Zur Erstattungsfähigkeit der Sachverständigen- und Nebenkosten eines Gutachtens LG Bonn, Urteil vom 18.09.2013, AZ: 5 S 26/13



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Transkript:

BVSK-RECHT AKTUELL 2013 / KW 47 Zur Erstattungsfähigkeit der Sachverständigen- und Nebenkosten eines Gutachtens LG Bonn, Urteil vom 18.09.2013, AZ: 5 S 26/13 Das AG Bonn hatte dem Kläger in der Vorinstanz bereits den überwiegenden Teil seines Anspruchs auf Erstattung der Kosten des von ihm erstellten Sachverständigengutachtens zugesprochen. Lediglich die in Ansatz gebrachten Positionen Schreibkosten inkl. Kopien sowie Fotokosten waren nach Ansicht des AG Bonn für einen Laien erkennbar unverhältnismäßig und somit nicht erstattungsfähig.... (weiter auf Seite 2) Kosten für die sachverständige Stellungnahme zu einem Prüfbericht sind erstattungsfähig LG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.04.2012, AZ: 2-31 O 1/11 Das LG Frankfurt hatte darüber zu entscheiden, inwieweit die Kosten für eine sachverständige Stellungnahme zu dem Prüfungsbericht der Haftpflichtversicherung vom Schädiger zu ersetzen sind. (weiter auf Seite 2) Keine Verweisung auf günstigere Reparaturmöglichkeit ohne konkretes annahmefähiges Angebot AG Berlin-Mitte, Urteil vom 23.08.2013, AZ: 110 C 3377/12 Der vom Kläger beauftragte Sachverständige ermittelte unter Zugrundlegung der Stundenverrechnungssätze der BMW-Niederlassung Berlin erforderliche Nettoreparaturkosten in Höhe von 9.593,07. Diese Kürzte die gegnerische Versicherung unter Zugrundelegung eines Prüfberichtes. (weiter auf Seite 3) Mietwagenkosten Direktvermittlungsangebote der Versicherung irrelevant AG Köln, Urteil vom 11.09.2013, AZ: 265 C 243/12 Das AG Köln hatte sich mit einem Rechtsstreit zu befassen, in welchem die Autovermietung aus abgetretenem Recht ausstehende Mietwagenkosten aus mehreren Kfz-Haftpflichtschäden aus den Jahren 2011/2012 einforderte. Umstritten war aber die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten. (weiter auf Seite 4) Beweislast bei Schäden durch Waschanlagen AG Radolfzell, Urteil vom 21.02.2013, AZ: 2 C 214/11 Kläger in dem Rechtsstreit vor dem AG Radolfzell war der Eigentümer eines Fahrzeugs, bei welchem der Scheibenwischer durch eine mitlaufende Dachwalze in einer Waschstraße beschädigt wurde. (weiter auf Seite 5)

Zur Erstattungsfähigkeit der Sachverständigen- und Nebenkosten eines Gutachtens LG Bonn, Urteil vom 18.09.2013, AZ: 5 S 26/13 Das AG Bonn hatte dem Kläger in der Vorinstanz (AZ: 112 C 59/12) bereits den überwiegenden Teil seines Anspruchs auf Erstattung der Kosten des von ihm erstellten Sachverständigengutachtens zugesprochen. Lediglich die in Ansatz gebrachten Positionen Schreibkosten inkl. Kopien sowie Fotokosten waren nach Ansicht des AG Bonn für einen Laien erkennbar unverhältnismäßig und somit nicht erstattungsfähig. Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung nunmehr sein Klagebegehren auf vollständige Erstattung seines Honorars weiter. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hielt das LG Bonn die restlichen Kosten für erstattungsfähig und gab der Berufung vollumfänglich statt. Das LG Bonn führt aus, dass von einem Laien nicht erwartet werden könne, dass er hinsichtlich der Nebenkosten differenziert zwischen Porto-, Telefon-, Foto- und Fahrtkosten, die zulässigerweise gesondert abrechnungsfähig sein sollen und Schreib-, Kopier- und weiteren Zusatzkosten. Vielmehr sei eine Gesamtbetrachtung geboten. Wenn wie vorliegend die Beschreibung der durch das Grundhonorar abgegoltenen Leistung nicht so eindeutig ist, dass eine mögliche doppelte Abgeltung der Kosten durch die weiteren Nebenkosten dem Geschädigten hätte auffallen müssen, sind sämtliche Kosten erstattungsfähig. Das LG Bonn stellt in seiner Entscheidung klar, dass der Geschädigte im Zusammenhang mit der Schadensregulierung die Sachverständigenkosten verlangen kann, die ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Kosten für die sachverständige Stellungnahme zu einem Prüfbericht sind erstattungsfähig LG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.04.2012, AZ: 2-31 O 1/11 Das LG Frankfurt hatte darüber zu entscheiden, inwieweit die Kosten für eine sachverständige Stellungnahme zu dem Prüfungsbericht der Haftpflichtversicherung vom Schädiger zu ersetzen sind. Die regulierungspflichtige Haftpflichtversicherung hatte ein Prüfgutachten zu dem Schadengutachten des Geschädigten erstellen lassen, auf dessen Grundlage verschiedene Schadenpositionen in der Höhe und teilweise auch dem Grunde nach gekürzt wurden. Daraufhin hatte der Geschädigte den Sachverständigen beauftragt, eine Stellungnahme zu dem Prüfbericht erstellen zu lassen. Die Parteien einigten sich im Laufe des Verfahrens auf die Höhe der zu erstattenden Schadenpositionen, nicht aber über die Erstattung der weiteren Sachverständigenkosten zur Erstellung der Stellungnahme. 2

