Seminar WiSe 2015/2016. PD Dr. Markus Nett. Leibniz Institut für Naturstoff Forschung und Infektionsbiologie E mail: jena.

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15 Kernphysik Der Atomkern 15.2 Kernspin 15.3 Radioaktivität 15.4 Zerfallsgesetz radioaktiver Kerne

Transkript:

Kernresonanzspektroskopie Seminar WiSe 2015/2016 PD Dr. Markus Nett Nachwuchsgruppenleiter Leibniz Institut für Naturstoff Forschung und Infektionsbiologie E mail: markus.nett@hki jena.de

NMR = nuclear magnetic resonance Kernmagnetische Resonanz tritt auf, wenn die Kerne (= Nuclei) bestimmter Atomsorten (1) sich in einem statischen Magnetfeld befinden und (2) einem zweiten oszillierenden Magnetfeld ausgesetzt werden. Voraussetzung für kernmagnetische Resonanz ist, dass der betreffende Atomkern einen Kernspin 0 besitzt. -2 -

Was versteht man unter Spin? engl. to spin = kreiseln Der Spin ist ein gequantelter Drehimpuls. keine Beschränkung auf ganze Quantenzahlen (I = 0,, 1,, 2, usw.) Einzelne Protonen, Elektronen und Neutronen besitzen einen Spin von. Die Richtungen, in die der Spin zeigen kann, sind quantisiert. Spins können positive oder negative Vorzeichen tragen. Elektronen, die sich ein Orbital teilen, unterscheiden sich in ihrer Spinrichtung. Zwei oder mehr gepaarte Teilchen mit entgegengerichteten Spins haben keinen nach außen wirksamen Spin. 1 2 3 2 1 2-3 -

Was versteht man unter Spin? Der Gesamtspin eines Kerns ergibt sich aus der Summe der Spins der Kernbausteine, d.h. der Protonen und Neutronen (= Nukleonen). Berechnen Sie den Kernspin der folgenden Atomkerne: Anz. Protonen Anz. Neutronen Kernspin 1 H 1 0 2 H 1 1 4 He 2 2 12 C 6 6 13 C 6 7 14 N 7 7 15 N 7 8 19 F 9 10-4 -

Magnetisches Moment Die Rotation eines geladenen Teilchens induziert ein Magnetfeld. Teilchen und Atomkerne, die einen Spin besitzen, verhalten sich im Magnetfeld als hätten sie ein magnetisches Moment. Beispiel: der Wasserstoffkern Ausrichtung in einem externen Magnetfeld: Energie -5 -

Magnetresonanz Ein Übergang zwischen den beiden Energiezuständen ist möglich durch Absorption eines Photons. Die Energie des Photons muss dabei genau der Energiedifferenz zwischen den beiden Zuständen entsprechen: E h Aufspaltung der beiden Spinzustände eines Kerns in einem äußeren Magnetfeld B da folgt: E h B Energie e h = Plancksche Konstante = Resonanzfrequenz B = gyromagnetisches Verhältnis = Magnetfeldstärke Magnetfeldstärke -6 -

Präzessionsbewegung / Kreiselmodell Kern-Zeeman-Niveaus in Richtung des äußeren Feldes entgegen dem äußeren Feld Präzessionsbewegung Anstoss -7 -

Prinzip der NMR-Messung (vereinfachte Darstellung) -8 - = Relaxation

Protonenresonanzspektrum Beispiel: 1 H-NMR-Spektrum von Methanol Ind duktionssp pannung de er Empfän ngerspule δ [ppm] = Signalfrequenz [Hz] Betriebsfrequenz [MHz] δ [ppm] Magnetfeldstärke -9 -

Chemische Verschiebung abhängig von: Art der chemischen Bindung Umgebung des Kerns Durch den Einfluss in der Nähe befindlicher Atome, deren Elektronen selbst Magnetfelder besitzen, kann die Stärke des äußeren Feldes verringert oder verstärkt werden: Abschirmung muss durch Verstärkung des äußeren Feldes kompensiert werden diamagnetische Verschiebung / Hochfeldverschiebung der Kernresonanzsignale zu kleineren δ-werten Entschirmung für die Resonanz muss die äußere Feldstärke verkleinert werden paramagnetische Verschiebung / Tieffeldverschiebung der Kernresonanzsignale zu größeren δ-werten - 10 -

Chemische Verschiebung und Elektronegativität Elektronegativität von X nimmt zu Elektronendichte um H A nimmt ab chemische Verschiebung von H A nimmt zu -11 -

