EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE

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Transkript:

NICHTAMTLICHE ÜBERSETZUNG DER BUNDESREGIERUNG NON-OFFICIAL TRANSLATION OF THE GERMAN FEDERAL GOVERNMENT EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE FÜNFTE SEKTION ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE ZULÄSSIGKEIT DER Individualbeschwerde Nr. 44455/07 Jürgen B../. Deutschland Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Fünfte Sektion) hat in seiner Sitzung am 20. September 2011 als Ausschuss mit dem Richter und den Richterinnen Isabelle Berro-Lefèvre, Präsidentin, Mark Villiger und Ann Power sowie Stephen Phillips, Stellvertretender Sektionskanzler, im Hinblick auf die oben genannte Individualbeschwerde, die am 28. September 2007 erhoben wurde, nach Beratung wie folgt entschieden. SACHVERHALT Der 1948 geborene Beschwerdeführer Herr B., ist deutscher Staatsangehöriger und in B. wohnhaft. Vor dem Gerichtshof wurde er von Frau K., Rechtsanwältin in B., vertreten. A. Der Hintergrund der Rechtssache Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen. Von 1982 bis 2002 war der Beschwerdeführer Inhaber eines Patents betreffend eine elektronische Überwachungseinrichtung für die vom Fahrer eines Kraftfahrzeugs,

2 insbesondere Lastkraftwagens oder Busses, abgeleistete Fahrzeit. Am 29. Oktober 2001 nahm er vor dem Landgericht Berlin zwei Unternehmen wegen Patentverletzung in Anspruch. Am 14. November 2001 stellte er auch einen Antrag auf Prozesskostenhilfe. Am 27. November 2001 wies das Landgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten der Verletzungsklage zurück. Am 23. August 2002 hob das Kammergericht Berlin diese Entscheidung auf, bewilligte dem Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe und ordnete zwei Rechtsanwälte bei. Am 16. Dezember 2003 wies das Landgericht nach mündlicher Verhandlung die Verletzungsklage des Beschwerdeführers ab. Das Gericht war der Auffassung, dass sich das Gerät des Beklagten von dem des Beschwerdeführers unterscheide und daher das Patent des Beschwerdeführers nicht verletze. Die Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer im Februar 2004 zugestellt; im März 2004 legte er Berufung ein. Am 24. November 2006 informierte das Berliner Kammergericht den Beschwerdeführer per Hinweisverfügung über die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung nach 522 Abs. 2 ZPO und die Gründe dafür und räumte ihm die Möglichkeit ein, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. Am 25. Januar 2007 stellte der Beschwerdeführer einen Befangenheitsantrag gegen einen der Richter des Kammergerichts, da dieser Mitglied der mit drei Richtern besetzten Kammer des Landgerichts gewesen sei, die seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe am 27. November 2001 zurückgewiesen habe. Am 30. Januar 2007 wies das Kammergericht Berlin die Berufung des Beschwerdeführers nach 522 Abs. 2 ZPO zurück und verwies dabei auf die am 24. November 2006 angeführten Gründe. Am selben Tag wies das Kammergericht auch den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ab, da dieses keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Am 23. Februar 2007 wies das Kammergericht ohne den abgelehnten Richter den Befangenheitsantrag des Beschwerdeführers gegen diesen Richter zurück, da er nicht an der Entscheidung des Landgerichts im Hauptsacheverfahren, sondern lediglich an der Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags mitgewirkt habe. Am selben Tag verwarf das Kammergericht die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers hinsichtlich der Ablehnung seiner Berufung. Am 2. März 2007 erhob der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde; in dieser rügte er insbesondere die Zurückweisung seiner Berufung nach 522 Abs. 2 ZPO durch das Kammergericht sowie die Verweigerung eines fairen Verfahrens durch ein unparteiisches Gericht und den Verfahrensausgang.

