Hausarbeit. Urheberrechtsverletzungen im Internet. am Beispiel von Verstößen über Filesharing-Portale



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Transkript:

Fachhochschule Brandenburg Onlinestudiengang Medieninformatik Modul: IT Recht Professorin Michaela Schröter Sommersemester 2012 Hausarbeit Urheberrechtsverletzungen im Internet am Beispiel von Verstößen über Filesharing-Portale 20. Mai 2012 Oliver Seibert Matrikelnummer: 20082923 Onlinestudiengang Medieninformatik Ringseisstr. 8 80337 München seibert@fh-brandenburg.de

Kurzbeschreibung Das Thema der Urheberrechtsverletzungen im Internet ist ein sehr vielschichtiger und von Anwälten und Gerichten sehr unterschiedlich beurteilter Verstoß. Welche Maßnahmen Geschädigte in diesem Zusammenhang verfolgen um ihre Rechte nach 16, 19a und 85 UrhG einzuklagen und wie dies von Gerichten ausgelegt wird, möchte ich in dieser Arbeit vorstellen. Diese Arbeit konzentriert sich dabei auf Verletzungen die in Filesharing-Portalen ausgeübt werden. Es zeigt die Möglichkeit der Abmahnung nach 97a UrhG, der Ermittlung von Rechtsverletzern nach 106 und 101 UrhG, die gerichtliche Aussagekraft von Ermittlungen, die Auslegung des Paragraphen 101 UrhG, die Problematik der Internetanschlussinhaber die die Rechtsverletzung nicht selbst begangen haben, in wieweit der private Gebrauch nach 53 UrhG in diesen Fällen aussagekräftig ist und wie Schadenshöhen bemessen werden können. Diese Arbeit kann nur ein Ausschnitt der aktuellen Lage geben und beschränkt sich daher auf einige wichtige Entscheidungen. 2

Inhaltsverzeichnis Kurzbeschreibung 2 Inhaltsverzeichnis 3 Abkürzungsverzeichnis 4 1. Einleitung 5 2. Filesharing und die im Urhebergesetz betroffenen Regelungen 5 3. Die Abmahnung als Schutzmechanismus vor Urheberrechtsverletzungen 7 3.1 Ermittlung der IP-Adresse und der Daten von Anschlussinhabern 8 3.2. Gerichtliche Aussagekraft der ermittelten IP-Adressen 9 4. Der Anspruch auf Auskunft nach 101 UrhG 10 4.1 Das gewerbliche Ausmaß bei Urheberrechtsverletzungen im Internet 12 4.2 Die zeitliche Komponente bei der Beurteilung des gewerblichen Ausmaß 14 4.3 Der Begriff private Nutzung im Zusammenhang mit 101 UrhG 15 5. Haftung bei Urheberrechtsverletzungen im Internet 16 5.1 Haftung ohne selbst Täter zu sein 17 5.2 Verletzung von Aufsichtspflichten bei Internetanschlüssen 19 5.3 Störerhaftung in Zusammenhang mit Verstößen in Filesharing-Portalen 21 6. Höhe von Schadensersatzansprüchen 22 6.1 Berechnung des Gegenstandswertes 22 6.2 Bemessung nach Lizenzanalogie 23 7. Fazit und Ausblick 27 Literaturverzeichnis 29 3

Abkürzungsverzeichnis BGB BITKOM DPMA GEMA LG OLG UrhG ZVP Bürgerliches Gesetzbuch Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.v. Deutsche Patent- und Markenamt Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte Landgericht Oberlandesgericht Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Zivilprozessordnung 4

1. Einleitung Das Thema der Urheberrechtsverletzungen im Internet ist ein aktuelles und viel diskutiertes Problem unserer Zeit. Da es sich bei Urheberrechtsverletzungen im Internet um einen äußerst vielschichtigen Bereich handelt, möchte ich mich in dieser Arbeit auf die Problematik der Rechtsverletzungen in Filesharing Portalen beschränken und anhand von Beispielen die Art der Rechtsverletzungen, die rechtlichen Schutzmaßnahmen von Geschädigten und die Folgen für Rechtsverletzter und Internetanschlussinhaber mit Hilfe von Gerichtsurteilen darstellen. Die vorliegende Arbeit kann nur einen kleinen Ausschnitt der derzeit gegebenen Rechtslage darstellen. Die tagesaktuellen Verfahren und Urteile zeigen auch, dass derzeit im Bereich der Urheberrechtsverletzungen im Internet eine einheitliche Rechtsprechung nicht gegeben ist. Anhand von Einzelbeispielen bei der Ausstellung von Abmahnungen und Unterlassungsverpflichtungen, der Berechnung von Schadensersatzansprüchen, der Haftung von Internetanschlussinhaber und der Problematik des Begriffes des gewerblichen Ausmaß werden diese unterschiedlichen Positionen vorgestellt. Der Aufbau der Arbeit entspricht in etwa den zeitlichen Geschehnissen nach der Entdeckung von Urheberrechtsverletzungen im Internet. 1. Die Geschädigten versuchen über Abmahnung und Unterlassungserklärungen Urheberrechtsverletzungen einzudämmen, woran sich 2. meist Verfahren anschließenden, bei denen es um die Feststellung der Rechtmäßigkeit der begangenen Urheberrechtsverletzungen geht und 3. wie es um die Haftung und die Folgen für Rechtsverletzer oder Internetanschlussinhaber steht. 2. Filesharing und die im Urhebergesetz betroffenen Regelungen Beim Filesharing werden im Allgemeinen Datenpakete zwischen Benutzern im Internet weitergegeben. Meist erfolgt die Datenweitergabe unter Nutzung eines peer-to-peer Netzwerkes, bei dem sich Nutzer einwählen und diesem Netzwerk Zugangsrechte an bestimmten Ordnern ihres Computers einräumen. Andere Nutzer können so Dateien von diesem Computer downloaden. Das Zugänglichmachen wird als Upload bezeichnet. Dieser technische Vorgang des Filesharing ist jedoch noch keine Urheberrechtsverletzung. Zur 5

