Die Zusammenarbeit zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen

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Transkript:

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF Staatssekretariat für Wirtschaft SECO Direktion für Arbeit Internationale Arbeitsfragen Die Zusammenarbeit zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen zwischen der Schweiz und China Bericht des Staatssekretariat für Wirtschaft SECO an die APK-N in Beantwortung der Frage von Nationalrat Tim Guldimann vom 1. März 2016 17.06.2016 Staatssekretariat für Wirtschaft SECO Karin Federer Holzikofenweg 36, 3003 Bern Tel. +41 58 462 07 08, Fax +41 58 463 08 68 karin.federer@seco.admin.ch www.seco.admin.ch 041.6-00002 \ COO.2101.104.7.1814336

Inhaltsverzeichnis 1 Institutioneller und politischer Rahmen... 3 2 Aktueller Stand und geplante Ausweitung der Zusammenarbeit... 4 2.1 Aktueller Stand der Zusammenarbeit... 4 2.1.1 Dialog zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Arbeitsdialog)... 4 2.1.2 Projekte der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit... 5 2.1.3 Fazit der bisherigen Zusammenarbeit... 6 2.2 Geplante Ausweitung der Zusammenarbeit... 6 3 Anhang... 7 3.1 Glossar... 7 041.6-00002 \ COO.2101.104.7.1814336 2/7

Einleitung Der vorliegende Bericht erfolgt in Beantwortung der Frage von Nationalrat Tim Guldimann (Zürich, Sozialdemokratische Fraktion), die während der Diskussion des Berichts des Bundesrates zur Aussenwirtschaftspolitik 2015 im Nationalrat am 1. März 2016 gestellt wurde (16.008; Aussenwirtschaftspolitik. Bericht 2015). Die Frage von Nationalrat Tim Guldimann lautete: Herr Bundespräsident, im Bericht erwähnen Sie auf Seite 900, dass parallel zum Freihandelsabkommen ein Abkommen über die Zusammenarbeit in Arbeits- und Beschäftigungsfragen mit China abgeschlossen worden ist. Sie erwähnen auch die Fortschritte, die dort erörtert wurden. Meine Frage: Könnten Sie einen Bericht erstellen über die Fortschritte, die bei Beschäftigungs- und Arbeitsfragen erzielt worden sind, und darüber, wie diese Kooperation - wie Sie schreiben - ausgeweitet werden kann auf Fragen der Arbeitsbedingungen, Arbeitslosenversicherung, Berufsbildung und Sozialpartnerschaft? Können Sie uns dazu einen Bericht erstellen? Bundespräsident Johann N. Schneider-Ammann nahm die Anfrage von Nationalrat Guldimann auf. In Beantwortung der gestellten Fragen legt der vorliegende Bericht zuerst den rechtlichen und politischen Rahmen der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der Volksrepublik China (nachfolgend China) im Bereich Arbeit und Beschäftigung dar (Ziffer 1). Er geht anschliessend auf die zwei gestellten Fragen ein, namentlich auf den Stand der Zusammenarbeit zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen zwischen der Schweiz und China (Ziffer 2.1) sowie auf die geplante Ausweitung der Zusammenarbeit auf die Bereiche Arbeitsbedingungen, Arbeitslosenversicherung, Berufsbildung und Sozialpartnerschaft (Ziffer 2.2). 1 Institutioneller und politischer Rahmen Am 15. Juni 2011 haben das Eidgenössiche Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) und das chinesische Ministerium für Human Resources und Soziale Sicherheit (MoHRSS) ein Memorandum of Understanding (MoU) zur Lancierung einer bilateralen Zusammenarbeit in Arbeits- und Beschäftigungsfragen unterzeichnet. Das MoU sieht vor, gemeinsame Aktivitäten im Bereich Arbeit durchzuführen, um menschenwürdige Arbeit und das gegenseitige Verständnis zu fördern. 1 Parallel zum Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China haben das WBF und das MoHRSS 2013 das Abkommen zur Zusammenarbeit in Arbeits- und Beschäftigungsfragen abgeschlossen. 