei Erwärmung auf 30 C durch Verdampfen vom flüssigen SiHCl 3 abtrennen. Dabei liegen die Kondensationstemperaturen von PCl 3, BCl 3 und Kohlenstoff in Form von Pentan relativ nahe bei der des SiHCl 3, so dass die Hauptverunreinigungen im destillierten SiHCl 3 die Dotierstoffe Phosphor und Bor sowie das Element Kohlenstoff sind. Durch Umkehrung des Trichlorsilan-Prozesses lässt sich aus dem gereinigten SiHCl 3 das Silizium zurückgewinnen. Ein Gasgemisch aus Trichlorsilan und Wasserstoff wird in eine Quarzglocke eingeleitet (Abb. 2.3), in der widerstandsbeheizte, dünne Siliziumstäbe (ca. 1500 mm Länge, 2 5 mm Durchmesser), so genannte Siliziumseelen, auf ca. 1100 C erhitzt werden. Bei dieser Temperatur zersetzt sich das Trichlorsilan und dissoziiert bei Wasserstoffzugabe im Verhältnis SiHCl 3 :H 2 = 1:10 zu Silizium und Chlorwasserstoff. Die Reaktion nach Gl. (2.2) läuft jetzt in umgekehrter Richtung ab (Gl. 2.3): 1100 C SiHCl + H Si + 3HCl 3 2 (2.3)

2.2 Herstellung und Reinigung des Rohmaterials 9 Abb. 2.3 Reaktor zur Herstellung polykristalliner Siliziumstäbe durch thermische Zersetzung von Trichlorsilan Gleichzeitig wird durch den parallel stattfindenden Dissoziationsprozess entsprechend Gl. (2.4) Wasserstoff freigesetzt: 1100 C 4SiHCl Si+ 3SiCl + 2H 3 4 2 (2.4) Das elementare Silizium schlägt sich in polykristalliner Form auf den Siliziumseelen nieder, die dadurch auf Durchmesser bis über 150 mm anwachsen. Das so gewonnene Material weist bei einer Gesamtreinheit von 10-9 einen Borgehalt unter 5 10 12 /cm 3 und eine Phosphordotierung von weniger als 1 10 13 /cm 3 auf. Dieses Material kann bereits als Ausgangsmaterial für das Czochralski-Verfahren zur Einkristallzüchtung (Kap. 2.3.2) genutzt werden, jedoch ist dieser Reinheitsgrad für die Herstellung von z. B. Speicherbauelementen und Hochspannungsbauelementen nur bedingt ausreichend. 2.2.3 Zonenreinigung Bei der Zonenreinigung von Silizium wird um den Siliziumstab eine mit einem hochfrequenten Wechselstrom gespeiste bewegliche Spule gelegt. Die dadurch im Inneren des Materials induzierten Wirbelströme heizen dieses lokal bis zum Schmelzpunkt auf. Am Ort der HF-Spule entsteht eine flüssige Zone, die durch Bewegung der Spule vom einen Ende des Stabes bis zum anderen geführt werden kann (Abb. 2.4; [1]). Das Material außerhalb der Spulenebene bleibt fest. Die Schmelze kann nicht herausfließen, da sie durch die Oberflächenspannung in ihrer Lage gehalten wird. Dieser Prozess findet im Hochvakuum statt, um Verunreinigungen durch die umgebende Atmosphäre sowie aus den Gefäßwänden abdampfende Moleküle bzw. Atome zu vermeiden (ein Quarzgefäß führt z. B. zur Anreicherung des Materials mit Sauerstoff).

10 2 Herstellung von Siliziumscheiben Abb. 2.4 Tiegelfreie Zonenreinigung des Siliziums durch Ausnutzung der hohen Löslichkeit der Verunreinigungen in der Schmelze Wegen der hohen Schmelztemperatur des Siliziums dampfen bei diesem Prozess bereits zahlreiche Verunreinigungen ab, so dass eine weitere Reinigung stattfindet. Außerdem setzt auch eine räumliche Umverteilung der Verunreinigungen im polykristallinen Stab ein: die Löslichkeit vieler Metalle sowie der Dotierstoffe Bor und Phosphor ist in der Schmelze größer als im kristallinen Material; diese Stoffe werden folglich in der flüssigen Phase weiter transportiert, so dass sie sich an das Ende des Stabes verlagern [3]. Durch mehrfach wiederholtes Zonenreinigen lässt sich die Gesamtkonzentration der Verunreinigungen im Material unterhalb der Eigenleitungskonzentration im Silizium von ca. 1,5 10 12 /cm 3 senken. 2.3 Herstellung von Einkristallen Die aktuellen Prozesse in der Halbleiterindustrie sind Planartechniken, d. h. alle Prozessschritte werden ganzflächig auf der Oberfläche einer dünnen einkristallinen Siliziumscheibe ( Wafer ) durchgeführt. Diese Scheiben mit einem Durchmesser von 100 mm in Forschungseinrichtungen und bis zurzeit maximal 300 mm in der Industrie sind 0,45 mm bis etwa 1 mm dick. Sie werden aus Silizium-Einkristallen mit entsprechenden Durchmessern gesägt und zur weiteren Verarbeitung an der Oberfläche poliert. Zukünftige Prozesse basieren nach Angaben der amerikanischen Semiconductor Industry Association voraussichtlich auf Scheiben mit 450 mm Durchmesser [6], allerdings sind die Bearbeitungsanlagen bislang noch nicht entsprechend groß ausgelegt. 2.3.1 Die Kristallstruktur Das in der Halbleitertechnologie als Substrat genutzte Material muss in einkristalliner Form vorliegen, d. h. eine regelmäßige Anordnung von Atomen aufweisen. Dabei wird die kleinste sich wiederholende Einheit eines Kristalles Basis genannt. Sie kann aus mehreren Atomen bestehen. Jede Basis wird im Kristall durch einen Gitterpunkt repräsentiert, so dass die Kristallstruktur aus der Überlagerung des Gitters mit der Basis entsteht. Das Gitter der elementaren Halbleiter Silizium und Germanium ist kubisch flächenzentriert (fcc) mit einer Basis aus zwei identischen Atomen an den Positionen (0,0,0) und

