Wir bauen Brücken, keine Mauern.

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Transkript:

Wir bauen Brücken, keine Mauern. Auf dem Weg zu einem neuen Einbürgerungsgesetz Referat von Bundesrätin Ruth Metzler anlässlich der Generalversammlung des Verbandes der Zuger Bürgergemeinde am 12. November 2001 in Zug I. Ich freue mich, heute zu diesem für unser Land wichtigen Thema "Bürgerrecht" ein Referat bei euch hier in Zug zu halten. "Wir bauen Brücken keine Mauern. Auf dem Weg zu einem neuen Bürgerrecht". Meine Damen und Herren, Sie werden es sofort merken, unser Bürgerrecht befindet sich am Schnittpunkt der Identitäten, und dazu möchte ich einige Überlegungen und Denkanstösse geben. Wir haben jetzt die Möglichkeiten zu entscheiden, wie wir zukünftig mit Ausländerinnen und Ausländern und Schweizerinnen und Schweizern in unserem Land zusammenleben wollen. Das Bürgerrecht ist in die Regelung der Menschenrechte eingebettet und widerspiegelt die grundlegende rechtliche Bindung eines Bürgers zum Staat. Dieser Grundsatz wiederspiegelt sich auch in der Politik des Bundesrats. Für den Bundesrat hat die Integrationsförderung eine sehr grosse Bedeutung für eine umfassende und erfolgreiche Migrationspolitik. Integration ist immer ein zweiseitiger Prozess. Integrationsförderung setzt eine grundsätzliche Bereitschaft zur Integration sowohl bei den Ausländerinnen und Ausländern als auch bei der schweizerischen Bevölkerung voraus. Mit geeigneten Massnahmen kann diese Bereitschaft gefördert werden. Zudem wollen wir auch die einheimische Bevölkerung für diese Integration gewinnen. Ein Gefühl der Überfremdung wirkt für jede Einbürgerungspolitik vernichtend. Das schadet sowohl der einheimischen Bevölkerung als auch den Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz. Der wichtigste Integrationsfaktor bildet das gesellschaftliche Umfeld. Wir wollen, dass unsere ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Mitverantwortung für unsere Gesellschaft tragen. Dafür müssen wir Ihnen aber auch den Zugang zu dieser Gesellschaft ermöglichen. Integrationsförderung bedeutet, diese Leute in unsere moderne Lebenswelt mit unseren spezifischen kulturellen Gegebenheiten hineinzuführen, im Bewusstsein, dass Integration immer den einzelnen Menschen einbezieht. Sie kann nicht von Staates wegen verordnet werden.

2 Welches sind nun diese geeigneten Massnahmen zur Förderung der Integration? Es sind sicher einmal die vielen verschiedenen Projekte von Kantonen, Gemeinden und Organisationen. Wir können diese auch finanziell mitunterstützen. Bereits konnten über 200 Integrationsprojekte unterstütz werden. Eine andere wesentliche Massnahme zur Förderung der Integration ist die Einbürgerung. II. Ich gebe Ihnen zuerst einen kurzen zahlenmässigen Überblick zum Thema Einbürgerung: - 1978 wurden in der Schweiz nicht ganz 10'000 Ausländerinnen und Ausländer eingebürgert. - Im Jahr 2000 waren es etwas über 30'000. Von diesen 30'000 Personen stammen über zwei Drittel aus Europa. - Etwa zwei Drittel der Einbürgerungen erfolgen über die sogenannte ordentliche Einbürgerung; das meint: nach einer Wohnsitzdauer von 12 Jahren. - Ungefähr ein Drittel sind erleichterte Einbürgerungen nach kürzerer Wohnsitzdauer in der Schweiz oder teilweise sogar mit Wohnsitz im Ausland. - Auch interessant und unterschätzt: Jede vierte Ehe in der Schweiz ist binational. Sehr viele Schweizerinnen und Schweizer (vielleicht auch Sie hier im Saal) haben sich mit einer Ausländerin, einem Ausländer verheiratet. - Jede vierte erwerbstätige Person in der Schweiz ist eine Ausländerin oder ein Ausländer. - Dann aber hier spreche ich jetzt ein etwas dunkleres Kapitel an: es gibt immer wieder Einbürgerungsgesuche, die abgelehnt werden und man den Eindruck erhält, die Gesuche seien einzig wegen der Nationalität abgelehnt worden. - Die Einbürgerung stellt einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einer gelungenen Integration dar, da sie Zuwanderern die Möglichkeit zur vollen politischen und gesellschaftlichen Teilnahme bietet.

