FactSheet Einreise und Asylverfahren in Österreich

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Transkript:

FactSheet Einreise und Asylverfahren in Österreich Dieses FactSheet richtet sich an die Mitarbeiter/innen des ÖRK zur Information und Orientierung. Die Informationen wurden zu diesem Zweck vereinfacht dargestellt. Es kann keinesfalls eine fundierte rechtliche Beratung ersetzen und ist auch nicht dafür vorgesehen. Einreise nach Österreich Grundsätzlich benötigen Personen mit Staatsangehörigkeit außerhalb der EU (sogenannte Drittstaatsangehörige) in den meisten Fällen ein Visum für die Einreise nach Österreich. Ist ein solches nicht vorhanden, während die Grenze nach Österreich überschritten wird, spricht man von einem illegalen Grenzübertritt. Die Polizei hat die Möglichkeit, Personen, die illegal die Grenze überschritten haben, binnen 7 Tagen nach Einreise in das Land zurückzuschieben, in dem sich die Personen vor der Einreise nach Österreich aufgehalten haben (Zurückschiebung). Zu diesem Zwecke besteht eine ganze Reihe zwischenstaatlicher Vereinbarungen zwischen Österreich und seinen Nachbarländern zur (Rück)-Übernahme dieser illegal eingereisten Personen. So ist etwa im Fall von Italien eine formlose Zurückschiebung von Personen möglich, wenn diese innerhalb von 24 Stunden nach der Einreise stattfindet. Asylantrag All diese Regeln gelten nicht mehr, wenn eine Person einen Antrag auf internationalen Schutz (Asylantrag) stellt. Mit diesem Antrag ersucht eine Person die Republik Österreich um Schutz, da sie in ihrem Herkunftsstaat verfolgt wird. Der Asylantrag ist formlos und kann bei jedem/jeder PolizistIn sowie in einer der Erstaufnahmestellen (Traiskirchen, Thalham & Flughafen Schwechat) gestellt werden. Nach erfolgter Antragstellung bei einem/einer PolizistIn werden die Daten der Person aufgenommen und diese anschließend in eine Erstaufnahmestelle gebracht. 1

Zulassungsverfahren Damit beginnt das Zulassungsverfahren. In diesem Verfahren wird überprüft, ob Österreich überhaupt zuständig für die Prüfung des Asylantrages ist. Während des Zulassungsverfahrens erhält die Person eine grüne Ausweiskarte*, die als Personalausweis dient. Sie wird durch den Bund (in der Regel in einer Betreuungsstelle) versorgt. * grüne Ausweiskarte Ein Grund, weshalb Österreich nicht für das Asylverfahren zuständig sein könnte, wäre, wenn die Person bereits durch einen anderen Staat der EU gereist oder dort einen Asylantrag gestellt hat. Hier kommen die Regeln der sogenannten Dublin III Verordnung zum Tragen (siehe FactSheet Dublin-III Verfahren). Sieht sich Österreich als nicht zuständig für das Verfahren, wird die Person in den entsprechenden EU- Mitgliedstaat abgeschoben. Inhaltliche Prüfung Kann kein anderer EU-Staat bestimmt werden, der für das Verfahren zuständig wäre, muss dieses von Österreich geführt werden. Das Asylverfahren ist damit zugelassen und die Fluchtgründe müssen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl inhaltlich geprüft werden. Die Person erhält nunmehr eine weiße Karte*, die dokumentiert, dass sie AsylwerberIn ist. Mit zugelassenem Verfahren wird die Versorgung durch ein Bundesland übernommen. Eine Arbeitsaufnahme ist in dieser Zeit nicht möglich. Ebenso wenig können Familienangehörige nachgeholt werden. * weiße Karte 2

Entscheidung und Rechtsmittel Im Rahmen der inhaltlichen Prüfung muss festgestellt werden, ob diese Person als Flüchtling anzuerkennen ist. Dies ist dann der Fall, wenn sie wohlbegründete Furcht vor Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat aus Gründen der Rasse, Religion, politischen Überzeugung, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (z.b. Homosexualität, Behinderung, frauenspezifische Verfolgungsgründe) glaubhaft macht. In diesem Fall wird der Person der Flüchtlingsstatus zuerkannt. Ist dies nicht der Fall, wird geprüft, ob dieser Person bei einer Abschiebung in den Herkunftsstaat Gefahr für Leib und Leben droht (z.b. wegen eines Bürgerkrieges). In diesem Fall darf die Person nicht abgeschoben werden und erhält in Österreich Subsidiären Schutz. Kann keine Gefährdung festgestellt werden, erhält die Person in der Regel die Aufforderung, Österreich zu verlassen (sogenannte Rückkehrentscheidung). Kommt sie dieser Aufforderung nicht rechtzeitig freiwillig nach, wird sie in letzter Konsequenz in den Herkunftsstaat abgeschoben. Gegen eine ablehnende Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl kann auch binnen 14 Tagen eine Beschwerde erhoben werden. Obwohl dafür nicht zwingend ein Rechtsanwalt vorgesehen ist, lohnt es sich, rechtliche Beratung einzuholen. Hierfür werden dem Fall automatisch RechtsberaterInnen zugewiesen. Der Fall wird daraufhin durch das Bundesverwaltungsgericht neuerlich untersucht. Anerkannte Flüchtlinge und Subsidiär Schutzberechtigte Personen mit Flüchtlingsstatus oder Subsidiärem Schutz haben das Recht, in Österreich zu bleiben und vollkommen freien Zugang zum Arbeitsmarkt (sprich, sie dürfen jede Arbeit annehmen). Ebenso haben sie weitgehend den gleichen Zugang wie ÖsterreicherInnen zu sozialen Leistungen (z.b. Mindestsicherung). Während der Flüchtlingsstatus unbefristet erteilt wird, muss der Subsidiäre Schutz nach einem Jahr (und später alle zwei Jahre) verlängert werden. Mit dem Status als Flüchtling oder Subsidiär SchutzberechtigteR ist es unter gewissen Umständen auch möglich, gewisse Familienangehörige nach Österreich nachzuholen. 3

