VDLUFA. Standpunkt. Landbauliche Verwertung von geeigneten Abfällen als Sekundärrohstoffdünger, Bodenhilfsstoffe und Kultursubstrate

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Transkript:

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten Landbauliche Verwertung von geeigneten Abfällen als Sekundärrohstoffdünger, Bodenhilfsstoffe und Kultursubstrate zuständige Fachgruppen: I Bodenkunde, Pflanzenernährung und Düngung II Bodenuntersuchung III Düngung X Bodenfruchtbarkeit und Agrarökologie Autoren: Dr. H. Schaaf, Kassel Dr. R. Kluge, Augustenberg Darmstadt, im Oktober 1996

Impressum des, 23. Oktober 1996 Herausgeber: Präsident: Redaktionelle Bearbeitung: Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten () Bismarckstraße 41 A, 64293 Darmstadt, Telefon: 06151-26 48 5, Fax: 06151-29 33 70, e-mail: info@vdlufa.de Prof. Dr. G. Breitschuh Dr. R. Kluge, Augustenberg, Dr. H. Schaaf, Kassel, Dr. K. Severin, Hameln, Dr. J. Heyn, Kassel, Dr. P. Rieß, Bonn, Prof. em. Dr. W. Werner, Bonn, Dr. P. Boysen, Kiel, Dr. R. Bischoff, Speyer, Dipl.-Ing. agr. H. Döhler, Darmstadt Gesamtherstellung: im Selbstverlag Die e des sind urheberrechtlich geschützt 2

Landbauliche Verwertung von geeigneten Abfällen als Sekundärrohstoffdünger, Bodenhilfsstoffe und Kultursubstrate Nichtzuletzt durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrW-/AbfG) und die geplante Bioabfallund Kompostverordnung (BioKompV) gefördert, drängen neben den kommunalen Klärschlämmen vermehrt Komposte aus der Getrenntsammlung, Grünguthäcksel u.a. biogene Abfälle sowie mineralische Abfallstoffe in die landwirtschaftliche Verwertung. Für den landwirtschaftlichen Betrieb hat jedoch die Verwertung von Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft zur Aufrechterhaltung des innerbetrieblichen Nährstoffkreislaufes Priorität. Mit einer kombinierten mineralischen und organischen Düngung sowie anderen Maßnahmen (z.b. Stroh- und Gründüngung) kann die Bodenfruchtbarkeit in der Regel problemlos aufrechterhalten werden. Insofern braucht die Landwirtschaft außerlandwirtschaftliche Abfälle grundsätzlich nicht. Stehen jedoch Wirtschaftsdünger und betriebseigene Abfälle nicht bzw. nur unzureichend zur Verfügung, können geeignete, d.h. als Sekundärrohstoffdünger, Bodenhilfsstoffe bzw. Kultursubstrate qualifizierte Abfallstoffe im Landbau verwertet werden. Damit leistet die Landwirtschaft einen gesellschaftlich wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung. Für die Übernahme der für die Gesellschaft nützlichen "Dienstleistung Abfallverwertung" benötigt der Landwirt Sicherheit und fachliche Unterstützung, denn landwirtschaftliche Verwertung und Umweltschutz müssen konform gehen. Zukünftig sind deshalb nur solche außerlandwirtschaftlichen Abfallstoffe landbaulich zu verwerten, die eine Zulassung als Sekundärrohstoffdünger, Bodenhilfsstoff bzw. Kultursubstrat (nachfolgend zusammengefaßt Serodünger genannt) auf der Grundlage des novellierten Düngemittelrechtes erhalten haben. Diese Zulassung erfolgt nur dann, wenn bei Einsatz nach den Regeln guter fachlicher Praxis ein meßbarer Nutzen zu erwarten ist und (Wertstoffaspekt) die stoffliche Unbedenklichkeit der Abfälle für das System Boden/ Pflanze gewährleistet ist. (Schadstoff-/ Ris ikoaspekt) Das vorliegende papier des hat zum Ziel, Grundsätze einer umweltverträglichen Verwertung von Serodüngern zu definieren, die als fachliche Grundlagen für gesetzliche Vorgaben dienen sollen. Es berücksichtigt und verknüpft alle pflanzenbaulichen Anforderungen sowie Belange des Umweltschutzes in ihrer komplexen Verflechtung. Die dazu erforderliche ganzheitliche Bewertung und Beurteilung umfaßt sowohl die zur landbaulichen Verwertung geeigneten Abfälle (Serodünger) als auch die Böden, auf denen sie verwertet werden sollen. Sie erfolgt für alle Serodünger nach einheitlichen Grundsätzen und Richtlinien (Abb. 1). 1. Ökologische Grundsätze (Schadstoff-/Risikoaspekt; Gefahren ) Ungeachtet der positiven ökologischen Auswirkungen der landbaulichen Abfallverwertung (Ressourcenschonung, Einsparung von Deponievolumen u.a.) hat der Schadstoffaspekt in der Bewertung Priorität. 3

