Handbuch Asyl und Rückkehr

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Transkript:

Handbuch Asyl und Rückkehr Artikel C2 Das Asylverfahren am Flughafen Zusammenfassung Asylgesuche können ebenfalls an den internationalen Flughäfen von Genf und Zürich eingereicht werden. Für die Behandlung dieser Gesuche ist das Staatssekretariat für Migration (SEM) zuständig. Das Asylverfahren an den Flughäfen ist in den Artikeln 21 bis 23 des Asylgesetzes geregelt. Das Verfahren an den Flughäfen entspricht dem nationalen Asylverfahren, wird aufgrund kürzerer Fristen jedoch rascher abgewickelt. Der asylsuchenden Person wird innerhalb von 48 Stunden ab Einreichung des Gesuchs eröffnet, dass ihr die Einreise in die Schweiz verweigert wird und dass sie für höchstens 60 Kalendertage in die Transitzone des Flughafens Genf oder Zürich zugewiesen wird. Zudem muss sie innerhalb von 20 Tagen ab Einreichung des Gesuchs einen Entscheid erhalten. Dieser kann in einem Nichteintretensentscheid (NEE), einem negativen materiellen Entscheid oder einer Einreisebewilligung für die weitere Behandlung des Gesuchs in der Schweiz bestehen. 1

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Rechtliche Grundlagen... 3 Kapitel 2 Das Asylverfahren am Flughafen... 4 2.1 Flughafeninfrastruktur... 4 2.2 Eintrittsprozess am Flughafen... 4 2.3 Zuweisung zur Transitzone des Flughafens... 5 2.4 Befragung zur Person am Flughafen... 5 2.5 Triage der Gesuche am Flughafen und weiteres Vorgehen... 6 2.6 Erlass und Eröffnung des Asylentscheids am Flughafen... 7 2.7 Rechtsmittelfristen im Flughafenverfahren... 8 2.8 Eintritt der Rechtskraft von Asylentscheiden im Flughafenverfahren... 8 2.9 Wegweisungsverfahren am Flughafen... 9 Kapitel 3 Benutzte und weiterführende Literatur... 10 2

Kapitel 1 Rechtliche Grundlagen Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG), SR 142.31 Artikel 21, 22, 23 Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 über Verfahrensfragen (Asylverordnung 1, AsylV 1), SR 142.311 Artikel 7a, 11a, 12 Verordnung des EJPD vom 24. November 2007 über den Betrieb von Unterkünften des Bundes im Asylbereich, SR 142.311.23 Artikel 14, 15, 16 3