2.3 Herstellung von Einkristallen 11 Abb. 2.5 Das fcc-gitter ( links) und die Kristallstruktur des Siliziums (Diamantgitter, rechts) (nach [7]) Abb. 2.6 Kristallebenen und Millersche Indizes (nach [4]) (1/4,1/4,1/4) (Abb. 2.5). Die Kristallstruktur besteht somit aus zwei um 1/4 der Raumdiagonalen gegeneinander verschobenen fcc-gittern; dies entspricht der Diamantstruktur. Die Anordnung der Atome in einer Siliziumscheibe ist durch die Orientierung des kubischen Gitters in Relation zur Oberfläche gegeben (Abb. 2.6). Diese wird mit den Millerschen Indizes beschrieben, die wie folgt bestimmt werden: Bestimmung der Schnittpunkte der Ebene bzw. Oberfläche mit den Achsen des Kristalls, z. B. 3,2,2; Reziprokwertbildung (1/3,1/2,1/2) und Suche des kleinsten ganzzahligen Verhältnisses (2,3,3) führt zu den Millerschen Indizes (233) für diese Ebene. Damit kann jeder Siliziumscheibe in eindeutiger Weise eine Oberflächenorientierung zugeordnet werden, so dass die Lage des Gitters in der Scheibe bekannt ist. Sie hat wesentlichen Einfluss auf die Parameter der integrierten Bauelemente, z. B. auf die Dichte der Oberflächenladungen und auf die Ladungsträgerbeweglichkeit an der Kristalloberfläche. Das im Trichlorsilanprozess gewonnene reine Silizium liegt bislang als polykristalliner Stab vor und muss für die Herstellung von Siliziumscheiben erst in einen Einkristall umgewandelt werden. Dies ist mit dem Czochralski-Verfahren oder für eine höhere Kristallqualität mit geringerer Fremdstoffkonzentration durch tiegelfreies Zonenziehen möglich. 2.3.2 Kristallziehverfahren nach Czochralski In einem langsam rotierenden Quarztiegel wird das polykristalline Silizium über eine Hochfrequenzheizung zunächst aufgeschmolzen und bis auf ca. 1440 C weiter aufgeheizt,

12 2 Herstellung von Siliziumscheiben Abb. 2.7 Prinzip des Einkristallziehens nach Czochralski (nach [8]) um mögliche Kristallisationskeime in der flüssigen Phase sicher zu zerstören. Die Temperatur wird anschließend leicht gesenkt und nur geringfügig oberhalb des Schmelzpunktes von Silizium bei etwa 1425 C konstant gehalten. An einem drehbar gelagerten Stab, der von oben bis an die Oberfläche der flüssigen Siliziumschmelze herangeführt wird, befindet sich der Impfkristall zur Vorgabe der Kristallorientierung. Da die Tiegeltemperatur nur wenig über dem Schmelzpunkt des Materials liegt, wird die Schmelze im Moment des Benetzens am Ort des eintauchenden Keims unterkühlt, so dass die Kristallisation einsetzt. Der Keim beginnt zu wachsen, wobei das sich anlagernde Silizium die Kristallorientierung des Keims übernimmt (Abb. 2.7). Über ein Zuggestänge bewegt sich der wachsende Keim nun unter ständigem Drehen langsam nach oben, ohne dass der Kontakt mit der Schmelze unterbrochen wird (Abb. 2.7). So entsteht ein stabförmiger Einkristall ( Ingot ), dessen Durchmesser wesentlich durch die Ziehgeschwindigkeit bestimmt wird. Sie beträgt 3 20 cm/h, wobei der Kristall umso dünner ausfällt, je schneller gezogen wird. Um weitgehend fehlerfreie Kristalle zu erhalten, ist eine exakt kontrollierte Temperaturstabilisierung der Schmelze erforderlich, damit eine möglichst konstante Temperatur innerhalb der Wachstumszone eingehalten wird. Selbst kleine Temperaturunterschiede führen bei der Erstarrung zu inneren Spannungen und somit zu Gitterfehlern im wachsenden Kristall. Zur Homogenisierung der Temperaturverteilung rotiert der Kristall während des Ziehvorganges um seine Längsachse, während sich der Tiegel gegensinnig dreht. Es empfiehlt sich, den Tiegel im gleichen Maße anzuheben, wie sich die Schmelze verbraucht (Abb. 2.8). Dadurch bleibt der Ort der Wachstumszone unverändert, und es herrschen stets die gleichen Temperaturverhältnisse. Um eine Oxidation des geschmolzenen Materials zu verhindern, findet der gesamte Vorgang in Schutzgasatmosphäre oder im Hochvakuum statt. Allerdings können sich aus den Tiegelwänden Sauerstoff, Kohlenstoff und Bor lösen, was zu einer Verunreinigung bzw. Dotierung des Siliziums führt. Aus die-