Ökologische Bewertung Gefahren - Schadstoffe - Nährstoffe (Überschuß) - Hygiene/ Phytohygiene - Fremdstoffe Pflanzenbauliche Bewertung Nutzen - Nährstoffe - Organische Substanz - Erosionsschutz - Bodenverbesserung Qualitätssicherung der landw. Abfallverwertung Analyse - Abfälle - Böden Kontrolle Nachweisverfahren - Lieferschein - Flächenkataster Abbildung 1: System der ganzheitlichen und einheitlichen Bewertung 1.1 Gewährleistung unbedenklicher Schadstoffeinträge durch die Verwertung der Serodünger Grundlage der ökologischen Bewertung ist die reale Schadstofffracht, die in Verbindung mit einer bedarfsorientierten Anwendung (vgl. Punkt 2.1) durch die Serodünger in den Boden eingebracht wird. Diese Schadstofffrachten sollen sich mittel-/langfristig soweit als möglich an das Gleichgewicht "Eintrag durch reguläre Düngung, Serodünger und Immissionen = Austrag durch Ernteprodukte" annähern. Nur auf diese Weise ist eine regelmäßige Verwertung von Serodüngern über den Boden überhaupt möglich und verantwortbar. Dabei sind folgende Rahmenbedingungen einzuhalten: Maximal tolerierbare jährliche Schadstofffrachten (Höchstfrachten), einheitlich für alle Arten von Serodüngern. Diese Höchstfrachten sollen möglichst weit unterschritten werden (Minimierungsgebot). Maximal tolerierbare Schadstoffgehalte auf Basis der Trockenmasse (Höchstgehalte). Mit ihnen soll verhindert werden, daß Serodünger mit überhöhten Schadstoffgehalten zum Einsatz kommen, indem die Höchstfrachten durch sehr niedrige Gaben gerade noch eingehalten werden. Anwendungsobergrenzen für einzelne Arten von Serodüngern (Höchstgaben). Sie bilden das Regulativ, um einen unbegrenzten Einsatz von Serodüngern zu verhindern, selbst wenn z.b. niedrige Nährstoffgehalte höhere Gaben zulassen würden. Auch Kumulierungen, d.h. die Ausbringung mehrerer Arten von Serodüngern innerhalb einer Vegetationsperiode, gleichzeitig oder nacheinander, sollten unterbleiben (Kumulierungsverbot). Die nachhaltige Verwertung verlangt maßvolle und kontrollierbare Einsatzmengen. Ausgehend von den Schadstofffrachten, die mit derzeit praktizierten Aufwandmengen im Mittel ausgebracht werden, läßt sich eine aktuelle Wertung und Rangfolge relevanter Serodünger nach ökologischen Gesichtspunkten aufstellen (Abb. 2). Trotz ihrer unbestreitbaren positiven Wirkungen sind Komposte aus der Getrenntsammlung und kommunale Klärschlämme auf 4

