Das Beitragsrecht beim Straßenausbau



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Transkript:

Das Beitragsrecht beim Straßenausbau von Rechtsanwalt Dr. Sebastian Silberg Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat das Straßenausbaubeitragsgesetz verabschiedet. Die Anlieger müssen sich am finanziellen Aufwand für die Erneuerung von Straßen und Gehwegen, aber auch etwa von Grünanlagen beteiligen. Das Straßenausbaubeitragsrecht ist einerseits eine komplizierte Materie, andererseits ist Berlin damit wenig vertraut. Die nötigen Kenntnisse werden sich auch die mit der Beitragseinziehung betrauten Behörden nicht von heute auf morgen aneignen können. Fehlerhafte Beitragsbescheide sind vorprogrammiert. Diese Broschüre gibt einen groben Überblick über die Grundzüge des allgemeinen Straßenausbaubeitragsrechts, die auch in Berlin Gültigkeit haben. Das Straßenausbaubeitragsrecht ist systematisch gegliedert. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob überhaupt eine beitragsfähige Maßnahme vorliegt. Das ist, grob gesagt, dann der Fall, wenn eine Straße erneuert, erweitert oder verbessert wird. Schon hier gibt es eine Menge schwieriger Fragen, so zum Beispiel wann noch eine nicht beitragsfähige Instandsetzung bzw. Reparatur und wann eine beitragsfähige Verbesserung vorliegt. Dann sind die beitragsfähigen Kosten zu ermitteln. Von sämtlichen Kosten, die der Stadt im Zusammenhang mit der Baumaßnahme entstehen, sind nämlich nicht alle beitragsfähig. So gehören zu den beitragsfähigen Kosten zum Beispiel das Honorar, das die Stadt an einen Ingenieur zahlen muss, den sie mit bestimmten Planungen beauftragt hat, nicht dagegen die Kosten für einen hinzugezogenen Rechtsanwalt. Hat man den beitragsfähigen Aufwand bestimmt, schließt sich die Frage an, welcher Teil davon umlagefähig ist, d. h. auf die Anlieger abgewälzt werden kann. Die Frage ist im Erschließungsbeitragsrecht leicht zu beantworten, dort beträgt der Anteil der Gemeinde oder Stadt immer 10 %. Im Straßenausbaubeitragsrecht hingegen bestimmt sich der umlagefähige Aufwand nach der Straßenkategorie. Bei Anliegerstraßen ist er am größten, bei Durchgangsstraßen am kleinsten. Anschließend stellt sich die Frage, welche Grundstücke in welchem Maße bei der Verteilung des umlagefähigen Gesamtaufwands zu berücksichtigen sind. Dies bestimmt sich danach, wie groß der Vorteil ist, den das jeweilige Grundstück durch 1

die bauliche Maßnahme hat. Des Weiteren ist zu prüfen, wie hoch der Beitrag ist, mit dem das einzelne Grundstück zu belasten ist. Alle vorgenannten Aspekte können sich im Laufe der Zeit verändern. So können zum Beispiel Grundstücke zusammengelegt oder geteilt werden. Oder eine bauliche Maßnahme, die zunächst als Verbesserung anzusehen war, stellt sich später infolge von auftretenden Mängeln eher als Verschlechterung dar. Weil es zu solchen eigentlich beitragsrelevanten Veränderungen kommen kann, muss der Zeitpunkt bestimmt werden, der für die Beantwortung der vorgenannten Fragen der entscheidende ist. Dieser Zeitpunkt ist das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten. Das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten hängt im Wesentlichen davon ab, dass die jeweilige Baumaßnahme beendet ist und eine wirksame Beitragssatzung in Kraft tritt. Daneben können jedoch weitere Voraussetzungen hinzukommen. In einer letzten Phase geht es darum, die Beitragspflicht für den einzelnen durch den Beitragsbescheid zu konkretisieren und durchzusetzen. Für den Betroffenen stellt sich dann die Frage, ob er mit Aussicht auf Erfolg Rechtsmittel einlegen kann. Dies wird häufig der Fall sein. In jeder der oben skizzierten Phasen ist das Fehlerpotential groß. Im Folgenden werden die einzelnen Phasen näher beschrieben. 1. Beitragspflichtiger Straßenausbau Zunächst stellt sich die Frage, welche baulichen Maßnahmen überhaupt beitragsfähig sind. Nicht beitragsfähig ist die laufende Unterhaltung und die Instandsetzung. Es sollen lediglich Ausbaumaßnahmen größeren Umfangs und größerer Intensität, die die Grenze von Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen überschreiten, durch Beiträge teilweise refinanziert werden. Auf die Bezeichnung einer Maßnahme durch die Behörde kommt es nicht an. Sie kann also nicht einfach dadurch, dass sie eine Instandhaltungsmaßnahme als Erneuerung, Erweiterung oder Verbesserung deklariert, Beitragspflichten begründen. Zur Unterhaltung und Instandsetzung gehören alle Maßnahmen, die notwendig sind, um eine Straße in einem gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten, die also der Erhaltung des bestehenden Zustands dienen. Daher liegt auf der Hand, dass vergleichsweise unbedeutende Maßnahmen, wie zum Beispiel das Ausbessern von Schlaglöchern, keine Beitragspflicht auslösen. 2