2.3 Herstellung von Einkristallen 13 Abb. 2.8 Schema einer Anlage zum Kristallziehen nach Czochralski (nach [1]) sem Grund wird das Verfahren nicht zur Herstellung von extrem hochreinem Silizium verwendet. Zur Einstellung der gewünschten elektrischen Eigenschaften des Kristalls (n-leitendes bzw. p-leitendes Substratmaterial) sind die entsprechenden Dotierstoffe Bor oder Phosphor bereits in der Schmelze gelöst, so dass sie während des Kristallwachstums im Gitter eingebaut werden. Typische spezifische Widerstandswerte für Czochralski-Silizium (Cz-Si) liegen im Bereich unterhalb von 50 Ω cm bis hin zu starken Dotierungen mit 0,01 Ω cm. Das hochohmige Material ist bereits für die Herstellung von Siliziumscheiben zur Integration mikroelektronischer Schaltungen sehr gut geeignet. 2.3.3 Tiegelfreies Zonenziehen Zur Herstellung von hochreinem Silizium eignet sich das tiegelfreie Zonenziehen im Hochvakuum oder in Schutzgasatmosphäre (Abb. 2.9). Wie bei der Zonenreinigung wird bei der Kristallherstellung statt des gesamten Materialvorrats nur ein Teil eine durch die Oberflächenspannung des flüssigen Siliziums stabilisierte Zone mit einer gezielt lokal zugeführten Hochfrequenzleistung aufgeschmolzen. Bereits mit einer einfachen Zonenreinigungsapparatur lassen sich brauchbare Einkristalle herstellen. Für höhere Ansprüche kann jedoch auf einen Keim zur Vorgabe der Kristallorientierung nicht verzichtet werden. Ein gereinigter polykristalliner Siliziumstab wird vertikal so gehaltert, dass sein oberes Ende den Impfling fast berührt. Beim Schmelzen

14 2 Herstellung von Siliziumscheiben Abb. 2.9 Tiegelfreies Zonenziehen zur Herstellung hochreinen Siliziums (nach [8]) des Polysiliziums mit einer Hochfrequenzspule wölbt sich die Flüssigkeitsoberfläche etwas auf und benetzt den Keim, der zu wachsen beginnt, sobald sich die Heizspule langsam nach unten bewegt (etwa 10 20 cm/h). Wie beim Tiegelziehen rotieren auch beim Zonenziehen der polykristalline Vorratsstab und der entstehende Kristall gegenläufig um ihre Längsachse (Drehzahl 25 75 U/min), um eine gleichmäßige Temperaturverteilung in der Wachstumszone zu garantieren. Die Länge der aufgeschmolzenen Zone beträgt in Abhängigkeit von der Dicke der Siliziumstäbe nur einige Millimeter. Der Prozess beginnt am einkristallinen Impfling. Nach seinem Verschmelzen mit der flüssigen Phase wird die Schmelzzone langsam am Vorratsstab entlang gezogen. Es entsteht dabei ein Einkristall mit hervorragender Perfektion im Kristallgitter. Ist eine schwache Dotierung des Kristalls gewünscht, so wird der Fremdstoff als gasförmige Verbindung dem Schutzgas beigemischt. Für eine Dotierung mit Phosphor kann Phosphin (PH 3 ), für eine Bordotierung Diboran (B 2 H 6 ) verwendet werden. Im Bereich der Schmelzzone zersetzt sich das Dotiergas infolge der hohen Temperatur in Phosphor bzw. Bor und Wasserstoff, wobei sich der Dotierstoff in der Schmelze löst. Vergleichbar zur Zonenreinigung verbleiben die restlichen Verunreinigungen bevorzugt in der aufgeschmolzenen Zone; sie werden folglich nur zu einem geringen Prozentsatz in den entstehenden Kristall eingebaut und reichern sich erst am Kristallende in größerer Konzentration an. Mit diesem Verfahren kann ein extrem reines Silizium hergestellt werden (> 1000 Ω cm), das im Vergleich zum Czochralsky-Silizium erheblich weniger Sauerstoff, Kohlenstoff, Bor und Phosphor enthält.

http://www.springer.com/978-3-8348-1335-0