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Fact Sheet Das Dublin III Verfahren Dieses FactSheet richtet sich an die Mitarbeiter/innen des ÖRK zur Information und Orientierung. Die Informationen wurden zu diesem Zweck vereinfacht dargestellt. Es kann keinesfalls eine fundierte rechtliche Beratung ersetzen und ist auch nicht dafür vorgesehen. 1. Zielsetzung Die sogenannte Dublin III Verordnung ist eine europaweite Regelung für die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages. Grundgedanke ist einerseits, dass verhindert werden soll, dass Personen nach negativer Entscheidung in einem europäischen Staat einfach weiterreisen und in einem anderen Staat einen neuen Asylantrag stellen ( Asylum-Shopping ), andererseits, dass auf jeden Fall ein Staat zuständig ist, das Asylverfahren inhaltlich zu prüfen, um zu verhindern, dass Personen von einem Staat zum nächsten weitergeschoben werden ( Refugees-in-orbit ). 2. Zuständigkeitskriterien Es gibt daher eine Reihe von Kriterien, die in dieser Reihenfolge geprüft werden müssen, sobald in einem Staat ein Asylantrag gestellt wird. Sobald eines dieser Kriterien zutrifft, ist der jeweilige Staat zuständig. Die weiteren Kriterien brauchen dann nicht mehr geprüft werden. Kriterium 1 Unbegleitete Minderjährige Ist der Antragsteller ein unbegleiteter Minderjähriger, wird geprüft, ob sich in einem anderen EU-Staat Familienangehörige (= EhepartnerIn, Eltern) oder Geschwister rechtmäßig aufhalten. Ist dies der Fall, ist dieser Staat für die Prüfung des Asylantrages zuständig. Sind keine Familienangehörige in einem EU-Staat anwesend, wird als zweiter Schritt geprüft, ob in einem Staat Verwandte (= Onkel, Tanten, Großeltern) dieses Minderjährigen rechtmäßig aufhältig sind. Ist dies der Fall, ist jener Staat zuständig. Beispiel: Abdul, 14, aus Afghanistan, stellt einen Asylantrag in Österreich. Die Eltern und Geschwister von Abdul befinden sich noch immer in Afghanistan. Es stellt sich jedoch heraus, dass ein Onkel von Abdul in Deutschland einen Aufenthaltstitel hat. Somit ist Deutschland für Abduls Familienverfahren zuständig. Gibt es keine Familienangehörigen oder Verwandte innerhalb der EU, ist der Staat zuständig, in dem der Asylantrag gestellt wurde. Kriterium 2 Familienangehörige mit internationalem Schutz Bei volljährigen AntragstellerInnen wird zuerst geprüft, ob sich Familienangehörige (= EhepartnerIn, minderjährige Kinder) in einem anderen europäischen Land befinden, denen internationaler Schutz (Asyl oder Subsidiärer Schutz) gewährt wurde. Dieser Staat wäre dann für die Prüfung des Antrages zuständig, wenn die betroffene Person dies schriftlich wünscht. Beispiel: Familie R wird auf der Flucht aus Syrien in der Türkei getrennt. Der Vater schafft es mit dem ältesten Sohn (16) nach Österreich, wo ihnen Asyl gewährt wird. Vier Monate später schafft es die Mutter mit den beiden jüngeren Kindern (8 und 5) nach Bulgarien. Sie weiß, dass sich Vater und Sohn in Österreich befinden, und wünscht auch dorthin zu kommen. Österreich wäre für dieses Verfahren zuständig. 5