III. Welches sind meine Folgerungen aus dieser Skizze? 3 Es besteht Handlungsbedarf. Das Bürgerrecht soll den Menschen, die sich seit vielen Jahren in der Schweiz aufhalten, leichter und rascher als bisher verliehen werden. Dies als Zeichen einer erfolgreichen Integration. Das Bürgerrecht ist die Grundlage für Rechte wie das uneingeschränkte Recht auf Aufenthalt, und es bildet die Voraussetzung für die Ausübung politischer Rechte. Wir alle sind uns ja einig, dass mit einer erfolgreichen Integration die fremdenfeindlichen und rassistischen Tendenzen abgeschwächt werden können. Die Einbürgerung kommt deshalb allen zu gute. Diese Meinung wird inzwischen auch von allen EU-Staaten geteilt. Vor vier Wochen habe ich an einer von Belgien organisierten Ministerkonferenz der EU über Migration teilgenommen. Einig war man sich vor allem über eines: Die Integrationsförderung muss entschieden verbessert werden und darunter versteht man auch die Einbürgerung. Unser geltendes Bürgerrecht stammt aus dem Jahr 1953. Also fast 50 Jahre alt! Eines ist klar Anpassungsbedarf an unsere Zeit besteht dringend. Zu diesem Zeitpunkt war nämlich noch nicht einmel die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Bürgerrecht verwirklicht. Seither wurden aber auch wesentliche Verbesserungen erzielt. Seit 1992 besteht die Möglichkeit des Doppelbürgerrechts. Damit ist der Verzicht auf die bisherige Staatsbürgerschaftfür den Erwerb des Schweizer Bürgerrechts nicht mehr erforderlich. Im internationalen Vergleich ist dies eine sehr fortschrittliche Lösung, die vor allem das tägliche Leben der Menschen erleichtert und der Indentitätsfindung dieser Menschen überhaupt keinen Abbruch tut.

4 Das Doppelbürgerrecht wird aber auch immer wieder als Privileg empfunden. Aber überlegen Sie einmal : Schweizer im Ausland erhalten das Bürgerrecht des Staates, in dem sie ihr Leben verbringen. Deshalb sollen sie doch nicht ihre Wurzeln, ihr Heimatland durch Aufgabe des Bürgerrechtes verlieren? Genau das wollen wir doch auch nicht mit den Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz. Wenn wir den Ausländern und Ausländerinnen die Gelegenheit und die Freiheit geben, ihre eigene Eigenart zu behalten und zu pflegen, dann erhalten wir ihre Selbständigkeit und ihr Selbstbewusstsein. Dadurch sind sie auch fähig, sich der neuen Umgebung zu öffnen. Ich bin überzeugt, dass nur der oder diejenige, die diese Voraussetzungen hat, wirklich auch gewillt ist, sich in die schweizerische Gesellschaft zu integrieren. Das aktive Weitertragen wichtiger Elemente der Kultur des Herklunftslandes schafft erst die echten Voraussetzungen für die Integration in die Schweizerische Gesellschaft. Gefragt ist hier Toleranz von beiden Seiten. 1983 und 1994 wurde die erleichterte Einbürgerung für Ausländerinnen und Ausländer der zweiten Generation abgelehnt. 1994 fehlte allerdings nur das Ständemehr, die Mehrheit der Bevölkerung hat zugestimmt. Diese Abstimmung hatte auch Signalwirkung: In den meisten Kantonen aber eben nur auf kantonaler Stufe - wurden Einbürgerungserleichterungen für ausländische Jugendliche der zweiten Generation eingeführt. Der Bundesrat erachtet heute die Zeit für reif, die erleichterte Einbürgerung für junge Ausländerinnen und Ausländer sowie weitere notwendige Revisionspunkte vorzuschlagen. Der Bundesrat wird meinen Antrag zur Revision des Bürgerrechts noch in diesem Monat beraten und dann die Vorlage an das Parlament weiterleiten. IV. Zu den Einbürgerungen: Eines der wichtigsten Themen der bevorstehenden Revision der Bürgerrechtsregelung ist die