2 Dieses Abkommen trat am 9. Juni 2014 in Kraft und formuliert eine Reihe von gemeinsamen Überzeugungen zum Zusammenhang zwischen Handel und Arbeit und verweist auf die bestehenden Verpflichtungen im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO). Das Abkommen betont die Wichtigkeit der Kooperation in diesem Gebiet und verweist explizit auf das MoU von 2011 als Rahmen zur konkreten Umsetzung der Zusammenarbeit. Das Abkommen und das MoU fördern den Dialog, das gegenseitige Verständnis und das gegenseitige Lernen. Die Schweiz will keine Lektionen erteilen. Aufgrund des Arbeitsabkommens können keine handelspolitischen Massnahmen beschlossen werden. Die Bestimmungen im Arbeitsabkommen sind vergleichbar mit den Arbeitsaspekten im Kapitel Handel und nachhaltige Entwicklung, welches die Schweiz beziehungsweise die EFTA seit 2010 in allen Freihandelsverhandlungen vorschlägt. 1 Das MoU mit MoHRSS ist auf der Internetseite des SECO unter Arbeit> Internationale Arbeitsfragen> Aussenwirtschaftspolitik und Arbeitsstandards abrufbar. https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/arbeit/internationale_arbeitsfragen/aussenwirtschaftspolitik.html 2 Das Arbeitsabkommen ist auf der Internetseite des SECO unter Aussenwirtschaft & Wirtschaftliche Zusammenarbeit> Wirtschaftsbeziehungen> Freihandelsabkommen> Partner weltweit> China> Abkommenstexte abrufbar. https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/aussenwirtschaftspolitik_wirtschaftliche_zusammenarbeit/wirtschaftsbeziehungen/freihandelsabkommen/partner_weltweit/china/abkommenstexte.html 041.6-00002 \ COO.2101.104.7.1814336 3/7

Anlässlich eines Treffens zwischen den schweizerischen und chinesischen Arbeitsbehörden im März 2015 äusserte China das Interesse, die Zusammenarbeit auf weitere Themen auszudehnen, insbesondere auf die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (nachfolgend Gesundheitsschutz ). Da das bestehende MoU mit dem MoHRSS von 2011 die Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes nicht abdeckt, verhandelte das WBF ein zusätzliches MoU betreffend der Zusammenarbeit zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz mit der chinesischen Behörde für Arbeitssicherheit (SAWS). Das neue MoU mit SAWS wurde anlässlich des Staatsbesuchs von Bundespräsident Johann N. Schneider-Ammann am 9. April 2016 unterzeichnet. 3 Seit 2009 informiert der Bundesrat im jährlichen Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik explizit über seine Aktivitäten im Bereich Handel und Nachhaltigkeit. Der Bundesrat geht in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Umsetzung der Nachhaltigkeitsbestimmungen in Freihandelsabkommen, die Umsetzung des Arbeitsabkommens mit China und die Umsetzung der MoU in den Bereichen Arbeit und Beschäftigung sowie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ein. Ausserdem wird die Tripartite Kommission für Angelegenheiten der IAO regelmässig über die operationelle Umsetzung der arbeitsrelevanten Bestimmungen von Wirtschaftsabkommen und über die Zusammenarbeit mit Partnerstaaten in den Bereichen Arbeit und Beschäftigung informiert. 2 Aktueller Stand und geplante Ausweitung der Zusammenarbeit 2.1 Aktueller Stand der Zusammenarbeit Das Arbeitsabkommen zwischen der Schweiz und China, sowie die beiden MoU mit den chinesischen Behörden MoHRSS und SAWS werden von der Direktion für Arbeit des SECO umgesetzt. Die Schweiz verfolgt dabei einen Ansatz auf zwei Schienen. Erstens pflegen die Schweiz und China einen Dialog zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen von gemeinsamem Interesse, sowohl auf politischer als auch auf Expertenebene. Zweitens unterstützt die Schweiz Projekte der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit in China, um Arbeitsbedingungen und Produktivität in Unternehmen zu verbessern. Beide Schienen fördern die konstruktive Zusammenarbeit und das gegenseitige Lernen. Wenn möglich werden die Sozialpartner direkt einbezogen, die ein wichtiger Teil der Schweizer Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik sind. Sowohl im politischen Dialog als auch in den wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeitsprojekten wurden seit 2011 konkrete Resultate erzielt, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken. 2.1.1 Dialog zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Arbeitsdialog) Ziel des regelmässigen Dialogs zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen (nachfolgend