Grund höherer Frachten an potentiellen Schadstoffen im allgemeinen ökologisch weniger günstig zu beurteilen als Grünkomposte, Grünguthäcksel, Trester, Obst-/Gemüseabfälle und Filtrationskieselgur. Es ist zu erwarten, daß sich diese Rangfolge (von der Einzelfälle erheblich abweichen können) im Zuge des wissenschaftlich-technischen Fortschrittes durch weitere Senkung der Schadstoffbelastung in Zukunft noch zugunsten der Komposte und Klärschlämme verändern wird. Eignung zunehmend Klärschlamm Biokompost Grünguthäcksel Grünkompost Filtrationskieselgur Obst/ Gemüseabfall Trester Abbildung 2: Landbauliche Eignung von Serodüngern - Vorläufige ökologische Rangfolge - 1.2 Gewährleistung der Unbedenklichkeit gegebener Schadstoffgehalte der Böden Ein weiterer Grundsatz der Abfallverwertung im Landbau lautet: Erhaltung des "Status quo" der Schadstoffgehalte im Boden, d.h. grundsätzlich keine Überschreitung der regional- und standorttypischen Referenzwerte von Böden 1). Diesem aus Gründen der Vorsorge notwendigen Prinzip können die aktuellen Bodengrenzwerte für Schwermetalle der Klärschlamm-Verordnung (AbfKlärV), die in der Regel analog auch für die Verwertung anderer Serodünger angewandt werden, nicht mehr in vollem Maße genügen. Sie berücksichtigen die Abhängigkeit der Schwermetallgehalte von Bodenart und - typ sowie den geologischen Ausgangsbedingungen nicht bzw. nicht ausreichend (Abb. 3). Sie lassen für leichte Böden (S, ls) noch Höchstgehalte zu, die sich deutlich oberhalb regional- und standorttypischer Referenzwerte bewegen. Eine sukzessive "Auffüllung" des Schwermetallpools der Böden bis zu diesen Grenzwerten ist nicht verantwortbar. Umgekehrt werden für schwere Böden (L,T), vor allem jedoch für Regionen mit geogen deutlich höheren Hintergrundgehalten (z.b. Hessen: Vogelsberg, Baden-Württemberg: Schwäbische Alb), in der Regel zu niedrige Höchstgehalte gefordert. Sie verhindern die anzustrebende Verwertung von Serodüngern, die in diesen Regionen anfallen, obwohl sie auf solchen Standorten zu keiner Veränderung des "Status quo" der Bodengehalte, bei niedrigen Schwermetallgehalten in den zu verwertenden Serodüngern sogar zu einer theoretisch errechenbaren Verminderung ("Verdünnung") der Bodenkonzentrationen führen würde. 1) 90. Perzentil aktueller Hintergrundgehalte aus geogenem Grundgehalt und diffusen anthropogenen Schwermetalleinträgen 5

200 150 100 50 Nickel Klärschlamm-VO Referenzwerte 0 2,5 2 1,5 1 0,5 0 Cadmium Referenzwerte Klärschlamm-VO S ls sl L T Jura Abbildung 3: Referenzwerte von Böden für Ni und Cd im Vergleich zu Grenzwerten der AbfKlärV (Beispiel Baden-Württemberg) Im Sinne des o.g. Grundsatzes ist es deshalb künftig für eine nachhaltige Verwertung im Landbau aus Vorsorge um die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit unverzichtbar, Serodünger grundsätzlich nur dann einzusetzen, wenn gewährleistet ist, daß mittelfristig keine Schadstoffanreicherung über die regional- und standorttypischen Referenzwerte hinaus erfolgt. Überschreitungen der Referenzwerte sind in begründeten Einzelfällen tolerierbar, wenn weitere Faktoren (z.b. hohe ph-werte, Reserven an freiem Kalk, hohe Sorptionskapazität des Bodens) gewährleisten, daß das Risiko einer raschen Mobilisierung der zugeführten Schwermetalle gering ist und damit kalkulierbar bleibt. Für Regionen mit geogenen Hintergrundgehalten, die oberhalb der gesetzlich festgelegten Bodengrenzwerte liegen, sollten - sofern erhöhte Mobilisierungen der zugeführten Schwermetalle nicht zu erwarten sind - fachlich begründete Ausnahmeregelungen zugelassen werden, die eine Überschreitung dieser Höchstgehalte erlauben. Diese Verfahrensweise begünstigt die Verwertung von Serodüngern in der Region, in der sie anfallen, und wirkt dem Ferntransport von Abfällen ("Abfall-Tourismus") entgegen. 2. Pflanzenbauliche Grundsätze (Wertstoffaspekt; Nutzen ) Der pflanzenbauliche Nutzen der landbaulichen Verwertung von Serodüngern ist unter den Aspekten Düngewirkung und/oder Bodenverbesserung zu sehen. Zwischen beiden bestehen in der Regel fließende Übergänge. 2.1 Regelmäßige Anwendung mit der Priorität Düngewirkung Bei regelmäßigem Einsatz von Serodüngern mit düngewirksamen Nährstoffanteilen (im Rahmen der Fruchtfolgerotation alle 3-4 Jahre) gelten folgende Grundsätze: 6

