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Energie und Gerechtigkeit 13. Juni 2009 Gerhard Bärtschi9 Klimawandel: die grösste globale Bedrohung Der Klimawandel ist die grösste Bedrohung für die menschliche Entwicklung im 21. Jahrhundert. Als erste und am meisten werden die ärmsten Menschen und die ärmsten Länder darunter leiden obwohl sie am wenigsten zum Problem beigetragen haben. (UN-Bericht über die menschliche Entwicklung 07/08)

Der Weltklimarat (IPCC) redet in seinem vierten Bericht (2997) von einer Klimakatastrophe, wenn der durchschnittliche Temperaturanstieg von 2 Grad Celsius überschritten wird. UNDP Bericht 2007/2008: Klimawandel könnte für die ärmsten Bevölkerungsgruppen apokalyptische Ausmasse annehmen Der ehemalige Chefökonome der Weltbank, Nicolas Stern, unterbreitet einen Bericht: Klimawandel bedroht die Stabilität der Weltwirtschaft. OECD in ihrem Umweltausblick bis 2030: Wir laufen Gefahr, das ökologische Fundament für dauerhaften wirtschaftlichen Wohlstand in den nächsten Jahrzehnten zu schädigen Klimaopfer in Entwicklungsländern leiden am meisten 97% der Menschen, die bei Naturkatastrophen im Jahr 2003 ums Leben kamen, starben in Entwicklungsländern.

Folgen des Klimawandels in den Entwicklungsländern Rückgang der Nahrungsmittelproduktion zunehmenden Dürren, geringe oder sehr starke Niederschläge, Überschwemmungen, Bodenerosionen, Desertifikation und Wassermangel. bis im Jahr 2080 weitere 600 Millionen hungernde Menschen. (zurzeit 1 Milliarde Menschen) Verschärfung der Wasserkrise Von zurzeit 900 Millionen Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser bis 2080 könnte diese Zahl auf 1,8 Milliarden steigen. Grund: längere Dürreperioden, Abschmelzen von Gletschern.

Folgen des Klimawandels in den Entwicklungsländern Gefährdung der menschlichen Gesundheit Mücken, Zecken und Fliegen werden durch steigende Temperaturen neue Lebensräume erobern. Die Zahl der Malaria Erkrankten wird bis 400 Millionen Menschen (heute 1 Millionen) zunehmen. Auch Dengue-Fieber wird sich weiter ausbreiten. Weil das Wasser in Dürregebieten rarer und schlechter wird, leiden mehr Menschen unter Erkrankungen des Verdauungstraktes. Hitzewellen, Überschwemmungen, Stürme, Brände und Dürren töten Tausende von Menschen oder machen sie anfälliger für Krankheiten. Folgen des Klimawandels in den Entwicklungsländern Gefährdete Biodiversität Viele Tier- und Pflanzenarten können sich dem Tempo der Klimaveränderung nicht anpassen und sterben aus. Der Säuregehalt des Wassers nimmt zu und dadurch werden die Ökosysteme der Weltmeere gefährdet. Die Folgen: Fischbestände werden dezimiert. Grosse Moore (z.b. in Russland) werden ausgetrocknet und die biologische Vielfalt geht verloren.

Folgen des Klimawandels in den Entwicklungsländern Anstieg des Meeresspiegels Je schneller die Eisschilde zerfallen und schmelzen, desto schneller erhöht sich der Meeresspiegel. Küstenregionen von Bangladesch, Indien und den Niederlanden erleben verheerende Überschwemmungen. Viele Inseln wie die Maladiven, Tuvalu und die Marshallinseln werden in den kommenden Jahren vollständig von Wasser überflutet. Folgen des Klimawandels in den Entwicklungsländern Massive Flüchtlingsströme Für Bangladesch werden grosse Völkerwanderungen prognostiziert. Der Weltklimarat rechnet mit 150 Millionen Klimaflüchtlingen bis 2050. Wohin sollen diese Menschen gehen? Gemessen an den CO2 Emissionen und dem Verursacherprinzip müsse die Schweiz 220 00 Klimaflüchtlinge aufnehmen (Prof. Etienne Piquet, Neuenburg) Für Klimaflüchtlinge gibt es keinen rechtlichen Status.