Urheberrechtsverletzung kommt es erst, wenn die Inhalte der getauschten Dateien urheberrechtlich geschützte Inhalte enthalten. Für die vorgestellten Fälle dieser Arbeit relevant sind besonders Musikstücke, Filme und Computerprogramme. Durch das Up- und Downloaden in den Filesharing Portale werden diese Dateien veröffentlicht, öffentlich zugänglich gemacht, vervielfältigt oder verbreitet. Und genau diese Rechte stehen alleine dem Urheber zu. Geregelt werden diese sogenannten Verwertungsrechte im Unterabschnitt 3 des Urheberrechtsgesetzes. In 15 des UrhG Absatz 1 und 2 sind diese Rechte aufgezählt: Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfasst insbesondere 1. das Vervielfältigungsrecht ( 16), 2. das Verbreitungsrecht ( 17), 3. das Ausstellungsrecht ( 18). (2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere 1. das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht ( 19), 2. das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ( 19a), 3. das Senderecht ( 20), 4. das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger ( 21), 5. das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung ( 22) (UrhG). Wenn eine dieser Handlungen jetzt durch eine andere Person als den Urheber selbst durchgeführt wird, ist eine Genehmigung des Urhebers notwendig. Diese Genehmigung liegt bei Teilnehmern von Filesharing Netzwerken in der Regel nicht vor. Für die beim Filesharing betroffenen Fälle sind vor allem die Rechte auf Vervielfältigung ( 16 UrhG), Verbreitung ( 17) und das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung ( 19a UrhG) von Bedeutung: Das Vervielfältigungsrecht nach 16 UrhG regelt die die Vervielfältigungen eines Stückes herzustellen, egal ob vorübergehend oder dauerhaft und gleich in welcher Anzahl und durch welches Verfahren. Unter Vervielfältigung ist in Absatz 2 des 16 6

UrhG auch die Übertragung des Werkes auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- und Tonfolgen genannt. 17 UrhG regelt das Verbreitungsrecht, so steht in Absatz 1 Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. In 19a UrhG heißt es: Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. (UrhG) Da die Urheber ihre Werke in vielen Fällen nicht selbst verwerten haben sie Lizenzen an Verwertungsgesellschaften oder Rechteverwerter wie Musikverlage, Filmverleiher oder Filmverwerter weitergegeben. Dadurch sind bei Urheberrechtsverletzungen die Verwerter die Geschädigten und für die folgenden Fälle auch diejenigen, die die Rechte einklagen. 3. Die Abmahnung als Schutzmechanismus vor Urheberrechtsverletzungen. In den letzten Jahren haben die Rechteverwerter in der Musik-, Film- und Gamesindustrie vermehrt auf die zunehmende Zahl von Urheberrechtsverletzungen in Filesharing Portalen oder Tauschbörsen im Internet reagiert. Ein erster Schritt der hier beschritten wird ist die Abmahnung. Die Abmahnung kann als eine Art Warnbrief verstanden werden. Im Urhebergesetz ist die Abmahnung gemäß 97a Abs. 1 UrhG geregelt. Hier heißt es: Der Verletzte soll den Verletzter vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Die Abmahnung ist also eine außergerichtliche Aufforderung des Urheberrechtsverletzten an den Rechtsverletzter sein rechtswidriges Verhalten einzustellen. Über die Abgabe einer Unterlassungserklärung soll sichergestellt werden, dass künftig keine gleichartigen Rechtsverletzungen mehr begangen werden [NLR10]. Die Abmahnung dient dazu den 7

Urheberrechtsverletzter vor einer gerichtlichen Inanspruchnahme zu verwarnen und dringt auf eine außergerichtliche Einigung zwischen Abgemahnten und Rechteinhaber[NLR10]. 3.1 Ermittlung der IP-Adresse und der Daten von Anschlussinhabern Um diese Abmahnungen den entsprechenden Rechtsverletzern zukommen zu lassen, muss jedoch zuerst die Identität der Urheberrechtsverletzer festgestellt werden. Die Kanzlei Nümann + Lang erklärt den Vorgang folgendermaßen: [NLR10] Die Rechteinhaber ermitteln die IP-Adresse des Anschlusses über den die Rechtsverletzung begangen wurde. Diese Ermittlung erfolgt über ein Unternehmen, das auf die Dokumentation von Urheberrechtsverletzungen in Internet-Filesharing-Portalen und Netzwerken spezialisiert ist. Die IP-Adresse selbst gibt noch keine Auskunft über den Anschlussinhaber, da sie vom Provider bei jeder Internetverbindung dynamisch neu vergeben wird. Nur der Provider kennt den Account des jeweiligen Internetnutzers und weiß welche IP-Adresse, zu welchem Zeitpunkt, wem zugeordnet war. Der Rechteinhaber hat aber die Möglichkeit beim Provider Auskunft über Namen und Anschrift des Anschlussinhabers einzufordern. Hier gibt es zwei gesetzliche Möglichkeiten: nach 106 UrhG, durch die Ermittlung der Staatsanwaltschaft anlässlich einer Strafanzeige aufgrund Urheberrechtsverletzung nach 101 UrhG, dem Auskunftsanspruch Nach 106 Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke, UrhG, kann eine Urheberrechtsverletzung, also ein Werk ohne Einwilligung des Berechtigten zu vervielfältigen, verbreiten oder öffentlich wiederzugeben, mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Bereits der Versuch ist strafbar. Der 101 UrhG, dem Anspruch des geschädigten Rechteinhabers auf Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke wird im nächsten Kapitel noch detaillierter vorgestellt. [HEI10] Bis 2008 war die übliche Vorgehensweise für Rechteinhaber bzw. deren Anwälte den Weg über die Staatsanwaltschaft zu gehen. Die Staatsanwaltschaft fragte bei Providern die Anschlüsse der betroffenen IP-Adressen ab, die Anwälte der Rechteverwerter konnten 8

darauf hin Akteneinsicht bekommen und die Abmahnungen den Rechtsverletzern zustellen. Dieser Umweg ist seit September 2008 nicht mehr notwendig, da nun auch der zivilrechtliche Auskunftsanspruch ( 101 UrhG) gilt. Allerdings besteht auch die Gefahr dass die Erhebung der IP-Adressen fehlerhaft ist und den ermittelten IP-Adressen Anschlussinhaber zugeordnet werden, die die Straftat nicht begangen haben. 3.2. Gerichtliche Aussagekraft der ermittelten IP-Adressen Wie aussagekräftig, bzw. wie rechtskräftig sehen die Gerichte die Ermittlungen zu IP- Adressen in Filesharing Portalen? [LGK08] In einem Beschluss des Landgerichts Köln vom 29.09.2008 kam es genau zu dieser Frage. Die Staatsanwaltschaft Köln verweigerte einem Rechteinhaber in einem Fall Akteneinsicht, worauf die Kanzlei des Rechteinhabers beim LG Köln Beschwerde einlegte. Das Landgericht Köln wies den Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht jedoch zurück. Das Gericht begründete dies mit der möglichen Unzuverlässigkeit der ermittelten IP-Adressen. Das Gericht führte hier die Angaben der Staatsanwaltschaft an, die schon öfter offensichtliche Mängel bei der IP-Adressen-Auflösung beobachtet hat [LGK08, Absatz 25]. [LGK08] Weiter führt das LG Köln an, dass Fehler bei der Ermittlung nach der Erfahrung der Staatsanwaltschaft auch kein seltenes oder vereinzeltes Phänomen seien. Bei einigen Verfahren habe die Quote der definitiv nicht zuzuordnenden IP-Adressen deutlich über 50% aller angezeigten Fälle gelegen, bei einem besonders eklatanten Anzeigenbeispiel habe die Fehlerquote sogar über 90% betragen [LGK08, Absatz 25]. Der geschilderte Fall war aus dem Jahr 2008, mittlerweile urteilen die Gerichte größtenteils anders. Als Beispiel dient ein Verfahren aus dem Jahr 2011. [NLR10] In dem Verfahren am OLG Köln mit Beschluss vom 17.11.2011 wurde gegen eine Entscheidung des Landgerichts Köln Beschwerde über eine einstweilige Verfügung eingelegt. Dem Beschwerdeführer wurde zur Last gelegt mehrere Urheberrechtsverletzungen mittels Filesharing begangen zu haben. Die Beweise für die Anschuldigungen wurde von der Firma Evidenzia GmbH & Co KG mittels der Software epac erbracht. Die Kanzlei des Beschwerdeführers erhob den Vorwurf, dass die Ermittlung von IP-Adressen in Filesharing- Netzwerken fehleranfällig und nicht beweiskräftig sei. 9

