Zukünftige Ausgabensteigerungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht allein den Versicherten aufbürden

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GKV-FQWG. Dr. Katja Wilking, Christian Wehrle und Stephan Rex, BITMARCK Neuss, 03. November 2014

Transkript:

21. Februar 2014 Zukünftige Ausgabensteigerungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht allein den Versicherten aufbürden Stärkung der Versorgungsqualität notwendig Stellungnahme des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz) Verbraucherzentrale Bundesverband e.v. vzbv Bereich Verbraucherpolitik / Team Gesundheit Markgrafenstr. 66 10969 Berlin gesundheit@vzbv.de www.vzbv.de

1. Allgemeine Einschätzung 1.1. Zielsetzung und wesentliche Inhalte Mit dem Gesetzentwurf soll zum einen die Finanzierungsgrundlage der gesetzlichen Krankenversicherung, zum anderen die Qualität der Versorgung gestärkt werden. Die Bundesregierung möchte für eine bessere Ausgewogenheit zwischen Preis- und Qualitätswettbewerb im deutschen Gesundheitswesen sorgen. Folgende wesentliche Maßnahmen werden zu diesem Zweck vorgeschlagen: 1. Der allgemeine Beitragssatz wird von 15,5 auf 14,6 Prozent abgesenkt. Der Anteil, den die Arbeitgeber entrichten müssen, wird bei 7,3 Prozent gesetzlich festgeschrieben. Abgeschafft wird damit die gesetzliche Vorgabe, dass die Versicherten 0,9 Prozentpunkte des Beitragssatzes allein tragen. Daraus resultiert für die Gesetzliche Krankenversicherung eine gewollte Unterdeckung von 10,6 Milliarden Euro. 2. Abgeschafft werden außerdem der einkommensunabhängige Zusatzbeitrag, den Krankenkassen bislang erheben konnten und der damit verbundene steuerfinanzierte Sozialausgleich. Stattdessen können Krankenkassen zukünftig einen prozentualen Zusatzbeitrag von den beitragspflichtigen Einnahmen ihrer Mitglieder erheben, der von Kasse zu Kasse unterschiedlich hoch sein kann. Zusatzbeiträge sollen ein wichtiges Preissignal im Wettbewerb der Krankenkassen bleiben. Gleichzeitig stellt die Bundesregierung mit den individuellen Beiträgen die Beitragsautonomie der einzelnen Krankenkassen wieder her. 3. Eingeführt wird ein vollständiger Einkommensausgleich zwischen den über- und unterdurchschnittlich verdienenden Mitgliedern aller Krankenkassen, damit die Höhe der Einkommen nicht zu unterschiedlich hohen Zusatzbeiträgen bei gleichem Finanzbedarf führt. Die Bundesregierung will hierdurch sicherstellen, dass sich der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen künftig besser an den Bedürfnissen der Versicherten orientiert. Der Anreiz, sich um eine wirtschaftliche und qualitativ hochwertige Versorgung zu bemühen, soll verstärkt werden. 4. Die Bundesregierung will die Zielgenauigkeit der Zuweisungen aus dem Risikostrukturausgleich (RSA) verbessern, die an die einzelnen Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds überwiesen werden und orientiert sich hierbei an den Vorschlägen des Wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des RSA. 5. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird verpflichtet, ein fachlich unabhängiges Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen zu gründen. Das Institut hat die Aufgabe, die Versorgungsqualität wissenschaftlich zu ermitteln und weiterzuentwickeln. Es soll die notwendigen Entscheidungsgrundlagen für die Qualitätssicherung nach 137 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) liefern, in dem die Qualitätsvorgaben für den Bereich der Krankenhäuser geregelt sind. 1.2. Gesamtbewertung Der Verbraucherzentrale Bundesverband hält Teile der vorgeschlagenen Handlungsfelder, insbesondere die Gründung eines Institutes für Qualitäts-sicherung und Transparenz, für wichtig und zielführend. Allerdings ist die Gestaltung des Instituts stärker an den Patientenbedürfnissen auszurichten. Die vorgeschlagenen Maßnahmen 2