Kapitel 2 Das Asylverfahren am Flughafen 2.1 Flughafeninfrastruktur Asylgesuche können ebenfalls an den internationalen Flughäfen von Genf und Zürich eingereicht werden. Die Unterkünfte am Flughafen Genf können 30 Personen aufnehmen, jene am Flughafen Zürich 60 Personen. Reicht eine Person ihr Asylgesuch an einem anderen Schweizer Flughafen ein, so wird sie in das nächste Empfangs- und Verfahrenszentrum verlegt. Asylsuchende werden nach ihrer Ankunft am Flughafen mithilfe eines Merkblatts darauf hingewiesen, dass sie die Möglichkeit haben, eine Rechtsberatung bzw. Rechtsvertretung in Anspruch zu nehmen. Die mit dieser Aufgabe vertrauten Personen haben einen erleichterten Zugang zu den Unterkünften für Asylsuchende an den Flughäfen (Art. 7a AsylV 1). Seelsorgerinnen und Seelsorger haben während der gesamten Dauer des Aufenthalts der Asylsuchenden im Flughafenbereich gleichfalls Zugang zu diesen Unterkünften. Die Herkunftsländer der Asylsuchenden, die ihr Gesuch an den Flughäfen einreichen, verändern sich mit der Zeit je nach der geopolitischen Lage auf der Welt. Organisatorisch wird die Arbeit so strukturiert, dass die gesetzlichen Fristen eingehalten werden. Innerhalb von 20 Tagen nach der Einreichung eines Asylgesuchs an den Flughäfen von Genf oder Zürich muss ein Entscheid erlassen werden, und die Asylsuchenden können während höchstens 60 Tagen am Flughafen untergebracht werden. 2.2 Eintrittsprozess am Flughafen Stellt eine ausländische Person am Flughafen von Zürich oder Genf ein Asylgesuch, so erhebt die zuständige kantonale Behörde (Flughafenpolizei) die sie betreffenden Personendaten mittels eines Personalienblatts und nimmt eine Kontrolle und Durchsuchung der Person vor. Zudem werden von der gesuchstellenden Person zum Zweck der Registrierung und des automatischen Abgleichs mit der AFIS-Datenbank digitale Fingerabdrücke (Daktyloskopie, zwei und zehn Finger) und Fotos erstellt, was den Vergleich mit den zentralen EU- Datenbanken Eurodac und CS-VIS ermöglicht. Nach der Registrierung des Asylgesuchs durch die Flughafenpolizei erhalten die Asylsuchenden ein Merkblatt, welches sie über ihre Rechte und Pflichten während der Dauer ihres Aufenthalts am Flughafen und während des Asylverfahrens informiert (Art. 7a Abs. 1 AsylV 1). Die asylsuchende Person wird anschliessend in einer Unterkunft der internationalen Transitzone des Flughafens untergebracht. Der Betrieb der Unterkünfte wird durch einen Betreuungsdienstleister sichergestellt. Das SEM wird durch die Flughafenpolizei umgehend über das eingereichte Asylgesuch informiert. Übermittelt werden die Personendaten der asylsuchenden Person, Kopien der Flugscheine und Ausweispapiere, Informationen über die Flugreise, sofern diese bekannt sind, sowie die Ergebnisse des digitalen Fingerabdruckvergleichs. Sofern bereits erstellt, werden auch die Ergebnisprotokolle der Laboruntersuchungen bezüglich der Ausweispapiere der 4

asylsuchenden Person übermittelt. Ist die asylsuchende Person minderjährig und unbegleitet, so bestellt die kantonale Behörde für sie unverzüglich eine Vertrauensperson, für die ganze Dauer des Flughafenverfahrens (Art. 17 Abs. 3 Bst. a AsylG). Das SEM prüft daraufhin, ob die asylsuchende Person den schweizerischen Behörden bereits bekannt ist und sorgt für ihre Registrierung. Der Betreuungsdienst der Asylsuchenden an den Flughäfen führt bald nach der Einreichung des Gesuchs die grenzsanitarischen Massnahmen durch. Diese beinhalten einen in mehrere Sprachen übersetzten medizinischen Fragebogen. Am Flughafen Zürich haben Asylsuchende überdies freien Zugang zu einem im Flughafen selbst angesiedelten ärztlichen Dienst. Am Flughafen Genf erhalten Asylsuchende durch die Vermittlung der Flughafenpolizei Zugang zu ärztlicher Versorgung. 2.3 Zuweisung zur Transitzone des Flughafens Wird aufgrund der Erhebungen sowie der Prüfung des SEM nach den Artikeln 22 Absatz 1 und 1 bis AsylG, also namentlich der Zuständigkeitsprüfung zur Durchführung des Asylverfahrens unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Dublin- Assoziierungsabkommen, die Einreise nicht sofort bewilligt, wird der asylsuchenden Person nach Gewährung des rechtlichen Gehörs gemäss dem erhaltenen Personalienblatt die Einreise vorläufig verweigert (Art. 22 Abs. 2 AsylG). Das SEM weist ihr daher für die voraussichtliche Dauer des Verfahrens, längstens für 60 Tage, einen Aufenthaltsort am Flughafen zu. Diese Zuweisungsverfügung wird der asylsuchenden Person innerhalb von 48 Stunden nach der Einreichung ihres Asylgesuches durch die Flughafenpolizei eröffnet (Art. 22 Abs. 4 AsylG). Die gesuchstellende Person wird mittels der Verfügung über die Zuweisung zur Transitzone darauf hingewiesen, dass sie beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) Beschwerde gegen die Verweigerung der Einreise in die Schweiz und die Zuweisung zur internationalen Transitzone des Flughafens einreichen kann, und zwar jederzeit während ihres Aufenthalts in dieser Zone (Art. 108 Abs. 3 und 4 AsylG). 2.4 Befragung zur Person am Flughafen Nach Erlass der Verfügung über die Zuweisung zur Flughafen-Transitzone organisiert das SEM eine Befragung zur Person für Personen, die ein Asylgesuch gestellt haben. Diese Befragung wird in Genf durch das SEM und in Zürich von der Flughafenpolizei durchgeführt. Es geht dabei namentlich darum, Identität und Staatsangehörigkeit der asylsuchenden Person abzuklären, Einblick in ihr Verhältnis zu den in der Schweiz oder einem Drittstaat lebenden Personen zu gewinnen und Reiseweg und Umstände der Ausreise sowie gemäss der Dublin- Verordnung den rechtserheblichen Sachverhalt festzustellen, welcher es erlaubt, den für die Behandlung des Asylgesuchs zuständigen Staat zu ermitteln. Auf dieser Stufe des Verfahrens muss der asylsuchenden Person das rechtliche Gehör gewährt werden, falls Zweifel 5