[MIR11c] Das Gericht wies die Beschwerde ab. Es stellte fest, dass glaubhaft gemacht wurde, dass die Titel von demjenigen Internetanschluss in die Tauschbörse eingestellt wurden, dem zur Tatzeit die angegebene IP-Adresse zugewiesen war, was sich aus den Ergebnissen der mit der Ermittlung betrauten Firma ergibt. Anhaltspunkte dass die zur Ermittlung eingesetzte Software nicht zuverlässig gearbeitet haben könnte, bestehen nicht. Die Richtigkeit der Ergebnisse wird auch dadurch bestätigt, dass die Software zu verschiedenen Zeitpunkten immer den Anschluss des Antragstellers ermittelt hat, von dem aus Werke in die Tauschbörse eingestellt wurden. Es mag sein, dass die Technik zur Ermittlung von IP-Adressen in den letzten drei Jahren erheblich verbessert wurde, und somit gewährleistet ist, dass die Ermittlungen glaubhaft sind. Aber ein unsicheres Gefühl, ob die auf diese Weise ermittelten Anschlussinhaber auch die Täter sind, bleibt. Vor allem für Internetnutzer, die sich nicht intensiv mit dieser Technik auseinandersetzen. Dieser Sachverhalt wird damit weiter zu gerichtlichen Auseinandersetzungen aber auch außergerichtlichen Spekulationen und zu gesellschaftspolitischen Diskussionen über die Rechtmäßigkeit und Handhabung dieser Ermittlungsmethoden führen. 4. Der Anspruch auf Auskunft nach 101 UrhG Der Hinweis auf den 101 des UrhG, der Anspruch auf Auskunft, begegnet uns in allen Unterlassungserklärungen und in den meisten der Schadensersatzklagen im Bereich der Urheberrechtsverletzungen im Internet. [UrhG] Der 101 UrhG regelt den urheberrechtlichen Auskunftsanspruch über die Herkunft und den Vertriebsweg der Vervielfältigungsstücke, den der Verletzte, gegenüber dem Urheberrechtsverletzer hat. Der Auskunftsanspruch besteht nicht nur gegen den eigentlichen Verletzer, sondern auch gegenüber dritten Personen. Dies ist vor allem im Bereich der Bekämpfung und Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Internet, durch Filesharing-Portale entscheidend. Aufgrund der Anonymität im Netz war es vor Einführung dieser Regelung kaum möglich den eigentlichen Urheberrechtsverletzter, also die Person, die die Dateien, Musikstücke und Filme auf das Portal aufgeladen hat, ausfindig zu machen. Über den Auskunftsanspruch den ein Rechteverwerter nun gegenüber den Portalbetreibern 10

hat, ist es möglich über diesen oder über einen Internetprovider Auskunft über die persönlichen Daten einer dort zugeordneten IP-Adresse zu erlangen. [UrhG] Zu diesen nicht direkt an der Urheberrechtsverletzung beteiligten Personen zählen Personen, die rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem Besitz hatten rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahmen für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachten an der Herstellung, Erzeugung oder Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke bzw. Dienstleistungen beteiligt waren. Entscheidend für den Anspruch auf Auskunft ist das gewerbliche Ausmaß. Genau dieser Punkt wird von verschiedenen Gerichten auch sehr differenziert ausgelegt. Dieser Punkt wird in Kapitel 4.1 detaillierter behandelt. Ein weiterer wichtiger Bestandteil für die Ermöglichung von Schadensersatzforderungen von Rechteinhabern ist der Absatz 9 des 101 UrhG. Hier heißt es: Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten ( 3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. (UrhG). Mit Verkehrsdaten sind laut 3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden zu verstehen. Die Verwendung der Verkehrsdaten kann entscheidend sein um vor Gericht überhaupt glaubhaft machen zu können wer die Rechtsverletzung begangen hat. Als Beispiel kann hier ein Verfahren vor dem Landgericht Kiel angeführt werden, bei dem der Inhaber der Rechte eines Musikalbums die richterliche Anordnung über Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten beantragt hat [MIR09c]. Es ging in diesem Fall um Verbindungsdaten, die nur für einen kurzen Zeitpunkt nach Verbindungsende gespeichert werden. Der Antragsteller war aber auf diese Daten angewiesen um seinen Auskunftsanspruch durchsetzen zu können. Das Landgericht gab diesem Antrag nicht statt. Nach Absatz 4 des 101 UrhG ist der Auskunftsanspruch nach Absatz 1 und 2 ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. 11

4.1 Das gewerbliche Ausmaß bei Urheberrechtsverletzungen im Internet Laut 101 Abs. 1 UrhG kann sich das gewerbliche Ausmaß aus der Anzahl der Rechtsverletzungen und aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben. Bei der Anzahl der Rechtsverletzungen im Bereich des Filesharings in Internettauschbörsen ist es allerdings sehr kompliziert, bis gar nicht möglich, eine Aussage zu treffen, da sich die Anzahl der aufgespielten oder heruntergeladenen Dateien erst nach Auskunftserteilung ermitteln lassen. [MIR08b] Das Oberlandesgericht Köln hat dazu festgestellt, dass der Auskunftsanspruch nur möglich ist, wenn das gewerbliche Ausmaß nicht nur auf die Tätigkeit des Internetproviders, sondern auch auf die Urheberrechtsverletzung an sich angewendet werden kann. Dies bedeutet, es muss festgestellt werden ob auch derjenige, der eine Datei auf ein Filesharing-Portal hoch lädt im gewerblichen Ausmaß handelt. [MIR08b] Das Oberlandesgericht Köln hat diesbezüglich festgestellt, dass ein gewerbliches Ausmaß vorliegt, wenn ein gesamtes Musikalbum in der relevanten Verkaufsphase öffentlich angeboten wird. Es stellt fest, dass diese Person weder kontrollieren kann noch will, in welchen Umfang von seinem Angebot Gebrauch gemacht wird und er greift damit in die Rechte des Rechteinhabers in einem Ausmaß ein, dass einer gewerblichen Nutzung entspricht. Für das Gericht ist es unerheblich ob das Werk nur für einen kurzen Zeitpunkt angeboten wurde. Die Lebenserfahrung legt nahe, dass jemand der an Internet- Tauschbörsen teilnimmt dies nicht nur für einen kurzen Zeitraum tut. Auch hat derjenige, der die Musikdatei aufgeladen hat, es nicht mehr in der Hand inwieweit eine Kopie dieser Datei weiterverbreitet wird. Gegenteilig dazu urteilt das Landgericht Kiel am 02.09.2009: Ein einmaliges Herunter- und Hochladen von Dateien kann für sich allein unter dem Gesichtspunkt der Anzahl der Rechtsverletzungen nie gewerbliches Ausmaß begründen und zwar auch dann nicht, wenn dies in einer Internettauschbörse geschieht [MIR09c, Seite 2] und weiter, dass der 12