Das LG Frankfurt hat sich klar für die Erstattungsfähigkeit der Kosten der sachverständigen Stellungnahe zum Prüfbericht ausgesprochen: Der Schädiger hat die Kosten von Sachverständigengutachtens zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (Palandt, BGB, 71. Aufl., 249 Rn. 58). Das ist hier der Fall. Nachdem die Beklagten das Ursprungsgutachten des Sachverständigen angegriffen hatten, durfte der Kläger eine entsprechende Ergänzung beauftragen. Die diesbezüglichen Kosten haben die Beklagten ihm als unfallbedingten Schaden zu ersetzen. Dies ist aus Gründen der Waffengleichheit auch geboten. In der Praxis werden insbesondere bei fiktiven, aber auch immer häufiger bei der konkreten Reparaturkostenabrechnung von Versicherungsseite Prüfberichte nach eigenen Vorgaben in Auftrag gegeben, die manche Schadenersatzpositionen grundsätzlich herausstreichen (z.b. UPE-Aufschläge, Verbringungskosten) und andere Positionen dem Grunde oder der Höhe nach kürzen. Der Geschädigte als technischer Laie kann nur dann adäquat auf derartige Prüfberichte reagieren, wenn ein Sachverständiger den Prüfbericht wiederum einer sachverständigen Prüfung unterzieht. Inzwischen ist die Erstattung der hierbei anfallenden Kosten bei vielen Gerichten anerkannt. Hinsichtlich der nichttechnischen Kürzungen ist der Geschädigte mit der Einschaltung eines Rechtsanwaltes gut beraten. Keine Verweisung auf günstigere Reparaturmöglichkeit ohne konkretes annahmefähiges Angebot AG Berlin-Mitte, Urteil vom 23.08.2013, AZ: 110 C 3377/12 Der vom Kläger beauftragte Sachverständige ermittelte unter Zugrundlegung der Stundenverrechnungssätze der BMW-Niederlassung Berlin erforderliche Nettoreparaturkosten in Höhe von 9.593,07. Nachdem die Beklagte dem Kläger Reparaturkosten in Höhe von lediglich 7.521,74 (netto) erstattet hat, begehrt der Kläger Ersatz der restlichen Reparaturkosten. Die Beklagte begründet die Kürzung mit dem Argument, der konkret im Prüfbericht benannte Reparaturbetrieb könne eine ordnungsgemäße Reparatur zu dem genannten Preis durchführen. Die Beklagte wurde im Ergebnis zur restlichen Zahlung verurteilt. Das AG Berlin-Mitte gab der Klage mit der Begründung statt, der Kläger müsse sich nicht auf einen von der Beklagten ausgewählten Reparaturbetrieb verweisen lassen. Zwar hat der BGH entschieden, dass der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen kann, wenn 3

die Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Der Verweis auf eine konkrete günstigere Reparaturmöglichkeit setzt jedoch voraus, dass dem Geschädigten insoweit ein annahmefähiges Angebot der betreffenden Werkstatt unterbreitet wird. Die rein mathematische Neuberechnung des vom Geschädigten eingereichten Gutachtens mittels Einsetzen eines niedrigeren Wertes für die Stundenverrechnungssätze stellt keinen zulässigen Verweis auf eine konkret bestehende Möglichkeit zur Durchführung einer ganz bestimmten Reparatur zu günstigeren Bedingungen dar (vgl. LG Berlin, Urteil vom 13.07.2011, AZ: 42 O 22/10). Alleine anhand des Namens und der mitgeteilten Stundenverrechnungssätze kann der Geschädigte nämlich nicht erkennen, ob die angegebene Werkstatt tatsächlich in der vom Sachverständigen vorgesehenen Art und Weise repariert. Das AG Berlin-Mitte lässt eine Verweisung ohne konkretes annahmefähiges Angebot des benannten günstigeren Reparaturbetriebes nicht zu und folgt insofern der örtlichen Rechtsprechung des zuständigen Landgerichts. Mietwagenkosten Direktvermittlungsangebote der Versicherung irrelevant AG Köln, Urteil vom 11.09.2013, AZ: 265 C 243/12 Das AG Köln hatte sich mit einem Rechtsstreit zu befassen, in welchem die Autovermietung aus abgetretenem Recht ausstehende Mietwagenkosten aus mehreren Kfz-Haftpflichtschäden aus den Jahren 2011/2012 einforderte. Bei der Beklagten handelte es sich um die Kfz- Haftpflichtversicherung der Unfallgegner. Dass diese für die unfallbedingt eingetretenen Schäden vollständig haftete, war unstreitig. Umstritten war aber die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten. Die Klägerin machte aus abgetretenem Recht vor dem AG Köln 2.215,21 an ausstehenden Mietwagenkosten geltend und erhielt 1.628,56 zugesprochen, sodass die Klage weitaus überwiegend erfolgreich war. Neben der Aussage des AG Köln, dass die erforderlichen Mietwagenkosten anhand des bewährten Schwacke-Automietpreisspiegels zu schätzen sind, enthält das Urteil weitere, für die Praxis besonders interessante Feststellungen. Zunächst lehnte das AG Köln den Fraunhofer-Marktpreisspiegel als Schätzgrundlage klar ab und verwies auf die gravierenden Mängel dieser Datenerhebung (zu groß gewählte Postleitzahlenregionen, zu lange Vorbuchungsfristen, Internetlastigkeit der abgefragten Tarife). Trotz der abweichenden Entscheidungen des OLG Köln (Urteile vom 30.07.2013, AZ: 15 U 168/12 und 15 U 212/12 sowie Urteil vom 01.08.2013, AZ: 15 U 9/12) sah das AG Köln keine Veranlassung von der Schätzgrundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels abzuweichen. Die Vorgehensweise des OLG Köln der Schätzung anhand eines Mittelwertes zwischen Schwacke und Fraunhofer hielt das AG Köln in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des LG Köln (Urteil vom 13.08.2013, AZ: 11 S 174/12) für fehlerhaft. Hierzu führt das AG Köln aus: 4

"Hinzu kommt, dass es methodisch nicht ganz nachvollziehbar erscheint aus zwei mängelbehafteten Erhebungen durch Bildung des arithmetischen Mittels eine geeignete Schätzgrundlage zu ermitteln. Sind beide Erhebungen fehlerbehaftet, muss auch das mathematisch errechnete arithmetische Mittel fehlerbehaftet sein." Interessant sind auch die Ausführungen des AG Köln zu im konkreten Fall unterbreiteten Direktvermittlungsangeboten der Beklagten. Obwohl der Geschädigte in einem Fall dieses Direktvermittlungsangebot nicht angenommen habe, könne sich die Beklagte nicht auf einen Verstoß gegen Schadenminderungspflichten berufen. Unstreitig hätte es sich um Sonderkonditionen der Beklagten bei den genannten Kfz-Vermietern gehandelt. Der BGH habe zur Frage kostengünstigerer Stundenverrechnungssätze in einer freien Fachwerkstatt entschieden, dass eine dortige Reparatur dem Geschädigten dann unzumutbar sei, wenn sie nur deshalb kostengünstiger wäre, weil hier nicht die (markt-) üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern vertragliche Sonderkonditionen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers zugrunde lägen. Gleiches müsse auch bei der Anmietung eines Unfallersatzfahrzeugs gelten. Nach Ansicht des Amtsgerichts würde die dem Geschädigten gemäß 249 Abs. 2 S. 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen, welche ihm die Möglichkeit der Schadenbehebung in eigener Regie eröffnet, wenn man den Geschädigten verpflichten würde, derartige Angebote anzunehmen. Der Geschädigte sei grundsätzlich Herr des Restitutionsgeschehens. Somit schätzte das AG Köln anhand des Schwacke-Automietpreisspiegels, allerdings ohne einen 20 %-igen Aufschlag für unfallbedingte Besonderheiten zu berücksichtigen. Einen Eigenersparnisabzug nahm das Gericht in Höhe von 10 % vor. An Zusatzkosten sprach das Gericht noch die Kosten für die Abholung und Zustellung des Mietfahrzeuges zu. Weiterhin bestätigte das AG Köln die Kosten für den Zusatzfahrer sowie für das Navigationsgerät. Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass das AG Köln in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des LG Köln vereinzelten Entscheidungen des OLG Köln nicht folgt, in welchen anhand eines Mittelwertes zwischen Schwacke und Fraunhofer geschätzt wurde. Der Mittelwert zweier angeblich fehlerhafter Schätzgrundlagen kann nicht zu einem richtigen Ergebnis führen. Diese relativ willkürliche Art und Weise der Schadenschätzung überzeugt demnach nicht. Das AG Köln hat dies klar erkannt und einer derartigen Schadenschätzung eine Absage erteilt. Außerdem macht das AG Köln klar, dass Direktvermittlungsangebote der Versicherung für den Geschädigten unbeachtlich sind, wenn die günstigeren Tarife nur dann erlangt werden können, wenn Sondervereinbarungen des Autovermieters mit der Versicherung bestehen. Ebenso wie bei den Reparaturkosten darf sich der Geschädigte auf dem freien, ihm unmittelbar zugänglichen Mietwagenmarkt umsehen. Konsequenterweise dürfen dann auch nur derartige Tarife bei der Ermittlung des durchschnittlichen Normaltarifs der Region berücksichtigt werden. Beweislast bei Schäden durch Waschanlagen AG Radolfzell, Urteil vom 21.02.2013, AZ: 2 C 214/11 Kläger in dem Rechtsstreit vor dem AG Radolfzell war der Eigentümer eines Fahrzeugs, bei welchem der Scheibenwischer durch eine mitlaufende Dachwalze in einer Waschstraße beschädigt wurde. 5