Eine nicht beitragsfähige Unterhaltungsmaßnahme liegt auch dann vor, wenn im Zuge der Arbeiten Materialien verwendet werden, die qualitativ besser sind als die bisherigen. Denn das wird wegen des Fortschritts der Technik in der Regel der Fall sein. Das führt aber nicht dazu, dass die Maßnahme dann als beitragsfähige Erneuerung zu bewerten wäre. Ob bei Baumaßnahmen an einer Straße eine Unterhaltung oder eine beitragsfähige Verbesserung vorliegt, richtet sich auch danach, welche Straßenschicht betroffen ist. Bei Maßnahmen an der Straßendecke und der Bettung handelt es sich in der Regel nur um Instandsetzungsarbeiten. Dagegen ist eine Erneuerung gegeben, wenn tiefer liegende Schichten einbezogen werden. Wird eine Straße umfassend ausgebaut, kann es sich bei den einzelnen Maßnahmen zum Teil um beitragsfähige und zum Teil um nicht beitragsfähige Maßnahmen handeln. Kommt es zum Prozess, weil der Schuldner meint, es liege keine beitragsfähige Maßnahme vor, muss die Behörde dem entgegentreten, indem sie ausführt, warum es sich um eine beitragsfähige Maßnahme handelt. Dann ist wiederum der Schuldner gehalten, Anhaltspunkte vorzutragen, warum die Auffassung der Behörde unzutreffend ist. Tut er das nicht, muss das Gericht nicht von sich aus weiter ermitteln. Es kann dann ohne weiteres von der Richtigkeit des Vortrags der Behörde ausgehen und annehmen, dass es sich um eine beitragsfähige Maßnahme handelt. Beitragsfähig ist die Erneuerung einer Straße oder sonstigen Anlage. Unter Erneuerung versteht man die Ersetzung einer abgenutzten Anlage durch eine neue Anlage von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleichwertiger Befestigungsart. Entscheidend ist, ob die Anlage abgenutzt ist. Dies bestimmt sich danach, ob die übliche Nutzungsdauer der Anlage abgelaufen ist. Bei Straßen soll dies nach der Rechtsprechung nach ca. 25 Jahren der Fall sein. Ob die Behörde eine (weitere) beitragsfreie Instandhaltung oder eine beitragspflichtige Erneuerung vornimmt, steht in ihrem Ermessen. Das heißt, sie hat im Verhältnis zum Gericht einen Einschätzungsspielraum. Nur wenn die Entscheidung der Behörde unvertretbar ist (zum Beispiel weil sie eine noch kaum abgenutzte Straße erneuern lässt), kann das Gericht die Maßnahme anders bewerten. Unterhält die Behörde die Anlage nicht ordnungsgemäß und ist die wirkliche 3

Nutzungsdauer daher kürzer als diejenige bei ordnungsgemäßer Unterhaltung, geht dies nicht zu Lasten der Anlieger. Baut die Behörde dann diese Anlage aus, ist dies eine nicht beitragsfähige Beseitigung eines aufgestauten Reparaturbedarfs. Wird eine Gesamterneuerung aus anderen Gründen als wegen Abnutzung erforderlich (zum Beispiel weil Versorgungsleitungen verlegt werden müssen), können wegen der Erneuerung keine Beiträge erhoben werden. Insbesondere kann man die Beitragspflichtigkeit in diesem Fall nicht mit dem Argument begründen, den Anliegern bleibe auf diese Weise eine in absehbarer Zeit erforderlich werdende und dann beitragspflichtige Erneuerung erspart. Handelt es sich bei dem durchgeführten Ausbau nicht um eine Erneuerung (sondern nur um eine Unterhaltung oder Instandsetzung), kann die Beitragspflicht dieses Ausbaus nicht mit dem Argument begründet werden, die Voraussetzungen für eine Erneuerung (Verschlissenheit infolge Ablaufs der üblichen Nutzungsdauer) hätten vorgelegen. Verbesserungen sind beitragspflichtig. Verbesserung ist eine Zustandsänderung, die sich positiv auf die Benutzbarkeit auswirkt. Zu vergleichen ist der ursprüngliche Zustand der Anlage mit demjenigen, der infolge der Durchführung der Maßnahme eingetreten ist. Dagegen kommt es nicht auf den Zustand an, der unmittelbar vor Durchführung der Maßnahme bestand, weil in diesem Fall jede Unterhaltungsmaßnahme eine beitragspflichtige Verbesserung wäre. Die Verbesserung muss sich auf die verkehrstechnische Funktion der Straße beziehen. Es kommt darauf an, ob infolge des Ausbaus der Verkehr auf der Anlage zügiger, geordneter, gefahrloser, geräuschloser oder reibungsloser abgewickelt werden kann. Ob eine Verbesserung vorliegt, ist objektiv zu beurteilen. Es kommt somit nicht auf die Beurteilung durch die Benutzer an. Auch nicht erforderlich ist, dass die Benutzer die Verbesserung empfinden, was häufig bei Maßnahmen nicht der Fall ist, die zwar nach den Regeln der Technik eine Verbesserung sind, aber bei normaler Aufmerksamkeit nicht ins Bewusstsein der Nutzer dringen. Hat die Behörde Beiträge für eine Verbesserung erhoben und treten nachträglich Mängel auf, so führt dies nicht dazu, dass die Maßnahme dadurch insgesamt ihren Charakter als Verbesserung verliert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Mängel durch Nachbesserung behoben werden können. Selbstverständlich können die Nachbesserungskosten dann aber nicht auf die Anlieger abgewälzt 4