Chemische Verschiebung Beispiel: 1 H-NMR-Spektrum von Methanol CH 3 tiefes Feld hohes Feld OH δ [ppm] - 12 -

Charakteristische Bereiche 1 H chemischer Verschiebungen δ [ppm] 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 TMS CH 3 gesättigt CH 2 gesättigt CH gesättigt CH 3 -C-X CH 3 -C= CH 3 -C=O CH 3-Aryl CH 3 -S, N HC CH 3 -O- H 2 C= HC= H-Aromatisch H-Heteroaromatisch R-CHO R-CO 2 H 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 δ [ppm] - 13 -

Magnetische Anisotropie + Ringstrom der π-elektronen Entschirmung B 0 + Abschirmung

Signalstärke Innerhalb eines 1 H-NMR-Spektrums verhalten sich die Flächen der Signale einer Substanz wie die Anzahl der Protonen, die diese Signale verursachen. CH 3 OH 3 1 δ [ppm] - 15 -

Spin-Spin-Kopplung Aufspaltung der Signale best. Wasserstoffatome in mehrere Linien Beispiel: 1 H-NMR-Spektrum von Ethanol - 16 -

Signal-Aufspaltungen erster Ordnung Benachbarte Kernspins treten über die Polarisation der Bindungselektronen miteinander in Wechselwirkung (= indirekte Spin-Spin-Wechselwirkung). Beispiel: zwei magnetisch äquivalente Kerne A befinden sich in Nachbarschaft zum Kern X X A A bei X wirken drei unterschiedliche h Magnetfelder Aufspaltung in ein Triplett Intensitätsverhältnis erhältnis = 1 : 2 : 1-17 -

Aufspaltungsregeln für Kerne mit einem Spin von ½ 1. Isochrone Kerne koppeln nicht miteinander. 2. Bei Kernen, die drei oder weniger Bindungen entfernt sind, ist üblicherweise eine Signalaufspaltung g aufgrund von skalarer Kopplung zu erwarten. 3. Der Abstand zwischen den Resonanzlinien heißt Kopplungskonstante J. 4. Bei Kopplung mit n benachbarten Kernen spaltet das Signal in n+1 Linien auf, deren Intensitäten dem Pascalschen Dreieck entnommen werden können. - 18 -

Signal-Aufspaltungen erster Ordnung Multiplizität Bezeichnung Intensitäten 1 Singulett (s) 1 2 Dublett (d) 1:1 1 3 Triplett (t) 1 : 2 : 1 4 Quartett (q) 1 : 3 : 3 : 1 5 Quintett 1 : 4 : 6 : 4 : 1 6 Sextett 1 : 5 : 10 : 10 : 5 : 1......... - 19 -

Tipps zur Auswertung von 1 H-NMR-Spektren 1. Bestimme die chemische Verschiebung δ aller Signale i. Protonenresonanzen durchnumerieren ii. iii. iv. δ-werteδ in einer Tabelle anordnen δ-werte auf zwei Dezimalstellen genau angeben bei Multipletts entspricht das arithmetische Mittel aller Resonanzlinien der chemischen Verschiebung 2. Bestimme die Multiplizitäten und die J-Werte 3. Bestimme die Signalintensitäten 4. Kombiniere die strukturellen Informationen - 20 -

Tipps zur Auswertung von 1 H-NMR-Spektren Beispiel 3 2 1 δ [ppm] Signal # δ [ppm] M Intensität 1 11.73 Singulett 1 2 2.38 Quartett 2 3 1.16 Triplett 3-21 -

Tipps zur Auswertung von 1 H-NMR-Spektren Beispiel Informationen aus Signal 1: integrale Intensität 1 1 Proton Singulett keine Protonen in direkter Nachbarschaft δ = 11.73 ppm das kann nur das H-Atom einer Säurefunktion sein Informationen aus Signal 2: integrale Intensität 2 2 Protonen Informationen aus Signal 3: Quartett 3 benachbarte Protonen integrale Intensität 3 3 Protonen (z.b. CH 3 -Gruppe) Triplett 2 benachbarte Protonen δ = 2.38 ppm evtl. CH 2 -Gruppe (z.b. CH 2 -Gruppe) δ = 116 1.16 ppm evtl. CH 3 -Gruppe Signal # δ [ppm] M Intensität 1 11.73 Singulett 1 2 238 2.38 Quartett 2 3 1.16 Triplett 3