im Bereich der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung werden vom Verbraucherzentrale Bundesverband dagegen nur zum Teil unterstützt, da durch die Festschreibung des Anteils der Arbeitgeber am allgemeinen Beitragssatz eine einseitige Belastung der Verbraucher erfolgt, die in Zukunft stetig zunehmen wird. Geteilt wird insbesondere die Bestandsaufnahme, dass der bisherige Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zu wenig am Patientennutzen orientiert war und sich zu stark auf Preiswettbewerb und Vermeidungsstrategien, einen einkommensunabhängigen Zusatzbeitrag zu erheben, fokussiert hat. Gelingen kann eine Verbesserung des Qualitätswettbewerbs allerdings nur dann, wenn Patienten die ihnen von den Krankenkassen angebotenen Versorgungsangebote ihrerseits beurteilen, das heißt vor allem vergleichend zur Grundlage von qualitätsgesicherten Wahlentscheidungen machen können. Müssen die Krankenkassen die Inhalte von Selektivverträgen und die Ergebnisse von Qualitätssicherung in diesem Bereich nicht veröffentlichen, wird es zukünftig nur Wettbewerb um behauptete Qualität geben, die den Patienten wenig nützt. Als Auswahlkriterium bleibt den Versicherten dann weiterhin nur der kassenindividuelle Beitragssatz. Die Umstellung von einkommensunabhängige auf -abhängige Zusatzbeiträge sowie der Einzug im Rahmen des Quellenabzugs sind zu begrüßen, da dadurch Bürokratieaufwand und -kosten vermieden werden und wieder der notwendige Bezug zur Einkommenssituation der Beitragszahler geschaffen wird. Äußerst problematisch ist es, wenn bei künftigen Anhebungen der Arbeitgeberanteil auf 7,3 Prozent festgeschrieben wird, weil es dann faktisch keinen allgemeinen paritätisch finanzierten Beitragssatz mehr gibt. Dem Argument einer wirtschaftsfördernden Abkoppelung von Lohnzusatzkosten und Gesundheitsausgaben steht der gravierende Nachteil entgegen, dass Arbeitgeber kein Interesse an moderat ansteigenden Gesundheitsausgaben mehr haben, wenn ihr Beitrag nicht mit den wachsenden Ausgaben steigt. Abgesehen davon ist das Regelwerk mit Blick auf die soziale Gerechtigkeit fragwürdig, wenn der Arbeitgeberbeitrag festgeschrieben wird und Ausgabensteigerungen allein durch die Versicherten zu tragen sind und sich dadurch die Belastungswirkung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zukünftig stark auseinander dividiert. Die Abschaffung des bislang durch die Mitglieder allein zu tragenden Beitragsanteils von 0,9 Prozent führt hier mittel- und langfristig zu keiner wirksamen Entlastung der Versicherten, da die daraus resultierende Unterdeckung in Höhe von 10,6 Mrd. Euro durch die kassenindividuellen einkommensabhängigen Zusatzbeiträge aufgefangen werden müssen. Zudem ist davon auszugehen, dass zukünftig die Ausgaben innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung stetig weiter ansteigen werden. Diese Kosten wären allein von den Arbeitnehmern zu tragen. In diesem Zusammenhang gilt es auch, Versichertengruppen in den Blick zu nehmen, die bereits aktuell Probleme dabei haben, die notwendigen Mittel zur Begleichung ihrer Krankenkassenbeiträge aufzubringen exemplarisch seien an dieser Stelle Kleinselbständige genannt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßt dagegen den vollständigen Einkommensausgleich zwischen den Krankenkassen und die Anpassung des Risikostrukturausgleichs in den Bereichen Krankengeld und Auslandsversicherte aufgrund des Evaluationsberichts des wissenschaftlichen Beirates des Bundesversicherungsamtes, insofern diese Maßnahmen dazu beitragen können, die Anreize zu Risikoselektion und entsprechende Wettbewerbs-verzerrungen zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. 3