werden. Macht die Mangelhaftigkeit dagegen eine völlige Neuherstellung erforderlich, stellt sich die Maßnahme bei rückschauender Betrachtung nicht als eine Verbesserung dar, so dass die Beitragspflicht rückwirkend entfällt. Eine Verbesserung kann auch unter dem Gesichtspunkt der Kompensation entfallen. Wird zum Beispiel ein Gehweg befestigt, ist dies isoliert betrachtet sicherlich eine Verbesserung, weil die Befestigung die Benutzung durch die Fußgänger erleichtert. Wird er jedoch im Zuge der Befestigung gleichzeitig verschmälert, so dass einander entgegenkommende Passanten nicht ohne Behinderungen aneinander vorbei kommen, liegt darin eine Verschlechterung, die die durch die Befestigung bewirkte Verbesserung kompensiert. Insgesamt liegt damit keine beitragsfähige Verbesserung vor. Bei Fahrbahnen liegt zum Beispiel eine Verbesserung vor, wenn eine Großpflasterdecke durch eine Asphaltbetondecke ersetzt wird. Die Verbesserung besteht in der Verminderung der Geräuschbelästigung sowie der Gefahren für den Straßenverkehr insbesondere bei Regen, Schnee und Glatteis. Bei Gehwegen stellt es zum Beispiel eine Verbesserung dar, wenn anstelle eines unbefestigten, nur zum Teil mit Betonplatten oder Asphalt befestigten Bürgersteigs eine einheitlich beplattete Anlage geschaffen wird. Denn diese ermöglicht ein besseres und gefahrloseres Begehen. Das Gleiche gilt für den Einbau einer Frostschutzschicht. Wird ein Gehweg in einen kombinierten Geh- und Radweg verwandelt, ist auch dies eine Verbesserung, da durch die Trennung von Radfahr- und Kfz-Verkehr die Verkehrssicherheit auf der Straße steigt. Das Gleiche gilt, wenn aus einem Weg, der bisher dem Fußgänger- und Fahrzeugverkehr diente, die farblich einheitliche Pflasterung durch eine nach Geh- und Fußweg getrennte ersetzt wird. Bei Veränderungen im Bereich der Straßenbeleuchtung wird eine beitragsfähige Verbesserung erzielt, wenn die Veränderung dazu führt, dass die Straße besser ausgeleuchtet wird. Neben der eigentlichen Beleuchtungsstärke ist auch die Gleichmäßigkeit der Ausleuchtung maßgeblich für die Beantwortung der Frage, ob eine Verbesserung vorliegt. Eine beitragsfähige Verbesserung entfällt nicht deshalb, weil die vorherige Beleuchtung für die Verkehrssicherheit ausreichend gewesen ist. Denn eine bessere Beleuchtung wirkt sich positiv auf die Benutzbarkeit der Straße aus. Auch die Anlegung eines Parkstreifens ist regelmäßig eine Verbesserung. 5

Denn dadurch wird der ruhende vom fließenden Verkehr eindeutig getrennt, was die Verkehrssicherheit erhöht. An einer Verbesserung fehlt es auch dann nicht, wenn vorher ausreichend Parkmöglichkeiten vorhanden waren. Hat man festgestellt, dass eine beitragsfähige Maßnahme vorliegt (also eine Erneuerung, Erweiterung oder Verbesserung), ist in einem weiteren Schritt der beitragsfähige Aufwand zu ermitteln. Dieser ist nicht gleichzusetzen mit dem umlagefähigen Aufwand. Letzterer bezeichnet den finanziellen Aufwand der Stadt, den sie auf die Anlieger abwälzen kann. Der umlagefähige Aufwand ist also der beitragsfähige Aufwand abzüglich des Eigenanteils der Stadt. 2. Der Aufwand beim Ausbau Der beitragsfähige Aufwand sind die Kosten, für die die Verwirklichung des Bauprogramms ursächlich geworden ist. Das heißt, dass Kosten, die auch ohne den Bau entstanden wären, nicht zum beitragsfähigen Aufwand gehören. Die Stadt hat ein weites Ermessen zum Beispiel bei der Frage, im welchem Umfang und mit welchem Material sie ausbaut. Zwar unterliegt sie dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Dies ist aber nicht schon dann verletzt, wenn es eine billigere oder besser geeignete Variante gegeben hätte. Erst wenn die gewählte Ausbauart offensichtlich unwirtschaftlich, d. h. beispielsweise exorbitant teuer, oder offensichtlich ungeeignet ist, hat die Stadt ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Das bedeutet in der Praxis für den betroffenen Bürger, dass er nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend machen kann, ein anderes Material sei billiger und genauso gut geeignet, solange die hohe Schwelle der offensichtlichen Ungeeignetheit oder Unwirtschaftlichkeit nicht erreicht ist. Das Ausbauprogramm kann bis zur endgültigen Herstellung des ursprünglich beschlossenen Ausbaus nachträglich geändert, insbesondere erweitert werden mit der Folge, dass die zur Verwirklichung der Erweiterung anfallenden Kosten auch beitragsfähig sind. Für die genaue Ermittlung der beitragsfähigen Kosten kommt es entscheidend auf das Bauprogramm der Stadt an. Von Unternehmen berechnete Kosten, die der Stadt für die Verwirklichung des Programms in Rechnung gestellt werden, sind zweifelsfrei beitragsfähig. Schwierig wird es hingegen bei den sog. Folgekosten. Es stellt sich beispielsweise beim Neubau einer Straße heraus, dass der alte Belag giftige Dämpfe freisetzt 6

