Urheberrecht Technische Schutzmaßnahmen Allgemeine Studien Dr. Ulf Müller 7. Vorlesung 19.06.2007
Gesetzliche Grundlagen Schutz technischer Maßnahmen 95a UrhG durch das Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 10.9.2003 eingeführt Ziel: Erreichung eines wirksamen Schutzes gegen die Umgehung technischer Schutzmaßnahmen unerlässlich für reibungslose Abwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs
Gesetzliche Grundlagen Umsetzung der InfoSoc-Richtlinie Suche nach einem angemessenen Interessenausgleich zwischen Rechtsinhabern und Nutzern Konzept des Schutzes geistigen Eigentums im digitalen Zeitalter, auch in Art. 14 GG verankert, steht dem Ruf nach mehr Freiheit der Information gegenüber Schutzmöglichkeiten außerhalb des herkömmlichen Urheberrechts: Digital Rights Management (DRM- System)
Gesetzliche Grundlagen 95a 95d UrhG 1. Verbot der Umgehung technischer Schutzmaßnahmen 95a, 95c UrhG 2. Pflicht zur Bereitstellung von Mitteln zur Ermöglichung des oberflächlichen Gebrauchs 95b UrhG 3. Pflicht zur sichtbaren Angabe des Schutzes (Verbraucherschutz) 95d UrhG
Gesetzliche Grundlagen Schutz technischer Maßnahmen, 95a UrhG Umgehen von wirksamen Kopierschutzmechanismen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers untersagt: faktisches Verbot der nach 53 Abs. 1 UrhG ansonsten zulässigen Privatkopie Technische Schutzmaßnahmen: Legaldefinition 95a Abs. 2 S. 1 UrhG Maßnahmen: Vorkehrungen, die auf Hard- oder Software basieren oder Technologien, die Bestandteil des Schutzgegenstandes sind Technisch: vertragliche Verbote nicht erfasst
Gesetzliche Grundlagen Wirksamkeit einer technischen Schutzmaßnahme: 95a Abs. 2 S. 2 UrhG: Wenn durch die technische Maßnahme die Nutzung eines geschützten Werkes unter Kontrolle gehalten wird Wirksamkeit auch dann, wenn ihre Umgehung möglich ist
Gesetzliche Grundlagen Problem: Ab wann ist ein Kopierschutz so einfach zu umgehen, dass seine Wirksamkeit verneint werden muss? Literatur: stellt darauf ab, ob durch die Wirkungsweise der technischen Maßnahme der durchschnittliche Nutzer von einer Vervielfältigung abgehalten wird Durchschnittlicher Nutzer: verständiger und sich informierender Anwender ohne spezifisches informationstechnisches Fachwissen
Konflikt mit Privatkopiefreiheit Wertungswiderspruch zwischen Regelungen über den Schutz technischer Maßnahmen und der Privatkopieschranke aus 53 UrhG Zulässigkeit von digitalen Privatkopien? Dagegen spricht, dass bei digitalen Medien mehrfaches Kopieren nicht zu einem Qualitätsverlust führt Werkschöpfer und Leistungsschutzberechtigte könnten durch extensives Kopieren um ihre Vergütung gebracht werden
Konflikt mit Privatkopiefreiheit Nach a.a. greift bereits die jetzige, die Privatkopierfreiheit einschränkende Regelung technischer Schutzmaßnahmen zu stark in das Eigentumsrecht des Erwerbers ein legaler CD-Käufer kann Kopierschutz nicht umgehen, um seine eigene Musik für den eigenen Gebrauch an anderen Orten zu hören Eine auf 14 GG gestützte Verfassungsbeschwerde gegen 95a UrhG wurde als unzulässig abgewiesen (BVerfG, MMR 2005, 751 Eigentumsverletzung durch Kopierschutz) Doppelvergütung bei technical und collective licensing