Übungsaufgabe 1 Handelt es sich bei dem abgebildeten 1 H-NMR-Spektrum um 1-Propanol oder um Isopropanol? Begründen Sie Ihre Entscheidung! δ 3.58 ppm δ 0.94 ppm δ 1.57 ppm δ 2.26 ppm - 23 -

Übungsaufgabe 2 Od Ordnen Sie den HAt H-Atomen des Thymols die jeweils zugehörigen 1 H-NMR-Signale zu! TMS X δ [ppm] - 24 -

Übungsaufgabe 3 Signalzuordnung Eugenol TMS X δ [ppm] - 25 -

Substituenteneinflüsse Steigt die Elektronendichte infolge induktiver oder mesomerer Effekte an, so führt dies zu einer erhöhten Abschirmung und damit zu einer Hochfeldverschiebung. " +I " I < +M (-) (-) (-) " +I " Elektronendonatoren an Doppelbindungen erhöhen die Elektronendichte am β-c-atom und bewirken damit eine Hochfeldverschiebung (Abschirmung). Elektronenakzeptoren an Doppelbindungen erniedrigen die Elektronendichte am β-c-atom und bewirken damit eine Tieffeldverschiebung (Entschirmung). - 26 -

Inkrement-System zur Abschätzung von 1 H-Verschiebungen

Spin-Kopplungen Atomkerne koppeln (im Normalfall) über chemische Bindungen. 1 J = skalare Kopplungen 2 J = geminale Kopplungen 3 J = vicinale Kopplungen 4 J = allylische Kopplungen 5 J = homoallylische Kopplungen Fernkopplungen Mit steigendem Bindungsabstand wird die Kopplung i.d.r. schwächer, d.h. der Betrag von J wird kleiner. Daneben hängt die Größe der Kopplung auch von sterischen und elektronischen Faktoren ab. - 28 -

Spin-Kopplungen & Kopplungskonstanten

Signal-Aufspaltungen höherer Ordnung liegen vor, wenn die Signale der koppelnden 1 H-Atome im 1 H-NMR-Spektrum nahe beieinander liegen. Aufspaltungen erster Ordnung: Δν /J > 10 Atome werden mit am Anfang und Ende des Alphabets liegenden Buchstaben bezeichnet, z.b. H A und H X Die Zahl der Protonen wird durch Indizes gekennzeichnet. Aufspaltungen höherer Ordnung: Δν /J < 10 Atome werden nur mit am Anfang des Alphabets liegenden Buchstaben bezeichnet, z.b. H A und H B - 30 -

Signal-Aufspaltungen höherer Ordnung AB-Systeme bestehen aus Linien, von welchen die äußeren weniger intensiv sind als die inneren und die symmetrisch angeordnet sind. => Dacheffekt Strichspektren eines AB-Systems bei festgehaltener Kopplung J AB und variablem Verhältnis Δν/J - 31 -

57 29 59 88 4000 3000 2000 1500 1000 500 cm -1 Übungsaufgabe 4 Identifizieren Sie die Verbindung anhand ihrer Spektren! 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 ppm

Übungsaufgabe 5 Identifizieren Sie die Verbindung anhand ihrer Spektren! Summenformel: C 3H 7NO 2 4000 3000 2000 1500 1000 500 cm -1 Messung in D 2 O (OH-Gruppen werden nicht detektiert!) δ [ppm]

Übungsaufgabe 6 + Übungsaufgabe 7 Eine flüchtige Verbindung, C 8 H 14 O, besitzt eine starke IR-Absorptionsbande bei 1717 cm -1. Das 1 H-NMR- Spektrum zeigt Signale bei δ H 1.65 (3H, s), 1.72 (3H, s), 2.15 (3H, s), 2.40 (4H, m) und 5.20 (1H, t) ppm. Ozonolyse der Verbindung liefert u.a. Propanon. Die Umsetzung mit Iod im Alkalischen gibt Iodoform. Welche Rückschlüsse können aus (a) der Summenformel, (b) dem IR-Spektrum, (c) dem 1 H-NMR- Spektrum und (d) den chemischen Reaktionen gezogen werden? (e) Machen Sie anhand Ihrer Ergebnisse einen Strukturvorschlag für die flüchtige Verbindung! Die Hydrolyse einer Substanz lieferte eine aromatische Verbindung, C 9 H 10 O 4, die in wäßrigem NaHCO 3 löslich ist. Die Verbindung besitzt im IR-Spektrum Absorptionsbanden bei 2700 (breit), 1690 und 1600 cm -1. Das 1 H-NMR-Spektrum zeigt Resonanzen bei δ H 3.85 (6H), 6.62 62 (1H) und 7.15 ppm (2H) sowie ein breites Signal bei δ H 10.20 ppm (1H). Letzteres verschwand, nachdem die Probe mit D 2 O versetzt wurde. Eine genaue Analyse des Signals bei δ H 6.62 ppm ergab, dass es sich um ein schmales Triplett handelt (J = 1.5 Hz), während das Signal bei δ H 7.15 ppm als Dublett aufgespalten ist (J = 1.5 Hz). Machen Sie basierend auf den gegebenen Daten einen Strukturvorschlag und erläutern Sie die Signalaufspaltung im 1 H-NMR- Spektrum! - 34 -