Hinsichtlich des geplanten Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz erstaunt es, dass die Bundesregierung den Gemeinsamen Bundesausschuss in seiner gegenwärtigen Struktur und Arbeitsweise zum Organisator für die Erfassung, Erhebung und Darstellung von Versorgungsqualität machen will, obwohl die Resultate der oft langwierigen und zähen Aushandlungsprozesse der Gemeinsamen Selbstverwaltung gerade in dem für Patientinnen und Patienten so wichtigen Bereich der Qualitätssicherung eher ernüchternd sind: Obwohl im Krankenhausbereich bereits seit vielen Jahren zahlreiche teure und aufwändige Qualitätssicherungsverfahren durchgeführt werden, fehlen noch immer vor allem solche Verfahren, die tatsächlich Behandlungserfolge (Ergebnisqualität) erfassen und für Patienten eine Orientierung zum Beispiel bei der Wahl eines Krankenhauses bieten. Die Vielzahl von Qualitätsindikatoren, die gegenwärtig erhoben wird, erleichtert die Urteilsbildung für die Nutzer nicht. Wenige, aber aussagekräftige Indikatoren, die auf patientenrelevante Sachverhalte fokussieren, wären eine bessere Grundlage für selbstbestimmte Entscheidungen. Der Bereich der ambulanten Versorgung ist hinsichtlich der Qualitätssicherung sehr viel schlechter aufgestellt als der stationäre Sektor. Hier gibt es nur ein einziges datengestütztes QS-Verfahren (Dialyse), alle anderen Indikationen werden nur stichprobenartig kontrolliert. Im Zahnbereich gibt es bis heute keine Qualitätssicherung über den Gemeinsamen Bundesausschuss. Sieben Jahre nach Einführung der sogenannten sektorübergreifenden Qualitätssicherung im deutschen Gesundheitswesen liegen nahezu keine Resultate vor, die für Patientinnen und Patienten ein Mehr an relevanten Qualitätsinformationen bieten. Auch die bis jetzt entwickelten, aber noch nicht beauftragten Verfahren lassen keine brauchbaren Ergebnisse erwarten. Der gezogene Vergleich mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) ist insoweit nicht zutreffend, als in dem wichtigsten Arbeitsfeld des IQWiG, dem Arzneimittelbereich, die Hersteller der fraglichen Produkte nicht Träger und Auftraggeber des Instituts sind. Die pharmazeutischen Hersteller sind lediglich stellungnahmeberechtigt. Diese Regelung scheint auch für die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) notwendig, wenn die Arbeit eines unabhängigen Qualitätsinstituts in Deutschland künftig die ambulante und stationäre Versorgung verbessern soll. Der Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßt, dass die Bundesregierung vorschlägt, den Wettbewerb der Krankenkassen um bessere Versorgungsqualität zu verbessern, mahnt jedoch eine konsistente Ausgestaltung an, damit die anvisierten Ziele erreicht werden können. Die Rolle des G-BA in der Umsetzung ist zu prüfen. Bei der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine hohe einseitige finanzielle Belastung der Beitragszahler abzusehen. Hier sind begrenzende Maßnahmen vorzusehen. 2. Institut für Qualitätssicherung und Transparenz Im Interesse von mehr Transparenz und Qualität ist der Aufbau des neuen Institutes zu begrüßen, da Qualitätsinformationen nicht allein informieren, sondern maßgeblich zur Verbesserung der Qualität und der Patientensicherheit beitragen können. Folgende Punkte sind jedoch bei der Umsetzung zu beachten: 4

