Bewertung von Qualitätsindikatoren Seminar TU Berlin Peter Heumann Unfallkrankenhaus Berlin - Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie
Beispiel : Hüftgelenksnahe Knochenbrüche (Oberschenkelhalsfraktur, pertrochantäre Fraktur)
Hüftgelenksnahe Frakturen Grundlagen - ca. 115.000 Fälle pro Jahr, Tendenz steigend - 85 % der Patienten > 75 Jahre - i.d.r. multimorbide Patienten (viele Begleiterkrankungen) - Letalität (Sterblichkeit) im Krankenhaus: ~ 5 % (innerhalb des ersten Jahres nach Unfall: ~20-30 %) ASA-Klassifikation 1 Gesunder Patient 2 Patient mit leichter Allgemeinerkrankung 3 Patient mit schwerer Begleiterkrankung 4 Patient mit schwerer Begleiterkrankung und ständiger Lebensbedrohung
Hüftgelenksnahe Frakturen Beispiel 1 : Oberschenkelhalsfraktur
Hüftgelenksnahe Frakturen Beispiel 2 : pertrochantäre Fraktur
Hüftgelenksnahe Frakturen Roman : Samuel Shem House of God, USA 1978 G.O.M.E.R = go out of my emergency room Multiple Vorerkrankungen (ASA III,IV) Massenweise Medikamente Häufig gerinnungshemmende Medikamente aufgrund von Herzerkrankungen Häufig schon vor Unfall pflegedürftig Grenzwertig kompensiert (Nieren-/Leberfunktion)
Hüftgelenksnahe Frakturen Primäre Ziele der Behandlung (beim alten Menschen) - Sofortiges Erreichen der Vollbelastungsfähigkeit durch OP - Bei Endoprothese : immer gegeben - Bei Osteosynthese : meistens gegeben Rückkehr in die häusliche Umgebung bzw. Vermeidung einer Zunahme der Pflegebedürftigkeit - Vermeiden von Folgeerkrankungen einer Immobilisation - Thrombose / Lungenembolie - Druckstellen durch Liegen (Drückgeschwür = Dekubitus) - Dekompensation / Entgleisung von Begleiterkrankungen - Bei Osteosynthese : Erhalt des Hüftkopfes (Durchblutung)
Hüftgelenksnahe Frakturen Weitere Ziele der Behandlung - Vermeidung von Komplikationen - Infektionen führt i.d.r. zu einer oder mehrerer Folgeoperation, im schlimmsten Fall Notwendigkeit des Ausbau der Prothese /Implantate - Nachblutungen kann eine Folgeoperation nach sich ziehen, Notwendigkeit der Gabe von Blutkonserven - Materialfehlage, Versagen der Implantate führt i.d.r. zu einer aufwendigen Folgeoperation, Wechsel der Implantate, Notwendigkeit des Einbaus von Sonderprothesen - Intraoperative Nervenschäden Lähmungen, Gehunfähigkeit - Intraoperative Blutgefäßverletzungen i.d.r Notfalloperation, Durchblutungsstörungen, ggf. Notwendigkeit der Amputation
Hüftgelenksnahe Frakturen Welcher Parameter ist als Qualitätsindikator bei der Behandlung einer hüftgelenksnahen Fraktur (beim alten Menschen) sinnvoll / messbar / vergleichbar?
Hüftgelenksnahe Frakturen Seit 2015 < 24 Stunden!
Problem Die eigentlich wichtige langfristige Ergebnisqualität kann mit dem aktuellen Verfahren nicht bewertet werden. Die Messung endet mit der Entlassung aus dem Krankenhaus. Eine sektorenübergreifende (Krankhaus / Reha / ambulante Behandlung durch Hausarzt)Messung ist zurzeit nicht möglich. (ein) Sekundäres Problem: Vergleichbarkeit von Krankenhäusern mit und ohne Geriatrischer Klinik ( Altersmedizin )
Problemlösung Sonderauswertungen IQTIG : Wiederaufnahme und OP Anonymisierung der Patientendaten : Aktuell kann nur die Wiederaufnahme im gleichen Behandlungsjahr erkannt werden QSR Qualitätssicherung durch Routinedaten der Krankenkassen Abrechnungsdaten wie korrekt sind die??? Sektorenübergreifende Qualitätssicherung Krankenhäuser Rehabilitationskliniken Niedergelassene Ärzte
Problemlösung Register (z.b. Endoprothesenregister Deutschland EPRD) Aktuell : keine Teilnahmepflicht! Kostenpflichtig! Zertifizierung (z.b. Endoprothesenzentrum EndoCert) Kostenpflichtig! Nachuntersuchungen Mindestmengen (z.b. Knieendoprothesen :Mindestens 50 pro Jahr) Wer bestimmt den Grenzwert? Wissenschaftliche Begründung? Patientenbefragung
Probleme bei der Problemlösung Zugriff auf alle Behandlungsdaten notwendig Indentifizierung von Behandlungsfällen eines Patienten in verschiedenen Einrichtungen (stationär, ambulant, Reha) Datenschutz Teilnahme an Register / Zertifizierung nur freiwillig QSR : Bewertung von Nebendiagnosen schwierig Sind abrechnungsrelevante Daten auch behandlungsrelevant?
Probleme bei der Problemlösung Nachuntersuchung Zeitpunkt? (einmal, mehrmals, wie oft?) Wer führt die Nachuntersuchung durch? (Kostenträger? Klinik? Hausarzt?) Wer bezahlt die Nachuntersuchung? (Zeitaufwand Arzt, Transportkosten ) Patientenbefragung (wer lebt noch? Wer antwortet?) Lebt der Patient noch? Wer antwortet? (Patient?, Angehörige?) Wer bezahlt die Patientenbefragung? (Porto?)
Qualitätsindikatoren - Diskussion Hüftgelenksnahe Oberschenkelbrüche Präoperative Verweildauer über 24 h (48 h) nach stationärer Aufnahme Perioperative Antibiotikaprophylaxe Eingeschränkte Gehfähigkeit bei Entlassung Spezielle Komplikationen (Wundinfektion, Nachblutung) Allgemeine Komplikationen (Lungenentzündung, Drückgeschwür) Re-Operation aufgrund von Komplikationen Sterblichkeit (im Krankenhaus)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!