und aufgrund umweltrechtlicher Vorschriften in bestimmter kostenaufwändiger Weise entsorgt werden muss. Die Kosten der Entfernung des alten Belags als solche sind dann sicherlich beitragsfähige Aufwendungen, weil die sie verursachende Entfernung zur Neuherstellung erforderlich ist. Die vorgeschriebene Entsorgung hingegen steht in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Neubau. Die neue Straße kann ja schon gebaut werden, sobald der alte Belag rein tatsächlich von der Stelle geschafft ist. Es handelt sich somit um Folgekosten. Ob diese zum beitragsfähigen Aufwand gehören und damit letztlich z. T. auf die Anlieger abgewälzt werden können, ist noch nicht abschließend geklärt. Behält die Stadt infolge des Ausbaus verwertbares Altmaterial zurück (z. B. alte, aber noch funktionstüchtige Straßenleuchten beim Einbau neuer), ist der Wert dieser Gegenstände bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands anzurechnen. Beitragsfähig sind die Kosten für den Abbau, die Zwischenlagerung und Wiederaufstellung von Verkehrsschildern, nicht jedoch die Kosten für die Aufstellung neuer Schilder. Beitragsfähig sind die Kosten für den Erwerb von Grundstücken, die unmittelbar für den Straßenausbau erforderlich sind, weil auf ihnen in Zukunft die Straße verlaufen soll. Voraussetzung ist allerdings, dass die Grunderwerbskosten vor Beendigung des Ausbaus entstanden sind. Als entstanden gelten diese Kosten dabei bereits dann, sobald die Stadt infolge des Grundstückskaufvertrags mit der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises belastet ist. Eindeutig keine beitragsfähigen Kosten liegen in folgendem Fall vor: Die Stadt beauftragt nach Abschluss der Bauarbeiten einen Gutachter, der zu Beweissicherungszwecken den Zustand der Straße dokumentieren soll, um so etwaige spätere Schadensersatzansprüche der Anlieger abwehren zu können. Hier ist ersichtlich weder ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Bau und Gutachterkosten noch ein hinreichend enger sonstiger Zusammenhang gegeben, der es rechtfertigen könnte, die Kosten zum beitragsfähigen Aufwand zu zählen. Müssen dagegen ursprünglich schon vorhandene Straßenleuchten infolge des Ausbaus eines Gehwegs umgesetzt werden, so zählen die Kosten hierfür zum beitragsfähigen Aufwand für den Ausbau des Gehwegs. Verbindet die Stadt die Erneuerung einer Straße mit einer anderen baulichen Maßnahme (z. B. mit der Verlegung eines Kanals), so sind die Kosten für den Straßenbau im Regelfall geringer, als wenn zunächst der 7

ursprüngliche Straßenzustand wieder hergestellt werden würde. Diese Kostenersparnis mindert den beitragsfähigen Aufwand, kommt also z. T. auch den Anliegern zugute. Keine anzurechnende Minderung liegt hingegen vor, wenn die Stadt durch Anlegung einer Fußgängerzone in der Folgezeit Gebühreneinnahmen aus der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen erzielt. Aufträge im Rahmen von Ausbaumaßnahmen sind regelmäßig öffentlich auszuschreiben. Geschieht dies in rechtswidriger Weise nicht und sind die Kosten infolgedessen höher als bei ordnungsgemäßer Ausschreibung, stellt sich die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang sich der Beitragsschuldner darauf berufen kann. Dies ist unter verschiedenen Oberverwaltungsgerichten umstritten. In jedem Fall beitragsfähig sind die Kosten für den Erwerb von Grundstücken, die unmittelbar für den Straßenausbau erforderlich sind. Beitragsfähig sind schließlich auch Fremdfinanzierungskosten, etwa die Zinsen, die die Stadt für ein Darlehen bezahlen muss, das sie zur Finanzierung des Ausbaus aufgenommen hat. 3. Wieviel wird abgerechnet? Nachdem die Höhe des beitragsfähigen Aufwands insgesamt feststeht, ist zu ermitteln, welchen Anteil davon die öffentliche Hand trägt. Dieser Abzug zugunsten der Anlieger rechtfertigt sich daraus, dass eine Straße nie ganz ausschließlich von den Anliegern, sondern in unterschiedlicher Intensität immer auch von der Allgemeinheit genutzt wird, mithin Vorteile auch für die Allgemeinheit mit sich bringt. Der Anteil der Stadt bestimmt sich daher nach dem Ausmaß, in dem die Allgemeinheit im Verhältnis zu den Anliegern einen Vorteil von der Nutzung der ausgebauten Straße hat. Solange dieser Anteil der Allgemeinheit in der Beitragssatzung nicht angemessen festgelegt ist, können für die Anlieger noch keine Beitragspflichten entstehen, da der Umfang des umlagefähigen Aufwands dann nicht sicher feststeht. Erhält die Stadt für den Ausbau Zuschüsse von dritter Seite, muss man unterscheiden: Während Zuschüsse Privater der Stadt wie auch den Anliegern nach dem Verhältnis der jeweiligen Verteilung zugute kommen, kommen Zuschüsse öffentlicher Geber bei einer Zweckbestimmung dahingehend, dass sie zur Deckung des Anteils der Stadt verwendet werden sollen, nur ausnahmsweise den Anliegern zugute. Voraussetzung ist, dass der zugewendete Betrag den öffentlichen Anteil übersteigt und 8