5 1. Erleichterte Einbürgerung für junge Ausländerinnen und Ausländer der zweiten Generation Ausländische Jugendliche, bei denen ein Elternteil über ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der Schweiz verfügt, sollen in der ganzen Schweiz unter einheitlichen Bedingungen erleichtert eingebürgert werden können. Die einheitlichen Bedingungen sollem vom Bund festgelegt werden. Die Zuständigkeit für die Einbürgerung soll aber bei den Kantonen bleiben. Jugendliche, die mindestens fünf Jahre ihrer obligatorischen Schulbildung in der Schweiz absolviert haben und seither hier wohnen, sollen zwischen der Vollendung des 15. und des 24. Altersjahres die erleichterte Einbürgerung beantragen können. Bedingung ist ein Wohnsitz in der Einbürgerungsgemeinde von mindestens zwei Jahren. Im Vernehmlassungsverfahren fanden diese Einbürgerungserleichterungen grosse Zustimmung. Ich bin wirklich sehr glücklich darüber! Auch im Rahmen einer vom EJPD durchgeführten Meinungsumfrage haben sich 81% der Befragten für entsprechende Einbürgerungserleichterungen ausgesprochen. 2. Erwerb des Bürgerrechts mit der Geburt für Personen der dritten Generation In der Schweiz geborene Kinder und ausländische Jugendliche, die mindestens einen Elternteil haben, welcher der zweiten Generation angehört, sollen inskünftig das Schweizer Bürgerrecht von Gesetzes wegen mit der Geburt in der Schweiz erhalten. Sie sind noch intensiver mit unserem Land verbunden als ihre in der Schweiz aufgewachsenen Eltern. Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein: Wenigstens ein Elternteil muss mindestens fünf Jahre der obligatorischen Schulbildung in der Schweiz absolviert haben und im Zeitpunkt der Geburt des Kindes seit fünf Jahren über ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht verfügen. Erstaunlich und erfreulich war, dass bei unserer Meinungsumfrage auch 69% der befragten Personen einem Bürgerrechtserwerb für ausländische Jugendliche der dritten Generation bei Geburt in der Schweiz zugestimmt haben.

Das ist für mich erfreulich, weil eine solche Regelung für schweizerische Verhältnisse ein Novum darstellt und einen grossen Schritt darstellt. 6 Die Vernehmlassung hingegen fiel kontrovers aus. Bloss zehn Kantone sprachen sich für die erwähnte Regelung aus, währenddem neun Kantone den Erwerb des Schweizer Bürgerrechts bei Geburt zusätzlich noch von einer Erklärung der Eltern abhängig machen wollten. Damit will man erreichen, dass ein Kind nicht gegen den Willen der Eltern das Ch-Bürgerrecht erhält. Zwei von vier Bundesratsparteien sowie die überwiegende Mehrheit der Organisationen und Verbände sprachen sich jedoch für den Erwerb des Schweizer Bürgerrechts mit der Geburt in der Schweiz für Personen der dritten Ausländergeneration aus. Diese Vorschläger erfordern eine Änderung unserer Bundesverfassung. Das zeigt, dass wir grundlegend über unser Einbürgerungsrecht nachdenken und nicht nur Retouschen anbringen wollen. 3. Beschwerdemöglichkeit gegen Ablehnungen von Einbürgerungen durch die Gemeinde Nach dem geltenden Recht können Gemeinden und Kantone Einbürgerungen jederzeit ohne Angabe von Gründen ablehnen. Problematisch sind hierbei insbesondere die Ablehnungen anlässlich von Urnenabstimmungen in einzelnen Gemeinden. Es ist äusserst fragwürdig, wenn die Einbürgerungskandidaten einfach nach Nationen sortiert werden können und nur diejenigen Ausländerinnen und Ausländer eine Chance auf die Einbürgerung haben, welche beispielsweise nicht aus Balkan-Ländern oder aus Afrika stammen. Solche Ablehnungen und diesbezüglich herrscht weitestgehend Einigkeit - verstossen gegen die in der Bundesverfassung verankerten Verbote der Diskriminierung und der Willkür, und doch gibt es zurzeit keine Rechtsmittelmöglichkeit gegen solche Entscheide. Dieser Zustand ist und das hat der Bundesrat mehrfach betont rechtsstaatlich bedenklich. Deshalb will der Bundesrat das Bürgerrechtsgesetz dahingehend revidieren, dass wenigstens gegen willkürliche Entscheide ein Rechtsmittel wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte vorgesehen wird. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates will aber noch schneller