Klimaveränderung geschieht jetzt In letzten 25 Jahren haben Dürren im Norden von Kenia um das vierfache zugenommen. In den letzten 4 Regenzeiten (kurz und lang) hat es nicht geregnet.

Anpassung an die Klimaerwärmung Infrastruktur (Trinkwasser, Dämme, Strassen, Landwirtschaft, Bewässerungssysteme oder Drainagen) Vorwarnsysteme, Schutzräume Gesundheitsversorgung (neue Krankheiten) Umsiedlungen, Hilfe zum Neuaufbau einer wirtschaftlichen Existenz. Emissionen der Entwicklungsländer Die Treibhausgas Emissionen aller Entwicklungsländer haben sich seit 1980 verdreifacht. Seit 2005 machen sie die Hälfte der weltweiten Emissionen aus. Tendenz steigend Die Entwicklungsländer umfassen allerdings 85% der Menschheit, die reichen Länder nur 15%. Afrika südlich der Sahara mit ca.15% der Weltbevölkerung hat einen Emissionsanteil von nur 2%.

CO2 Ausstoss pro Kopf Schweiz: 6 t/jahr/pro Kopf mit grauen Emissionen 10,7 t USA: 20,6 t/jahr/pro Kopf China: 4,1 t/jahr/pro Kopf Indien: 1,2 t/jahr/pro Kopf Brasilien: 1,2 t/jahr/pro Kopf CO2 bleibt über 100 Jahre in der Atmosphäre enthalten. Im Jahr 2050 wird es neun Milliarden Menschen auf der Erde geben. Um eine Klimakatastrophe zu vermeiden darf jeder Mensch auf der Erde jährlich noch höchstens 1,5 t Treibhausgase ausstossen. Um dies zu erreichen müssten die Industrieländer bis 2050 90% ihrer Emissionen reduzieren.

Gerechtigkeit im Klimawandel Greenhaus Development Rights (GDRs) Dieser Ansatz wurde von der Organisation Christian Aid und der Heinrich-Böll-Stiftung entwickelt. Der GDR-Ansatz stellt das Recht auf Entwicklung ins Zentrum. Ein Verantwortlichkeits- und Fähigkeitsindex für jedes Land ist Teil des GDR. Dieser Index zeigt eine bestimmte Schwelle. Diejenigen Länder welche über der Schwelle liegen, müssen sich besonders engagieren. Von den Ländern unter der Schwelle wird kein relevanter Beitrag zur Lösung des Klimaproblems erwartet. Sie sollen aber in Armutsbekämpfungsstrategien investieren. Die Industrieländer müssen nicht nur erhebliche Emissionsreduktionen im eigenen Land realisieren, sondern auch den Klimaschutz in Entwicklungs- und Schwellenländern in erheblichem Umfang fördern und finanzieren. Der GDR-Ansatz geht vom Recht auf Entwicklung des einzelnen Menschen aus, und nicht von den Nationen. Forderungen Die Schweiz soll ihre Klimapolitik darauf ausrichten, den weltweiten Temperaturanstieg auf unter 2 Grad Celsius gegenüber 1990 zu senken. Die Schweiz muss ihren CO2-Ausstoss bis 2020 um mindestens 40 und bis 2050 um mindestens 90 Prozent senken. Die Treibhaus-Reduktion soll ausschliesslich im Inland erfolgen. Die Schweiz soll sich dafür einsetzen, dass die CO2 Reduktionsziele eines Landes sich am Pro-Kopf-Ausstoss orientieren. Auf Grund des Verursacherprinzips müssen die Industrieländer die Entwicklungsländer in der Reduktion ihrer Schadenstoffemissionen (Mitigation) und bei der Anpassung (Adaptation) finanziell und technisch unterstützen. Die Finanzierung der Adaptions-Massnahmen in armen Ländern muss zusätzlich zur Entwicklungszusammenarbeit erfolgen und aus den nationalen Energieabgaben (CO2 Abgaben) finanziert werden.