dass der Zuwendende auf die Rückzahlung des Überschusses verzichtet und damit zum Ausdruck gebracht hat, dass die Zuwendung ggf. auch zur Entlastung der Beitragspflichtigen dienen soll. Wie groß der Vorteil der Allgemeinheit im Verhältnis zum Vorteil der Anlieger jeweils ist, hängt sowohl von der Straßenart als auch davon ab, welcher Teil der Straße ausgebaut wurde. So überwiegt bei Durchgangsstraßen der Vorteil der Allgemeinheit, bei Anliegerstraßen der der Anlieger. Der Ausbau einer Fahrbahn nutzt der Allgemeinheit mehr als der Ausbau eines Gehwegs, der eher den Anliegern zugute kommt. Im Interesse der Praktikabilität kann die Stadt typisieren. Im Hinblick auf den ausgebauten Straßenteil muss sie aber zumindest danach differenzieren, ob ein Gehweg oder eine Fahrbahn ausgebaut wurde. Die Straßenart betreffend ist zwischen drei Kategorien zu unterscheiden: Reine Wohnstraßen (Anliegerstraßen), Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr (Haupterschließungsstraßen) und Straßen mit überwiegend überörtlichem Durchgangsverkehr (Hauptverkehrsstraßen). Folgende Leitlinien für den Anliegeranteil haben sich hier in etwa herausgebildet bzw. sind für Berlin beschlossen worden: Wohnstraßen (Gehweg und Fahrbahn) 75 % (Berlin: 65 %) Haupterschließungsstraßen (Gehweg) 60 % (Berlin: 60 %) Haupterschließungsstraßen (Fahrbahn) 40 % (Berlin: 50 %) Hauptverkehrsstraßen (Fahrbahn) 25% (Berlin: 25 %) Hauptverkehrsstraßen (Gehweg) 60 % (Berlin: 50 %) Die Zuordnung einer Straße zu einer der drei oben genannten Kategorien erfolgt nach ihrer Funktion. Für die Funktion kommt es neben der Aufgabe, die die Straße nach der Verkehrsplanung der Stadt wahrnehmen soll, auch auf tatsächliche Verhältnisse wie den Ausbauzustand und die herrschenden Verkehrsverhältnisse an. Nicht alle Verkehrswege lassen sich in diesem Schema unterbringen. Das gilt z. B. für Wege, die Fußgänger und Radfahrer gemeinsam nutzen dürfen. Hier muss die Stadt unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nutzung die Anteile individuell bestimmen. Bei Anlagen, die sowohl der Fahrbahn als auch dem Gehweg zugute kommen (Beleuchtung, Entwässerung), ist ein Mischanteil zu bilden. Bei Anlagen, die sowohl der Fahrbahn als auch dem Gehweg zugute kommen (Beleuchtung, Entwässerung), ist fraglich, wie ein 9

vorteilsadäquater Anteil zu bilden ist. Im Hinblick auf die Beleuchtung wird davon ausgegangen, dass der Anliegeranteil an demjenigen für den Gehweg zu orientieren ist. Der Kraftfahrzeugverkehr sei wegen seiner Ausstattung mit einer eigenen Beleuchtung weitaus weniger auf eine zusätzliche Beleuchtung angewiesen als die Fußgänger auf dem Gehweg. Die Stadt hat wenn möglich - die ausgebaute Straße einer der genannten Kategorien zuzuordnen und danach den Anliegeranteil zu bestimmen. Diese Zuordnung ist gerichtlich voll überprüfbar, hier hat die Stadt also anders als bei der Frage, wie und in welchem Umfang und mithin zu welchen Kosten ausgebaut wird, keinen Einschätzungsspielraum. Im Prozess ist vielmehr anhand der tatsächlichen Verhältnisse mittels Augenschein oder Sachverständigem zu klären, ob die vorgenommene Kategorisierung zutreffend ist. 4. Wer soll was bezahlen? Zieht man den Anteil der Stadt vom gesamten beitragsfähigen Aufwand ab, bleibt der Anliegeranteil übrig. Dieser sog. umlagefähige Aufwand ist auf die Grundstücke zu verteilen, deren Eigentümer durch den Ausbau einen Vorteil erlangen. Für die Frage, wer Eigentümer ist sowie ob und in welchem Maße der Ausbau für ein bestimmtes Grundstück vorteilhaft ist, kommt es auf den Zeitpunkt der Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme an. Nachträgliche Veränderungen sind somit irrelevant. Grundstück in diesem Sinne ist der Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch unter einem eigenen Grundbuchblatt geführt wird (Buchgrundstück). Darauf, ob verschiedene Buchgrundstücke wirtschaftlich möglicherweise einheitlich genutzt werden und daher ein Grundstück im wirtschaftlichen Sinne bilden, kommt es nicht an. Einen Vorteil von der Maßnahme haben die Grundstücke, die sich in räumlicher Nähe zur ausgebauten Anlage befinden. Denn ihnen vermittelt die Anlage einen besseren, leichteren, bequemeren oder sonstwie vorteilhaften Zugang. Daher kommen hier in erster Linie Anliegergrundstücke in Betracht, aber auch sog. Hinterliegergrundstücke, wenn diese Zugang zur Straße mittels einer Zufahrt über das Vorderliegergrundstück haben. Nicht erforderlich bei Wohngrundstücken ist, dass von der ausgebauten Anlage aus mit Kraftfahrzeugen auf das Grundstück herauf- oder auch nur bis zu seiner Höhe daran herangefahren werden kann, vielmehr genügt die fußläufige Erreichbarkeit durch die ausgebaute Anlage. Daher unterliegen 10