einmalige Download eines Musikalbums nicht als schwere Rechtsverletzung mit gewerblichen Ausmaß anzusehen ist [MIR09c, Seite 3]. [MIR09a] Auch in dem Beschluss vom 09.02.2009 des OLG Köln wird das gewerbliche Ausmaß definiert. Hier heißt es, dass sich das Musikalbum, das angeboten wurde, zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung noch in der relevanten Verwertungsphase befunden hat. Zusätzlich stellt es fest, dass das öffentliche Angebot einer Datei zum Herunterladen keine private Nutzung darstellt. [MIR09a] Das OLG Köln stellt in diesem Verfahren außerdem fest, dass ein gewerbliches Ausmaß auch in einem privaten Umfeld gegeben sein kann. Das Motiv der Gewinnerzielung oder der Nachhaltigkeit des Handelns, wie es für gewerbliches Handeln üblich ist, ist hier von nachrangiger Bedeutung. Es ist ausreichend, dass die Rechtsverletzung ein Ausmaß aufweist, wie es bei einem gewerblichen Handeln üblich ist. Das einmalige Angebot eines Musikalbums während der relevanten Verwertungsphase entspricht dem gewerblichen Ausmaß. Es stellt außerdem fest, dass derjenige, der sich an einer Tauschbörse beteiligt, auch die Absicht hat, sich selbst kostenlos widerrechtlich angebotene Werke herunter zu laden und will also somit mittelbar einen wirtschaftlichen Vorteil erlangen. [MIR09a] Für das Gericht steht ebenso fest, dass ein Nutzer einer Internet-Tauschbörse weiß, dass er nicht berechtigt ist, ein umfangreiches urheberrechtlich geschütztes Werk anzubieten und daher nicht in guten Glauben handelt. Eine gegenteilige Position vertritt das Landgericht Köln in einer Entscheidung rund zehn Wochen nach der oben aufgeführten Entscheidung des OLG Köln: [MIR09b] Das Landgericht Köln hat am 30.04.2009 festgestellt, dass alleine durch die Wahl einer Internet-Tauschbörse nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich um eine in guten Glauben vorgenommene Handlung eines Endverbrauchers handelt. Damit ist für das Gericht keine qualifizierte Rechtsverletzung gegeben, die ein gewerbliches Ausmaß annehmen kann. Ebenso zweifelt das Gericht an, dass nach Ablauf von sechs Monaten nach Veröffentlichung eines Musikwerkes die geforderte zeitliche Nähe von Rechtsverletzung und Veröffentlichungszeitpunkt gegeben ist. 13

In einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht München legte eine Beklagte auf dieser Grundlage Beschwerde gegen ein Urteil des Landgerichts München 1 vom 24. Januar 2011 ein. [OPJ11] In diesem Verfahren führte die Beschwerdeführerin an, dass der Auskunftsanspruch, der einem Filmverleihunternehmen, dass die Nutzungsrechte an dem Spielfilm Die Friseuse inne hatte, gewährt wurde, nicht bestanden habe. Sie begründete die Beschwerde damit, dass beim Angebot eines einzelnen Films besondere Umstände vorliegen müssten um ein gewerbliches Ausmaß annehmen zu können. Das OLG München hat die Beschwerde abgelehnt. Das Gericht begründet seine Auffassung damit, dass einer Rechtsverletzung, die im Angebot einer Datei mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt auf einer Internet- Tauschbörse liegt, grundsätzlich gewerbliches Ausmaß zukommt, ohne dass es weiterer Umstände bedürfe. Auch die zeitliche Komponente zwischen Veröffentlichung des Films und der Rechtsverletzung, bzw. den Zeitraum der Auswertungsphase, sieht das OLG München als nicht relevant an. Es handelt sich, auch bei einer späteren Verwertung des Films zu einem geringeren Preis, um einen wirtschaftlichen Nutzen, die dem Rechteinhaber zugewiesen ist. Das Gericht legt besonderen Wert darauf, dass das Angebot eines Spielfilms auf einer Internet-Tauschbörse weniger als sechs Monate nach dessen Erscheinen als DVD, eine Rechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß darstellt und verweist auf eine Entscheidung des OLG Köln mit Beschluss vom 27. Dezember 2010. 4.2 Die zeitliche Komponente bei der Beurteilung des gewerblichen Ausmaß Wie oben erwähnt sieht das LG München I im Beschluss vom 24.01.2011, genauso wie das OLG Köln vom 27.12.2010 ein gewerbliches Ausmaß dann gegeben, wenn zwischen Erscheinen eines Films und der Urheberrechtsverletzung weniger als sechs Monate vergangen sind. Ebenso oben erwähnt, zweifelt das LG Köln am 30.04.2009 an, dass ein gewerbliches Ausmaß nach Ablauf von sechs Monaten gegeben sei. Das OLG Zweibrücken legt sich beim Zeitraum noch kürzer fest: In einer Entscheidung vom 27.10.2008 sieht es kein gewerbliches Ausmaß wenn die Urheberrechtsverletzung drei Monate nach Erscheinen des Produktes gegeben ist [MIR08c]. In diesem Fall handelt es sich zwar um ein Computerspiel und nicht wie in den oben aufgeführten Fällen um Spielfilme, die Verwertungsdauer ist aber meiner Ansicht nach für ein Computerspiel und einem Spielfilm auf DVD gleichzusetzen. 14