Arbeitsdialog ) ist es, das Lernen und gegenseitige Verständnis zu fördern. Trotz des unterschiedlichen Stands in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung teilen die Schweiz und China eine Reihe von Herausforderungen in der globalen Welt. Beispielsweise haben sowohl in der Schweiz wie auch China die demographische Entwicklung oder der Fachkräftemangel einen grossen Einfluss auf den Arbeitsmarkt. Ein Austausch zu diesen Themen kann für beide Länder nützlich sein. Die Schweiz will dabei keine Lektionen erteilen. Schliesslich sind die Her- 3 Das MoU mit SAWS ist ebenfalls auf der Internetseite des SECO unter Arbeit> Internationale Arbeitsfragen> Aussenwirtschaftspolitik und Arbeitsstandards abrufbar. https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/arbeit/internationale_arbeitsfragen/aussenwirtschaftspolitik.html 041.6-00002 \ COO.2101.104.7.1814336 4/7

ausforderungen von unterschiedlichen Grössenordnungen. Beispielsweise muss China gemäss Angaben des MoHRSS jährlich 15 Millionen neue Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt aufnehmen fast das Doppelte der Schweizer Bevölkerung. Nach der Unterzeichnung des ersten MoU zwischen dem WBF und dem MoHRSS von 2011 fanden zwischen 2011 und 2013 drei Expertentreffen zum Thema Arbeitsinspektion statt. Teilgenommen haben Vertreterinnen und Vertreter der Direktion für Arbeit des SECO und des MoHRSS. Der Austausch zu Themen wie die Koordination der Arbeitsinspektion zwischen verschiedenen Staatsebenen oder der Einbezug von Sozialpartnern war sowohl für die Schweiz als auch für China relevant. Die Zusammenarbeit wurde von beiden Seiten ausdrücklich geschätzt. Ausserdem trafen sich die Schweiz und China regelmässig während der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf zu einem fachlichen Austausch (letztmals im Juni 2015). Um den Austausch auf hoher Beamtenebene zu stärken, reiste im März 2015 auf Einladung der chinesischen Partner erstmals eine tripartite Schweizer Delegation nach China. Neben Vertreterinnen und Vertretern des SECO nahm auch je ein Vertreter des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes teil. Die Schweizer Delegation traf sich unter anderem mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern des MoHRSS, des SAWS sowie der chinesischen Sozialpartner. Der Fokus der Gespräche lag auf den Themen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, Sozialpartnerschaft sowie Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Diese Treffen waren offen und konstruktiv. Mit allen Partnerbehörden wurde vereinbart, die Gespräche in Zukunft weiterzuführen. Die Austausche sind auch für die chinesische Seite wertvoll. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass die Schweiz bereits mehrere Anfragen für Expertentreffen erhielt. Zwei Expertentreffen fanden noch 2015 in Bern statt. Themen der Treffen waren das Schweizer System der Arbeitssicherheit und Unfallversicherung, sowie die Messung und Verbesserung von Arbeitsqualität. China erneuert derzeit sein Indikatorsystem, um Arbeitsqualität zu messen, und interessiert sich in diesem Zusammenhang für die Erfahrungen von anderen Ländern, darunter jene der Schweiz. An den Treffen nahmen seitens der Schweiz Expertinnen und Experten des SECO, der SUVA sowie des Bundesamts für Statistik (BFS) teil. Von chinesischer Seite waren das MoHRSS und das SAWS vertreten. Als Vertiefung dieser Austausche ist für 2016 ist ein weiteres Expertentreffen im Bereich Sozialdialog zur Förderung der Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz geplant. Zu diesem Anlass werden insbesondere die verschiedenen Rollen der tripartiten Akteure (Gewerkschaften, Arbeitgeber, Staat) im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz beleuchtet. 