Kriterium 3 Familienangehörige im Asylverfahren Befinden sich Familienangehörige (= EhepartnerIn, minderjährige Kinder) in einem europäischen Staat und haben dort einen Asylantrag gestellt, aber noch keine erste Entscheidung erhalten, ist dieser Staat für die Prüfung des Asylverfahrens zuständig. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn die Familienbeziehungen bereits im Herkunftsstaat (= Staat der jeweiligen Staatsangehörigkeit) bestanden haben. Auch hier müssen die Betroffenen diesen Wunsch schriftlich äußern. Beispiel: Herr A flüchtet aus Somalia nach Schweden, wo er einen Asylantrag stellt. Seine Frau und ein Sohn (14) gelangen drei Wochen später nach Italien. Da bislang keine Entscheidung über den Antrag von Herrn A getroffen wurde, ist Schweden für die Prüfung aller Asylverfahren der Familie zuständig. Kriterium 4 Gleichzeitige Antragstellung von Familienangehörigen Stellen mehrere Mitglieder einer Familie (= EhepartnerInnen und minderjährige Kinder) zugleich oder sehr knapp hintereinander Asylanträge, ist jener Staat zuständig, in dem sich der größte Teil der Familie befindet. Sind die verschiedenen Teile gleich groß, ist jener Staat zuständig, in dem sich das älteste Familienmitglied befindet. Beispiel: Familie O flüchtet aus Nigeria Richtung Europa. Bei der Überquerung des Mittelmeers werden sie getrennt. Während der Vater (35) mit einem Sohn (7) nach Spanien gelangt und dort Asyl beantragt, landet die Mutter drei Tage später mit dem älteren Sohn (12) in Italien und beantragt dort Asyl. Nachdem nun zwei gleich große Teile der Familie in verschiedenen Ländern sind, ist Spanien zuständig, da sich dort das älteste Familienmitglied aufhält. Kriterium 5 Ausstellung von Visa und Aufenthaltstitel Existieren keine Familienangehörigen im EU Raum, wird geprüft, ob ein EU Staat die legale Einreise ermöglicht hat. Besitzt die Person, die den Asylantrag stellt, einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Staates, ist dieser Staat für das Asylverfahren zuständig. Besitzt die Person ein Visum für den Schengen-Raum, ist jener Staat zuständig, der das Visum erteilt hat. Beispiel: Shamsher (25) aus Indien, möchte nach Deutschland. Er erhält ein Touristenvisum über die lettische Botschaft, reist nach Lettland ein, fährt aber weiter nach Deutschland und stellt dort einen Asylantrag. In diesem Fall wäre Lettland für die Prüfung des Antrages zuständig. Kriterium 6 Illegale Einreise und Aufenthalt Hat kein Mitgliedstaat die legale Einreise ermöglich, wird schlussendlich geprüft, welcher Staat die illegale Einreise nicht verhindert hat. Wird also festgestellt, dass eine Person in den letzten 12 Monaten illegal die EU-Außengrenze überschritten hat, ist jener Staat zuständig, wo dies passiert ist. Ist die Einreise bereits länger als 12 Monate her, wird überprüft in welchem Staat sich die Person zuletzt für mehr als 5 Monate aufgehalten hat. Dieser Staat wäre dann zuständig. Beispiel: Ruslan (29) aus Tschetschenien reist im Dezember 2012 illegal nach Polen ein. Er hält sich dort drei Monate auf und reist schließlich nach Tschechien weiter, wo er bis Jänner 2014 illegal lebt. Im Februar 2014 stellt er einen Asylantrag in Österreich. Polen ist für sein Asylverfahren nicht mehr zuständig, da die illegale Einreise bereits mehr als 12 Monate her ist, Tschechien jedoch sehr wohl, da er sich dort für mehr 5 Jahre aufgehalten hat. 6

Kriterium 7 Übrige Anträge Lässt sich anhand der bisherigen Kriterien kein zuständiger Staat feststellen (z.b. weil sich der Reiseweg nicht nachkonstruieren lässt), ist jener Staat zuständig, in dem der erste Asylantrag gestellt wurde. 3. Überstellung in den zuständigen Staat Erachtet ein Staat (A) einen anderen (B) für zuständig, muss er ein Ansuchen an diese Staat stellen, die Person zu übernehmen. Der ersuchte Staat B hat einen Monat (in manchen Fällen nur zwei Wochen) Zeit, dem Ansuchen zuzustimmen oder dieses abzulehnen. Erfolgt keine Rückmeldung in dieser Frist, wird dies als Zustimmung gedeutet. In der Folge hat der Staat A sechs Monate Zeit, die Person in Staat B zu überstellen. Ist die Person untergetaucht und nicht greifbar, verlängert sich die Frist auf 18 Monate. Kann in dieser Zeit keine Überstellung stattfinden ist Staat A für den Asylantrag zuständig. Die Kosten für die Überstellung werden immer vom überstellenden Staat A übernommen. Eine Ausnahme von dieser Überstellungspflicht liegt derzeit in Griechenland vor. Aufgrund der systemischen Mängel im griechischen Asylsystem ist eine Überstellung nach Griechenland nicht erlaubt. Somit ist Staat A für das Asylverfahren zuständig, es sei denn, es lässt sich aufgrund der Kriterien ein anderer zuständiger Staat bestimmen. 7

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