3 Am 3. April 2007 verwarf der Bundesgerichtshof die von dem Beschwerdeführer gegen die Verweigerung von Prozesskostenhilfe eingelegte Rechtsbeschwerde als unzulässig. Am 27. März 2007 lehnte es das Bundesverfassungsgericht ohne weitere Begründung ab, seine Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung anzunehmen. B. Das einschlägige innerstaatliche Recht Eine Darstellung des einschlägigen innerstaatlichen Rechts im Hinblick auf den Zurückweisungsbeschluss nach 522 Abs. 2 ZPO findet sich in der Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache R../. Deutschland (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 5398/03, 2. Februar 2006. Nach 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. RÜGEN 1. Der Beschwerdeführer rügte nach Artikel 6 der Konvention, dass einer der Richter am Kammergericht befangen gewesen sei, da er in dem vorausgegangenen Prozesskostenhilfeverfahren des Beschwerdeführers an der Entscheidung des Landgerichts mitgewirkt habe. 2. Weiter rügte er nach Artikel 6 der Konvention, dass das Kammergericht nach 522 Abs. 2 ZPO entschieden habe, und so trotz der angeblichen Komplexität der in Rede stehenden Patentstreitsache keine Verhandlung und keine Beweiserhebung stattgefunden habe; nach Artikel 13 der Konvention, dass ihm kein wirksames Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Kammergerichts zur Verfügung gestanden habe; nach den Artikeln 6 und 14 der Konvention, dass seine Anträge auf Prozesskostenhilfe abgewiesen worden seien; nach Artikel 1 des Protokolls Nr. 1, dass angesichts des Ausgangs des Verfahrens über seine Verletzungsklage sein Schutzrecht verletzt worden sei; und schließlich nach Artikel 17 der Konvention, dass die innerstaatlichen Gerichte angeblich willkürlich entschieden hätten. RECHTLICHE WÜRDIGUNG 1. Der Beschwerdeführer rügte, dass einer der Richter am Kammergericht in dem vorausgegangenen Verfahren über seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe in der ersten Instanz als Richter am Landgericht mitgewirkt habe. Er berief sich auf Artikel 6 Abs. 1 der Konvention, der, soweit maßgeblich, wie folgt lautet:

4 Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen [...] von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren [...] verhandelt wird. Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass Zweifel an der Unparteilichkeit von Richtern an einem Rechtsmittelgericht objektiv gerechtfertigt sein können, wenn die entsprechenden Richter zuvor an der Verhandlung in der Hauptsache teilgenommen und das angegriffene Urteil erlassen haben, und es ihnen demnach nun obliegt, über die Richtigkeit ihrer eigenen Rechtsauslegung und ihre Fähigkeit zur Rechtsanwendung zu entscheiden (siehe Oberschlick./. Österreich (Nr. 1), 23. Mai 1991, Rdnrn. 50-52, Serie A Band 204; De Haan./. die Niederlande, 26. August 1997, Rdnr. 51, Urteils- und Entscheidungssammlung 1997-IV; und San Leonard Band Club./. Malta, Individualbeschwerde Nr. 7562/01, Rdnrn. 61-66, ECHR 2004-IX; siehe auch sinngemäß Kayasu./. Türkei, Individualbeschwerden Nrn. 64119/00 und 76292/01, Rdnr. 121, 13. November 2008). Der Gerichtshof stellt jedoch fest, dass sich die vorliegende Rechtssache in zweierlei Hinsicht von den genannten Fällen unterscheidet. Erstens hat der abgelehnte Richter bei seiner Entscheidung als Richter des Landgerichts die Erfolgsaussichten der von dem Beschwerdeführer beabsichtigten Rechtsverfolgung nur geprüft, um festzustellen, ob diesem nach 114 ZPO (siehe Das einschlägige innerstaatliche Recht ) Prozesskostenhilfe zu gewähren sei. An der nachfolgenden Entscheidung in der Hauptsache vom 16. Dezember 2003, die vor dem Kammergericht angefochten wurde, hat er nicht mitgewirkt. Demnach hatte er als Berufungsrichter die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung zu prüfen und zu bewerten, an der er nicht mitgewirkt hatte. Es oblag ihm nicht, seine eigenen angeblichen Fehler zu bewerten und über sie zu entscheiden. Zweitens ist der Gerichtshof bekanntermaßen der Auffassung, dass die entscheidende Frage darin besteht, ob es in dem Verfahren, an dem ein als befangen abgelehnter Richter beteiligt war, um denselben Sachverhalt ging, selbst wenn es sich technisch gesehen nicht um dasselbe Verfahren gehandelt hat (siehe Indra./. Slowakei, Individualbeschwerde Nr. 46845/99, Rdnr. 53, 1. Februar 2005). Im vorliegenden Fall jedoch konnte der abgelehnte Richter bei der Prüfung des Sachverhalts im Hinblick auf die Frage, ob die Klage angemessene Erfolgsaussichten habe, lediglich eine summarische Vorprüfung vornehmen. In seiner bisherigen Rechtsprechung in Bezug auf vor der Hauptverhandlung ergangene Entscheidungen im Zusammenhang mit Strafverfahren und Schuldfeststellungen hat der Gerichtshof den Unterschied zwischen der summarischen Vorprüfung der verfügbaren Informationen und einem Urteil in der Sache selbst hervorgehoben. Der Gerichtshof hat