hinsichtlich der Minderjährigkeit, der Staatsangehörigkeit oder der Zuständigkeit eines Drittstaates aufkommen (Dublin-Verfahren). 1 Die Flughafenpolizei in Zürich bzw. das SEM zieht bei Bedarf eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher in Anspruch, um die Anhörung erfolgreich durchzuführen. Die Anhörung wird protokolliert und das Protokoll von der mit der Anhörung betrauten Person, der asylsuchenden Person und allenfalls der Dolmetscherin oder dem Dolmetscher unterzeichnet. Sobald die Anhörung beendet ist, wird das Protokoll von der Flughafenpolizei Zürich an das SEM übermittelt. In Genf übermittelt das SEM eine Kopie des Anhörungsprotokolls an die Flughafenpolizei. Wenn der ermittelte Sachverhalt für den Erlass einer Verfügung nicht hinreichend ist, ordnet das SEM weitere Abklärungen an, beispielsweise eine Herkunftsanalyse oder ein linguistisches Gutachten. 2.5 Triage der Gesuche am Flughafen und weiteres Vorgehen Nach Durchführung der Befragung zur Person nimmt das SEM ein summarische Überprüfung der Akten vor und überprüft die Sonderfälle: länderspezifische Asylpraxis, Asylgründe in Zusammenhang mit einer geschlechtsspezifischen Verfolgung, medizinische Probleme, Botschaftsgesuch, Dublin-Verfahren, Rückübernahmegesuch, Berücksichtigung der Behandlungsfrist von 20 Kalendertagen nach Einreichung des Asylgesuchs. Nach Prüfung der Akten können sich fünf Fälle ergeben: 1. Sofortige Einleitung eines Dublin-Verfahrens unter Mitwirkung der Dublin-Einheit. 2. Ablehnender materieller Entscheid mit Wegweisung gemäss Artikel 40 AsylG. 3. Nichteintretensentscheid (NEE) mit Wegweisung (Dublin und andere Fälle) gemäss Artikel 31a AsylG. 4. Bewilligung zur Einreise in die Schweiz mit oder ohne Anhörung zu den Asylgründen gemäss Artikel 23 Absatz 2 AsylG. Die asylsuchende Person wird danach vom SEM einem Kanton zugewiesen. 5. Unbegleitete Minderjährige unter 14 Jahren werden in das nächstliegende Empfangsund Verfahrenszentrum (EVZ) transferiert. Die Entscheide, materielle Ablehnung oder NEE ebenso wie Einreisebewilligungen, sind innerhalb einer Frist von 20 Kalendertagen nach der Einreichung des Asylgesuchs am Flughafen zu erlassen (Art. 23 Abs. 2 AsylG). Bevor das SEM einen materiellen Entscheid oder einen Nichteintretensentscheid NEE erlässt, befragt es die asylsuchende Person im Rahmen einer Anhörung zu den Asylgründen (Art. 29 AsylG). Bei Bedarf zieht das SEM eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher bei. Über die Anhörung wird ein Protokoll geführt, welches von der mit der Anhörung betrauten Person, der 1 Siehe C3 Das Dublin-Verfahren. 6