machen als der Bundesrat. Sie möchte dieses Beschwerderecht separat und beschleunigt im Parlament zur Sprache bringen. 7 Den Kantonen bleibt dabei wie bereits heute freigestellt, ob sie weiter gehen und einen allgemeinen Rechtsschutz im Bereich der Einbürgerung vorsehen wollen. In der Meinungsumfrage sprachen sich nur 42% der befragten Personen dafür aus, dass ein Recht auf Beschwerde gegen willkürliche Einbürgerungsentscheide, welche die Bundesverfassung verletzen, eingeführt werden soll. Die Vernehmlassung hingegen ergab ein völlig anderes Bild: Bloss sieben Kantone und eine Bundesratspartei lehnten die Einführung eines Beschwerderechts ab; die übrigen Vernehmlasser stimmten einem Beschwerderecht ebenfalls grossmehrheitlich zu. Wir werden also noch viel Informationsarbeit aufwenden müssen, damit das Beschwerderecht dann auch in einer Volks-Abstimmung eine Chance hat. V. Schlussbemerkung Bei der Revision der Bürgerrechtsregelung bewegen wir uns in einem sensiblen politischen Umfeld. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die meisten Änderungen, welche die Rechtsstellung von Ausländerinnen und Ausländern betreffen, stark umstritten sind. Dies gilt nicht nur für das Bürgerrecht, sondern auch für das Ausländer- und das Asylrecht. Wir müssen uns selber eingestehen, dass das gesellschaftliche Leben grundsätzlich konfliktträchtig ist. Deshalb wollen wir versuchen, zusammen zu reden und zwar mit Argumenten das Gespräch zu suchen. Und zwar mit Argumenten, und nicht einfach mit diffusen Behauptungen. Die kommende Zeit wird viele Diskussionen auslösen. Die parlamentarische Beratung un dder Abstimmungskampf werden alles andere als einfach werden. Einzelne Punkte wie die Einbürgerungserleichterungen für Ausländerinnen und Ausländer der zweiten und dritten Generation scheinen zwar eine grosse Zustimmung bei der Bevölkerung zu finden, doch kann die Stimmung jeweils rasch umschlagen.

Ich denke da z.b. an die schrecklichen Ereignisse am 11. September, in New York oder am 27. September bei Ihnen in Zug, welche zu einer Verunsicherung in der Bevölkerung geführt haben. 8 Der entsprechende Effekt kann noch zunehmen, wenn sich beispielsweise kurz vor einer solchen Abstimmung medienwirksame Gewalttaten ereignen. Gerade das Umfrageergebnis zeigt, dass hinsichtlich einiger Vorschläge auch noch Missverständnisse ausgeräumt werden müssen. Ich bin trotzdem sehr zuversichtlich: Wenn es uns gelingt, die Revisionsanliegen überzeugend zu vertreten, bestehen gute Chancen, diese Anliegen auch durchzubringen. Die Zeit ist heute reif für eine grundlegende Neuregelung des Bürgerrechts; Der Bundesrat hat seine Vorstellungen klar zum Ausdruck gebracht. Die Diskussion ist somit lanciert, und wird noch in diesem Monat einer einen erneuten Schub erhalten. Die Vorlage hat zum Ziel, faire, der heutigen Zeit angepasste, rasche Einbürgerungsverfahren durchzuführen. Zu unserer Gesellschaft gehören auch die Ausländerinnen und Ausländer in unserem Land, die eine gewisse Zeit in unserem Land gelebt haben. Sie bereichern die kulturelle Landschaft in der Schweiz in vielfältiger Weise und sie haben darüber hinaus in den letzten Jahrzehnten viel zum wirtschaftlichen Aufschwung und zum Wohlstand der Schweiz beigetragen. Meine Damen und Herren, es herrscht heute Konsens darüber, dass es in einer solidarischen Gesellschaft keine Ausgrenzung mehr geben darf, sondern Teilhabe, Teilnahme und Eigenverantwortung. Deshalb gibt es auch in der Schweiz keine Alternative zur Integration und zu einer Einbürgerung, die vernünftige, der heutigen Zeit angepasste Regelungen enthält. Die Vernehmlasser haben die Vorschläge des Bundesrates gut aufgenommen. Das ist ein Zeichen der Öffnung, ein Zeichen, dass mit bedachter Politik das Vetrauen der schweizerischen Bevölkerung gewonnen werden kann.