Eine weitere Entscheidung, die auf die zeitliche Komponente der Verwertungsphase zielt, fällt das Oberlandesgericht Köln in einen Beschluss vom 05.05.2011. In dieser Entscheidung legt das Gericht fest, dass ein gewerbliches Ausmaß einer Rechtsverletzung durch das Einstellen eines urheberrechtlich geschützten Werkes in ein peer-to-peer Netzwerk nach Ablauf von sechs Monaten nach Erscheinungsdatum des Werkes nur noch in Ausnahmefällen vorliegt [MIR11b]. In dem dort zu verhandelnden Fall sah das Gericht diesen Fall nicht gegeben, da die Urheberrechtsverletzung 15 Monate nach Erscheinen des Films vorgenommen wurde [MIR11b]. 4.3 Der Begriff private Nutzung im Zusammenhang mit 101 UrhG Es gibt auch Einschränkungen des Urheberrechts. [NIT12] So sind laut 44a UrhG Vervielfältigungshandlungen zulässig, wenn sie vorübergehend, flüchtig oder begleitend sind, in dem sie einen integralen oder wesentlichen Teil eines Verfahrens zur Übertragung der rechtmäßigen Nutzung dienen. Damit ist zulässig, dass ein Werk zum Zweck des Browsings oder Cachings zwischengespeichert wird. Andernfalls würde jeder Speichervorgang beim Erstellen eines umfangreichen Internetangebots unsinnigerweise als unberechtigte Verwertungshandlung angesehen werden. Ebenso sind Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen Gebrauch zugelassen. Sie werden in 53 UrhG behandelt. Hier heißt es in Absatz 1: Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. [UrhG]. Bereits hier werden rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlagen kategorisch ausgeschlossen. Da in Filesharing-Portalen aber rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Vorlagen verwendet werden, kann dieser Artikel nicht als Schutz von Filesharing Downloads greifen. Weiter heißt es in 53 Absatz 6 UrhG: Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden [UrhG]. Damit ist auch der Upload einer privat hergestellten Kopie auf ein Filesharing-Portal untersagt, da ein Filesharing-Portal einer 15

Verbreitung nach 17 UrhG Absatz 1 und einer öffentlichen Zugänglichmachung nach 19a UrhG entspricht. Die Formulierung private Nutzung wird trotzdem häufig zur Rechtfertigung von Urheberrechtsverletzung über Internettauschbörsen gebraucht. Mit dem in Kapitel 4.2 angeführten Beschluss des OLG Köln vom 09.02.2009 wird festgestellt, dass das öffentliche Angebot einer Datei zum Herunterladen keine private Nutzung darstellt [MIR09a]. Auch das OLG München mit seiner Entscheidung vom 26.07.2011 geht hier noch einmal genauer darauf ein und folgt der Entscheidung des OLG Köln vom 09.02.2009. [OPJ11] Das OLG München führt aus, dass derjenige der eine solche Datei auf einer Internet- Tauschbörse zum Herunterladen anbietet, nicht rein altruistisch oder im guten Glauben handelt. Außerdem strebt er zumindest mittelbar einen wirtschaftlichen Vorteil an, weil er eigene finanzielle Aufwendungen für den erwünschten Erwerb der von dem Tauschpartner kostenfrei bezogenen Werke erspart. Allgemein kann man sagen, dass der Passus der privaten Nutzung bei Verstößen in Filesharing-Portalen unstrittig ist. In der Rechtsprechung gibt es hier keine eklatanten Unstimmigkeiten. Sogar auf den Webseiten und Hilfsrichtlinien von Anwälten, die sich auf Urheberrechtsverletzungen im Internet spezialisiert haben und Urheberrechtsverletzer vertreten, wird darauf hingewiesen, dass die private Nutzung bei Down- und Uploads aus Filesharing-Portalen nicht gegeben ist. 5. Haftung bei Urheberrechtsverletzungen im Internet Das besondere an Urheberechtsverletzungen im Internet, im Gegensatz zu Fällen in der realen Welt, ist die scheinbare Anonymität die durch den Internetzugang, vor allem durch den Internetzugang eines Dritten möglich ist. Sehr häufig ist nicht der Inhaber des Internetanschlusses derjenige, der gegen das Urheberrecht verstößt, sondern ein Dritter der diesen Anschluss nutzt. Meist nutzen die Kinder den Computer und Internetanschluss der Eltern und nehmen an Tauschbörsen oder Filesharing Portalen teil. In anderen Fällen ist unklar ob der Ehemann oder die Ehefrau die Rechtsverletzung durchgeführt hat. Interessant ist auch die Ansicht ob Inhaber von Internetanschlüssen die Aufgabe übertragen werden darf fremde Rechte zu wahren und zu schützen. In allen Fällen ist der Streitpunkt ob es reicht 16

Inhaber des Anschlusses zu sein, um für die Rechtsverletzungen verantwortlich gemacht werden zu können. Die folgenden Fälle beleuchten diese Sachverhalte. 5.1 Haftung ohne selbst Täter zu sein Inhaber von Internetanschlüssen können für Rechtsverletzungen, die über ihren Internetanschluss gemacht werden auch dann haftbar gemacht werden, wenn sie selbst nicht Täter oder Rechtsverletzter waren. Als Beispiel dient hier ein Verfahren am Oberlandesgericht Köln mit Urteil vom 23. Dezember 2009. Hier wurde eine Frau zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 2.380 Euro zzgl. Zinsen verurteilt, da von ihrem Internetanschluss illegale Musikdownloads angeboten wurden, ohne dass sie selbst daran beteiligt war. Die Beklagte hat auf Abweisung der Klage begehrt, in dem sie sich auf die Rechtsprechung verschiedener Gerichte berief, wo festgestellt wurde, dass der Umfang der Überwachungspflichten von Eltern vom Einzelfall abhängig ist. Das Gericht sprach den Klägerinnen das Recht auf Abmahnung zu. Die Beklagte konnte vor Gericht allerdings einen Teilerfolg erzielen, denn das OLG Köln setzte die Höhe des Schadensersatzes auf eine Höhe von 2.380 Euro zzgl. Zinsen fest und damit unter der Summe in Höhe von 5.832,40 Euro nebst Zinsen, die die 28. Zivilkammer des Landegericht Köln am 13.05.2009 festgesetzt hat. [MIR10] Das Gericht hat festgestellt, dass im August 2005 vom Internetanschluss der Beklagten 964 Musikdateien im MP3 Format als Download angeboten wurden. Laut OLG Köln stellte dies eine öffentliche Zugänglichmachung der Tonträger im Sinne des 19 a UrhG dar. Von mindestens 131 einzeln aufgelisteten Titeln, an denen jeweils eine der vier Klägerinnen die Rechte innehatte, war die Beklagte nicht berechtigt diese öffentlich zugänglich zu machen. Wofür es nach 85 UrhG eine Einräumung der Verwertungsrechte bedurft hätte. Das Gericht stellte fest, dass damit die Klägerinnen das Recht auf eine Abmahnung hatten und Ersatz der hierfür entstandenen Auslagen unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen können. Die Beklagte führte an, dass sie die Downloads der Musikstücke nicht selbst angeboten hat. Das OLG Köln stellte dazu fest, dass in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt wird, inwieweit ein Inhaber eines Internetzugangs dafür zu sorgen hat, dass Dritte die ebenso Zugang zu diesem 17