2.1.2 Projekte der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit Parallel zum politischen Dialog zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen, finanziert die Schweiz seit 2010 das Projekt Sustaining Competitive and Responsible Enterprises (SCORE) in China. SCORE wird von der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) umgesetzt. Das Projekt bietet in Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen praktische Ausbildungen und Firmenberatungen an, um die Produktivität und Arbeitsbedingungen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu verbessern. Vorgesetzte und Arbeitnehmende werden zusammen ausgebildet, mit dem Ziel, die Zusammenarbeit am Arbeitsplatz zu verbessern. Bisher haben über 120 chinesische KMU im SCORE-Projekt teilgenommen. Diese KMU beschäftigen in China insgesamt 61 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Für diese Angestellten bringt das SCORE-Projekt konkrete Verbesserung in den Arbeitsbedingungen. In den teilnehmenden KMU in China konnten die Arbeitsunfälle um 36% gesenkt werden. Die Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer sind zufriedener. Dies zeigt sich durch eine Abnahme der Beschwerden um durchschnittlich 79%. Gleichzeitig verbessert SCORE die Produktivität der KMU und somit ihre Chance, sich in die globalen Lieferketten zu integrieren. 87% der Firmen können dank der SCORE Ausbildung Kosten reduzieren und 60% senken die Fehlerquote in der Produktion. Die Produktion wird ausserdem umweltfreundlicher, denn rund 041.6-00002 \ COO.2101.104.7.1814336 5/7

50% der KMU reduzieren ihren Material- und Energieverbrauch. Von der gestiegenen Produktivität profitierten wiederum die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: 50% der teilnehmenden Firmen erhöhten dank SCORE die Löhne. Die Anzahl der chinesische KMU, die in die weltweiten Lieferketten integriert sind, steigt laufend. Gleichzeitig steigt der Druck auf diese KMU, die internationalen Standards in Bezug auf die Produktivität, Qualität, sowie soziale und ökologische Nachhaltigkeit einzuhalten. Deshalb arbeitet das SCORE-Projekt eng mit internationalen Firmen zusammen, die Arbeitsbedingungen und die Produktivität in ihren Lieferketten verbessern wollen. Beispielsweise startete die IAO ein Pilotprojekt mit COOP Schweiz, um deren Zulieferbetriebe mit SCORE auszubilden. Ausserdem arbeitet die IAO mit internationalen Firmennetzwerken zusammen, wie die Ethical Trading Initiative (ETI) und die Business Social Compliance Initiative (BSCI). Diese Partnerschaften sind vielversprechend, denn sowohl die Einkäuferfirmen als auch die Zulieferbetriebe haben ein Interesse daran, produktiver zu werden und zu menschenwürdigen Bedingungen zu produzieren. Das SCORE Projekt ergänzt den politischen Dialog mit den chinesischen Partnerbehörden direkt. Das Ministerium für Human Resources und Soziale Sicherheit (MoHRSS) sowie die chinesischen Sozialpartner sind im Beratungsausschuss des Projekts aktiv. Somit können die praktischen Erfahrungen aus dem SCORE Projekt wieder in die Politik einfliessen. Der Behörde für Arbeitssicherheit SAWS kommt ebenfalls eine wichtige Rolle zu. SAWS bildet seine Arbeitsinspektorinnen und Arbeitsinspektoren in der SCORE Methodologie aus und fördert damit die Prävention von Arbeitsunfällen und Arbeitskrankheiten. Die Zusammenarbeit zwischen SCORE und SAWS ermöglicht es ausserdem, eine grosse Zahl von chinesischen Firmen zu erreichen. 2.1.3 Fazit der bisherigen Zusammenarbeit Seit der Unterzeichnung des ersten Memorandum of Understanding zu Arbeitsfragen mit China 2011 hat sich die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und China laufend erweitert und vertieft. Der Austausch zwischen den Behörden wurde von Expertentreffen zu einem hochrangigen Arbeitsdialog entwickelt. Auch die behandelten Themen wurden ausgeweitet. Konzentrierten sich die Gespräche während der ersten Treffen hauptsächlich auf die Arbeitsinspektion, wurden später weitere Themen wie Arbeitsmarktpolitik, Sozialpartnerschaft sowie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz hinzugefügt. Die Unterzeichnung eines neuen MoU mit SAWS während des Staatsbesuchs von Bundespräsident Johann N. Schneider-Ammann im April 2016 zeigt, dass beide Seiten die Zusammenarbeit vertiefen und weiter formalisieren wollen. Die regelmässigen Kontakte zu Arbeits- und Beschäftigungsthemen zwischen der