Konflikt mit Privatkopiefreiheit Zweiter Korb der Urheberrechtsreform Diskussion über die Neuregelung der Privatkopie Voraussichtlich: keine Änderung der geltenden Rechtslage; Privatkopie wird in ihrem Geltungsbereich nicht eingeschränkt, Ausnahme hierbei stellt eine Ergänzung zum rechtwidrigen Angebot von Werken zum Download im Internet dar
Urheberrecht Verwertungsgesellschaften Allgemeine Studien Dr. Ulf Müller 7. Vorlesung 19.06.2007
Funktion von Verwertungsgesellschaften kollektive Wahrnehmung von Urheber- und Leistungsschutzrechten Kaum Überschaubarkeit der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken Moderne Vervielfältigungstechniken Inkassofunktion: Einziehung und Verteilung verwertungsgesellschaftspflichtige Rechten (vor allem 54 UrhG) Einnahmen aus Einzel- oder Gesamtverträge mit Verwertern ( 12 WahrnG) für die Nutzung eingeräumter Rechte Kultur- und sozialpolitische Aufgaben
Funktion von Verwertungsgesellschaften Verhältnis zwischen Urhebern und Verwertungsgesellschaften Möglichkeit der Mitgliedschaft (abhängig von Mindestaufkommen), ansonsten sind Urheber nur Wahrnehmungsberechtigte Übertragung von Nutzungsrechten durch Wahrnehmungsverträge Anspruch des Berechtigten auf Zahlung einer Tantieme aus Wahrnehmungsvertrag i.v.m. Verteilungsplan
Verwertungsgesellschaften Verwertungsgesellschaften GEMA Komponisten, Textdichter und Verleger VG Bild-Kunst bildenden Künstlern, Photographen und Filmurhebern VG Wort Autoren, Journalisten und Wissenschaftler GVL Musikproduzenten und Musiker Für alle gilt Staatsaufsicht durch DPMA
Gesetzliche Regelungen Wahrnehmungsvertrag ist urheberrechtlicher Nutzungsvertrag gem. 32 ff. UrhG Wahrnehmungsgesetz Verhältnis zum Rechteinhaber: Staatliche Erlaubnispflicht für Verwertungsgesellschaften, 1 WahrnG Wahrnehmungszwang, 6 WahrnG Gesetzliche Vorgaben für Verteilungsplan, 7 WahrnG
Gesetzliche Regelungen Verhältnis zum Nutzer: Pflicht zur Einräumung von Nutzungsrechten zu angemessenen Bedingungen, 11 Abs. 1 WahrnG Verpflichtung zum Abschluss von Gesamtverträgen ( 12 WahrnG) Vermutung der Aktivlegitimation, 13b WahrnG (Weiterentwicklung der GEMA-Vermutung) Pflicht zur Aufstellung von allgemein gültigen Nutzungstarifen, 13 WahrnG
Verhältnis zu technischen Schutzmaßnahmen DRMS als andere wirksame Wahrnehmungsmöglichkeit (s. 6 Abs. 1 WahrnG)? Doppelvergütung durch Pauschalabgabe und technische Nutzungsbeschränkungen?
Kartellrechtliche Behandlung Verwertungsgesellschaften haben zwar kein natürliches oder staatliches Monopol, aber ein faktisches Monopol Grund: besonderes Interesse von Verwertungsgesellschaft, Urhebern (größere Erlöse bei Minimierung von Verwaltungskosten) und Nutzern (one-stop-shop) an möglichst umfangreichen Repertoire, daher regelmäßig nur eine Verwertungsgesellschaft für eine Sparte Aufsicht durch BKartA und EU-Kommission
Kartellrechtliche Behandlung wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung (Bildung von Verwertungsgesellschaft und Verträge, 1, 14 GWB) Keine Freistellung mehr in Deutschland (früher: 30 GWB) in EU gab es nie eine Freistellung (Art. 81 EGV) Missbrauchsaufsicht uneingeschränkt anwendbar (Art. 82 EGV; 19, 20 GWB)