Internetanschluss haben, keine Urheberrechte verletzten. Das Gericht führt in seinem Urteil folgende zwei Urteile an: Das Landgericht Hamburg(CR 2007, 121 f.) hält es für notwendig Benutzerkonten einzurichten oder eine Firewall einzurichten. Das Oberlandesgericht Frankfurt (GRURR-RR 2008, 73 f.) hat eine Überwachungspflicht verneint, solange nicht konkrete Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen durch eines der Familienmitglieder vorliegen. Beide Fälle sind für das OLG Köln in diesem Verfahren aber nicht von Belang. Das Gericht führt an, dass den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast zur Angabe der Person, die nach seiner Kenntnis den Verstoß über den betreffenden Anschluss begangen haben kann. [MIR10, Seite 2]. Die Beklagte kam dieser Darlegungslast allerdings nicht nach. [MIR10] Die Beklagte hat in dem Verfahren angeführt, dass ihr Schutzmechanismen wie Firewall oder Benutzerkonten unbekannt sind und diese von ihrem nicht mehr vernehmungsfähigen Schwager eingerichtet wurden. Auf die Frage ob ihr Ehemann den Internetanschluss benutzt hat, schwieg sich die Beklagte vollständig aus. Auch darüber ob und welches der fünf Kinder, die in ihrem Haushalt leben, den Internetanschluss genutzt haben schwieg sich die Beklagte aus. Das Gericht sieht darin einen unzureichenden Vortrag und geht von der Verantwortlichkeit der Beklagten für die Urheberrechtsverletzungen aus. Die Beklagte führte bezüglich der gebotenen Kontrollpflichten an, dass sie und ihr Ehemann ihre Kinder regelmäßig darauf hingewiesen haben, keine Tauschbörsen zu nutzen und keine Inhalte aus dem Internet herunter zu laden. Dies jedoch genügt dem Gericht nicht als ausreichende Kontrollpflicht. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der unzureichenden Computerkenntnisse der Mutter, die Kinder keine Sorge vor der Entdeckung bei der Teilnahme an Tauschbörsen haben mussten. Dies stellt damit das elterliche Verbot als nicht von Sanktionen bedroht dar [MIR10, Seite 3]. In einem anderen Fall vor dem OLG Köln mit Beschluss vom 24.03.2011 bekam die Beklagte recht und hob einen Beschluss der 28. Zivilkammer des LG Köln vom 21.1.2011 auf. [MIR11a] Die Klägerin hatte in diesem Fall Verwertungsrechte an einem Computerspiel. Der Beklagten wird vorgeworfen eine Version dieses Computerspiels über ihren Internetanschluss in einem Filesharing-Portal öffentlich zugänglich gemacht zu haben. 18

Festgestellt wurde dies, durch die Ermittlung der IP-Adresse, die zu dem Verletzungszeitpunkt der Beklagten zugeordnet wurde. Die Klägerin forderte daher Unterlassung, Schadensersatz und Abmahnkosten. Die Beklagte war zum Zeitpunkt der Verhandlung mittlerweile verwitwet und trug zu ihrer Verteidigung vor, dass sie selbst das Computerspiel nicht angeboten hat. Ihr Ehemann habe ebenfalls Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt, mit ihm konnte sie aber den Vorwurf vor seinem Versterben nicht mehr klären. [MIR11a] Das OLG Köln stellt klar, dass die Vermutung existiere, dass diejenige Person für eine Rechtsverletzung verantwortlich sei, der zum fraglichen Zeitpunkt eine IP-Adresse zugeteilt ist. Eine derartige Vermutung ist aber bereits dann entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit eines von der Lebenserfahrung, auf der die Vermutung gegründet ist, abweichenden Geschehensablauf feststeht [MIR11a, Seite 2]. Das Gericht sieht es als unstrittig an, dass der Ehemann der Beklagten Zugriff auf Computer und Internetanschluss hatte und daher ist es ernsthaft möglich, dass er das Spiel im Internet öffentlich zugänglich gemacht hat. Das Gericht legte fest, dass keine Schadensersatzpflicht der Beklagten besteht. Den beiden Beispielen zu Folge kommt es also sehr auf den Einzelfall der Rechtsverletzung an ob ein Anschlussinhaber Schadensersatzpflichtig wird oder nicht. Diese Einzelfallregelung führen zu den oft sehr unterschiedlichen Auslegungen bei Urheberrechtsverletzungen. 5.2 Verletzung von Aufsichtspflichten bei Internetanschlüssen [OPJ12] Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 23. März 2012, in dem Filesharingaktivitäten eines 13-jährigen verhandelt wurden, ging das Gericht in seiner Urteilbegründung auch auf die Verletzung der Aufsichtspflicht ein. So urteilte das Gericht, dass die Eltern, des zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung minderjährigen Sohnes, als Beklagte die aus 832 Abs. 1 BGB resultierende Aufsichtspflicht traf und sie den entstandenen Schaden zu ersetzen haben. In 832 BGB, Haftung des Aufsichtspflichtigen, Absatz 1 heißt es: Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten 19

widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde. Nicht Schadensersatzpflichtig seien die Eltern nur dann gewesen, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht genügt hätten oder der der Schaden trotz gebotener Aufsichtsführung entstanden wäre [OPJ12]. [OPJ12] Die Beklagten argumentierten, dass Internetanschlussinhabern nicht die Aufgabe übertragen werden darf, fremde Rechte zu wahren oder zu schützen. Das Gericht sieht aber in der Aufsichtspflicht nach 832 Abs. 1 BGB vor allem den Schutz der Rechtspositionen von Dritten. Es argumentiert, dass die gesetzliche Aufsichtspflicht nicht nur dazu dient den Minderjährigen vor Schäden zu bewahren, die bei ihm selbst zu seinen Lasten entstehen können, sondern auch dass er nicht aus Unachtsamkeit oder Unreife in Rechte Dritter eingreift. Den Beklagten wird vom Gericht eingeräumt, dass sich das Maß der gebotenen Aufsichtspflicht nachalter, Eigenart und Charakter des betreffenden Kindes ausrichtet. Das Gericht befand, dass das Kind der Beklagten sich mit 13 Jahren in einem Alter befand indem es mit den Möglichkeiten und Gefahren des Internet vertraut gemacht werden konnte und das Internet auch ohne persönliche Anwesenheit der Eltern nutzen konnte. [OPJ12] Die Eltern stellten dem Kind einen PC mit Standardprogrammen von Microsoft Office, einer Windows XP-Firewall und einem Securityprogramm, das geschützt durch ein Administratorpasswort keine Zulassung von Programminstallationen zuließ. Der PC wurde einmal monatlich von den Beklagten überprüft. Dies stellt die Anforderungen der Aufsichtspflicht dar und wurde so eingehalten. Allerdings befand das Gericht die Beklagten trotzdem als nicht entlastet, denn trotz der installierten Firewall konnte der 13jährige die Filesharingsoftware installieren. Dies lässt den Schluss zu, dass die Schutzprogramme nicht sachgerecht aufgespielt wurden. Auch hätten durch die monatlichen Kontrollen den Beklagten die installierten Filesharingprogramme auffallen müssen. Sogar eine Kontrolle des Desktops hätte genügt um auf die Icons der Tauschprogramme aufmerksam zu werden. Somit haften die Eltern als Anschlussinhaber für die Rechtsverletzungen. 20