Schweiz und China tragen zu guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern bei. Sie stärken das gegenseitige Vertrauen zwischen den Behörden. Somit können Herausforderungen offen angesprochen werden und beide Länder können voneinander lernen. Die Schweiz wird sich weiterhin als respektvolle und konstruktive Partnerin für diesen Dialog zur Verfügung stellen. Ergänzend zu den langfristigen Prozessen des Arbeitsdialogs unterstützt die Schweiz mit dem SCORE-Projekt der Internationalen Arbeitsorganisation konkrete Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in chinesischen Firmen. Dank der guten Zusammenarbeit mit den chinesischen Behörden und mit internationalen Unternehmen konnte das Projekt bereits auf mehrere Landesteile ausgedehnt werden und erreicht laufend mehr KMU. 2.2 Geplante Ausweitung der Zusammenarbeit Aufgrund der positiven Erfahrungen soll die Zusammenarbeit in Arbeits- und Beschäftigungsfragen zwischen der Schweiz und China weiterhin auf zwei Schienen umgesetzt werden (Arbeitsdialog kombiniert mit wirtschaftlicher Entwicklungszusammenarbeit). Die Zusammenarbeit soll, je nach Ressourcen und Interesse von beiden Seiten, weiter verstärkt werden. 041.6-00002 \ COO.2101.104.7.1814336 6/7

Den nächsten hochrangigen Arbeitsdialog zwischen der Direktion für Arbeit des SECO und dem MOHRSS ist für Ende 2016 in der Schweiz geplant. Auch die Sozialpartner werden dazu eingeladen. Beide Delegationen haben Interesse an einem Austausch zu den Themen Arbeitsbedingungen, Arbeitslosenversicherung, Berufsbildung und Sozialpartnerschaft bekundet. Diese Themen bleiben relevant für Chinas Bestrebungen, seine Produktion aufzuwerten, dem demographischen Wandel zu begegnen und den sozialen Frieden zu sichern. Die Schweiz ist bereit, ihre Erfahrungen im Bereich Arbeit und Beschäftigung zu teilen, darunter auch das Schweizer System des Sozialdialogs und der Berufsbildung. Bei letzterem konzentriert sich der Austausch auf die arbeitsmarktlichen Aspekte der Berufs- und Weiterbildung. Im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz plant die Schweiz im September 2016 am Internationalen Forum für Arbeitssicherheit in Peking teilzunehmen und die Schweizer Expertise zur Umfallverhütung mit einem breiten Publikum zu teilen. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ist eine grosse Herausforderung für China und erklärte Priorität der chinesischen Regierung. Die Explosionen im Hafen von Tianjin vom August 2015 zeigten, dass ein ausgebautes System der Arbeitssicherheit auch zum Schutz der Umwelt beiträgt. Auf Firmenebene plant die Schweiz ihr Engagement im IAO-Projekt SCORE weiterzuführen. Damit trägt sie weiterhin zu einer konkreten Verbesserung der Arbeitsbedingungen in chinesischen Unternehmen bei, fördert die praktischen Aus- und Weiterbildungen sowie das gute Arbeitsklima in den jeweiligen Betrieben. Eine grosse Rolle kommt wiederum der Förderung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zu. Im Projekt SCORE werden KMUs, Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Arbeitsinspektion darin geschult, Gefahren am Arbeitsplatz zu erkennen und die Arbeitssicherheit in den Unternehmen zu erhöhen. Die Schweiz kann mit ihrer Expertise in diesem Bereich zu sicheren und menschenwürdigeren Arbeitsplätzen in China beitragen. 3 Anhang 3.1 Glossar Abkürzung APK-N BFS EFTA IAO KMU MoHRSS MoU SAWS SCORE SECO SUVA WBF Bedeutung Aussenpolitische Kommission des Nationalrates Bundesamt für Statistik Europäische Freihandelsassoziation (engl. European Free Trade Association) Internationale Arbeitsorganisation Kleine und mittlere Unternehmen Chinesisches Ministerium für Human Resources und Soziale Sicherheit (engl. Ministry of Human Resources and Social Security) Absichtserklärung (engl. Memorandum of Understanding) Chinesische Behörde für Arbeitssicherheit (engl. State Administration of Work Safety) IAO-Projekt Sustaining Competitive and Responsible Enterprises Staatssekretariat für Wirtschaft Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung 041.6-00002 \ COO.2101.104.7.1814336 7/7