5 festgestellt, dass die bloße Tatsache, dass ein Richter vor der Hauptverhandlung eine Entscheidung getroffen hat, für sich genommen noch keine Zweifel an seiner Unparteilichkeit rechtfertigt. Der entscheidende Aspekt dabei war, dass es zwischen einer rein summarischen Prüfung eines Falles einerseits die sich nur darauf bezieht, dass eine Person verdächtigt wird, die Straftat begangen zu haben und der förmlichen Schuldfeststellung andererseits einen Unterschied gibt und diese nicht miteinander gleichgestellt werden können (siehe Hauschildt./. Dänemark, 24. Mai 1989, Rdnr. 50, Serie A Band 154; Sainte-Marie./. Frankreich, 16. Dezember 1992, Rdnrn. 33-34, Serie A Band 253-A; Nortier./. die Niederlande, 24. August 1993, Rdnr. 35, Serie A Band 267; Saraiva de Carvalho./. Portugal, 22. April 1994, Rdnr. 37, Serie A Band 286-B; Bulut./. Österreich, 22. Februar 1996, Rdnrn. 33-34, Urteils- und Entscheidungssammlung 1996-II; siehe auch Padovani./. Italien, 26. Februar 1993, Rdnr. 28, Serie A Band 257-B). Der Gerichtshof stellt fest, dass die gleiche Argumentation auch anwendbar ist, wenn ein Richter vor dem Beginn eines zivilrechtlichen Verfahrens eine Entscheidung trifft, für die er lediglich die verfügbaren Informationen und Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung summarisch vorzuprüfen hat. Genau wie bei der Schuldfeststellung in Strafsachen muss auch in Zivilsachen eine Entscheidung in der Sache selbst von einer summarischen Vorprüfung der Erfolgsaussichten eines Falles unterschieden werden. Es liegen keine Anzeichen dafür vor, dass der als befangen abgelehnte Richter das Feld der rein summarischen Prüfung verlassen hätte, als er als einer der drei Richter an der Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mitgewirkt hat, oder dass der Unterschied zwischen den beiden Fragen, in denen der Richter im vorliegenden Fall zu entscheiden hatte, in anderer Weise verwischt worden wäre. Folglich beeinträchtigte die frühere Mitwirkung an dem Prozesskostenhilfeverfahren des Beschwerdeführers im ersten Rechtszug die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters am Kammergericht nicht. Der Beschwerdeführer hat auch keine sonstigen Argumente vorgetragen, die Zweifel an der Unparteilichkeit dieses Richters aufkommen lassen würden. Vor diesem Hintergrund stellt der Gerichtshof fest, dass die Rüge des Beschwerdeführers offensichtlich unbegründet und nach Artikel 35 Abs. 3 Buchst. a und Abs. 4 der Konvention zurückzuweisen ist. 2. Unter Berufung auf die Artikel 6, 13, 14 und 17 der Konvention sowie Artikel 1 des Protokolls Nr. 1 rügte der Beschwerdeführer ferner, dass das Kammergericht trotz der angeblichen Komplexität der in Rede stehenden Patentstreitsache keine Verhandlung und keine Beweiserhebung durchgeführt habe, dass ihm kein wirksames Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Kammergerichts zur Verfügung gestanden habe, dass seine Anträge auf

6 Prozesskostenhilfe abgewiesen worden seien, dass angesichts des Ausgangs des Verfahrens über seine Verletzungsklage sein Schutzrecht verletzt worden sei und die innerstaatlichen Gerichte angeblich willkürlich entschieden hätten. Unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und soweit die gerügten Angelegenheiten in seine Zuständigkeit fallen, stellt der Gerichtshof fest, dass dieser Teil der Beschwerde keine Anzeichen für eine Verletzung der Konvention erkennen lässt. Er ist folglich im Sinne von Artikel 35 Abs. 3 Buchst. a offensichtlich unbegründet und muss nach Artikel 35 Abs. 4 der Konvention zurückgewiesen werden. Aus diesen Gründen erklärt der Gerichtshof die Beschwerde einstimmig für unzulässig. Stephen Phillips Stellvertretender Kanzler Isabelle Berro-Lefèvre Präsident