5.3 Störerhaftung in Zusammenhang mit Verstößen in Filesharing-Portalen Störerhaftung ist die Haftung für die Störung des Rechts eines anderen. Sie gründet auf ein Verschulden durch Fahrlässigkeit. Nach der Störerhaftung, kann derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt. In wie weit die Störerhaftung die Filesharing Problematik betrifft, zeigt eine Verhandlung am OLG Frankfurt am Main mit Beschluss vom 01.07.2008. [MIR08a] In dem Verfahren verlangt die Klägerin von dem Beklagten Unterlassung des Einstellens von Musikstücken in Tauschbörsen im Internet sowie Schadensersatz nach Lizenzanalogie- und Aufwendungsersatz für das vorgerichtliche Abmahnschreiben. Ermittelt wurde der Beklagte mit Hilfe einer Firma die IP-Adressen von Teilnehmern in Tauschbörsen ermittelt. Der Beklagte war zum Zeitpunkt des Rechtsverstoßes im Urlaub und kam als Täter nicht in Frage. Jedoch hat der Beklagte einen WLAN Anschluss. Die Klägerin geht davon aus, dass der WLAN Anschluss des Beklagten zum fraglichen Zeitpunkt aktiviert und nicht ausreichend gesichert gewesen sei. Der Beklagte bestritt, dass sein WLNA Router aktiviert gewesen sei, da er vor Urlaubsantritt einen Sammelstecker ausgeschaltet und damit sämtliche technischen Geräte, inkl. des WLAN-Routers deaktiviert hatte. Die Klägerin führte im Sinne der Störerhaftung an, dass es dem Beklagten zumutbar sei, seinen Internet- Anschluss zu überwachen und zu verhindern, dass über eine missbräuchliche Nutzung seines Anschlusses Rechte Dritte verletzt würden. [MIR08a] Das Gericht gab dem Beklagten Recht. Er haftet nicht als Störer auf Unterlassung. Die Überlassung eines Internetzugangs an einen Dritten beinhalte die Möglichkeit einer Schutzverletzung durch diesen. Daher kann der Inhaber eines Internet-Anschlusses, der einem Dritten die Nutzung des Anschlusses ermöglicht nach den Grundsätzen der Störerhaftung haften, wenn die Zugangsmöglichkeit hierfür adäquat kausal war. Zu dieser Auslegung zahlen auch Inhaber von WLAN-Anschlüssen. Da aber in diesem Fall der Beklagte unstreitig in Urlaub war und kein Dritter Zugang zu dem PC hatte, kann die rechtsverletzende Handlung nur von einem dritten begangen worden sein, der das WLAN Netzwerk des Beklagten von außerhalb nutzte. Dies ist eine vorsätzliche rechtswidrige Urheberrechtsverletzung eines dritten und dafür kann der Beklagte nicht als Störer haftbar gemacht werden. Ein WLAN Anschlussbetreiber im privaten Bereich haftet, im Bezug auf 21

Störerhaftung, nach Auffassung des Gerichts nicht generell wegen der abstrakten Gefahr eines Missbrauchs seines Anschlusses von außen, sondern erst, wenn konkrete Anhaltspunkte hierfür bestehen. In diesem Fall sieht das Gericht keine konkrete Anhaltspunkte für rechtswidrige Handlungen Dritter. Das Gericht sieht einen WLAN Anschlussinhaber auch nicht haftbar im Sinne der Störerhaftung, wenn er finanzielle Mittel aufwenden muss, um einen vorsätzlichen Eingriff eins außenstehenden Dritten zu vermeiden. Die Verantwortlichkeit für vorsätzliches rechtswidriges Tun Anderer sieht das Gericht als überdehnt, wenn der Anschlussinhaber auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, weil er seinen Anschluss nicht nach den jeweils neusten technischen Standards absichert. Damit hat das OLG Frankfurt am Main sehr deutlich gemacht, dass es im privaten Bereich eine Sorgfaltspflicht beim Betreiben eines WLAN Netzes gibt, Anschlussinhaber aber nicht unzumutbare Hürden überwinden müssen um dem dieser Gerecht zu werden um nicht als Störer haftbar gemacht werden zu können. 6. Höhe von Schadensersatzansprüchen Über die Höhe der Schadensersatzansprüche der Geschädigten von Urheberrechtsverletzungen über Filesharing-Portale wird sehr kontrovers diskutiert. Zwei Punkte sind hier besonders darzustellen. Zum einen gilt die Berechnung des Gegenstandswertes, der für die Berechnung der Kosten bei Abmahnungen entscheidend ist. Als weiterer Punkt bei Schadensersatzansprüchen ist die Bemessung des immateriellen Schadens durch eine Urheberrechtsverletzung. Hier wird als Grundlage die Lizenzanalogie herangezogen. 6.1 Berechnung des Gegenstandswertes Bei der Berechnung des Gegenstandswertes, der für die Kosten bei Abmahnungen entscheiden ist kann man ein Urteil des OLG Köln vom 23.12.2009 als Beispiel anführen. Hat das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln am 13.5.2009 die Höhe der Schadensersatzansprüche noch mit 5.832,40 Euro nebst Zinsen angesetzt, spricht sich das 22

OLG Köln in der Berufungsverhandlung für einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.380 Euro zzgl. Zinsen aus. [MIR10] Das Gericht geht hier davon aus, dass die Abmahnung dem Ziel diente, ein weiteres Anbieten, von den Klägerinnen geschützter Musiktitel, im Internet zu verhindern. Das Gericht sieht bei diesem Interesse allerdings keine Abhängigkeit zur Anzahl der ins Internet gestellten Titel. Es sind hier die Gesamtumstände zu berücksichtigen. Die Klägerinnen haben angegeben, dass für die 964 Musiktitel, die über den Rechner der Beklagten angeboten wurden bei legalem Erwerb ein Betrag in Höhe von 1.339 Euro aufzubringen gewesen wäre. Das Gericht sieht, dass bei einer weiteren Teilnahme an der Tauschbörse, den Klägerinnen ein erneutes Einstellen von Titel in nicht vorherzusehender Anzahl droht [MIR10, Seite 4]. Unter der Berücksichtigung dieser Umstände schätzt das Gericht das Interesse der vier Klägerinnen auf je 50.000 Euro, woraus sich ein Gesamtwert von 200.000 Euro summiert. Über die Berechnung der Gebührenordnung aus VV 2300 RVG (Geschäftsgebühr aus dem Vergütungsverzeichnis) ergibt sich somit eine Höhe von 2.360 Euro, zzgl. 20,- Portokosten. 6.2 Bemessung nach Lizenzanalogie Um die Höhe von Schadensersatzansprüchen von geschädigten Rechteinhabern festzustellen wird auf die Bemessung nach Lizenzanalogie zurückgegriffen. Der Betrag der sich daraus errechnet wurde aber von verschiedenen Gerichten unterschiedlich bewertet. So kommt es, dass bei Verhandlungen zu Schadensersatzansprüchen unterschiedlichste Summen festgelegt wurden. Dies geht von 15,- bis 200,- EURO pro Titel, wie die folgenden beiden Urteile zeigen: Über die Höhe von Schadensersatzansprüchen hat sich das OLG Köln in einem Urteil vom 23.3.2012 festgelegt. Die Richter führten hier aus, dass die Höhe des Schadens im Rahmen der Lizenzanalogie zu berechnen sei, und damit anhand der GEMA Tarife. Wenn in einem Fall gängige Titel über mehrere Monate durch die Tauschbörse angeboten worden sind und damit öffentlich zugänglich, kann ein Betrag in Höhe von 200 Euro pro Titel angebracht sein. [OPJ12] In dem Verfahren haben vier Klägerinnen, die zu den größten deutschen Tonträgerherstellern gehören, Schadensersatzansprüche und den Ersatz von Abmahnkosten geltend. Den Beklagten wird zur Last gelegt am 28.01.2007 insgesamt 1.147 Audiodateien 23