asylsuchenden Person und allenfalls der Dolmetscherin oder dem Dolmetscher unterzeichnet wird. Diese Anhörung wird im gleichen Rahmen durchgeführt wie eine Bundesanhörung im Rahmen des nationalen Verfahrens. Eine Hilfswerkvertreterin oder ein Hilfswerkvertreter ist bei der Anhörung ebenfalls zugegen. 2.6 Erlass und Eröffnung des Asylentscheids am Flughafen Das SEM entscheidet innerhalb von 20 Kalendertagen nach der Einreichung des Asylgesuchs, ob der asylsuchenden Person die Einreisebewilligung in die Schweiz erteilt werden soll oder ob ein negativer materieller Entscheid oder ein Nichteintretensentscheid NEE mit Wegweisung zu erlassen ist. Im Fall eines ablehnenden Entscheids oder eines Nichteintretensentscheids NEE mit Wegweisung überprüft das SEM im Rahmen des Gesuchs die Zulässigkeit, die Zumutbarkeit und die Möglichkeit des Vollzugs der Wegweisung der asylsuchenden Person in den Heimatoder Herkunftsstaat (Art. 44 AsylG und Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EMRK, SR 0.101). Wenn Mitarbeitende einen ablehnenden Entscheid mit Wegweisung innerhalb von 20 Kalendertagen nach der Einreichung des Asylgesuchs erlassen, haben sie zu prüfen, ob die Erklärungen der asylsuchenden Person die Erfordernisse gemäss den Artikeln 3 (Flüchtlingsbegriff) und 7 (Nachweis der Flüchtlingseigenschaft) AsylG erfüllen. Wenn die Mitarbeitenden einen NEE erlassen, so ist dieser auf Artikel 31a AsylG zu stützen. Die Mitarbeitenden können eine Bewilligung zur Einreise in die Schweiz innerhalb von 20 Kalendertagen nach der Einreichung des Asylgesuchs erlassen, wenn: weitere Abklärungen erforderlich sind, für welche die Frist von 20 Kalendertagen nicht ausreicht; der Vollzug der Wegweisung in den Heimat- oder in einen Drittstaat nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich ist; ein Dublin-Verfahren eingeleitet wurde, in dessen Rahmen eine Rückübernahme anvisiert werden kann, wobei die Antwort jedoch nicht innerhalb von 20 Kalendertagen eingetroffen ist. Nichteintretensentscheide NEE oder materielle ablehnende Entscheide können am Flughafen auf drei Arten übermittelt und eröffnet werden: 1. Das SEM bereitet den Entscheid mitsamt Anhängen zwecks Weiterleitung an die Flughafenpolizei vor. Dazu wird eine Kopie der Akten angefertigt und die Anhänge für die Eröffnung des Entscheids samt Empfangsbestätigung werden erstellt. Anschliessend werden der Asylentscheid und die Verfahrensakten per Fax an die Flughafenpolizei geschickt. Diese eröffnet der asylsuchenden Person den Asylentscheid, nötigenfalls in Anwesenheit einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers, und übergibt ihr die Akten und 7