Der Nährstoff- bzw. Düngebedarf der Kultur und die rotationsbezogene Nährstoffbilanz bestimmen die Höhe der Serodüngergabe. Die Verwertung von Serodüngern kann gemäß Düngeverordnung nur auf Böden mit nachgewiesenem Nährstoffbedarf (= Versorgungsstufen A - D) erfolgen. In der rotationsbezogenen Nährstoffbilanz sind grundsätzlich die Gesamtfrachten der einzelnen Nährstoffe anzurechnen, um unerwünschte Akkumulationen im Boden zu vermeiden (spezielle Regelung zur N-Anrechnung siehe unten). Unter dieser Voraussetzung guter fachlicher Praxis wird die Höhe der Serodüngergabe in der Regel durch die Nährstofffracht und nicht durch die Schadstofffracht begrenzt. Bei Stickstoff darf die Gesamtzufuhr durch Serodünger, deren im Anwendungsjahr "pflanzenverfügbarer" Anteil am N-Gesamtgehalt unter ca. 30 % liegt, im Mittel der Fruchtfolgerotation 50-70 % des N-Düngebedarfes nicht überschreiten. Mit dieser Begrenzung wird gewährleistet, daß die Zufuhr an langsam mineralisierbarem, organisch gebundenen Stickstoff mittelfristig zu einer nur allmählichen Anhebung des N-Gesamtgehaltes im Humuspool des Bodens führt. Bei der Berechnung des N-Düngebedarfes der anzubauenden Kultur im Anwendungsjahr ist jedoch nur der pflanzenverfügbare N-Anteil anzurechnen. Die Differenz zum N-Bedarf der Kultur ist durch eine mineralische N-Ergänzungsdüngung zu kompensieren. Damit wird gesichert, daß die angebaute Kultur optimal mit Stickstoff versorgt wird und keine Ertragsausfälle als Folge der Serodüngeranwendung auftreten. Der anzurechnende N-Anteil im Anwendung s- jahr wird aus der Summe von löslichen N-Anteilen (Nitrat-N, Ammonium-N) und einem kurzfristig mineralisierbaren Anteil des N-Gesamtgehaltes gebildet. Tabelle 1 gibt dazu, ausgehend vom aktuellen Kenntnisstand, vorläufige Kennzahlen an. Tabelle 1: Anzurechnende Anteile der N-Gesamtzufuhr im Anwendungsjahr (Auswahl relevanter Serodünger) Bioabfall Anzurechnender N-Anteil % N-Gesamtzufuhr Grünguthäcksel 0 - (10) Obsttrester 5-10 Grüngutkompost 5-10 Bioabfallkompost 10-15 Klärschlamm stark entwässert 5-15 mäßig entwässert 20-30 nicht entwässert 30-60 Schlempe 40-60 Filtrationskieselgur (Bierherstellung) 80-100 Fruchtwasser 95-100 Allmähliche Anhebungen der pflanzenverfügbaren Nährstoffgehalte sowie des Humusgehaltes in Böden lassen sich durch regelmäßige Bodenuntersuchungen (vgl. Punkt 3.), wie sie auch die Düngeverordnung vorsieht, erfassen. Damit bestehen genügend Regelmechanismen, um sowohl unerwünschte Anreicherungen von Biomasse im Boden als auch erhöhte Mobilisierungen 7