auch an eine Fußgängerzone angrenzende Grundstücke der Beitragspflicht. Ob die Anlage dem jeweiligen Grundstück einen Vorteil vermittelt, dies somit in den Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke aufzunehmen ist, ist nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Es kommt somit nicht darauf an, ob der konkrete Eigentümer möglicherweise wegen besonderer Umstände tatsächlich keinen Vorteil hat. Wer zum Beispiel seinen Wagen immer in seiner Garage parkt, hat von der Anlegung von Parkbuchten keinen oder nur einen minimalen Vorteil. Gleichwohl betrachtet die Rechtsprechung die Anlegung von Parkbuchten als für sämtliche Anliegergrundstücke vorteilhaft. Der Garagennutzer ist also deshalb nicht weniger an den Kosten zu beteiligen, als sein Nachbar, der keine Garage hat und seinen Wagen immer auf der Straße geparkt hat. Dies ist die Folge der im Straßenausbaubeitragsrecht geltenden objektivierenden, typisierenden Betrachtung. Das bedeutet natürlich nicht, dass zwischen verschiedenen Grundstücken überhaupt nicht zu differenzieren ist. Lediglich die subjektive Interessenlage des jeweiligen Eigentümers aufgrund besonderer persönlicher Umstände ist irrelevant. Zur Ermittlung, wie hoch denn nun der Beitrag ist, der auf ein bestimmtes Grundstück entfällt, ist es erforderlich, diese Vorteile in ein Verhältnis zu setzen und zu beziffern. Der Vorteil ist desto größer, je mehr die bauliche Anlage von dem betreffenden Grundstück aus voraussichtlich in Anspruch genommen werden wird. Es kommt also darauf an, wie groß der Personenkreis ist, der die bauliche Anlage, ausgehend vom Grundstück, wahrscheinlich nutzen wird. Dies wiederum hängt entscheidend davon ab, wie und in welchem Maße das Grundstück baulich genutzt wird oder genutzt werden kann. Dies bestimmt sich nach der zulässigen Nutzung laut Bebauungsplan. Für den Nutzungsfaktor im unbeplanten Gebiet kann auf die Bebauung abgestellt werden, die auf den im Abrechnungsgebiet oder in der Nachbarschaft gelegenen Grundstücken überwiegend vorhanden ist. Einer zusätzlichen Regelung für Grundstücke, deren Bebauung von der Durchschnittsbebauung abweicht, dahingehend, dass diese nach ihrer tatsächlichen Bebauung anzusetzen sind, bedarf es nicht. Typischerweise werden gewerbliche oder industrielle Grundstücke von einem größeren Personenkreis genutzt als Privatgrundstücke. Für erstere ist daher ein Artzuschlag zu machen. Zu unterscheiden ist zwischen einem 11

gebietsbezogenen und einem grundstücksbezogenen Artzuschlag. Bei Anordnung des ersteren werden alle Grundstücke im Gebiet unabhängig von ihrer tatsächlichen Nutzung von diesem Artzuschlag erfasst. Für beplante Gewerbe- und Industrie- sowie Kerngebiete kommt nur ein gebietsbezogener Artzuschlag in Betracht. In höheren Häusern verkehren potentiell mehr Menschen als in niedrigen. Daher bietet es sich an, die Zahl der Geschosse in die Bewertung einfließen zu lassen. Die Rechtsprechung lässt es zu, dabei von der Größe der Geschosse (Quadratmeteranzahl) im Interesse der Praktikabilität gänzlich abzusehen. Die Stadt ist daher der Mühe enthoben, in jedem Einzelfall die Geschossfläche zu ermitteln. Je mehr Vollgeschosse vorhanden oder zulässig sind, desto höher ist der sog. Nutzungsfaktor, der mit der Fläche des Grundstücks multipliziert wird, so dass sich die Höhe des Beitrags im Wesentlichen nach der Grundstücksfläche, der Anzahl der Vollgeschosse und danach bestimmt, ob ein Grundstück gewerblich oder privat genutzt wird. Vorrangig abzustellen ist auf die zulässige, d. h. rechtlich mögliche Grundstücksnutzung. In zweiter Linie ist auf die tatsächliche Nutzung abzustellen, etwa in unbeplanten Gebieten oder wenn sie über die zulässige hinausgeht. Grenzt an die eine Seite der ausgebauten Straße ein beplantes Gebiet und an die andere Seite ein unbeplantes, und wird je für sich gesehen zulässigerweise in jenem auf das Maß der zulässigen Nutzung und in diesem auf dasjenige der tatsächlichen abgestellt, so liegt in dieser unterschiedlichen Behandlung von an die selbe Straße angrenzenden Grundstücken kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Die Stadt ist nicht gehindert, in der Beitragssatzung beispielsweise allein auf die Grundstücksfläche abzustellen, wenn sich die Grundstücke im Abrechnungsgebiet hinsichtlich der Art und des Maßes der baulichen Nutzung nicht unterscheiden (z. B. Einfamilienhaussiedlung). Sobald es aber im Abrechnungsgebiet unterschiedliche bauliche Nutzungen gibt, müssen die weiteren Differenzierungskriterien herangezogen werden. Bei einem Eckgrundstück kann es dazu kommen, dass dessen Eigentümer mit Beiträgen für den Ausbau beider Straßen zu belasten wäre. Wird eine Straße ausgebaut, ist der Vorteil für sein Grundstück möglicherweise nicht 12