Übungsaufgabe 8 + Übungsaufgabe 9 Im Rahmen einer Synthese fiel als Nebenprodukt eine Verbindung mit der Summenformel C 7 H 16 O an. Das EI-Massenspektrum der Substanz zeigt zwei deutliche Fragmentionen bei m/z 57 und m/z 45. Signifikante IR-Absorptionsbanden wurden bei 3363 (breit) und 2958 cm -1 detektiert. Das 1 H-NMR-Spektrum zeigt Resonanzen bei δ H 0.96 (9H, s), 1.19 (3H, d, J = 6.2 Hz), 1.34 (1H, dd, J = 14.4 und 3.4 Hz), 1.42 (1H, dd, J = 14.4 und 7.6 Hz), 1.91 (1H, br s) und 3.96 ppm (1H, m). Welche Rückschlüsse können aus (a) der Summenformel, (b) dem IR-Spektrum und (c) dem 1 H-NMR-Spektrum gezogen werden? (d) Machen Sie einen Strukturvorschlag für die Verbindung! (e) Worauf sind die beiden Fragmentionen zurückzuführen? Durch Wasserdampfdestillation von Anisfrüchten und anschließende Flash-Chromatographie des gewonnenen ätherischen Öls an Kieselgel wurde eine Verbindung mit der Summenformel C 10 H 12 O isoliert. Das IR-Spektrum zeigt deutliche Absorptionsbanden bei 1609, 1511 und 840 cm -1. Eine 1 H-NMR-Messung liefert Resonanzen bei δ H 1.82 (3H, d, J = 6.6 Hz), 3.73 (3H, s), 6.06 (1H, m), 6.32 (1H, d, J = 15.6 Hz), 6.80 (2H, d, J = 86Hz)und722ppm 8.6 7.22 (2H, d, J = 86Hz) 8.6 Hz). NachOzonolyse konnte Acetaldehyd identifiziert werden. Welche Rückschlüsse können aus (a) der Summenformel, (b) dem IR-Spektrum, (c) dem 1 H-NMR- Spektrum und (d) der chemischen Reaktionen gezogen werden? (e) Machen Sie anhand Ihrer Ergebnisse einen Strukturvorschlag! - 35 -

13 13 C-NMR NMR-Spektroskopie - 36 -

Allgemeine Grundlagen geringe natürliche Häufigkeit von 13 C (1.1%) γ( 13 C) ~ ¼ γ( 1 H) Signal-Dispersion aufgrund der heteronuklearen 1 H-Kopplung C C C C ~ 96% aller Moleküle sind NMR-insensitiv (I = 0) C C C C ~1% C C C C ~ 1% C C C C ~ 1% C C C C ~ 1% Diese Isotopomere werden beim Standard - 13 C NMR-Experiment detektiert. C C C C ~ 0.01% C C C C ~ 0.01%... C C C C ~ 0.000001% nur mit speziellen Verfahren messbar - 37 -

Steigerung der Empfindlichkeit von 13 C NMR-Messungen Um den Einfluss der Protonen auf die C-Atome auszuschalten, wird ein breites Frequenzband in den Protonenkanal des Spektrometers eingestrahlt. Dazu moduliert man die eingestrahlte elektromagnetische ti Schwingung mit niederfrequentem Rauschen. Diese Technik nennt man Entkopplung. Das 13 C NMR-Spektrum zeigt nur noch einzelne diskrete Linien für jedes magnetisch nicht-äquivalente C-Atom. Das Signal-Rausch-Verhältnis nimmt zu, da n J C,H zusammenfällt. - 38 -

Aufnahme von 13 C NMR-Spektren über 1 H-Breitbandentkopplung Breitband-entkoppelt Standard -Messung - 39 -