von Nährstoffen, insbesondere Nitrat, zuverlässig zu bestimmen und bei der Düngungsplanung rechtzeitig zu berücksichtigen. 2.2 Einmalige Anwendung mit der Priorität Bodenverbesserung bzw. Erosionsvermeidung Für die Sanierung/ Rekultivierung von Böden (Garten- und Landschaftsbau, Tagebaukippen, Deponien, Straßenböschungen u.ä.) bzw. zur Erosionsminderung sind einmalig höhere Aufwandmengen an Bodenhilfsstoffen und Kultursubstraten als bei einer düngungsorientierten regelmäßigen Verwertung zulässig, sofern es vom Boden her erforderlich ist. Für diese Zwekke ist eine begrenzte Kumulierung jährlich tolerierbarer Frachten an Nähr- und Schadstoffen, die einmalig höhere Aufwandmengen erlaubt, unter folgenden Voraussetzungen möglich: geringe Nährstoffversorgung des Bodens (Versorgungsstufen A und B) möglichst geringe Frachten an Nähr- und Schadstoffen geringes Mobilisierungsrisiko von N und Schwermetallen im Boden durch. ein weites C/N-Verhältnis des Bodenhilfsstoffes bzw. Kultursubstrates (langsame Mineralisierung). eine neutrale Bodenreaktion und/oder freien Kalkanteil (erhöhte Schwermetallbindung) keine Auswaschung von Nähr- und Schadstoffen aus der Wurzelzone. 3. Qualitätssicherung der landbaulichen Verwertung von Serodüngern Die Einhaltung der o.g. Grundsätze erfordert eine effiziente Qualitätssicherung. Sie bildet eine der Voraussetzungen für eine optimale Transparenz und damit auch bessere Akzeptanz der Verwertung von Serodüngern. Grundsätzlich gehören dazu: Analyse und Bewertung der Wert- und Schadstoffgehalte der Serodünger (Produktkontrolle) Input Nähr-/ Schadstoffe Analyse und Bewertung der Nähr- und Schadstoffgehalte von Böden (Bodenuntersuchung). vor dem Ersteinsatz von Serodüngern Ausgangszustand. in regelmäßigen Abständen Istzustand N min -Analyse oder alternative Verfahren jährlich pflanzenverfügbare Nährstoffgehalte, ph min. alle 3 Jahre Schwermetalle, Humus, N-Gesamtgehalt min. alle 12 Jahre Nachweisverfahren über den Verbleib der Serodünger (z.b. Lieferschein, Nachweiskataster). Untersuchungshäufigkeit und Nachweisführung können in dem Maße reduziert werden, wie die Qualität der Serodünger bzw. die Eignung der Böden für ihre Verwertung besser wird, d.h. in beiden Fällen die Höchstgehalte für Schadstoffe zunehmend unterschritten werden. Folgende Vereinfachungen sind im Rahmen einer abgestuften Qualitätssicherung vorzusehen: Die Produktanalyse der Serodünger kann verringert werden, wenn wesentliche Inhaltsstoffe geringe zeitliche Schwankungen aufweisen 8

eine regelmäßige Qualitätsüberwachung/Gütesicherung erfolgt (z.b. RAL-Gütezeichen) Datenkataloge ausreichende Unterlagen zur Bewertung liefern kann entfallen bzw. muß nur sporadisch erfolgen, wenn sich die Schadstoffgehalte nachweislich auf einem sehr niedrigen und damit unbedenklichen Niveau bewegen. Die Bodenanalyse auf Schwermetalle vor dem Ersteinsatz. bzw. in regelmäßigen Abständen kann entfallen, wenn der Schwermetallstatus bekannt ist, unterhalb der Referenzwerte liegt und sich zwischenzeitlich nicht verändert hat Serodünger mit sehr niedrigen und damit unbedenklichen Schadstoffgehalten eingesetzt werden. Die regelmäßige Bodenanalyse auf pflanzenverfügbare Nährstoffe und ph sowie in größeren Abständen auf Humus und N-Gesamtgehalt kann nicht entfallen. Die Untersuchungen auf ph, P und K sind durch die Düngeverordnung zur Quantifizierung des Düngebedarfes zwingend vorgeschrieben. Nachweisverfahren können vereinfacht werden bzw. ganz entfallen, wenn Serodünger mit vernachlässigbar geringer Schwermetallzufuhr und geringer Zufuhr an Nährstoffen und organischer Substanz eingesetzt werden. Ausgehend von diesen Grundsätzen wird für die praktische Umsetzung ein dreistufiges Qualitätssicherungsverfahren empfohlen (Tabelle 2): Tabelle 2: Dreistufiges Qualitätssicherungsverfahren in Abhängigkeit von der Schadstoffbelastung Bodenuntersuchung auf Schwermetalle Kriterium Schadstoffbelastung Produktkontrolle Nachweisführung Prozent Grenzfrachten/ gehalte vor Ersteinsatz 1. Vollständiges Verfahren in regelm. Abständen 70-100 ja 1) ja 2) ja 2) vollständig 2. Reduziertes Verfahren 30-70 ja 1) ja 2) entfällt vereinfacht 3. Stark reduziertes Verfahren < 30 Stichproben 3) entfällt entfällt entfällt Alternativen zu regulären analytischen Untersuchungen: 1) 2) 3) Verwendung von Analysendaten aus Gütesicherungen (z.b. RAL-Gütezeichen) Nutzung vorhandener Schwermetall-Bodendaten Nutzung vorhandener Analysendaten aus Datenbanken 9