die dazugehörigen Anhänge. Mit Unterzeichnung der Empfangsbestätigung bestätigt die asylsuchende Person den Empfang der Verfügung. Die Flughafenpolizei leitet die unterzeichnete Empfangsbestätigung an das SEM weiter. 2. Bei einer mündlichen Eröffnung des Entscheids bereitet das SEM die Unterlagen entsprechend vor. Die Akteneinsicht und die Anhänge werden hinzugefügt. Die asylsuchende Person wird, wenn nötig in Begleitung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers, zur Übergabe und Eröffnung des Entscheids vorgeladen. 3. Der Entscheid wird durch das SEM mündlich eröffnet, summarisch begründet und der asylsuchenden Person mit der Akteneinsicht und den Anhängen (Art. 13 AsylG) nach Abschluss der Anhörung zu den Asylgründen ausgehändigt. Wenn ein Entscheid nicht innerhalb der Frist von 20 Kalendertagen nach der Einreichung des Gesuchs getroffen werden kann, erteilt das SEM die Bewilligung zur Einreise und weist die betreffende Person einem Kanton zu (Art. 23 Abs. 2 AsylG). Die Verfügung betreffend die Einreisebewilligung wird erstellt und anschliessend an die Flughafenpolizei weitergeleitet. Diese eröffnet der asylsuchenden Person den Entscheid. Bei dieser Gelegenheit händigt die Flughafenpolizei der asylsuchenden Person die erforderlichen Dokumente für die Reise in den ihr zugewiesenen Kanton aus (Passierschein für die Zugfahrt vom Flughafen zum Zuweisungskanton, Fahrscheine). 2.7 Rechtsmittelfristen im Flughafenverfahren Bei einem im Flughafenverfahren getroffenen materiellen ablehnenden Entscheid oder einem NEE beträgt die Frist für Beschwerden vor dem BVGer in jedem Fall fünf Arbeitstage. Danach fällt das BVGer unverzüglich einen Entscheid. Heisst das BVGer die Beschwerde der asylsuchenden Person gegen eine Zuweisungsverfügung nach Artikel 22 Absatz 2 AsylG oder gegen eine Verfügung nach Artikel 23 Absatz 1 AsylG gut, erteilt das SEM die Einreisebewilligung und weist die betroffene Person einem Kanton zu (Art. 23 Abs. 1 AsylG). 2.8 Eintritt der Rechtskraft von Asylentscheiden im Flughafenverfahren Weist das BVGer die Beschwerde einer asylsuchenden Person gegen einen ablehnenden materiellen Entscheid bzw. einen Nichteintretensentscheid NEE des SEM ab oder erhebt die betroffene Person nicht fristgerecht Beschwerde, ergeht die schriftliche Mitteilung über die Rechtskraft der Verfügung im Flughafenverfahren durch das SEM. Die Mitteilung über den in Rechtskraft erwachsenen Asylentscheid geht jedoch nicht an den Zuweisungskanton, sondern an die für die Wegweisung zuständige Flughafenpolizei. 8

2.9 Wegweisungsverfahren am Flughafen Nach Eintritt der Rechtskraft des Asylentscheids und der Wegweisung wird die ausländische Person von den zuständigen kantonalen Behörden direkt ab Flughafen in ihr Heimat- oder Herkunftsstaat oder in einen Drittstaat zurückgeführt oder nach Entscheideröffnung in den jeweiligen Vertragsstaat, der unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Dublin- Assoziierungsabkommen für die Behandlung des Asylgesuchs zuständig ist. Kann die asylsuchende Person einer Fluggesellschaft zugeordnet werden, ist sie dem betreffenden Flugverkehrsunternehmen zu übergeben, das sie an die letzte Herkunftsdestination zurückbefördert, falls der Reiseweg der Person bekannt ist. Ist die Zuordnung an eine Fluggesellschaft nicht möglich, regelt die zuständige Flughafenbehörde mit dem SEM die Modalitäten für die Beschaffung der Reisepapiere und die Ausreise auf dem Luftweg. Eine Vertreterin oder ein Vertreter der Internationalen Organisation für Migration (IOM) begibt sich regelmässig an den Aufenthaltsort der Asylsuchenden, um über die Modalitäten und Bedingungen für die Gewährung einer Rückkehrhilfe zu informieren. Nach Ablauf der Frist von 60 Kalendertagen nach der Einreichung ihres Asylgesuchs werden abgewiesene Personen, die sich noch in der Transitzone des Genfer Flughafens aufhalten, den zuständigen Behörden des Kantons Genf überstellt. Diese Behörden entscheiden über ihre Unterbringung, über die Ausrichtung von Nothilfe oder über eine Administrativhaft und über die Organisation des Vollzugs der Wegweisung. In der Transitzone des Flughafens Zürich werden abgewiesene Asylbewerber im Hinblick auf den Vollzug der Wegweisung direkt in das Ausschaffungsgefängnis am Flughafen Zürich gebracht. 9

Kapitel 3 Benutzte und weiterführende Literatur SFH, 2009: Handbuch zum Asyl- und Wegweisungsverfahren. 10