zum kostenlosen Download in einer Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht zu haben. Als Beweisführung konnte der sichergestellte PC des 13jährigen Sohnes der Beklagten dienen. Die Klägerinnen haben die Beklagten abgemahnt. Die Beklagten haben daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, jedoch die Zahlung von Schadensersatz und entstandenen Abmahnkosten abgelehnt. In erster Instanz wurden die Beklagten vom Landgericht Köln zu Schadensersatzzahlungen in Höhe von 3.000 Euro und den Abmahnkosten in Höhe von 2.380,80 Euro zzgl. Zinsen verurteilt. Die Beklagten erklären den Grund ihrer Berufung damit, dass ihnen keine Verletzung der Aufsichtspflicht vorzuwerfen ist - auf diesen Punkt wurde bereits in Kapitel 4.2 näher eingegangen - und dass der für den Schadensersatz vom Landgericht zu Grunde gelegter Betrag in Höhe von 200 Euro für jede betroffene Musikdatei zu hoch sei. Das Gericht erkennt die Schadensersatzansprüche in voller Höhe an und verweist dabei auf 97 Abs. 2, 19 a UrhG und 832 Abs. 1 BGB. In dem geschilderten Fall fordern die Klägerinnen für 15 Musiktitel, für die sie den Rechtebesitz nachweisen konnten und die zweifelsfrei vom PC der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht wurden, Schadensersatz in Höhe von 200 Euro je Titel. Der Betrag wurde nicht konkret berechnet sondern objektiv auf der Grundlage der Lizenzanalogie. Möglich ist dies durch die Bestimmung in 97 Abs. 2, UrhG, wo es heißt Der Schadensersatz kann auch auf Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzter als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte ( 97, Abs. 2 UrhG). Die Beklagten waren der Auffassung, dass die Berechnung nach der Lizenzanalogie nur dann in Betracht kommt, wenn die Höhe des Schadens schwierig zu beziffern sei. Das Gericht folgte dieser Auffassung nicht und führte dabei gleichzeitig an, dass zur Berechnung des Schadensersatzes neben dem Betrag für eine einmalige Lizenzierung auch der Schaden einzubeziehen ist, der durch die Zugriffsmöglichkeit auf die Musiktitel von einer unabsehbaren Anzahl weiterer Nutzer entstanden ist. Diese Schadensbeträge sind eindeutig schwierig zu beziffern, was zu einer Berechnung nach Lizenzanalogie berechtigt. [OPJ12] Bei der Berechnung nach Lizenzanalogie nimmt man als Grundlage einen üblichen Lizenzvertrag zu angemessenen Lizenzgebühren, die die jeweiligen Vertragspartner 24

vereinbart hätten. Das Gericht hat entschieden dass es sich bei seiner Berechnung anhand des GEMA-Tarifs orientiert, der den jeweiligen Sachverhalt am ehesten wiederspiegelt. Die Klägerinnen bevorzugten in diesem konkreten Fall den Tarif VR W I, der die Tarifvergütung für Hintergrundmusik im Wege des Streamings betreffe. Das Gericht jedoch sieht diesen Tarif als weniger geeignet an, da es im aktuellen Fall weder um Hintergrundmusik noch um das Streaming von Musik handelt. Für das Gericht gilt es zu ermitteln welcher Schaden entstanden ist, dass die 15 geschützten Musiktitel einer unbekannten Zahl an Dritten zum Download angeboten worden ist. Für das Gericht ist der GEMA Tarif VR-OD 5 am nahe liebendsten. Der Tarif wurde zwar mit Wirkung zum 31.12.2011 aufgehoben, aber in dem Zeitraum in dem der Schaden entstanden ist war er gültig. Der Tarif VR-OD 5 regelt die Nutzung einzelner Titel durch Download aus dem Internet, gemessen an Spieldauer und Anzahl von Zugriffen. Für eine Spieldauer bis zu 5 Minuten gilt pro Zugriff eine Mindestvergütung von 0,1278 Euro. Diese Struktur der Berechnung ist für das Gericht als Basis der Berechnung zu sehen. Branchenüblich werden bei Lizenzierung durch legale Downloadplattformen wie Itunes und Musicload Beträge zwischen 0,50 und 0,92 Euro vereinbart. Als Beispiel wird ein eher unbekannter Musiktitel der Jazzsängerin Diana Reeves angeführt, bei dem sich eine Lizenzgebühr pro Zugriff in Höhe 0,71 Euro ergab. Das Gericht legte daraufhin unter Berufung des 287 ZVP den Schaden auf einen Betrag von 200 Euro pro Titel fest [OPJ12]. Nach 287 ZVP entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung über Höhe des Schadens und ob und inwieweit eine Beweisaufnahme anzuordnen sei [ZVP]. [OPJ12] Die Berechnung von 200 Euro rechtfertigt das Gericht mit der Tatsache, dass bei einer Lizenzgebühr von 0,50 Euro, also den geringsten Betrag der üblichen Tarife, sich bereits mit 400 illegalen Zugriffen die Summe von 200 Euro ergibt. Das Gericht geht davon aus, dass aufgrund von vorgetragenen Tests auf illegalen Tauschbörsen, der Zugriff in mindestens dieser Höhe erfolgt ist. Die Beklagten und deren Anwälte hatten hier eine andere Ansicht. Sie berechneten einen Schuldbetrag in Höhe von 13,80 Euro, der sich aus der höchsten angeführten Lizenzgebühr von 0,92 Euro mal der 15 Musiktitel berechnet [OPJ12]. Sie forderten eine konkrete Anzahl der Zugriffe darzulegen und zu beweisen [OPJ12]. Das Gericht folgte dieser Annahme nicht. 25