Ein Sachverständiger stellte fest, dass konstruktionsbedingt die Scheibenwischer durch die mitlaufende Dachwalze von der Windschutzscheibe abgehoben werden und die Dachbürste sich im Wischer verhängen und diesen nach vorne biegen könne. Deshalb sei es erforderlich, vor dem Waschvorgang die Wischerblätter mit Kunststoffhüllen zu schützen. Es könne jedoch auch durch das Betätigen der Scheibenwischer durch den Kläger während des Waschvorgangs zum Schaden gekommen sein. Die Klage auf Schadenersatz wies das AG Radolfzell mit der Begründung ab, die Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zulasten des Waschanlagenbetreibers erfolge nur dann, wenn der Benutzer der Waschanlage darlegen und beweisen kann, dass die Schadenursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Waschanlagenbetreibers stammt. Wenn jedoch die Schadensursache auch aus dem Verantwortungsbereich des Nutzers der Waschanlage stammen kann, bleibt dieser darlegungs- und beweispflichtig für die kausale Verursachung des Schadens durch die Waschanlage. Bei Waschstraßen, die das Fahrzeug mittels einer Schleppeinrichtung bewegen und der Kunde im Auto sitzen bleibt, könne eine Schadenursache auch aus dem Verantwortungsbereich des Kunden herrühren, sodass eine Beweislastumkehr hier zulasten des Waschanlagenbetreibers nicht in Betracht komme. Der Nachweis, dass die Schadenursache allein aus der Risikosphäre des beklagten Waschanlagenbetreibers stammt, konnte durch den Kläger nicht geführt werden, so dass die Klage abzuweisen war. Bei Fahrzeugschäden, die bei der Benutzung einer Waschanlage entstanden sind, greift die Beweislastumkehr zugunsten des geschädigten Autofahrers nur dann, wenn die Schadenursache allein und eindeutig im Verantwortungsbereich des Waschstraßenbetreibers liegt. Unproblematisch dürfte dies in Fällen sein in denen der Benutzer sein Fahrzeug in der Waschanlage abstellt, diese verlässt und sein Fahrzeug erst nach Beenden des Waschprogramms wieder in Empfang nimmt. In diesem Fall hat der Nutzer der Waschanlage keinerlei Einwirkungsmöglichkeit auf sein Fahrzeug. Etwas anderes gilt jedoch in Waschstraßen, in denen das Fahrzeug mittels einer Schleppeinrichtung durch die Waschanlage bewegt wird und der Nutzer im Fahrzeug sitzen bleibt. Hier kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Nutzer auf sein Fahrzeug einwirkt, sodass dessen falsches Verhalten für den Schaden verantwortlich sein kann. In jedem Fall sollten Schäden sofort dokumentiert und dem Betreiber gemeldet werden. 6