13 C NMR vs. 1 H NMR-Spektroskopie Besonderheiten von 13 C NMR-Spektren üblicherweise keine Kopplungsinformation großer chemischer Verschiebungsbereich (0 240 ppm) Signalintensitäten korrelieren i.d.r. nicht mit der Anzahl der äquivalenten Kerne Die 13 C chemische Verschiebung hängt ab von dem Hybridisierungsgrad des C-Atoms (sp 3, sp 2, sp) Substituenteneffekten der Elektronendichte - 40 -

Einfluss des Hybridisierungsgrades δ sp 2 > δ sp > δ sp 3 C=C ~ 90 160 ppm C=O ~ 150 220 ppm C=S ~ 180 240 ppm C=N ~ 110 160 ppm C C ~ 50 110 ppm C N ~ 105 120 ppm Alkyl ~ 0 80 ppm - 41 -

Substituenteneinflüsse steigende Alkylsubstitution führt zur Entschirmung δ C quartär > δ C tertiär > δ C sekundär > δ C primär > δ CH 4 elektronegative Substituenten führen zur Entschirmung CH 3 F 75 ppm Extrembeispiele: CF 4 119 ppm CH 3 Cl 25 ppm CI 4-292 ppm CH 3 Br 10 ppm CH 3 I - 21 ppm 'Schweratomeffekt' (Hochfeldverschiebung) γ-effekt Abschirmung des C-Atoms in γ-stellung zu X (X = OH, Cl, CO,...) 63 26 30 23 β HO α γ CH 3 33 29 32 14 ppm - 42 -

Einfluss der Elektronendichte Je geringer die Elektronendichte, desto größer die chemische Verschiebung. 156 ppm 128.5 ppm 100 ppm + - - 43 -

Charakteristische Bereiche 13 C chemischer Verschiebungen - 44 -

13 C NMR-Spektroskopie Inkrementberechnungen Abschätzung der 13 C-chemischen Verschiebungen in substituierten Benzolen Berechnung für m-kresol

13 C NMR-Spektroskopie Spektrenauswertung Anzahl der Signale = Anzahl der magnetisch nicht-äquivalenten C-Atome δ -Werte erlauben Rückschlüsse auf die Art der C-Atome C (aliphatisch) ~ 0 40 ppm (CH 3 < CH 2 < CH < C quart. ) 3 2 quart. C N C O C C C (olefinisch) ~ 50 ppm ~ 60 ppm ~ 65 85 ppm ~ 100 150 ppm C (aromatisch) ~ 110 150 ppm C (Ester, Amid, Säure) ~ 160 180 ppm C (Aldehyd, Keton) > 180 ppm Signalgröße kann ein Hinweis auf quarternäre C-Atome sein - 46 -

1 H-entkoppeltes 13 C NMR-Spektrum von Hex-1-in 1 6 5 3 6 4 HC C-CH CH 2 -CH 2 -CH 2 -CH 3 1 2-47 -

Übungsaufgabe 10 Wie viele Signale erwarten Sie in den 13 C NMR-Spektren folgender Verbindungen? - 48 -

Übungsaufgabe 11 Abgebildet ist das 1 H-entkoppelte 13 C NMR-Spektrum einer organischen Verbindung (m/z 88). Um was für eine Substanz handelt es sich? 60.4 14.3 171.1 21.0

Übungsaufgabe 12 Nach mehrstündigem Erhitzen eines Gemisches aus Essigsäureanhydrid, Salicylaldehyd (= 2-Hydroxybenzaldehyd) und Natriumacetat wurde eine in Wasser schlecht lösliche Verbindung mit heuartigem Geruch erhalten. Im IR-Spektrum war eine deutliche Absorptionsbande bei 1729 cm -1 zu sehen. LC-ESI-MS lieferte ein Pseudomolekülion mit m/z 147 [M+H] +. Das 1 H-NMR-Spektrum zeigte Signale bei δ H 6.36 (1H, d, J = 9.6 Hz), 7.22 (1H, d, J = 8.4 Hz), 7.23 (1H, t, J = 7.7 und 7.4 Hz), 7.46 (1H, d, J = 7.7 Hz), 7.47 (1H, t, J = 8.4 und 7.4 Hz) und 7.70 ppm (1H, d, J = 9.6 Hz). Im 13 C-NMR-Spektrum wurden neun Resonanzen registriert: bei 116.7, 116.8, 118.9 124.4, 128.0, 131.8, 143.5, 154.1 und 160.6 ppm. Um was für eine Verbindung handelt es sich? - 50 -