so groß wie für andere daran anliegende Grundstücke, die keine Eckgrundstücke sind. Denn wenn die andere Straße bereits so ausgebaut ist wie die erste werden soll, wird ihm der Vorteil, der den anderen Grundstücken erstmals vermittelt wird, bereits durch die schon ausgebaute andere Straße vermittelt. Daher ist es zulässig, dass die Stadt für diese Fälle eine sog. Eckgrundstückvergünstigung vorsieht, wonach Eigentümer von Eckgrundstücken in geringerem Umfang an den Kosten zu beteiligen sind. Andererseits verstößt es nicht gegen das Gesetz, wenn so eine Regelung unterbleibt. Sind hingegen beide Straßen, die an der Ecke des Grundstücks zusammentreffen, nicht ausgebaut, so ist der Ausbau einer der Straßen für den Eckgrundstückeigentümer ebenso vorteilhaft wie für die anderen Anlieger dieser Straße. Er muss dann auch den gesamten Beitrag zahlen. 5. Beitragsbescheid und Rechtsmittel Für die Stadt stellt sich nunmehr die Frage, ab wann sie von den betroffenen Eigentümern die Zahlung der Beiträge verlangen kann. Denn einmal möchte die Stadt möglichst schnell an ihr Geld kommen, andererseits beginnt von dem Zeitpunkt, in dem der (volle) Beitrag erstmals verlangt werden kann, die Verjährungsfrist zu laufen. Der Betroffene will wissen, ob ein an ihn ergangener Beitragsbescheid rechtmäßig ist. Das ist nur dann der Fall, wenn die vorstehend beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, es sich also um eine beitragsfähige Maßnahme handelt, die beitrags- und die umlagefähigen Kosten zutreffend ermittelt sind und letztere nach einem rechtmäßigen Verteilungsmaßstab umgelegt worden sind. Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der beitragsfähigen Maßnahme. Wann eine bauliche Maßnahme in diesem Sinne endgültig hergestellt ist, lässt sich nur durch einen Vergleich mit dem Plan der Stadt entscheiden. Sobald zum Beispiel die Straße die dort angegebenen Merkmale sämtlich aufweist, ist sie endgültig hergestellt. Einer förmlichen Feststellung der endgültigen Herstellung bedarf es aber nicht. Zu diesem Zeitpunkt indessen müssen auch schon sämtliche vorgenannten Voraussetzungen für die Beitragspflicht erfüllt sein, weil sich sonst die Höhe der einzelnen Beiträge nicht bestimmen lässt. Ist die Straße zum Beispiel gebaut, steht aber die Rechnung des Bauunternehmers noch aus, kann die Stadt noch keine Beiträge verlangen, weil noch nicht einmal 13

die Höhe der beitragsfähigen Kosten feststeht. In diesem Fall wird es auch an einer weiteren Voraussetzung für die Beitragserhebung fehlen, nämlich einer wirksamen Straßenausbaubeitragssatzung. Die Folge ist, dass trotz der endgültigen Herstellung der Straße die Verjährung der Beitragsforderungen noch nicht läuft, eben weil die Höhe der einzelnen Beiträge zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal bestimmbar ist. Eine weitere Folge ist, dass Veränderungen, die sich in dieser Zeit nach vollständiger Herstellung ereignen, zu berücksichtigen sind. So ändert sich zum Beispiel der Kreis der Beitragsschuldner, wenn das Eigentum an einem Grundstück im Beitragsgebiet auf einen anderen übergeht. Solange der Stadt mithin nicht alle Daten zur Berechnung der Beiträge bekannt sind wozu auch die Bestimmung des Anteils der Allgemeinheit durch wirksame Satzung gehört, sind Beitragsforderungen noch nicht entstanden und kann die Verjährung nicht zu laufen beginnen. Wann die Stadt eine Beitragssatzung erlässt, steht in ihrem Belieben. Zulässig ist dies auch noch Jahre nach Beendigung der baulichen Maßnahme. Eine Verjährung oder Verwirkung gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Liegen alle Voraussetzungen für die Berechnung des Beitrags vor, der auf ein bestimmtes Grundstück entfällt, wird die Beitragsforderung durch den Beitragsbescheid geltend gemacht. Schuldner ist der jeweilige Eigentümer des Grundstücks. Das kann auch eine juristische Person, z. B. eine GmbH, sein. Auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann als solche Beitragsschuldnerin sein, nachdem der Bundesgerichtshof ihre Rechtsfähigkeit anerkannt hat. Richtet die Stadt den Bescheid irrtümlich an einen anderen als den Eigentümer, wird die Verjährung der Beitragsforderung gegenüber dem wirklichen Eigentümer nicht unterbrochen. Wenn nach Bekanntgabe des Bescheides der Eigentümer wechselt, bleibt der bisherige verpflichtet. Es tritt nicht der neue Eigentümer automatisch an seine Stelle. Der Bescheid muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Er muss insbesondere erkennen lassen, von wem wieviel für welche Maßnahme und für welches Grundstück gefordert wird. Ein Bescheid, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, es sei denn, er ist nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen. Die Frist verlängert sich bis zum nächstfolgenden Werktag, wenn das Fristende auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt. 14