Es ist eine wirkungsvolle Patientenvertretung vorzusehen. Dies beinhaltet eine direkte Beteiligung bei der Gründung der Stiftung sowie Sitz und Stimme für die Patientenvertretung in den maßgeblichen Gremien des Instituts, eine explizite Ausrichtung des Instituts am Patientennutzen und das Recht der Auftragserteilung der Patientenvertretung an das Institut. Laut Referentenentwurf Artikel 1 Abs. 1. Neufassung 137a soll der G-BA eine Stiftung gründen, die das neue Qualitätsinstitut trägt. Problematisch an dem Entwurf sind (1.) die Regelung zur Veröffentlichung ( 137a Abs. 3 Nr. 4) und (2.) zur Datenweitergabe (Abs. 7 - wenn dies das bisherige Registrierungsverfahren für die Qualitätsberichte der Krankenhäuser (SQB) ersetzen (nicht ergänzen) sollte. zu 1. Der vzbv plädiert für eine klare Trennung der Aufgaben des Instituts (Indikatorenerstellung, Datenbeschaffung und -aufbereitung) vom Auftrag der Veröffentlichung. Die Formulierung zur Veröffentlichung könnte zum Beispiel in einen Sicherstellungsauftrag umgewandelt werden. Abs. 3 Nr. 4 würde dann sinngemäß lauten: die Veröffentlichung der Ergebnisse der Qualitätssicherungsmaßnahmen in einer für die Allgemeinheit verständlichen Form in geeigneter Weise sicherzustellen. Das böte die Gelegenheit, die Veröffentlichung selbst anderen Akteuren zu überlassen oder diesen ergänzend zu ermöglichen. zu 2. Für die Regelungen in Abs. 7 muss klargestellt werden, dass dieses Verfahren nur die Versorgungsforschung betrifft und die Verfügbarkeit der Daten für die Qualitätsberichte der Krankenhäuser (SQB-Daten) gemäß eingespieltem Registrierungsverfahren nicht tangiert. Andernfalls besteht die Gefahr, dass das Gesetz zu weniger anstatt mehr Transparenz führt. Problematisch ist auch die Nummer 5 in Abs. 3: Das Institut soll auf der Grundlage geeigneter Daten, die in den Qualitätsberichten der Krankenhäuser veröffentlicht werden, einrichtungsbezogen vergleichende Übersichten über die Qualität in maßgeblichen Bereichen der stationären Versorgung erstellen und diese in einer für die Allgemeinheit verständlichen Form im Internet veröffentlichen; Ergebnisse nach Nummer 6 [Routinedaten der Kranken-versicherungen] sollen einbezogen werden. Zu 5. Die Worte in "verständlichen Form im Internet zu veröffentlichen" sollten ersetzt werden durch "nutzbaren Form im Internet zur Verfügung zu stellen". Auf diese Weise würde sichergestellt, dass auch anderen Institutionen die Möglichkeit bleibt, mit verbesserten Daten unabhängig für Transparenz zu sorgen. Da Daten nicht für sich sprechen, haben Portale, die die Verständlichkeit in nutzerfreundlicher Weise herausarbeiten, große Bedeutung für die Qualität der Qualitätsdarstellung. Die Bundesregierung sollte nicht den Fehler machen, die Frage der Schnittstelle zwischen Institut und Portalen ungeklärt zu lassen. Die Zuständigkeiten des Instituts sind darüber hinaus nicht zu eng zu fassen, um auch Leistungen einbeziehen zu können, die sich beispielsweise aus Sonderverträgen einzelner Krankenkassen ergeben oder zu Bereichen zählen, in denen die Kosten nur teilweise oder gar nicht von der GKV bezahlt werden. 5

3. Weitergehende verbraucherpolitische Forderungen Durch die gesetzliche Festschreibung des Arbeitgeberbeitrags sind alle zukünftigen Kostensteigerungen allein von den Versicherten zu tragen. Hier ist es unerlässlich, ausgehend von Ergebnissen des jährlichen Schätzerkreises beim Bundesversicherungsamt, im Gesetz eine Dynamisierung oder zumindest konkrete Belastungsgrenzen vorzusehen, die greifen, sobald eine überproportionale Belastung der Beitragszahler gegenüber den Arbeitgebern erfolgt. Es ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass in Zukunft die Ausgaben der GKV und damit der durchschnittliche Zusatzbeitrag stetig ansteigen wird. Ohne begrenzende Maßnahmen würde die fortlaufende Erhöhung Versicherte auch mit niedrigen Einkommen zunehmend finanziell belasten. Unerlässlich für die Stärkung von Qualitätsaspekten und der Transparenz sind die Sicherstellung der Unabhängigkeit des Instituts und die Möglichkeit der Veröffentlichung und Nutzung aller Ergebnisse auch durch Dritte. Aufgrund der kurzen Frist zur Stellungnahme behalten wir uns vor, sich ggf. ergebende weitere Aspekte zu einem späteren Zeitpunkt aufzugreifen. 6