Erlässt die Stadt einen (endgültigen) Beitragsbescheid, obwohl noch nicht alle Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflicht vorliegen, insbesondere bevor die Straße vollständig hergestellt ist, ist der Bescheid rechtswidrig. Tritt die Fertigstellung dann aber innerhalb des Widerspruchsoder Klageverfahrens ein, wird der rechtswidrige Bescheid geheilt. Widerspruch oder Klage werden dann unbegründet, sofern der Bescheid im Übrigen rechtmäßig ist. Gemäß 17, Abs. 4 haften mehrere Beitragsschuldner als Gesamtschuldner, d. h. jeder haftet im Außenverhältnis zur Stadt auf die volle Summe. Die Stadt kann im Interesse der raschen und effektiven Durchsetzung der Beitragsforderung nach ihrem Ermessen denjenigen der Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, dessen Zahlungskraft und bereitschaft sie am höchsten einschätzt. Mit Beginn einer beitragsfähigen Maßnahme kann die Stadt einen Vorausleistungsbescheid erlassen. In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob sogleich eine Vorausleistung in voller Höhe des voraussichtlichen Beitrags gefordert werden kann. Dies wird von den Gerichten unterschiedlich gesehen. Manche lassen eine Vorausleistung in voller Höhe erst dann zu, wenn die beitragsfähige Maßnahme im Wesentlichen abgeschlossen ist, so dass sie dem Eigentümer bereits zu diesem Zeitpunkt Vorteile im selben Umfang gewährt wie nach endgültiger Fertigstellung. Hat der Widerspruch oder die Klage des Herangezogenen, der bereits gezahlt hat, ganz oder teilweise Erfolg, muss die Stadt den Beitrag zurückerstatten. Der Erfolg des Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels wirkt aber nur zugunsten dessen, der ihn eingelegt hat. Betrifft der Fehler auch andere Grundstückseigentümer, die den Bescheid nicht angefochten haben, können diese nicht verlangen, dass ihre Bescheide auch aufgehoben werden. Auch aus Artikel 3 Grundgesetz (Gleichbehandlungsgrundsatz) folgt kein Anspruch der Betroffenen, ebenso gestellt zu werden wie der erfolgreiche Widerspruchsführer bzw. Kläger. Nur in Ausnahmefällen lässt die Rechtsprechung einen Anspruch auf Aufhebung eines fehlerhaften Bescheides nach Verstreichenlassen der Rechtsmittelfristen zu. Voraussetzung ist, dass die Aufrechterhaltung des Beitragsbescheides schlechterdings unerträglich wäre oder die Berufung auf die Unanfechtbarkeit gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben verstoßen würde. 15

d e r a u t o r Dr. Sebastian Silberg geboren 1973 in Berlin Studium der Rechtswissenschaften Stationen als Rechtsreferendar bei Gericht und Staatsanwaltschaft, Behörden und in der DB-Zentrale in Berlin Assessor in einer wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Kanzlei promovierte an der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam seit Anfang 2004 Rechtsanwalt in der Anwaltskanzlei Dr. Zacharias in Berlin-Adlershof d a s b u c h Straßenausbaubeitragsrecht in Berlin Sebastian Silberg ISBN 3-8325-1206-3 123 Seiten, Erscheinungsjahr: 2006 Preis: 16.50 Eur Inhalt: In Berlin ist das Straßenausbaubeitragsgesetz in Kraft getreten. Damit werden nun auch in Berlin, wie in den meisten anderen Bundesländern, von den Anliegern Beiträge für den Straßenausbau erhoben. Das Buch informiert über die Grundzüge des Beitragsrechts und berücksichtigt speziell die Regelungen des Berliner Gesetzes. Schwerpunktmäßig geht es dabei um folgende Fragen: Wann können Beiträge erhoben werden? Wer ist beitragspflichtig? Wie berechnet sich die Beitragshöhe? Was kann man vor oder nach dem Bescheid dagegen unternehmen? Das Buch richtet sich an betroffene Anlieger und diejenigen, die sich schnell und umfassend über die neue Rechtslage informieren möchten. Buch online beim Verlag bestellen unter: www.strassenausbaubeitragsrecht.org 16